Protokoll der Sitzung vom 02.06.2017

Die zweite Nachfrage: Werden bei der geplanten Anhörung zur Verordnung betroffene Verbände von Ihnen mit eingebunden?

Danke, Herr Zippel, für diese Nachfragen. Ich erwähnte schon, wir hatten die Intensivbetten hier im Fokus. Darüber hinaus, Herr Zippel, befinden wir uns aber noch in der internen Ressortabstimmung, sodass ich natürlich heute hier das Endergebnis dazu noch nicht sagen kann. Aber ich bin mir ganz sicher und gehe davon aus, wenn dies erfolgt ist und die Verordnung zwischen den Ministerien endgültig abgestimmt ist, dass wir dem Ausschuss auf jeden Fall tiefgründig Bericht erstatten werden.

Ihre zweite Anregung nehme ich natürlich mit auf, aber ich gehe davon aus, dass das auch vorgesehen war.

(Staatssekretärin Feierabend)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Brandner, bitte.

Meine Damen und Herren, vor allem meine Damen und Herren auf der Tribüne, das ist ein sehr sensibles Thema und ich wollte noch einmal ein oder zwei Minuten nutzen, um die Stellung der AfD-Fraktion klarzumachen. Wir werden uns zum CDU-Antrag enthalten. Warum, hat die Kollegin Herold schon deutlich gemacht. Der Antrag ist nicht grundsätzlich verkehrt, aber er setzt zu spät an. Es kommt darauf an, die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren, dass es überhaupt zu mehr Spendebereitschaft kommt. Der CDU-Antrag springt da wesentlich zu kurz. Wir haben ungefähr 40 Krankenhäuser, 42 Krankenhäuser in Thüringen und knapp 30 Organspenden im Jahr.

Herr Abgeordneter Brandner.

Am Ende vielleicht.

Es gibt zurzeit mehr als 40 Transplantationsbeauftragte, die als solche gar nichts zu tun haben. 40 Krankenhäuser, knapp 30 Organspenden im Jahr, deshalb ist das der falsche Ansatz. Der richtige wäre, in die Öffentlichkeit hinauszugehen und dafür zu sensibilisieren, dass mehr Spendebereitschaft hergestellt wird. Deshalb enthalten wir uns zum Antrag der CDU.

Was den Alternativantrag – der den Namen nicht verdient, Herr Zippel hat das gerade richtig gesagt – der Regierungskoalition angeht, da werden wir dagegen stimmen. Zum einen beachten wir die Wesentlichkeitstheorie, die vom Bundesverfassungsgericht auch sehr hochgehalten wird. Da wird gesagt: Wesentliches muss in Gesetzen geregelt werden und kann nicht in Verordnungen, die aus dem Ministerium stammen, geregelt werden. Warum Gesetze? Gesetze werden transparent, öffentlich und lange diskutiert. Da kann man nachvollziehen, was dahintersteckt. Verordnungen werden so im Zimmerchen der Ministerien geschrieben, da ist keine Transparenz. Hier geht es um ganz wesentliche Sachen, die in menschliche Befindlichkeiten eingreifen. Deshalb bedarf es zum einen eines Gesetzes; eine Verordnung reicht schon deshalb nicht aus.

Der zweite Punkt ist: Wir von der AfD-Fraktion können uns auch schwerlich damit anfreunden, jetzt schon eine Verordnung zu begrüßen, die wir gar nicht kennen. Also ich weiß gar nicht – Sie von RotRot-Grün haben da möglicherweise einen Wissens

vorsprung durch Ihre kurzen Dienstwege –, wie Sie jetzt hier schon etwas begrüßen können, das demnächst von der Landesregierung kommt. Sie wissen doch noch gar nicht, was das ist. Auch daran scheitert unsere Zustimmung.

