Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

Zudem besteht in der Region um Sonneberg ein hoher Bedarf an neuen Ausbildungsrichtungen im berufsbildenden Bereich. Der Schulträger plant in diesem Zusammenhang die zeitnahe Einführung der Fachrichtung Gesundheit und Soziales im Beruflichen Gymnasium der SBBS. Die schon vorhandenen Kooperationen mit dem REGIOMED-Klinikverbund sollen weiter ausgebaut werden. Ein entsprechendes Konzept liegt dem Bildungsministerium vor.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie begründet die Landesregierung, dass es seit dem Jahr 2013 an der SBBS nur eine Neueinstellung gab, während im Südthüringer Schulamtsbereich im gleichen Zeitraum 18 Lehrer neu eingestellt wurden?

2. Weshalb werden frei werdende Stellen an der SBBS nicht schnellstmöglich neu besetzt?

3. Wie sollen zukünftig die durchschnittlich zehn langzeiterkrankten Lehrer an der SBBS ersetzt werden?

4. Wie beurteilt die Landesregierung das ihr vorliegende Konzept für die Einführung der Fachrichtung Gesundheit und Soziales im Beruflichen Gymnasium der SBBS und wie plant sie, den Träger dabei zu unterstützen?

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Prof. Dr. Hoff.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Meißner, zunächst danke ich Ihnen für Ihre Anfrage die Staatliche Berufsbildende Schule Sonneberg betreffend. Ich möchte mit zwei grundsätzlichen Vorbemerkungen beginnen. Das eine ist: Die Einsatzplanung an der Schule unterliegt vor dem Hintergrund, dass wir uns jetzt auch im Bewerbungsverfahren auf einzelne Stellen befinden, einer gewissen Vorläufigkeit. Insofern kann ich Ihnen in dem, was ich Ihnen jetzt darstelle, einen Ist-Stand zum jetzigen Zeitpunkt geben. Ich kann Ihnen aber noch nicht sagen, wie die Bewerbungsgespräche, die zum Teil laufen, abgeschlossen werden und ob dann diejenigen, die ausgewählt sind, auch tatsächlich ein Beschäftigungsangebot annehmen. Darüber wäre dann zu einem gegebenen Zeitpunkt zu Beginn des nächsten Schuljahres noch mal zu sprechen. Ich würde auch für eine direkte Frage zur Verfügung stehen, sofern Sie davon Gebrauch machen wollen.

Das Zweite: Sie haben in Ihrem Vorwort zur Mündlichen Anfrage deutlich gemacht, dass seit dem Jahr 2011 aus Ihrer Sicht 31 Lehrkräfte die Schule verlassen haben, tatsächlich waren es 24. Das ist immer noch eine vergleichsweise hohe Zahl, aber ich kann die 31 nicht bestätigen. Diese Darstellung möchte ich aber zudem um die Feststellung ergänzen, dass die Schülerinnen- und Schülerzahl an dieser Schule im Zeitraum von 2010 bis 2017 um 25 Prozent gesunken ist und die Zahl der Lehrkräfte, die in diesem Zeitraum abgesunken ist, genau dieser Proportion entspricht. Das kann uns nicht an jedem Punkt zufriedenstellen, ich will nur darauf hinweisen, dass wir hier etwas andere Daten haben als Sie.

Ich will Frage 1 und Frage 2 zusammen beantworten, und zwar wie folgt: Die Einstellungen im Bereich der berufsbildenden Schulen im Schulamtsbereich sind im Rahmen der zur Verfügung stehenden Stellen entsprechend des Bedarfs und der Prioritäten verteilt worden. Bei jeder frei werdenden Stelle muss die jeweilige Situation vor Ort und im Schulamtsbereich geprüft werden. Sollte sich die Bedarfssituation als prioritär darstellen, wird im Rahmen des Einstellungskorridors versucht, eine Bewerberin oder einen Bewerber für die Unterrichtsabsicherung einzustellen. Dies ist an der Staatlichen Berufsbildenden Schule in Sonneberg derzeit nicht angezeigt. Die Schülerinnen- und Schülerzahl an der Schule sank im Zeitraum, wie ich bereits dargestellt habe, um 25 Prozent von 1.351 Schülerinnen und Schülern im Schuljahr 2010/2011 auf 1.015 Schülerinnen und Schüler im derzeit laufenden Jahr. An dieser Schülerinnen- und Schülerzahl ist dann eben auch der entsprechende Personalbedarf zu bemessen.

