Protokoll der Sitzung vom 02.06.2017

Ich bitte Sie daher, diesem Alternativantrag zuzustimmen. Ich habe es am Anfang erwähnt, Herr Kubitzki und Frau Pelke haben es gesagt: Wir haben ausführlich im Ausschuss darüber diskutiert, das Ministerium hat berichtet. Deshalb brauchen wir

keine Überweisung an den Ausschuss. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Kubitzki, Fraktion Die Linke.

Meine Damen und Herren, ich möchte gerade bei diesem sensiblen Thema keinen Schlagabtausch zwischen CDU und Koalition machen, aber vielleicht muss ich doch noch etwas zur unterschiedlichen Herangehensweise sagen. Herr Zippel, es hat keiner von uns etwas gegen die Rolle und die Bedeutung der Transplantationsbeauftragten, kein Mensch, denn die sind sehr, sehr wichtig. Jawohl, ich gebe Ihnen recht. Die sollen mit dazu beitragen, mehr Vertrauen in das System zu bekommen. Wir haben schon im letzten Krankenhausgesetz, was noch in der Koalition CDU/SPD auch mit unseren Stimmen beschlossen wurde, das Mehraugenprinzip bei Entscheidungen ins Gesetz aufgenommen – ich glaube, das Sechs-Augen-Prinzip oder Acht-Augen-Prinzip –, um auch dort Misstrauen abzubauen. Aber die Wirkung des Transplantationsbeauftragten tritt doch erst dann ein, wenn der potenzielle Organspender schon im Krankenhaus an der Maschine ist und die Angehörigen um ihn herumstehen und eine Entscheidung treffen müssen. Er kann dann zwar Vertrauen schaffen, aber rechtlich entscheiden die Angehörigen, ob abgeschaltet wird, ob ein Organ entnommen wird, wenn derjenige, der da liegt, nicht vorher schon seine Bereitschaft zur Organspende erklärt hat. Das heißt, wir müssen hier schaffen, dass Menschen vorher schon die Bereitschaft entwickeln und Klarheit haben: Bin ich dazu bereit im Fall des Schlimmsten, was mir passieren kann – Unfall oder Koma durch Krankheit, Wiederbelebungsmaßnahmen usw., nur die Maschinen erhalten mich noch. Dann sollten wir es erreichen, dass der Betroffene oder jeder Mensch vorher diese Entscheidung für sich trifft.

Jetzt sagen Sie, unser Alternativantrag sind nur Appelle. Da gebe ich Ihnen recht. Aber sagen Sie mir mal eine Möglichkeit außer Appellen und Aufklärungsarbeit, was ich machen kann? Ich kann doch nicht gesetzlich verankern, dass jeder Mensch potenzieller Organspender ist. Wir haben hier in Deutschland das Prinzip, dass jeder Mensch für sich entscheiden muss, ob er dazu bereit ist. Es könnte noch ein anderes Verfahren geben – das wissen Sie, Herr Zippel –, das sogenannte Widerspruchsprinzip. Das heißt: Es können Organe entnommen werden, wenn nicht bekannt ist, dass derjenige schon zu Lebzeiten der Organentnahme widersprochen hat. Dieses Prinzip stellt die Angehöri

(Abg. Pfefferlein)

gen vor noch mehr Konfliktpotenzial, als es in dieser schon schwierigen Situation für sie notwendig ist. Deshalb muss ich sagen: Immer wieder diese Öffentlichkeitsarbeit machen – jawohl, Herr Zippel. Das sind Appelle. Ohne diese Appelle können wir diese Bereitschaft nicht machen. Wir könnten höchstens eins machen – das ist jetzt ein bisschen makaber. Es gibt eine berühmte Motorradstrecke im Kyffhäuser-Kreis, „Kyffhäuser rauf“. Dort sind jetzt 60 Kilometer pro Stunde Geschwindigkeitsbegrenzung, weil dort …

Herr Abgeordneter Kubitzki, gestatten Sie …

gleich –, weil dort offiziell potenzielle Organspender mit ihren Motorrädern immer hochrasen und teilweise verunglücken. Ich will damit sagen, wir müssen mit Appellen durch Öffentlichkeitsarbeit diese Bereitschaft entwickeln und Misstrauen abbauen. Deshalb wollen wir, dass durch die Akteure dort ein Netzwerk geschaffen wird.