Was schließlich Ziffer II Ihres Antrags angeht: Das ist allgemeines Blabla mit Zivilgesellschaft und so etwas. Das bringt uns auch nicht weiter. Auch das ist ein weiterer Grund, warum wir Ihren sogenannten Alternativantrag ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter Brandner, Sie hatten eine Zwischenfrage der Abgeordneten Meißner erlaubt.

Herr Kollege Brandner, es ist ja schade, dass die bisherige Gesundheitspolitikerin in Ihrer Fraktion nicht im Raum ist.

Wenn Sie da hinten gucken, da sehen Sie sie. Also eigentlich kann man Frau Herold gar nicht übersehen.

Dann erklären Sie mir doch mal in Anwesenheit von ihr, warum denn die AfD-Fraktion jetzt so einen Meinungswechsel vollzieht, denn Frau Herold hat vorhin erklärt, dass sie unseren Antrag gern an den Ausschuss überweisen würde, um darüber zu reden. Jetzt sprechen Sie von einer Enthaltung.

Ich sprach nicht über die Ausschussüberweisung, ich sprach darüber, wie wir am Ende über Ihren Antrag abstimmen würden. Da werden wir uns enthalten.

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Also, meine Damen und Herren, ein Zwiegespräch wollen wir nicht machen. Aber ich frage Sie trotzdem, Herr Abgeordneter Brandner, ob Sie eine Nachfrage der Abgeordneten Meißner erlauben.

Wenn Sie so nett fragen, Frau Präsidentin, dann gern.

Ist jetzt Ausschussüberweisung unseres Antrags geplant?

Geplant? Ich weiß nicht, ob das geplant ist. Wenn das von Ihnen beantragt wird, werden wir der Ausschussüberweisung zustimmen, selbstverständlich. Ich kenne Ihre Pläne nicht, aber wenn Sie es beantragen, werden wir der Ausschussüberweisung zustimmen.

(Zwischenruf Abg. Meißner, CDU: Frau He- rold hat es beantragt!)

Also, ich frage noch mal. Wir kommen jetzt zur Abstimmung, wenn es keine weiteren Redebeiträge gibt. Frau Herold hat keine Ausschussüberweisung beantragt. Sie hat gesagt: wenn es Ausschussüberweisungen gibt. Die CDU-Fraktion hat es nicht beantragt. Also für mich gibt es keine Ausschussüberweisung, sodass – außer es stellt jetzt noch jemand den Antrag – wir dann direkt über den Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/3904 abstimmen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion der CDU. Gegenstimmen? Das sind die Koalitionsfraktionen. Stimmenthaltungen? Das sind die Stimmen der Fraktion der AfD und des fraktionslosen Abgeordneten Gentele. Damit ist der Antrag der CDU abgelehnt.

Wir stimmen über den Alternativantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/4013 ab, weil auch da keine Ausschussüberweisung beantragt worden ist. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? Das sind die Fraktion der AfD und der fraktionslose Abgeordnete Gentele. Stimmenthaltungen? Das sind die Abgeordneten der Fraktion der CDU. Damit ist der Alternativantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/4013 angenommen.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 6

Thüringer Gesetz über die Neuregelung der Kindertagesbetreuung Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/3906 ERSTE BERATUNG

Die Landesregierung wünscht das Wort zur Begründung. Frau Staatssekretärin Ohler, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne – die jetzt gerade weg sind, wahrscheinlich gibt es gleich noch neue Besucherinnen und Besucher –, ich freue mich, dass ich heute den Gesetzentwurf der Landesregierung zum neuen KitaG einbringen darf, weil wir damit ein zentrales Wahlversprechen einlösen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Bildungsforschung eingehend mit der frühkindlichen Entwicklung beschäftigt. Wir wissen heute, dass Kinder bis zum Eintritt in die Schule grundlegende kognitive, musische und soziale Fähigkeiten erwerben. Die Erfahrungen, die ein Mensch in diesem Alter macht, begleiten ihn sein ganzes Leben lang. Eine gute frühkindliche Förderung hat positiven Einfluss auf den weiteren Bildungsweg. Schon im KitaAlter wird so die Basis für eine erfolgreiche Teilhabe an unserer Gesellschaft gelegt. Gute frühkindliche Förderung verbessert die Chancen auf Bildungsaufstieg.