Sie haben dann – zu Frage 3 – die Frage gestellt, wie der Ersatz für die langzeiterkrankten Lehrerinnen und Lehrer aussieht. Sie hatten dort die Zahl zehn genannt. Nun kann ich Ihnen zunächst erst einmal positiv sagen, dass von diesen zehn langzeiterkrankten Lehrerinnen und Lehrern acht wieder genesen sind. Es ist ein Zustand, der uns zufriedenstellt. Es sind insofern zwei Lehrkräfte zu ersetzen. Hier ist es so, dass für die zwei weiterhin erkrankten Lehrkräfte eine befristete Einstellung im Rahmen der Vertretungsreserve realisiert wird, die den vakant gewordenen Unterricht dann auch kompensiert.

Zu Frage 4: Die Konzeption der Staatlichen Berufsbildenden Schule Sonneberg zur Einrichtung einer Fachrichtung Gesundheit und Soziales am beruflichen Gymnasium der Schule wurde vom TMBJS geprüft und mit dem Schulleiter der SBBS Sonneberg und dem Schulamt Südthüringen ausgewertet. In der vorliegenden Form ist das Konzept schulrechtlich, personell und sächlich nicht möglich, was wir bedauern, weshalb wir mit der Schule darüber sprechen, welche Alternativen es gibt, weil wir ein

(Abg. Meißner)

Interesse daran haben, dass diese Fachrichtung Gesundheit dort auch etabliert wird; also da ziehen wir tatsächlich auch am gleichen Strang. Wir sind aber in der Situation, dass vor der Einrichtung vollzeitschulischer Bildungsgänge zunächst entsprechende Grundberufe in dualer Ausbildung an der Schule etabliert sein müssen. Damit wird gewährleistet, dass die personellen und sächlichen Voraussetzungen an der Schule vorliegen und auch der Unterricht nachhaltig abgesichert werden kann. Entsprechende Grundberufe im Berufsfeld Gesundheit und Soziales werden an der Schule bislang nicht angeboten. Das aktuelle Thüringer Schulgesetz und die Durchführungsbestimmungen zur Thüringer Oberstufe definieren die Anforderungen an qualifiziertes Lehrpersonal. Diese Rahmenbedingungen stehen dem Konzept der SBBS Sonneberg, die den Einsatz schulfremder Personen vorsieht, derzeit entgegen. Auch das heißt nicht, dass man dort nicht was tun kann, man muss sich nur überlegen, in welchem Kontext und unter welchen Rahmenbedingungen man das macht. Insofern hat unsere Behörde auch mit dem Schulamt Südthüringen dem Schulleiter folgende Prüfoptionen angeboten, die auch mit REGIOMED beispielsweise zu diskutieren wären – ich kenne nun Herrn Bovelet noch aus gemeinsamer Zeit in Berlin und weiß, dass Herr Bovelet durchaus auch Erfahrungen mit einer dieser Varianten hat. Das eine ist, dass die SBBS Sonneberg ihr Profil um die Berufsfelder Gesundheit, Pflege und/oder Sozialwesen erweitert und nach der Etablierung der Grundberufe, wie ich das schon dargestellt habe, in der dualen Ausbildung ein berufliches Gymnasium der Fachrichtung Gesundheit und Soziales einrichtet. Das andere ist, dass REGIOMED die Einrichtung einer Schule in freier Trägerschaft beantragt, und zwar mit der Schulform „Berufliches Gymnasium“ in der Fachrichtung Gesundheit und Soziales, und dies in eigener Regie führt und damit eben auch bestimmte Rahmenbedingungen für die Beschäftigung von fachfremdem Personal vereinfacht werden. Bei Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft kann dann der Schulbetrieb unmittelbar aufgenommen werden. Dafür bestehen aus hiesiger Sicht durchaus auch ganz gute Rahmenbedingungen. Darüber hinaus sollten zur Nachwuchsgewinnung im medizinischen Bereich auch die allgemeinbildenden Gymnasien sowie die beruflichen Gymnasien der bereits angebotenen Fachrichtungen in den Blick genommen werden. Die allgemeine Hochschulreife befähigt unabhängig von der beruflichen Fachrichtung zu einem Studium in allen Studiengängen. Als weiteres Zugeständnis besteht das Angebot, bei personeller Absicherung Latein auch am beruflichen Gymnasium als neu einzusetzende Sprache anzubieten. Dies kann potenziell am Studienfach Medizin Interessierten auch den Zugang zum Studium der Medizin erleichtern.

