Protokoll der Sitzung vom 29.09.2017

Das ist das Geld, das wir in den ersten zweieinhalb Jahren eingesammelt haben. Wir haben den Eltern versprochen, dass wir bestehende Verträge und bestehende Zusagen nicht kürzen. Das haben wir eingehalten, das haben wir ausgehalten, das haben wir durchgehalten. Wir haben ausgerechnet, dass es eine Differenz gibt, die wir finanzieren müssen. Insoweit ist es auf fünf Jahre gerechnet mathematisch einfach richtig, was wir machen.

Eine zweite Bemerkung erlaube ich mir dann doch noch mal. Hier wird einfach von Herrn Fiedler behauptet, dass die finanziell schwächeren Eltern gar keinen Vorteil davon hätten und dass es unzutreffend wäre, dass sie damit eine Entlastung hätten. Meine Damen und Herren, welches Bild verbirgt sich eigentlich dahinter? Sie erwarten, dass die Vermögenden, dass die Besserverdienenden ganz normal beitragspflichtig sind. Aber Sie denken, dass diejenigen, die schwächer sind, erst zum Amt gehen, sich ihre Schwäche bestätigen lassen müssen,

(Beifall DIE LINKE)

um sich damit diskriminierend über eine Behörde bescheinigen zu lassen, dass sie schwächer sind, um dann den Anspruch zu haben, die Gebührenfreiheit in Anspruch nehmen zu können. Und dann halten sie es denen noch vor. Unser Ziel ist es, dass kein einziges Elternteil zu einer Behörde gehen

(Beifall DIE LINKE)

und keinerlei Bescheinigung holen muss. Und unser Ziel ist es, langfristig dafür zu sorgen,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

bundesweit, und das wäre doch mal ein echter Fortschritt für ganz Deutschland, für alle Kinder in ganz Deutschland, dass diese Einrichtungen über das Steuergeld bezahlt werden und dann jeder beim Finanzamt alles offenlegt und nicht zur Sozialbehörde gehen muss, um sich die Gebührenfreiheit bescheinigen zu lassen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Lassen Sie uns dann doch gemeinsam bundesweit dafür kämpfen, dass Kinder entlastet werden, dass Familien mit Kindern in den Vordergrund gestellt werden. Und ehrlich gesagt, ich will nur mal …

(Zwischenruf Abg. Malsch, CDU: Das ist doch eine Wahlkampfrede!)

Ja, das mag ja sein, dass Sie das für Wahlkampfreden halten. Aber wissen Sie, wie erbärmlich das ist, im Moment in allen Ausschüssen zu versuchen, zu verhindern, dass wir dieses Gesetz ordnungsgemäß behandeln?

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: So ein Quatsch!)

Und Sie haben nichts anderes zu tun, als ständig „Verfassungsgericht“ zu rufen. Außer Gerichten können Sie nichts mehr betätigen und

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Ihr seid doch die Chaostruppe!)

Sie sind offenkundig nicht in der Lage, ordentlich Politik zu machen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich lade Sie ein mit der neuen Bundesregierung – das wird ja eine fröhliche Zeit, wir kriegen Jamaika, Deutschland wird neu erfunden – und dann lassen Sie uns doch mal gemeinsam mit Ihrer CDU/CSU das Fundament legen, die Kollegen der Grünen machen da mit, Herrn Kemmerich werden wir noch einladen, und lassen Sie uns dafür sorgen, dass nicht nur die Ehe für alle gilt, sondern dass das Ehegattensplitting zugunsten der Kinder umgewidmet wird. Das wäre doch mal eine Maßnahme.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So, verehrte Kolleginnen und Kollegen, jetzt gibt es gleich was kostenlos, nämlich zusätzliche Redezeit für alle Fraktionen, und zwar 6 Minuten und 30 Sekunden. Wer möchte? Frau Muhsal, Frau RotheBeinlich und Frau Meißner.

Herr Ministerpräsident, ich muss sagen, ich habe mich heute Morgen schon gewundert, was Sie hier von sich gegeben haben. Schon heute Morgen haben Sie sich hier hingestellt, Sie haben sich moralisch über andere erhoben und andere durch Ihre Argumentation versucht zu entmenschlichen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Was machen Sie denn?)

(Ministerpräsident Ramelow)

Und Ihre Sache wäre es eigentlich gewesen, einen politischen Standpunkt zu vertreten. Das finde ich schon von einem Ministerpräsidenten infam.

