Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

(Ministerpräsident Ramelow)

neuen Team, das sich da bildet, vielleicht einen besseren Weg zu finden, gemeinsam. Mein Ziel bleibt: Wir brauchen eine dreiseitige Sicherheit, eigentlich eine vierseitige Sicherheit. Wir brauchen eine Sicherheit für die Region und die Umwelt, wir brauchen eine Sicherheit für die Bergleute und wir brauchen eine finanzielle Sicherheit für das Land Thüringen. Es kann nicht sein, dass 3,6 Milliarden Euro Haftungsrisiko allein beim Freistaat Thüringen hängen bleiben. Da wünsche ich mir eine Lösung wie bei Wismut oder Braunkohle oder wie bei den Verwahrbergwerken; Kollege Kummer hat darauf hingewiesen. Ich glaube, diesen Teil von dem Wort „Ewigkeitskosten“ kannte bis in die 90er-Jahre niemand. Mit diesem Wort müssen wir neu umgehen, das hat neue Konsequenzen für uns. Ich bin mir sicher, alle wären froh, wenn die nasse Grube Springen eine trockene Grube Springen wäre. Dann hätten wir ein großes Risiko weniger, dann wäre der Rest zu verbauen, dann wäre aber das Ende absehbar und dann wüssten wir, in welche Richtung wir arbeiten. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alle Fraktionen haben nun erneut 2 Minuten Redezeit. Wünscht noch jemand das Wort? Das kann ich nicht erkennen. Dann schließe ich den zweiten Teil und rufe den dritten Teil der Aktuellen Stunde auf

c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „‚Busfahrt in die Insolvenz‘ – Hat die Rechtsaufsicht des Landes versagt?“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/4531

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Primas, CDU.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, warum sprechen wir in der Aktuellen Stunde über den Gothaer Busstreit? Weil es schlimm war, was wir letzte Woche im Infrastrukturausschuss erleben mussten. Die CDU-Fraktion hatte beantragt, das Thema im Ausschuss für Infrastruktur zu behandeln und darüber hinaus die Landesregierung gebeten, den Präsidenten des Landesverwaltungsamts als Chef der Rechtsaufsichtsbehörde zu der Beratung hinzuziehen. Wir wollten der Frage nachgehen, ob das Landesverwaltungsamt rechtsaufsichtliche Maßnahmen hätte ergreifen können oder gar hätte ergreifen müssen. Wir haben die Landesregierung gefragt. Geantwortet hat Frau Mi

nisterin Keller. Es hätte auch der Innenminister antworten können.

Das Erste, was uns Frau Ministerin Keller dort erzählt hat, war, dass sie zwar fachaufsichtlich zuständig ist, aber nicht für die Rechtsaufsicht. Ja, klar. Genau deshalb hatten wir ja gebeten, dass der Präsident des Landesverwaltungsamts mitgebracht wird und unsere Fragen beantwortet. Nun wissen wir selbst, dass die Landesregierung mitbringen kann, wen sie will, oder es auch lässt. Nicht mal ein Vertreter der Beamtenebene der Rechtsaufsichtsbehörde war zugegen. Fakt ist, die Beantwortung unserer Fragen erfolgte nicht, Antworten auf spezifische Nachfragen zu rechtsaufsichtlichen Maßnahmen konnten nicht gegeben werden.

Meine Damen und Herren, das traditionsreiche Gothaer Omnibusunternehmen Steinbrück musste in der letzten Woche Insolvenz anmelden. Dieser Schritt ist das traurige Ergebnis eines beispiellosen Konflikts um vertragliche Regelungen zur Durchführung des öffentlichen Nahverkehrs.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wer ist denn der Vertragspartner? Ein CDU-Land- rat ist der Vertragspartner!)

Und jetzt kommt die CDU-Fraktion daher und fragt, ob es Möglichkeiten gegeben hätte, rechtsaufsichtlich tätig zu werden oder dies vielleicht zu verhindern – nicht mehr und nicht weniger. Wir wollten und wollen schlicht wissen: Was hat die Rechtsaufsicht veranlasst? Warum hat sie das veranlasst oder warum hat sie es nicht veranlasst? All das zunächst noch ohne Vorwurf an die Landesregierung und ihre Rechtsaufsicht, sondern einzig und allein, um herauszufinden, ob durch die Entscheidung des Landesverwaltungsamts die Insolvenz des Gothaer Busunternehmens Steinbrück hätte verhindert werden können.