Wir haben durchaus ein Interesse daran, zu einer konzeptionellen Entwicklung auch unseren Anteil beizutragen. Da ich in absehbarer Zeit mit Herrn Bovelet ein Gespräch führen will – wir haben uns dazu verabredet –, würde ich über dieses Thema dann auch noch einmal direkt mit ihm sprechen. Ich wäre aber auch gern bereit, wenn Sie daran teilhaben wollen und dies in Ihrer Nachfrage deutlich machen, Sie da gern mit einzubeziehen und die Abgeordneten des Sonneberger Gebiets selbstverständlich insgesamt.

Frau Meißner, Sie haben eine Nachfrage?

Ja. – Vielen Dank, das Angebot nehme ich gern an. Aber ich habe dennoch eine Nachfrage. Trotz sinkender Schülerzahlen haben wir 24 Abgänge zu verzeichnen. Deswegen die konkrete Frage, was das neue Schuljahr betrifft, unabhängig davon, ob noch Bewerbungsverfahren laufen oder nicht: Wie viele Neubesetzungen bzw. Neueinstellungen sind konkret für das nächste Schuljahr geplant?

Die Informationen reiche ich Ihnen nach.

Das ist hiermit zugesagt und ich bedanke mich. Ich sehe keinen weiteren Nachfragebedarf. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 28, die Fragestunde, für heute.

Wir setzen fort mit unserer Tagesordnung, und zwar mit dem Aufruf des Tagesordnungspunkts 10

Manipulation an der Bordelektronik von Lastkraftwagen durch osteuropäische Unternehmen zum Schaden des Thüringer Speditionsgewerbes verhindern Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/3806 dazu: Logistikunternehmen vor unlauterem Wettbewerb schützen Alternativantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drucksache 6/4010

(Minister Prof. Dr. Hoff)

Zunächst einmal die Frage: Gibt es den Wunsch nach einer Begründung für den Antrag der CDU? Herr Prof. Dr. Voigt, Sie haben das Wort.

Werter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! „Manipulation an der Bordelektronik von Lastkraftwagen durch osteuropäische Unternehmen zum Schaden des Thüringer Speditionsgewerbes verhindern“ – so lautet unser Antrag. Wir glauben als CDU-Fraktion, wer auf unseren Straßen unterwegs ist, muss auch unsere Spielregeln akzeptieren. Deshalb sagen wir heute mit unserem Antrag auch der Betrugsmasche osteuropäischer Spediteure den Kampf an.

(Beifall CDU)

Was euch gerade durchlebt, ist die postprandiale Thermogenese, quasi euer ganzes Blut ist im Magen und jetzt müsst ihr es wieder hochpumpen. Also: Ihr könnt mitmachen! –

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Wir sind da- bei!)

Für uns als CDU-Fraktion hat der Antrag eine besondere Bedeutung, weil wir im Freistaat eine exponierte Lage haben. Wir sind Logistikdrehkreuz in Deutschland. Insgesamt gibt es 550 Logistikunternehmen mit circa 41.000 Beschäftigten. Das ist, glaube ich, ein guter Beleg dafür, mit welcher Wichtigkeit wir auch faire Wettbewerbsbedingungen im Freistaat erreichen müssen und wollen. Dementsprechend können wir natürlich nicht akzeptieren, dass es mittlerweile osteuropäische Speditionsunternehmen gibt, die sich durch Manipulation Kostenvorteile pro Fahrzeug von rund 2.000 Euro verschaffen und das, obwohl wir ganz klare Spielregeln haben. Denn im Gegensatz zu den hiesigen Speditionsunternehmen hier bei uns in Thüringen kaufen sich solche kriminellen Speditionen aus Osteuropa elektronische Geräte, die es ihnen ermöglichen, ihre Lkws ohne den Zusatz AdBlue fahren zu können, und das, obwohl dies zwingend benötigt wird.

Wir müssen also darauf drängen, dass diese kriminellen Machenschaften endlich beendet werden. Je schneller diesen Speditionen das Handwerk gelegt wird, umso besser ist es einerseits für unsere Umwelt, andererseits natürlich auch für den Logistikstandort Thüringen. Dahin zielt unser Antrag.