(Beifall AfD)

Jetzt stellen Sie sich hierhin und gehen her und bringen diese typische Leier von wegen Frauen an den Herd und Heimchen an den Herd und was weiß ich. Ich muss sagen, ich finde das unverschämt.

(Beifall CDU, AfD)

Ich sage Ihnen, wir als AfD haben hier beispielsweise schon einen Antrag zur Schulspeisung eingebracht. Natürlich ist die Speisung in Schulen, in Kindergärten wichtig, aber ich freue mich auch über jede Mutter, jeden Vater, die sich zu Hause an ihren Herd stellen, in ihre Küche und für Ihre Kinder was kochen.

(Beifall CDU, AfD)

Vielleicht sollten Sie den Lebensentwürfen der Familien in Thüringen auch einfach mal ein bisschen mehr Wertschätzung entgegenbringen. Und wenn es um Wertschätzung geht, dann komme ich auf das, was Sie vorhin schon wieder gesagt haben. Sie stellen sich hin und sagen, es ist ja nicht verboten, seine Kinder zu Hause zu erziehen. Ja, herzlichen Glückwunsch. Da können wir ja froh sein, dass die rot-rot-grüne Landesregierung das noch nicht verboten hat.

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Frech- heit!)

Ich glaube, auch unabhängig davon, eine Entscheidung für eine Krippe, für einen Kindergarten hat viele Motive. Die hat unter anderem die Motive, dass die Eltern gern arbeiten gehen wollen. Die hat hoffentlich das Motiv, dass die Eltern sagen, mein Kind fühlt sich in der Krippe, in dem Kindergarten wohl. Aber sie hat eben auch finanzielle Gründe. Und das ist der Grund, warum wir sagen, wir wollen ein Familiengeld. Wir wollen eben, dass die Eltern selbst frei entscheiden können, was sie mit ihrem Kind machen. Und dem stellen Sie sich entgegen.

(Beifall CDU, AfD)

Und noch mal zum Abschluss: Es wurde heute, glaube ich, auch schon angesprochen, wir hatten ja gerade Wahlen und ich glaube, zwischen der AfD und der CDU gibt es durchaus diverse Differenzen, was die Politik angeht. Ich glaube aber schon, dass es bei den Wählern so gesehen einen Zusammenhang gibt, dass es Bürger gibt, die bürgerlich denken, die teilweise auch konservativ denken, beispielsweise in Ihrem Familienbild, die einfach sagen: Unabhängig davon, welches Familienbild ich gerade lebe, schätze ich die Familie wert. Wir ha

ben eine bürgerlich-konservative Mehrheit in Thüringen.

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Wo denn?)

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Wo denn?)

Als Nächste hat Abgeordnete Astrid Rothe-Beinlich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt haben wir sie wieder, die alten ideologischen Grabenkriege, die hier ausgetragen werden und

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Meißner, CDU: Wer hat denn angefangen?)

die uns glauben machen wollen, dass sich Familien zwischen Kita und zu Hause entscheiden müssten.

(Zwischenruf Abg. Schulze, CDU: Selbstbe- stimmung!)

Ich frage mich immer wieder, wie die Lebensrealität von manchen aussieht, wenn sie hier vorne am Pult solches behaupten. Unsere Kinder waren 24 Stunden am Tag da, und davon waren sie auch einen Teil ihrer Zeit, als sie in dem Alter waren, in einer Kita. Wir als Familie haben uns entschieden, unsere Kinder jeweils mit etwa eineinhalb Jahren in eine Einrichtung zu geben, das war unsere Entscheidung. Und wir haben immer für echte Wahlfreiheit geworben.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Mit dem Mund! Mit dem Mund habt ihr das gemacht!)

Das, was Dieter Althaus auf den Weg gebracht hat – und das hat Bodo Ramelow eben hier schon ausgeführt –, war das Gegenteil von echter Wahlfreiheit.

(Beifall DIE LINKE)

Das war tatsächlich eine Zuhausebleibprämie für diejenigen, die sich entschieden haben, ihre Kinder zu Hause zu behalten. Diese Prämie allerdings hat natürlich mitnichten zum Leben gereicht. Sie hat vorausgesetzt, dass es einen weiteren Partner oder andere Leistungen gibt, die der- oder diejenige bezieht, um überhaupt davon leben zu können.