Protokoll der Sitzung vom 02.06.2017

Herr Präsident, meine Damen und Herren, auch im Namen der SPD-Fraktion möchte ich mich ganz herzlich für die Arbeit des Petitionsausschusses und des für Petitionen zuständigen Referats bedanken.

(Beifall SPD)

Bei uns gab es ja einen Wechsel, ich bin nur stellvertretendes Mitglied im Petitionsausschuss, aber ich kenne die Arbeit schon über Jahre hinweg. Ich weiß, wie wichtig sie ist, und ich habe auch den Auftrag, mich im Namen einer Petentin aus dem Landkreis Nordhausen ausdrücklich beim Petitionsausschuss zu bedanken, weil in der Sache zwar noch nicht abgeholfen wurde, aber weil sie sich sehr mitgenommen gefühlt hat, als sie zur Anhörung im Petitionsausschuss war. Das hat ihr unwahrscheinlich Kraft gegeben, weiterzukämpfen. Es geht da um den Trinkwasserbereich, Herr Heym weiß Bescheid. Solche positiven Beispiele, dass die Menschen sich mitgenommen fühlen, obwohl wir im Moment viele Probleme in der Politik haben, gehört oder verstanden zu werden, finde ich ganz wichtig. Sie hat sich extra bei mir bedankt und hat gesagt, sie findet das eine gute Sache, wie mit Petitionen im Thüringer Landtag umgegangen wird. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken.

(Beifall DIE LINKE)

Ich wünsche dem Petitionsausschuss weiter eine gute Arbeit.

Frau Pfefferlein, das andere sprechen wir jetzt nicht an, das machen wir in der Koalition. Danke schön.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos)

Danke. Weitere Wortmeldungen habe ich nur noch mal von Frau Berninger für die Fraktion Die Linke.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren der demokratischen Fraktionen, mich treibt ein Teil der Rede der Abgeordneten Lehmann aus der CDU noch mal hier vor an das Pult. Frau Lehmann, ich schätze Sie als ein sehr engagiertes Mitglied der Strafvollzugskommission, die ich bis vor Kurzem leiten durfte, und ich möchte mich auch sehr für die sehr gute Zusammenarbeit mit Ihnen bedanken, aber zwei Dinge muss ich doch noch einmal klarstellen, die Sie gesagt haben.

(Abg. Pfefferlein)

Sie haben Bezug genommen auf die vielen vorgetragenen Probleme bezüglich der Personalsituation im Justizvollzug und haben beispielsweise die Vollzugsplanung genannt, das Diagnoseverfahren. Sie haben vergessen zu erwähnen, dass das ein bisschen auch daraus resultiert, dass 2014 ein sehr gutes Justizvollzugsgesetz beschlossen wurde, das konsequent am Resozialisierungsgedanken orientiert und ausgerichtet ist, aber eben nicht entsprechend personell ausgestattet worden ist. Das hat natürlich zu Problemen in den Justizvollzugsanstalten geführt, wenn genau dieselbe Anzahl der Bediensteten jetzt mehr Aufgaben erfüllen muss, um den Resozialisierungsgedanken auch umzusetzen. Das wollte ich jetzt nur noch mal klarstellen und möchte auch klarstellen, dass daran gearbeitet wird. In der Zeit, als ich noch Mitglied der Strafvollzugskommission war, hat sich da auch eine Verbesserung ergeben. Ich weiß nicht, ob das jetzt wieder anders ist, aber ich habe da zumindest gute Entwicklungen gesehen.

Eine zweite Sache: Sie sagen, uns lägen nicht die Berichte der Arbeitsgruppen vor, die sich im Justizvollzug mit der Personalsituation beschäftigt haben. Dem muss ich widersprechen. Am 17. März hat uns das Ministerium im Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz den Bericht der Arbeitsgruppen vorgelegt. Insgesamt fünf Arbeitsgruppen – zur Personalgewinnung, zur Organisation, zur Personalstruktur, zur gestuften Sicherheit und zum Thema „Angestellte“ – haben 66 Beschlüsse auf 30 Seiten vorgelegt.