Herr Abgeordneter Zippel, Sie haben jetzt die Möglichkeit, eine Zwischenfrage zu stellen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, vielen Dank, Herr Kubitzki. Eine kurze Zwischenfrage: Sie hatten jetzt gesagt: Welche weiteren Alternativen gibt es denn außer Appelle? Sind Sie denn vielleicht auch der Meinung, dass der besagte Vorschlag der CDUFraktion, die Freistellung des Transplantationsbeauftragten im Krankenhaus zu regeln, eben ein derart handfester Vorschlag wäre und eine handfeste Alternative zu ausschließlich Appellen, von denen Sie gerade selbst gesagt haben, dass das allein vielleicht nicht mehr reicht?

Mit Verlaub, Frau Präsidentin, wenn ich noch eine zweite, ergänzende Frage stellen darf: Sind Sie vielleicht auch der Ansicht, dass die CDU-Fraktion nie das Gegenteil behauptet hat, als dass wir natürlich auch sagen, dass diese Appelle wichtig sind, aber sie eben inzwischen nicht als alleiniges Instrument ausreichen?

(Beifall CDU)

Das hat uns eigentlich ausgezeichnet, dass wir zu diesen Themen keine widersprüchlichen Meinungen haben. Ich rede ja Ihren Antrag nicht in Bausch und Bogen. Wir haben in dem Fall ausnahmsweise eine andere Herangehensweise. Was die Freistellung betrifft, da muss ich Ihnen sagen, das ist ideal.

Da kann vielleicht auch die Staatssekretärin noch etwas dazu sagen. Aber eins ist trotzdem Fakt, der Transplantationsbeauftragte bleibt immer ein Angestellter des Krankenhauses. Das ist so. Allein aus diesem Unterstellungsverhältnis heraus ist er auch Interessenvertreter des Krankenhauses. Aber ich gehe davon aus, wenn seine funktionellen Pflichten in der Verordnung geregelt sind, ist auch ganz klar, was er darf und was er nicht darf. Er ist aber nach wie vor Angestellter des Krankenhauses. Ansonsten müsste ich nämlich sagen, dass das dann Beauftragte der Landesregierung sind. Das kann es ja nun auch nicht sein. Dann bin ich auch fertig.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das kann ich nicht erkennen. Das Wort für die Landesregierung hat jetzt Staatssekretärin Feierabend.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Landesregierung nehme ich zum Antrag in Drucksache 6/3904 „Transplantationsbeauftragte an Thüringer Krankenhäusern stärken – Landesregierung muss jetzt handeln“ der Fraktion der CDU wie folgt Stellung:

Ziffer I des Antrags verweist auf die Aufgaben der Entnahmekrankenhäuser zur Identifizierung potenzieller Organspender. Auch die Landesregierung ist der Auffassung, dass die Entnahmekrankenhäuser hier eine Schlüsselfunktion einnehmen. Damit Organisationen und Informationen der Organspende in den Krankenhäusern unterstützt werden, wurde mit der letzten Änderung des Transplantationsgesetzes die Bestellung eines Transplantationsbeauftragten in den Krankenhäusern verpflichtend festgeschrieben. Transplantationsbeauftragte sind bereits seit vielen Jahren auch ohne die gesetzliche Verpflichtung in den Thüringer Krankenhäusern benannt und aktiv. Bereits seit vielen Jahren zeichnen das Gesundheitsministerium oder die Ministerien der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen jährlich ein Entnahmekrankenhaus aus, welches sich besonders um die Organspende verdient gemacht hat. In diesem Jahr wurde in Magdeburg gestern für Thüringen das Universitätsklinikum Jena ausgezeichnet, weil es wie auch ausgezeichnete Häuser der Vorjahre beispielgebend in der Umsetzung der Forderungen des Transplantationsgesetzes und der zugehörigen Richtlinien der Bundesärztekammer ist.