Meine Damen und Herren, es zeugt von unglaublicher Missachtung und Überheblichkeit, was durch die Aufklärungsverweigerung zu unseren Fragen deutlich wird. Die Insolvenz eines Mittelständlers interessiert nicht die Bohne.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist doch einfach Blödsinn!)

Wir reden hier von einem Familienunternehmen mit 80 Mitarbeitern, gegründet im Jahr 1900. Die Firma Steinbrück hat viele Wirren, nicht nur die DDR, überlebt, aber der jetzige Kampf im Rechtsstaat Thüringen zwang sie in die Knie. Wir sind der Meinung, da muss alles beleuchtet werden, was dies hätte verhindern können. Wir erwarten, dass die Landesregierung aufklärt, was aufzuklären ist. Eine Rechtsaufsicht, die einfach wegschaut und sich abduckt, wenn es kompliziert wird, braucht kein Mensch. Danke schön.

(Beifall CDU)

(Ministerpräsident Ramelow)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordnete Dr. Lukin das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich mit einer Vorbemerkung beginnen, und zwar fand ich die von Ihnen vorgetragene Formulierung, die auch in der Aktuellen Stunde zum Ausdruck kommt, etwas tendenziös. Ich will nur darauf hinweisen, dass bei dieser Geschichte nicht nur ein traditionsreiches Busunternehmen, sondern auch eine regionale Verkehrsgemeinschaft, eine kommunale Verkehrsgemeinschaft in Insolvenz gegangen ist.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich muss sagen, hier gibt es nur Verlierer – Sie haben das zwar so bemerkt, aber Sie beziehen sich nur auf das private Unternehmen. Ich will an der Stelle noch mal sagen, es ist bereits die zweite kommunale Verkehrsgesellschaft, die im Freistaat Insolvenz angemeldet hat.

Sicher ist der Gothaer Busstreit mit all seinen Begleiterscheinungen und Folgen eine äußerst problematische Angelegenheit. Durch die Rechtsstreitigkeiten, die teilweise heute noch nicht beendet sind, die Doppelfahrten, die Insolvenzen sowohl der Regionalen Verkehrsgemeinschaft Gotha als auch des privaten Busunternehmens, aber auch die äußerst widersprüchlichen Pressemitteilungen ergeben eine Gemengelage, die – so ist meine Meinung – absolut nicht geeignet ist, in Form einer Aktuellen Stunde diskutiert zu werden.

(Beifall DIE LINKE)

Der im Mai gestellte Selbstbefassungsantrag der CDU, der sich auf die Auswirkungen auf den ÖPNV bezog, wurde im Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft inhaltlich gut beantwortet. Wir haben dort auch die entsprechenden rechtlichen Gegebenheiten vom Ministerium genannt bekommen. Deswegen verstehe ich nicht, warum wir uns heute in dieser Form damit befassen. Es ist schon dargelegt worden: Vertragspartner des Landes und Aufgabenträger ist der Landkreis Gotha. Wir müssen hier nicht die Parteizugehörigkeit des Landrats erwähnen, das spielt keine Rolle, er hat die Aufgaben zur Erbringung der Verkehrsleistung an die Regionale Verkehrsgemeinschaft Gotha GmbH vergeben. Sie ist die Inhaberin der Liniengenehmigung und in ihrem Auftrag fahren Subunternehmen, die zum Teil auch Mitglied dieser Verkehrsgemeinschaft sind. Im Wirtschaftsplan für 2017 – beschlossen im Dezember 2016, er ist im Internet veröffentlicht – und im Nahverkehrsplan für 2017 bis 2021 sind keinerlei finanzielle Probleme, nur Bedenken angeführt worden. Es ist nicht ersichtlich, weder

dem Landesverwaltungsamt noch der Genehmigungsbehörde, dass der ÖPNV und seine Durchführung im Landkreis gefährdet sind. Aufgrund zahlreicher Probleme – wer sich genauer informieren möchte, kann dies auf der Internetseite des Landeskreises tun, dort haben sie im Einzelnen die offenen Verfahren, die erlassenen Gerichtsurteile, die Probleme, die dort aufgetreten sind, die Verantwortlichkeiten aus ihrer Sicht einfach dargelegt, auch die Position des Landrats, der ja auch in zahlreichen Klagen durch den Busunternehmer belangt wurde. Das sind Fragen, die sich auf die Abrechnung 2014/2015 beziehen, die sich auf Interna beziehen, die verraten wurden, auf Ankündigungen von Vergütungsklagen – also bitte, jeder kann sich dort seine Informationen holen.