Zum Thema „Personalstruktur“ will ich kurz ein paar Stichpunkte sagen. Dort wurden Maßnahmen beschlossen zur lückenlosen Bewertung, zu Dienstpostenbeschreibungen vor Ort, zur Besoldung bis zur Gruppe A 10 auch im mittleren Dienst, zur Aktualisierung der Funktionspläne und des Personalbedarfs und der Dienstpostenerfassung. Solche Sachen darf man hier nicht unterschlagen, wenn man Kritik übt. Man muss schon auch zugestehen, wenn Forderungen bezüglich der Personalplanung von der Landesregierung umgesetzt werden und wenn an der Verbesserung der Situation gearbeitet wird.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Redezeit ist ausgeschöpft, Frau Lehmann. Weitere Wortmeldungen liegen mir jedenfalls von den Fraktionen, die noch Redezeit haben, nicht vor, sodass ich die Beratung damit schließe und auch diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14

Transplantationsbeauftragte an Thüringer Krankenhäusern stärken – Landesregierung muss jetzt handeln Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/3904 dazu: Organspenden in Thüringen fördern – Spendenbereitschaft erhöhen Alternativantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drucksache 6/4013

Die CDU-Fraktion wünscht die Möglichkeit zur Begründung und Frau Abgeordnete Meißner hat sich dazu zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, werte Besucher auf der Besuchertribüne, diese Woche war zu lesen: „In Thüringen hat sich die Zahl der Thüringer, die einem anderen Menschen über den Tod hinaus mit etwa einer Nieren- oder einer Leberspende ein neues Leben geschenkt haben, nach DSO-Daten zuletzt halbiert.“ Demnach gab es 2011 im Freistaat 53 Organspender. Im Folgejahr waren es nur noch 34, im Jahr 2016 nur noch 28. Die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag möchte den morgigen Tag der Organspende erneut dazu nutzen, die Organspende in Thüringen weiter zu fördern. Bereits vor einem Jahr forderten wir in einem Antrag, durch Maßnahmen die Anzahl derjenigen Menschen zu erhöhen, die sich bewusst für oder auch gegen eine Organspende entscheiden und das in einem Organspendeausweis auch dokumentieren. Doch die auf niedrigem Niveau verharrenden Organspenden fordern weiteres umfassendes Engagement. Hinzu kommt, dass der bundesweite Tag der Organspende morgen bei einer zentralen Veranstaltung hier in Thüringen auf dem Erfurter Domplatz begangen wird. Deswegen freuen wir uns, dass unser Antrag mit der Mehrheit des Hauses heute im Rahmen der Plenarsitzung beraten werden kann. Das Motto des morgigen Tages lautet: „Richtig. Wichtig. Lebenswichtig.“ Ausgestaltet von vielen Verbänden wird es dazu viele Informationsmöglichkeiten auf dem Erfurter Domplatz geben. Während die Aufklärung der Bevölkerung weiterhin wichtig ist, um das Vertrauen der Bürger in die Zuverlässigkeit der Organspende zu stärken, fordern wir heute, den Fokus aber auch auf andere Stellschrauben zu richten. Organspende beginnt bereits in der Klinik. Werden hier die potenziellen Organspender nicht erkannt, gibt es keine Spenderorgane für die in vielen Fällen lebensrettende Transplantation. Die Bestellung von engagierten Transplantationsbeauftragten sowie ihre Unterstützung sehen wir als wichtige Maßnahme

(Abg. Berninger)