Zu Ziffern II und III des Antrags: Diese fordern die Landesregierung auf, ein Ausführungsgesetz zum

(Abg. Kubitzki)

Transplantationsgesetz zu erlassen und Freistellung, Qualifikation sowie organisationsrechtliche Festlegungen der Transplantationsbeauftragten zu regeln und die bestehende Verordnungsermächtigung im Thüringer Krankenhausgesetz aufzuheben. Wie bereits anlässlich der Berichterstattung zur Vorlage 6/2250 „Thüringer Verordnung zu den Transplantationsbeauftragten in Entnahmekrankenhäusern gemäß § 22 Thüringer Krankenhausgesetz“ der Fraktion der CDU im Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit am 16.03.2017 mitgeteilt, beabsichtigt das für die Gesundheit zuständige Ministerium den Erlass einer Verordnung gemäß § 22 Thüringer Krankenhausgesetz. Es wurde am 16.03.2017 im Ausschuss zugesagt, den Verordnungsentwurf im II. Quartal auf den Weg zu bringen.

Frau Staatssekretärin, erlauben Sie eine Anfrage der Abgeordneten Meißner?

Ich würde das jetzt mal gern weitermachen; vielleicht zum Schluss.

Wollen Sie keine Anfrage stellen?

(Zuruf Abg. Meißner, CDU: Ich würde gern eine stellen!)

Am Schluss.

Die beabsichtigten Regelungen der neuen Verordnungen wurden bereits zur Berichterstattung im Ausschuss mitgeteilt. Sie decken die im Antrag aufgeführten Forderungen an die Landesregierung ab, Qualifikationen, organisationsrechtliche Stellungen und Freistellungen der Transplantationsbeauftragten zu regeln. Derzeit ist die Verordnung in der Hausabstimmung; nachfolgend ist die öffentliche Anhörung vorgesehen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum die Landesregierung vom bereits gestarteten Verfahren zum Erlass der Verordnung ablassen und ein Gesetzgebungsverfahren zur Ausführung des Transplantationsgesetzes einleiten soll.

Lassen Sie mich in dem Zusammenhang, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete von der CDU-Fraktion, auf Ihre gestern veröffentlichte Presseerklärung nur wenige Sätze sagen. Die Landesregierung drückt sich nicht um eine verbindliche Regelung. Der im Fachreferat in der Erarbeitung befindliche Entwurf der Verordnung sieht insbesondere auch – Herr Abgeordneter Zippel – eine angemessene Freistellung der Transplantationsbeauf

tragten vor, welche sich an der Größe der Entnahmekrankenhäuser, insbesondere an der Anzahl der Intensivbetten, zu orientieren hat. Das werden wir sicher auch dann in der öffentlichen Anhörung diskutieren. Aber wie Sie auch wissen, regelt die Facharztquote auch eine Verordnung. Das kann nicht nur ein Gesetz. Darüber hinaus soll die jeweilige Krankenhausleitung verpflichtet werden, den gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Transplantationsgesetz von der Koordinierungsstelle überwiesenen angemessenen pauschalen Zuschlag an die Entnahmekrankenhäuser für die Aufgabenwahrnehmung der Transplantationsbeauftragten einzusetzen. Neben der Zweckbindung des pauschalen Zuschlags haben die Krankenhausleitungen die Aufgabe, die Transplantationsbeauftragten kontinuierlich zu unterstützen, sodass

1. sie die notwendigen Informationen haben,

2. sichergestellt wird, dass sie den Zugang zu allen für die Organspende relevanten Bereichen haben,

3. regelmäßige und fachspezifische Fortbildung und deren Kostenübernahme sichergestellt sind und

4. auch die Vertretungsregelung geklärt ist.

Sehr geehrte Damen und Herren der CDU-Fraktion, es ist eben nicht notwendig, alles gesetzlich zu regeln. Abgesehen von langwierigen Gesetzgebungsverfahren haben wir die Möglichkeit, mit der für Thüringen besser passenden Verordnung eine für das einzelne Krankenhaus individuelle Regelung zu finden, um so der spezifischen Situation zu entsprechen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, aktuell ist das Thema „Organspende“ in aller Munde. Frau Meißner hat es vorhin schon ausgeführt, jedes Jahr am ersten Samstag im Juni wird der bundesweite Tag der Organspende begangen. Das Motto – ich will es auch noch mal nennen, weil es ein wichtiges, richtiges Motto ist –: „Richtig. Wichtig. Überlebenswichtig.“, veranstaltet durch die Patientenverbände Bundesverband der Organtransplantierten e. V., der Bundesverband Niere e. V. und Lebertransplantierte Deutschland e. V., die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die Deutsche Transplantationsgesellschaft und die Deutsche Stiftung Organtransplantation. In diesem Jahr ist eben die Landeshauptstadt Erfurt Veranstaltungsort und damit wird für uns alle am Samstag, dem 3. Juni, also morgen, Politik erlebbar. Der Regelungsgehalt des Transplantationsgesetzes, nämlich die Bereitschaft zur Organspende in Deutschland zu fördern und die Spende und die Entnahme von menschlichen Organen oder Geweben zum Zwecke der Übertragung sowie für die Übertragung der Organe oder der Gewebe einschließlich der Vorbereitung dieser Maßnahmen zu regeln, wird in den Mittelpunkt gestellt. In verschiedenen Diskussionsrunden, eingebettet in ein buntes Rahmenpro