Sehr geehrte Damen und Herren, Kitas sind Bildungseinrichtungen und Bildung soll kostenfrei sein. Die Regierungskoalition hat deshalb beschlossen, den Weg in eine gebührenfreie Kindertagesbetreuung zu ebnen. Auf Seite 45 unseres Koalitionsvertrags finden Sie als ersten Schritt das Vorhaben, ein Kita-Jahr beitragsfrei zu stellen. Dieses Ziel wird mit der vorliegenden Novelle des Thüringer KitaGesetzes umgesetzt. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei den Kolleginnen und Kollegen aus den regierungstragenden Fraktionen für die gute Zusammenarbeit bedanken, die uns bis hierher gebracht hat. Mit unserer Entscheidung für ein beitragsfreies Kita-Jahr senden wir gleichzeitig ein Signal an den Bund, die Weichen für eine komplett kostenfreie Kita-Zeit zu stellen. Das ist unser längerfristiges Ziel. Der zentrale Punkt des neuen KitaGesetzes ist die Einführung des beitragsfreien KitaJahres zum 1. Januar 2018. Der neue § 30 legt fest, dass in einer Kindertageseinrichtung vom Beginn des letzten Kindergartenjahres bis zum Beginn des Schuljahres, in dem das Kind erstmalig die Schule besucht, kein Elternbeitrag geltend gemacht werden darf. Das heißt, ab dem kommenden Jahr müssen Thüringer Eltern für das letzte Kita-Jahr vor Schulbeginn keine Gebühren mehr entrichten. Wenn für dieses Jahr keine Gebühren mehr bezahlt werden müssen, dann profitieren jährlich rund 18.000 Kinder mit ihren Familien, und zwar erheblich. Im Durchschnitt werden die Familien pro Kind um 1.440 Euro entlastet. Das ist eine Menge Geld. Das ist eine Entlastung, die in den Familien spürbar wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben selbstverständlich die Novelle des Kita-Gesetzes mit den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt. Ich möchte mich auch hier für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Dadurch war es möglich, zu Berechnungsmodalitäten zu gelangen, die für die Kommunen akzeptabel sind. Denn schließlich ist es unsere Aufgabe, die Gebühren, die den Kommunen durch das Gesetz entgehen, zu erstatten. Diese Zusammenarbeit war auch deshalb wichtig, weil sie uns die Problemlagen vor Ort noch einmal vor Augen geführt hat. Im Ergebnis werden wir eine Reihe weiterer Maßnahmen ergreifen, um die Arbeit in unseren Kitas schrittweise zu verbessern. Ich danke auch ausdrücklich der Landeselternvertretung für Kindertagesstätten für die guten Gespräche und die konstruktive Zusammenarbeit.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir sind nicht in jedem Punkt zu einer Einigung gekommen, aber die Anregungen der Eltern sind für uns immer wichtiger Maßstab. Mein Dank geht ganz besonders an die langjährige Vorsitzende Sandy Kirchner und an die neue Vorsitzende Ulrike Grosse-Röthig sowie an den stellvertretenden Vorsitzenden Tim Wagner.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Frau Kirchner und Herr Wagner können heute hier sein, Frau Grosse-Röthig leider nicht. Richten Sie ihr viele Grüße aus, mein herzliches Willkommen. Thüringen wird also nicht nur jährlich 29 Millionen Euro für das beitragsfreie Vorschuljahr bereitstellen. Zusätzlich wird es für größere Kitas auch mehr Personal für die Erfüllung von Leitungsaufgaben geben. In Einrichtungen mit mehr als 100 Kindern steht für die Kita-Leitung bisher eine volle Personalstelle zur Verfügung. Zukünftig werden dafür bis eineinhalb Stellen möglich sein. Davon profitiert rund die Hälfte der Jungen und Mädchen, die in unserem Land einen Kindergarten besuchen. Das wird etwa dabei helfen, in großen Einrichtungen die Kommunikation zwischen Kindergarten und Elternhaus zu verbessern. Das ist uns wichtig, und es ist auch den Leiterinnen wichtig – Minister Hoff hat gestern in seiner Regierungserklärung darauf hingewiesen.

Sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrte Gäste, auch eine Reihe von kleinen Änderungen, die wir in die Novelle des Kita-Gesetzes aufgenommen haben, will ich wenigstens noch überblicksartig kurz benennen. Wir stärken die Elternbeiräte. Wie von der Thüringer Landeselternvertretung der Kitas längst gefordert, wird die Amtszeit der Elternvertretungen auf zwei Jahre verlängert. Außerdem muss der Träger einer Einrichtung die Elternvertreter konsultieren, wenn er eine Beitragserhöhung plant. Es kann also künftig keine Beitragserhöhung geben,

ohne dass die Beweggründe absolut transparent sind. In der Gesetzesnovelle sind zudem die Kriterien neu festgelegt, nach denen die Elternbeiträge sozial verträglich zu staffeln sind. Neben den Möglichkeiten, das Einkommen und die Betreuungszeiten zu berücksichtigen, haben wir eine Änderung bei der Kinderzahl vorgenommen. Hier werden nicht mehr nur die Kinder berücksichtigt, die gleichzeitig einen Kindergarten besuchen, sondern alle Kinder, die kindergeldberechtigt sind. Eine Familie, die ein Kind im Studium unterstützt, ein zweites in der Schule hat und das dritte im Kindergarten, wird nun nicht mehr behandelt wie eine Ein-Kind-Familie.

Sehr geehrte Damen und Herren, gestatten Sie mir abschließend noch einen kurzen Hinweis. Aus Gründen der Vereinfachung handelt es sich um kein Änderungs-, sondern um ein Ablösegesetz. Da die Bedeutung der Kindertagespflege gestiegen ist, haben wir uns auch entschieden, dem Gesetz einen neuen Namen zu geben. Es heißt jetzt nicht mehr „Thüringer Kindertagesstättengesetz“, sondern „Thüringer Kindertagesbetreuungsgesetz“. Die Abkürzung ThürKitaG bleibt jedoch erhalten. Schon der Titel des neuen Gesetzes zeigt also, dass es sich bei dieser Neufassung um eine zeitgemäße Neuregelung handelt. Ich wünsche uns eine gute Debatte zu dem Gesetz.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Beratung. Als erster Redner hat Abgeordneter Tischner, Fraktion der CDU, das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Besucher auf der Tribüne, besondere Grüße aber auch an die Vertretung der Landeselternvertretung! Ganz besonders möchte ich heute an der Stelle auch mal Frau Landwirtschaftsministerin Keller begrüßen, die nämlich als Ministerin immer diejenige ist und sozusagen das letzte Bollwerk, die hier sitzt und uns bei den Debatten zuhört,

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

selbst wenn sie nicht zuständig ist.

(Unruhe CDU)

Meine Damen und Herren, die Koalition möchte mit der heutigen Gesetzesänderung ein Wahlversprechen einlösen, das finanziell eine Entlastung bringt, eine Entlastung nicht für die Schwachen, sondern für eine breite Mittelschicht, eine Mittelschicht, die in einigen Regionen, insbesondere dort, wo Vertreter der rot-rot-grünen Koalition kommunalpolitische Verantwortung tragen, massiv durch Elternbeiträge

(Staatssekretärin Ohler)

belastet wird. Wir brauchen gar nicht weit zu schauen. In Erfurt belastet die verfehlte Kindergartenpolitik die fleißigen Eltern in ganz besonderer Weise. Für den Oberbürgermeister und SPD-Vorsitzenden ist es deshalb ein doppeltes Wahlgeschenk, was hier heute von der Regierung auf den Weg gebracht wird.