zur Förderung der Organspende. Diese Beauftragten in den Thüringer Krankenhäusern leisten eine wichtige Aufgabe bei der Identifikation potenzieller Spender und der Organisation von Organspenden. Sie sind wichtige Ansprechpartner für Todkranke, ihre Angehörigen und auch die Deutsche Stiftung Organtransplantation. Sie tragen dafür Sorge, dass die Krankenhäuser ihrer Pflicht zur Meldung möglicher Organspender an die Deutsche Stiftung Organtransplantation nachkommen. Für diese Aufgaben brauchen sie viel Zeit, Engagement und Empathie. Es geht um die Begleitung der Angehörigen am Lebensende eines nahestehenden Menschen. Diese Beauftragten verdienen daher Hochachtung für ihre Aufgabe. Damit sie diese umfänglich, motiviert und gut ausgebildet wahrnehmen können, brauchen sie aber eine verlässliche rechtliche Grundlage, denn in der Realität üben viele Ärzte diesen Extrajob quasi nebenher aus. Doch aus unserer Sicht lässt sich die Landesregierung bei diesem Thema Zeit, zu viel Zeit. Gemäß der Novellierung des Bundestransplantationsgesetzes im Jahr 2012 ist jede sogenannte Entnahmeklinik dazu verpflichtet, mindestens einen Transplantationsbeauftragten zu benennen. Zur Umsetzung der erforderlichen landesrechtlichen Regelungen dafür wurde in § 22 Thüringer Krankenhausgesetz eine Ermächtigung geschaffen. Laut der dritten Unterrichtung durch die Bundesregierung über den Fortgang der eingeleiteten Reformprozesse, mögliche Missstände und sonstige aktuelle Entwicklungen in der Transplantationsmedizin vom Januar 2017 findet sich der Entwurf einer entsprechenden Verordnung in der fachlichen Endabstimmung. Doch – man höre und staune – genau diese Formulierung finden wir auch in dem Bericht vom Januar 2016. Auch dort hieß es schon, dass diese Endabstimmung läuft. Aber Wartepatienten haben keine Zeit. Andere Bundesländer sind bereits mit gutem Beispiel vorangegangen. So hat Bayern sein Ausführungsgesetz bereits novelliert. Wir fordern daher die Landesregierung auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um die Transplantationsbeauftragten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu stärken. Dafür hoffen wir auf Zustimmung aus dem gesamten Hohen Hause.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, Sie wissen, uns als Fraktion ist das Thema „Organspende“ ein besonderes, auch ein persönliches Anliegen. Deswegen möchte ich abschließend die Möglichkeit nutzen, um allen zu danken, die mit einer Organspende bereits geholfen und Leben gerettet haben. Wir hoffen, dass es im nächsten Jahr noch mehr werden. Danke schön.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos)

Vielen Dank. Wünscht jemand aus den Koalitionsfraktionen das Wort zur Begründung des Antrags? Das scheint nicht der Fall zu sein, sodass ich hiermit die Beratung eröffne. Als Erster erhält Abgeordneter Kubitzki für die Fraktion Die Linke das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, das Thema, das die CDU-Fraktion heute auf die Tagesordnung gesetzt hat, ist ein sehr sensibles Thema. Es geht um Menschenleben, es geht aber auch um Entscheidungen, die jeder Mensch individuell für sich selbst treffen muss. Frau Meißner hat schon Zahlen zur Entwicklung der Bereitschaft und zu Entnahmen in Thüringen genannt. Jawohl, sie sind rückläufig. Aber dieser Trend der Rückläufigkeit betrifft nicht nur Thüringen, sondern ist deutschlandweit zu verzeichnen. So gab es im Jahr 2010 deutschlandweit 1.200 Spender und zum jetzigen Zeitpunkt – im letzten Jahr – waren es zwischen 800 und 900 Spender, also die Zahl geht auch deutschlandweit zurück. Das ist ein alarmierendes Zeichen und man muss darüber nachdenken, warum das so ist. Die Barmer Ersatzkasse hat gestern eine von ihr durchgeführte Umfrage veröffentlicht. Dort wird berichtet, dass von den Menschen, die gut über das Problem der Organtransplantation informiert sind, 68 Prozent bereit sind, ein Organ zu spenden. Von denen, die nicht informiert sind, sind lediglich 5 Prozent bereit. Eine weitere Zahl, die zum Nachdenken auffordert, ist, dass die Bereitschaft zur Organspende am meisten von Menschen im Alter von 18 bis 25 Jahren bejaht wird.

Ich glaube, das hat auch damit zu tun, dass man sich in jungen Jahren – das ist meine persönliche Meinung – vielleicht nicht so intensiv mit der Frage des Todes beschäftigt. Beigetragen zu dem Rückgang haben laut Barmer-Umfrage nach wie vor Meldungen in der Presse oder in den Medien über Manipulationen bei der Organspende. Ich sage es mal hier an dieser Stelle: Mancher Kriminalfilm im Fernsehen trägt auch dazu bei, dass Misstrauen zur Organspende auftritt oder geschürt wird.