Wir glauben auch nicht, dass der Alternativantrag mit seinem erneuten Berichtswesen einen Beitrag dazu leistet, dass es den Thüringer Spediteuren besser geht. Insofern glauben wir, dass unser Antrag deutlich besser geeignet ist, die Ziele für unsere Männer und Frauen hinter dem Steuer zu erreichen. Schönen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Das war übrigens eine sehr nette Umschreibung des Begriffs „Trägheit“, den wir hier von Ihnen zur Kenntnis genommen haben. Gibt es den Wunsch nach der Begründung für den Antrag der Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD? Frau Dr. Lukin, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wenn wir von Wettbewerbsvorteilen sprechen, müssen wir den Begriff etwas weiter fassen. Das werden wir in unserem Antrag auch tun und ich will nur auf die Frage der ostdeutschen Spediteure hin eine Zahl vortragen. Bei circa 70 Prozent der in Osteuropa zugelassenen Speditionsfirmen handelt es sich um Tochterfirmen, deren Hauptsitze in Deutschland, Belgien und den Niederlanden liegen. Wir sollten uns also hüten, die Fragen des Wettbewerbs und der Wettbewerbsverzerrung hier eindimensional zu behandeln.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht zu Nummer I des Alternativantrags der Fraktionen SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Dazu erteile ich Herrn Staatssekretär Sühl das Wort.

Danke, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, der technisch einwandfreie Zustand der Fahrzeuge ist wesentliche Voraussetzung für die sichere Teilnahme am Straßenverkehr. Neben dem System der regelmäßigen Hauptuntersuchungen sind die Verkehrskontrollen auf der Straße durch Polizei und Bundesamt für Güterverkehr – BAG – ein Faktor der stichprobenartigen Verdichtung der Kontrollmechanismen. Hierbei werden der Fahrzeugführer und sein Verhalten, ebenso anfängliche und allgemeine, vorwiegend augenscheinliche Prüfungen des technischen Zustands der Fahrzeuge vorgenommen. Hauptaspekt dieser Kontrollen ist die Gewährleistung der Verkehrssicherheit in Einheit mit der Kriminalitätsbekämpfung. Das BAG erledigt Verwaltungsaufgaben des Bundes auf dem Gebiet des Verkehrs, die ihm durch das Güterkraftverkehrsgesetz zugewiesen sind. Dazu gehören unter anderem die Rechtsvorschriften über die zulässigen Werte für Geräusche und verunreinigende Stoffe im Abgas von Kraftfahrzeugen zur Güterbeförderung.

Gleichfalls ist das BAG Kontrollbehörde für die Abgaben, die für die Benutzung von Straßen anfallen. Die Beauftragten des Bundesamts haben dieselben Rechte und Pflichten wie die Beamten des Polizei

(Vizepräsident Höhn)

vollzugsdienstes nach den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung und nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten.

Lassen Sie mich nun einige Ausführungen zum Verkehrsaufkommen machen. Im I. Quartal des Jahres 2017 betrugen die Fahrleistungen der Lkw ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht auf mautpflichtigen Straßen 8,3 Milliarden Kilometer und liegen damit etwa 6,3 Prozent über dem entsprechenden Wert des Vorjahres. Im Jahr 2016 haben mautpflichtige schwere Nutzfahrzeuge rund 32,5 Milliarden Kilometer auf dem gebührenpflichtigen Streckennetz in Deutschland zurückgelegt. Dies bedeutet einen Zuwachs von 9,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Während insgesamt die mautpflichtige Fahrleistung deutscher Lkw gegenüber dem Vorjahr um 7,8 Prozent zulegte, stieg die der gebietsfremden Fahrzeuge um 11,3 Prozent an. Der Anteil deutscher Lkw an der gesamten Fahrleistung betrug im Jahr 2016 damit 59 Prozent. Es folgen Polen mit einem Anteil von 14,8 Prozent, Tschechien mit 4,2 Prozent, Rumänien mit 3,2 Prozent, die Niederlande mit 3,1 Prozent, Ungarn mit 2,2 Prozent, die Slowakei mit 1,9 Prozent, Litauen mit 1,8 Prozent, Bulgarien mit 1,4 Prozent, Slowenien mit 1,2 Prozent und Österreich mit 1 Prozent.