Das Landesverwaltungsamt – wenn wir das kurz mit erwähnen – hat seinerseits eine Untersagung des seit Januar stattfindenden Doppelverkehrs verfügt. Das wurde durch das Gericht gekippt – mit der Aussage: nicht zuständig. Die untere Gewerbebehörde des Landkreises Gotha soll dafür verantwortlich sein bzw. die Aufsicht darüber haben. Das Landesverwaltungsamt wurde schlicht als nicht zuständig erklärt. In diesem Zusammenhang bewegen wir uns in der gesamten Komplexität der kommunalen Selbstverwaltung als hohes Gut, in dem GmbHRecht, in der Frage privater Subunternehmen und in der Frage Leistung der Verkehre. Wie gesagt, durch den Landkreis ist damals und in keiner Form vorausschauend mitgeteilt worden, dass hier ein Nichterbringen der ÖPNV-Verkehrsleistungen angezeigt wird.

Im Ausschuss wurde uns auch sehr deutlich gemacht, dass die Frage des Doppelverkehrs, der Nachforderungen, der Kündigungsgültigkeit eine privatrechtliche Angelegenheit ist und nicht dem öffentlichen Recht untersteht. Das heißt also, wir tun hier gut, uns die Sache zwar anzusehen, aber die Entscheidung darüber, ob die Kündigung rechtsgültig war, ob der Doppelverkehr rechtsgültig ist, den Gerichten zu überlassen. An der Stelle können tatsächlich die Fachaufsicht und die Rechtsaufsicht nur beratend tätig sein, sie sind aber nicht handlungsfähig. Das ist die Meinung unserer Fraktion.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der SPD hat Abgeordneter Dr. Pidde das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, im Antrag steht: „Hat die Rechtsaufsicht des Landes versagt?“ Was für ein gezinktes Spiel versucht die CDU denn hier?

(Beifall SPD)

Der Landrat des Landkreises Gotha, Herr Gießmann, hat in der RVG ohne Beteiligung des Kreistags agiert. Er allein verantwortet die entstandene Situation mit zwei insolventen Gesellschaften, der Regionalen Verkehrsgemeinschaft Gotha und des Bundesunternehmens Steinbrück. Die Eskalationen im Gothaer Busstreit sind Ergebnis des Handelns des Landrats im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung und nicht Ergebnis mangelnder Rechtsaufsicht, wie wir hier schon gehört haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Indem Sie nun versuchen, ein trojanisches Pferd in das Landesverwaltungsamt zu schieben, wollen Sie doch nur von den eigenen Versäumnissen ablenken.

Meine Damen und Herren, wo war denn die Gothaer CDU-Kreistagsfraktion und wo war denn die CDU des Landkreises Gotha in den vergangenen Monaten?

(Beifall SPD)

Welche konkreten Aktivitäten im Kreistag haben Sie unternommen, um den eigenen Landrat zum Einlenken zu bewegen, wenn er, wie der Antrag zur Aktuellen Stunde den Eindruck erweckt, rechtswidrig gehandelt haben soll? Welchen Anteil an der Eskalation hat die Kreis-CDU? Ihr gehört ja der Landrat Gießmann genauso an wie der Busunternehmer Steinbrück, beide haben das CDU-Parteibuch.

(Beifall DIE LINKE)

Was hat es mit den großen Spenden des Busunternehmers Steinbrück an die CDU im Landkreis Gotha auf sich? Wurden frühere Entscheidungen im Landkreis dadurch eventuell zugunsten von Herrn Steinbrück beeinflusst? Wurden vom Busunternehmen Steinbrück eventuell Spenden an die LandesCDU gezahlt?

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das alles wissen wir nicht. Vielleicht ist das ein Grund für die heutige Aktuelle Stunde.

(Zwischenruf Abg. Schulze, CDU: Unterstel- lung!)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ge- troffene Hunde bellen! Ihr seid ganz schön nervös!)

Meine Damen und Herren, jetzt liegt das Kind im Brunnen und die CDU will vom Versagen in den eigenen Reihen ablenken.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

So streuen Sie uns und der interessierten Öffentlichkeit Sand in die Augen und versuchen, Neben

schauplätze aufzumachen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der AfD hat Abgeordneter Rudy das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, werte Gäste, wir als AfD-Fraktion empfinden es als richtig und wichtig, dass das Thema des Gothaer Busstreits auch dieses Haus beschäftigt.

(Beifall AfD)