Aber zum Antrag der CDU: Meine Damen und Herren, liebe Kollegen der CDU-Fraktion, im März wurde schon auf Ihren Antrag hin im Sozialausschuss dieses Hauses dazu berichtet, wie der Stand ist. Und, Frau Meißner, dort wurde informiert, dass diese Verordnung in diesem Jahr – konkret im II. Quartal – bekannt gegeben wird und in Kraft treten soll. Also 2017 wird es diese Verordnung geben, die auf Grundlage des Thüringer Krankenhausgesetzes, was Sie in der letzten Legislatur mit eingebracht haben, erarbeitet wird. Darüber wurde intensiv im Ausschuss berichtet. Wir als Koalitionsfraktion sind auch der Auffassung, dass eine Ver

(Abg. Meißner)

ordnung ausreichend ist, um das Problem der Transplantationsbeauftragten zu klären, und vor allem aus dem Grunde ausreichend ist, weil man auch mit einer Verordnung auf bestehende Probleme, die im Zuge der Umsetzung auftreten oder wenn neue Erfahrungen dazukommen, schneller evaluiert und reagiert werden kann. Wenn hier kritisiert wird, dass das Krankenhausgesetz 2012 schon verabschiedet wurde: Da war Rot-Rot-Grün noch nicht in Regierungsverantwortung, das heißt, da wären auch zwei Jahre noch Zeit gewesen, dass diese Verordnung vom alten Sozialministerium hätte erarbeitet werden können. Aber wir sind nach wie vor der Auffassung, dass diese Verordnung dieses Jahr kommen wird. Dazu wird dann die Landesregierung bestimmt noch eine Aussage treffen. Diese Verordnung wird ausreichend sein, das Problem, die Arbeitsweise und die Aufgaben der Transplantationsbeauftragten zu klären. Das Problem, meine Damen und Herren, das müssen wir feststellen, sind nicht die Transplantationsbeauftragten oder die Arbeit in den Krankenhäusern, wo eine gute Arbeit geleistet wurde – da schließe ich mich dem Dank, den Frau Meißner ausgesprochen hat, hier durchaus an –, das Problem ist doch nach wie vor – und die Zahlen haben das belegt, sowohl die, die Frau Meißner genannt hat, als auch die, die ich eingangs genannt habe –, es geht darum, wir müssen in diesem Land eine Aufklärungsarbeit leisten, damit mehr Menschen bereit sind, im Falle ihres Todes Organe zu spenden, um anderen Menschen das Leben zu retten. Das ist doch die Aufgabe, der wir uns widmen müssen. Das heißt, wir wollen mit unserem Alternativantrag auf diesen Schwerpunkt aufmerksam machen. Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass das eine Daueraufgabe ist, diese Werbung und die Öffentlichkeitsarbeit, um die Bereitschaft bei Menschen für die Organspende zu erzielen. Deshalb möchten wir mit unserem Alternativantrag dies deutlich machen, weil dieser Antrag den Kern der Sache trifft, nämlich verstärkte Öffentlichkeitsarbeit; und das ist eine Daueraufgabe. Jetzt könnte der Einwand kommen, dass wir im vorigen Jahr so etwas auch schon beschlossen hatten, weil die CDU schon darauf hingewiesen hat, dass es im vorigen Jahr bereits einen solchen Antrag gegeben hat, und da haben wir im Landtag einstimmig Stellung bezogen. Aber wir müssen auch feststellen, die Aufgabe besteht nach wie vor. Wir wollen mit unserem Antrag deutlich machen, dass sich vor allem die Menschen, die Organisationen wie zum Beispiel die Deutsche Stiftung Organtransplantation und weitere Akteure vernetzen, dass die vernetzt werden, dass nicht jeder seine Arbeit, seine Aufklärungsarbeit macht, sondern dass wir eine Vernetzung erreichen, mit der diese Öffentlichkeitsarbeit kampagnenartig betrieben wird. Das ist für uns das Wichtigste. Wir müssen Menschen, die noch nicht für eine Organtransplantation bereit sind, auch die Angst vor diesem