Aufgrund der technischen Entwicklung werden immer mehr vergleichsweise umweltschädliche Fahrzeuge durch umweltfreundlichere und mautgünstigere Fahrzeuge ersetzt. So wurden im Jahr 2016 inzwischen über 46 Prozent der Fahrleistung in der Schadstoffklasse S6 Euro 6 zurückgelegt. Im Vorjahr waren es noch 30 Prozent. Der Einsatz von Lkw der Schadstoffklassen S1 Euro 1 bis S4 Euro 4 erreicht inzwischen nur noch einen Anteil von 6,5 Prozent gegenüber 99 Prozent im Jahr 2005 bzw. 50 Prozent im Jahr 2009.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, um den Ausstoß von umweltschädlichen und gesundheitsgefährdenden Stickoxiden zu reduzieren, verwenden diese Lkw sogenannte SCR-Abgasreinigungseinrichtungen. Das schreibt die Abgasnorm Euro 6 vor, die seit dem 1. September 2013 für alle neuen Lkw-Fahrzeugtypen gilt. Diese Lkw dürfen ab diesem Zeitpunkt nur noch 400 Milligramm Stickoxide pro Kilowattstunde ausstoßen. Dazu nutzen viele Autohersteller die im Lastwagenbau schon lange verwendeten SCR-Katalysatoren. Diese bauen die Stickoxide mithilfe von AdBlue ab. AdBlue besteht zu 32,5 Prozent aus Harnstoff, einer ungefährlichen synthetischen Stickstoffverbindung, und aus demineralisiertem Wasser. AdBlue wird direkt in den Abgasstrang eingespritzt und setzt dort Ammoniak frei. Dieser reagiert im SCR-Kat mit den Stickoxiden und wandelt sie in Stickstoff und Wasserdampf um. Ein vom Motorsteuergerät kontrolliertes Dosiermodul sorgt dafür, dass stets die für Drehzahl und Fahrzeuglast benötigte Menge eingespritzt wird. Der Verbrauch liegt bei etwa 4 bis 6 Prozent des

Diesels. Da AdBlue bei minus 11,5 Grad gefriert, ist der Tank für den Zusatz bei allen Autos beheizbar.

Meine Damen und Herren, in § 19 Abs. 2 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ist geregelt, dass die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs erlischt, wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird. Unter anderem deshalb hat der Halter von Fahrzeugen sein Fahrzeug in regelmäßigen Abständen untersuchen zu lassen, insbesondere auch die schadstoffrelevanten Bauteile, also die Abgasanlage hinsichtlich Zustand, Ausführungs- sowie Abgasreinigungssysteme hinsichtlich Abgasverhalten. Manipulationen zur Reduktion bzw. Deaktivierung der AdBlue-Eindüsung bei SCR-Katalysatorsystemen sind unzulässige technische Änderungen und führen zum Erlöschen der Betriebserlaubnis des jeweiligen Fahrzeugs. Solche Manipulationen geschehen entweder durch entsprechende Änderungen von Kennfeldern in der Software des Motorsteuergeräts oder durch den Einbau spezieller Simulatoren bei gleichzeitiger Unterbindung der Fehlermeldung für die heute übliche Abgasuntersuchung. Die Folge einer Reduktion bzw. Deaktivierung der AdBlue-Eindüsung bei SCR-Katalysatorsystemen ist ein signifikanter Anstieg der NOx-Emission, also der Stickoxide, des jeweiligen Fahrzeugs.

Bei den Hauptuntersuchungen der Fahrzeuge in Deutschland unterstützt der sogenannte HU-Adapter den amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer, Prüfingenieur über die elektronischen Fahrzeugschnittstellen bei seiner Arbeit. Im Rahmen einer Ergänzungsuntersuchung könnte durch das einfache Auslesen der Softwareidentifikationsparameter über genormte On-Board-Diagnoseprotokolle und deren Abgleich mit Sollwerten zulässiger Datensätze eine unzulässige Änderung festgestellt werden. Als weitere Ergänzungsuntersuchung könnte bei der HU ein Abgleich der NOx-SensorIst-Werte mit Referenzwerten erfolgen. Für die in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge wäre es künftig möglich, durch Anpassung der Verfahren bei der Hauptuntersuchung solche Manipulationen festzustellen und diese bei Verstößen auch zu ahnden. Bereits jetzt ist es den Zulassungsbehörden möglich, den Betrieb des Fahrzeugs zu beschränken und zu untersagen, wenn sich ein Fahrzeug als nicht vorschriftsmäßig nach der Fahrzeug-Zulassungs-Verordnung oder der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung erweist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die technischen Unterwegskontrollen der Nutzfahrzeuge, insbesondere auch der ausländischen Lkw, sind das BAG sowie die Polizei zuständig. Eine Manipulation durch sogenannte AdBlue-Emulatoren im Lkw ist bei diesen Kontrollen vor Ort ohne weiteren Technikeinsatz nicht erkennbar. Umfang und Art der Kontrollen liegen in der Zuständigkeit des Bundes. Allerdings wurden durch das Thüringer Minis