(Staatssekretärin Feierabend)

gramm, werden alle Facetten des Themas „Organspende und Transplantation“ beleuchtet, von Informationen und Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger als Grundlage für eine individuell zu treffende Entscheidung zur Organspende, über die Arbeit der Entnahmekrankenhäuser und der Koordinierungsstelle der Deutschen Stiftung Organtransplantation, bis hin zur Organvermittlung durch Eurotransplant in die Transplantationszentren.

Namens der Landesregierung danke ich den Veranstaltern für die Entscheidung, den bundesweiten Tag der Organspende in diesem Jahr in Erfurt auszurichten, um unseren Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zur Information zu geben. Ich danke vor allem schon jetzt allen Mitwirkenden, die für die Bürgerinnen und Bürger bereitstehen und ihre ganz persönliche Erfahrung, sei es nach Transplantation, als betroffene Angehörige oder als Vertreter der Krankenhäuser, vermitteln werden. Das Gesundheitsministerium flankiert diese Veranstaltung mit entsprechenden Maßnahmen. Am 29. Mai, also diese Woche, fand im Gesundheitsministerium eine Pressekonferenz statt. Medienvertreter konnten mit Vertretern der Veranstalter und meiner Ministerin die aktuelle Situation der Organspende, aber auch grundsätzliche Fragen zur Organspende und Transplantation diskutieren. Wie bereits berichtet, fand gestern die jährliche Auszeichnung von Entnahmekrankenhäusern durch die zuständigen Ministerien Sachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringens in Magdeburg statt. In diesem Jahr wurde, wie ich schon erwähnte, das Universitätsklinikum Jena für seine vorbildliche Organisation ausgezeichnet. Außerdem wird meine Ministerin, Heike Werner, morgen am Tag der Organspende als Vertreterin der Landesregierung an verschiedenen Programmpunkten persönlich teilnehmen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Aber es gab noch eine Frage!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Staatssekretärin, bevor Frau Meißner Ihnen die Frage stellt: Es gibt noch einen Nachfragewunsch des Abgeordneten Zippel, gestatten Sie den auch? Dann würde ich ihn danach aufrufen. Frau Abgeordnete Meißner.

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Sie sagten, die Landesregierung hat sich für die Erstellung einer Verordnung entschieden, weil ein Gesetz ein langwierigeres Verfahren wäre. Deswegen frage ich Sie: Warum dauert die Verordnung in Ihrem Hause so lange? Denn bereits im Bericht der Bundesregierung vom Januar 2016 hieß es, dass diese Verordnung in Thüringen in der Endabstimmung sei.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Meißner, ich wiederhole noch mal, was ich gesagt habe: Wir bleiben bei unseren Zusagen. Im Ausschuss am 16.03. haben wir zugesagt, dass Ende des II. Quartals die Vorlage vorliegen wird. Das werden wir auch einhalten. Insofern sind wir da schon termintreu.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Zippel.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich hätte zwei Nachfragen, wenn das erlaubt wird.

Wenn die Frau Staatssekretärin das erlaubt.

Ja.

Danke. Die erste Nachfrage ist noch mal zu den verbindlichen Freistellungsregelungen, die Sie hier angesprochen haben. Mich würde ganz explizit interessieren: Wie sehen diese geplanten, verbindlichen Freistellungsregelungen aus? Bisher habe ich noch keine einzige Zahl gehört. Es war immer nur pauschal von Freiheit für die Häuser die Rede. Aber haben Sie fixe Orientierungspunkte, fixe Zahlen, um Planungsgrößen zu schaffen? Wenn Sie dazu ein paar Worte verlieren könnten.

Die zweite Nachfrage: Werden bei der geplanten Anhörung zur Verordnung betroffene Verbände von Ihnen mit eingebunden?