Schritt nehmen. Oder einfach zu sagen, dass das etwas mit den Manipulationen, mit denen wir in der letzten Zeit zu tun hatten, zu tun hat, ist einfach falsch, denn für jeden Menschen, der sich mit dem Tod beschäftigt, ist das eine persönliche Entscheidung, die er treffen muss. Viele Menschen haben einfach Angst, weil die Aufklärung noch nicht wirksam ist, was zum Beispiel die Frage betrifft, wann ein Mensch tot ist, wann ein Mensch für tot erklärt wird, dem dann im Prinzip gegebenenfalls Organe entnommen werden könnten. Viele Menschen haben einfach Angst, obwohl dazu schon viel gesagt wurde, wann der Gehirntod eintritt. Viele Menschen haben eben Angst, dass sie für tot erklärt werden, obwohl sie dann vielleicht immer noch die Hoffnung hätten, ich könnte doch noch leben. Viele Angehörige haben das Problem, wenn ihr Angehöriger an der Maschine hängt, dass für sie das Gefühl da ist, er atmet noch, also lebt er noch, obwohl das Gehirn schon lange nicht mehr arbeitet. Aber allein zu sehen, wie er mit Hilfe dieser Maschine atmet, macht es dann auch für viele Angehörige schwer zu entscheiden: Jawohl, ich stimme zu und lasse ihn für tot erklären.

Das ist eine Entscheidung, vor der ich selbst eigentlich nie in meinem Leben stehen möchte, weil die für die Angehörigen sehr schwer ist. Deshalb stelle ich mich heute auch nicht hin und sage, die Menschen, die bereit sind für eine Organtransplantation, sind gute Menschen, die, die dazu noch nicht bereit sind, sind schlechte Menschen. Ich glaube, so kann und sollte man das nicht machen, sondern wir müssen viel mehr tun, um die Menschen in dieser Angelegenheit aufzuklären, um so die Bereitschaft für eine Organspende zu erzielen.

Aus diesem Grunde haben wir den Alternativantrag eingebracht und ich bitte einfach das Haus, diesem Antrag zuzustimmen, weil er den Kern der Sache trifft. Zu dem, was die CDU vorschlägt – ein Gesetz –, sagen wir als Koalition: Jawohl, uns reicht die Verordnung, wo diese Aufgaben ganz konkret definiert werden, die die Transplantationsbeauftragten in den Krankenhäusern haben. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der AfD hat Abgeordnete Herold das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucher auf der Tribüne und Zuschauer im Internet! Organspende ist auf allen beteiligten Seiten ein hoch emotionales Thema, da es als Mittel der letzten Wahl zum Lebenserhalt chronisch schwer Erkrankter und an

(Abg. Kubitzki)

dernfalls zum Sterben verurteilter Menschen geeignet ist. Jeder Mensch muss deswegen selbst entscheiden, ganz persönlich, ganz privat, wie er zu dieser ganzen Angelegenheit steht.

Die Freiheit dieser Entscheidung drückt sich in den letzten Jahren zunehmend in einer sinkenden Spendebereitschaft aus. Die Anzahl der verpflanzten Organe ist rückläufig für Thüringen und auch in ganz Deutschland zu beobachten. Es hat sich deutschlandweit die Anzahl der verpflanzten Organe von etwa 4.200 im Jahr 2010 bis heute um rund ein Drittel auf 2.900 Organtransplantationen reduziert. Wenn man beleuchten möchte, wie es dazu gekommen ist, muss man natürlich über die grundsätzliche Organspendebereitschaft in Deutschland sprechen.

Wer den Gründen für diese Entwicklung auf den Grund gehen möchte, muss sich mit den zahlreichen negativen Schlagzeilen der letzten Jahre befassen. Die Entwicklung war auch einmal ganz anders. So ließ sich von 1998 bis 2007 ein erfreulicher Anstieg von 3.300 auf 4.200 Transplantationen verzeichnen. Es muss also in der Zwischenzeit irgendetwas passiert sein, dass die Menschen grundsätzlich umgedacht haben, skeptisch geworden sind und zunehmend davon Abstand genommen haben, Organspendeausweise mit sich zu führen oder ihre Angehörigen entsprechend zu instruieren, bzw. entscheiden die Angehörigen schwer verunfallter Personen, die letzten Endes als Spender in Frage kämen, heute scheinbar oftmals anders als noch vor zehn bis 15 Jahren.