(Staatssekretär Dr. Sühl)

terium für Infrastruktur und Landwirtschaft auf Fachebene bereits Hinweise zur Möglichkeit derartiger Manipulationen an das im Bundesverkehrsministerium zuständige Referat gegeben. Das BMVI muss nun tätig werden und das BAG als Bundesbehörde in die Lage versetzen und anweisen, aktiv gegen Manipulationen vorzugehen. Hierzu sollte die Kontrolldichte des BAG erhöht werden und eine entsprechende technische Ausstattung der Kontrollteams erfolgen. Zudem sollten die Verfahren zur Erlangung einer Typengenehmigung bzw. zur Erlangung einer Betriebserlaubnis für ein Fahrzeug hinsichtlich seiner Abgasemission und derzeitig praktizierten Verfahren zur periodischen Untersuchung des Abgasverhaltens von im Verkehr befindlichen Fahrzeugen den Erfordernissen angepasst werden, um Manipulationen künftig ausschließen zu können. Wir werden den Bund auffordern, das BAG anzuweisen, schärfere und intensivere Kontrollen durchzuführen. Ministerin Keller wird die Problematik nochmals in einem Brief an Bundesverkehrsminister Dobrindt darstellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Vorgaben für Kontrolldichte und Ausstattungsgrad für das Bundesamt für Güterverkehr sind Bundesangelegenheiten. Die Länder können hier lediglich Empfehlungen aussprechen. Dem Bundestag liegt in dieser Angelegenheit bereits die Antwort einer Kleinen Anfrage, Drucksache 18/11917 vor, die genau diese Thematik umfassend anspricht. Danach begrüßt die Bundesregierung ein weitergehendes Verkaufsverbot von sogenannten AdBlue-Emulatoren. Mit einem solchen Verbot würden die erforderlichen Eingriffsinstrumente für die Marktüberwachung geschaffen werden, sodass nicht nur die Fahrzeughalter, beispielsweise durch den Entzug der Betriebserlaubnis, belangt werden. Daher unterstützt die Bundesregierung den Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, mit dem in Artikel 55 eine Rechtsgrundlage für entsprechende Verkaufsverbote geschaffen werden soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der von den Koalitionsfraktionen eingereichte Alternativantrag ist inhaltlich weitreichender als der Ursprungsantrag der CDU-Fraktion. In dem Koalitionsantrag geht es nicht nur um Manipulation durch sogenannte AdBlue-Emulatoren, sondern um die Einhaltung des Mindestlohns, der Kabotageregelungen, um Verkehrsordnungswidrigkeiten und Güterverkehr sowie um die Einhaltung des Steuer- und Abgabesystems durch ausländische Unternehmen. Diese im Alternativantrag benannten Themen sind nicht allein auf Landesebene zu lösen, da sie ausschließlich Bundesrecht betreffen und damit in die Zuständigkeit des Bundes fallen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich die Themen im Einzelnen ansprechen. Der gesetzliche Mindestlohn gilt gleichermaßen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, inländische Arbeitgeber sowie von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland in der Zeit, in der sie in Deutschland beschäftigt sind. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag zum Thema „Bekämpfung von Sozialdumping im Straßengüterverkehr“, Drucksache 18/12215, hat die Bundesregierung ausgeführt, dass die Behörden der Zollverwaltung und des Bundesamtes für Güterverkehr sowohl auf der Straße als auch im Unternehmen kontrollieren. Im Jahr 2016 haben die Behörden eine bundesweite Schwerpunktprüfung im Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe durchgeführt. Dabei wurden sowohl Fahrer in- als auch ausländischer Transportunternehmen geprüft. Ergänzt werden diese Straßenkontrollen durch nachfolgende Prüfung von Geschäftsunterlagen bei Arbeitgebern oder von im Ausland angeforderten Unterlagen. Eine weitere Liberalisierung bei der Kabotage kann erst dann erfolgen, wenn deutliche Fortschritte bei der Harmonisierung der Sozialstandards EU-weit umgesetzt worden sind. Aus Sicht der Bundesregierung könnte eine Neuregelung maximal so aussehen, dass eine unbegrenzte Anzahl von Fahrten durchgeführt werden kann, allerdings nur in maximal drei Tagen.