Die Mühe, diesem Problem auf den Grund zu gehen, macht sich der Antrag der CDU leider nicht. Es wird hier mehr ein technischer Weg eingeschlagen mit einem weiteren Ausbau des von mir so hochgeschätzten Beauftragtenwesens. Ich persönlich glaube nicht, dass wir nur mit einem weiteren Beauftragten und der Stärkung des Beauftragten und vielleicht auch noch einem Runden Tisch für einen Beauftragten an dieser Stelle wesentlich weiterkommen.

Das eigentliche Problem wird damit knapp verkannt. Die erst zu Beginn der Woche veröffentlichten Zahlen verdeutlichen die Akzeptanzprobleme der Organspende in Deutschland. Im Jahr 2011 gab es in Thüringen noch 53 Organspender; die Zahl ging in den letzten Jahren sukzessive zurück. Zuletzt waren es in Thüringen nur noch 28 Menschen, die oder deren Angehörige bereit waren, ihre Lieben als Organspender zur Verfügung zu stellen.

Natürlich muss man hier zum Beispiel auch fragen, ob es möglicherweise zu weniger folgenschweren Verkehrsunfällen gekommen ist, an deren Ende die Verunfallten als Organspender infrage gekommen wären. Es ist allerdings nur ein kleiner Aspekt. Die rückläufigen Zahlen sind vor allem auf einen massi

ven Vertrauensverlust zurückzuführen. Das ist auch meine Erfahrung, wenn ich mit Patienten oder Bekannten über dieses Thema gesprochen habe.

Dieses Vertrauen ist durch die immer wieder bekannt gewordenen Manipulationsskandale der letzten Jahre aufseiten potenzieller Spender schwer erschüttert worden. Die Leute schlussfolgern einfach und sagen: Wenn aufseiten der Empfänger medizinische Daten, Tests zugunsten potenzieller Empfänger manipuliert werden – was durchaus auch in einer vertrauensvollen Arzt- und Patientenbeziehung nachvollziehbare menschliche Schwäche ist, die hier allerdings durchaus nicht angebracht ist, der man auch nicht nachgehen kann und die man auch nicht ohne Sanktionen lassen sollte –, wenn also hier manipuliert wird und die potenziellen Empfänger durch Verbesserung bzw. Verschlechterung ihrer Krankendaten auf den Spenderlisten weiter nach oben rücken, dann stellt sich doch möglicherweise aufseiten potenzieller Spender das Gefühl ein: Wenn da schon manipuliert wird, vielleicht wird ja auch auf der anderen Seite manipuliert, vielleicht wird auch der Spender optimiert, damit man möglicherweise zugunsten eines anderen Menschen, der damit länger leben kann, jemandem ein Organ entnehmen kann, wo es möglicherweise vielleicht noch nicht angebracht wäre. Solche Überlegungen mögen einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten, aber man muss sie anstellen und man muss mit den Menschen darüber sprechen – so wie auch mein Vorredner, Herr Kubitzki, festgestellt hat –, wenn 68 Prozent informierter Menschen in der Lage oder bereit sind, einer Organspende zuzustimmen, während nur 5 Prozent in der Gruppe derer, die keine umfassenden Informationen haben, nicht dazu bereit sind. Ich denke mal, dass hier an dieser Stelle gearbeitet werden sollte und eine umfassende Aufklärung stattfinden muss und gleichzeitig natürlich auch daran gearbeitet werden muss, dass wir einen wirklich nach menschlichem Ermessen wasserdichten Katalog von Kriterien für den Hirntod erarbeiten, dass wir die Transplantationsbeauftragten so schulen, dass sie völlig unbeeinträchtigt von wirtschaftlichen Überlegungen, von auch allen möglichen anderen Überlegungen im Verhältnis von Arzt-Patienten-Beziehungen ihre Arbeit tun können, um potenzielle Spender in den Krankenhäusern, in den Entnahmekliniken zu identifizieren, mit den Angehörigen zu sprechen und einen wirklich in jeder Weise wirtschaftlich, ethisch, moralisch, wissenschaftlich hochwertigen Job zu machen.

In diesem Sinne wünsche ich mir eine rege Debatte in dem Ausschuss. Wir werden der Ausschussüberweisung zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Pelke, Fraktion der SPD, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der „Thüringer Allgemeine“ von heute wird der diesjährige bundesweite Tag der Organspende, also morgen in Erfurt auf dem Domplatz, unter der Überschrift „Geschenktes Leben“ angekündigt. Lassen Sie mich aus diesem Artikel ein, zwei Sätze zitieren. Es wird geschrieben: „In Deutschland warten derzeit mehr als 10.000 Menschen auf eine Organspende, die ihnen das Leben retten kann. In Thüringen sind es etwa 340 Patienten.“ Die Deutsche Stiftung Organtransplantation wird in diesem Bericht damit zitiert, dass sie ausspricht: Organspende sei immer noch in hohem Maße von der Unterstützung einzelner Menschen abhängig und gerade deshalb sei es wichtig, dass sowohl die Organspende als Akt der Nächstenliebe als auch der Einsatz der Transplantationsbeauftragten künftig mehr Anerkennung erhalten muss. So viel dazu und Kollege Kubitzki hat auch schon zitiert und auch die Vorrednerin Frau Herold, was an Vertrauensverlust im Moment aufzuarbeiten ist, durch Manipulationen, durch andere Bereiche.

Es ist die Umfrage der Barmer Krankenkasse angesprochen worden. Hier ist auch noch mal deutlich gemacht worden, was die Befragung herausgefunden hat, betreffend des Vertrauensverlustes. Während 19 Prozent der bis 17-Jährigen einen Vertrauensverlust bestätigen, ist es bei der Altersgruppe zwischen 51 und 64 Jahren fast jeder Zweite, also 45 Prozent der Menschen haben diesen Vertrauensverlust nicht aufarbeiten können. Die ganze Situation und die Diskussion um die Frage der Organspende sowohl für den Einzelnen, für jeden Menschen ganz persönlich, als auch in Bezug auf Angehörige, ist ein emotionales und schwieriges Thema, das noch eine unheimlich große Aufklärungsarbeit für uns bedeutet und natürlich für das Ministerium und für alle, die damit zu tun haben. Und genau deshalb haben wir auch zum Antrag der CDU diesen Alternativantrag auf den Tisch gelegt, weil wir schon glauben, dass genau diese Öffentlichkeitsarbeit und die Aufklärung und das Nehmen von Ängsten der wesentliche Punkt ist, dem wir uns eigentlich widmen müssen. Deswegen auch im letzten Jahr die große Gemeinsamkeit, die am Antrag Organspende zum Tag der Organspende beim Plenum im letzten Jahr deutlich geworden ist.

Lassen Sie mich einige Sätze zu unserem Antrag sagen. Unser Alternativantrag sagt unter Ziffer I „Der Landtag begrüßt, dass die Landesregierung eine […] Verordnung zu Transplantationsbeauftragten in Entnahmekrankenhäusern nach § 22 Thüringer Krankenhausgesetz erarbeitet und 2017“ ein

führen will. Damit haben wir uns natürlich positioniert zur Wichtigkeit erstens der Entnahmekrankenhäuser und natürlich auch zur Wichtig- und Wertigkeit der Transplantationsbeauftragten, die im Übrigen seit der letzten Änderung des Transplantationsgesetzes auch gesetzlich festgeschrieben sind. Das ist ja ein ganz wesentlicher Punkt gewesen. Aber schon vor der gesetzlichen Festschreibung haben die Beauftragten auch entsprechend gearbeitet. Wichtig ist mir an diesem Punkt, deswegen haben wir diesen ersten Absatz unter Ziffer I so formuliert, weil wir – Herr Kubitzki ist schon darauf eingegangen – bereits im Sozialausschuss darüber die Informationen des Ministeriums bekommen haben. Das war, wenn ich mich recht entsinne, im März auf Antrag der CDU, wo noch einmal deutlich gemacht worden ist, wie sich die Thüringer Verordnung zu diesem Thema zusammensetzen soll; da ist der Zeitplan erwähnt worden, da ist im Prinzip alles gesagt worden. Ich bin schon der Meinung, dass alles das, was mit dieser Verordnung und den Inhalten zu tun hat, genau die Wünsche und Forderungen des CDU-Antrags abdeckt. Demzufolge ist aus unserer Sicht dieser Antrag nicht mehr nötig.