Das war keine echte Wahlfreiheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, und da sollte man auch nicht so einen Popanz aufbauen.
Sehr geehrte Frau Rothe-Beinlich, erst einmal vielen Dank, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen. Ich bedaure, dass Ihr Ministerpräsident das nicht getan hat. Deswegen muss ich diese Frage stellvertretend jetzt an Sie stellen.
Unabhängig von der Bewertung des Erziehungsgeldes wurde das Erziehungsgeld gestrichen mit der Begründung, man würde ein beitragsfreies KitaJahr als Ersatz einführen. Deswegen frage ich Sie: Wenn das konsequent ist, dann müsste das doch die Beitragsfreiheit für das erste Kindergartenjahr sein. Warum führen Sie also kein beitragsfreies erstes Kindergartenjahr in Thüringen ein?
Liebe Frau Meißner, da Sie mich ja so weit kennen dürften, dass ich mich auch nicht um schwierige Debatten oder Fragen drücke, sage ich Ihnen jetzt
ganz offen: Ja, wir hatten im Koalitionsvertrag das erste Jahr beitragsfrei vereinbart, weil wir das auch für pädagogisch richtig halten. Ich stehe auch nach wie vor dazu. Das war aus mehreren Gründen nicht durchsetzbar.
Es war zum einen aus finanziellen Gründen nicht durchsetzbar, völlig richtig. Es ist sehr viel teurer als das beitragsfreie Vorschuljahr – keine Frage.
Es war nicht durchsetzbar, wie ich bereits ausführte, aus finanziellen Gründen – das ist ein Grund. Es gab aber auch massive Bedenken seitens des Gemeinde- und Städtebunds und seitens des Landkreistags. Warum?
Weil man nämlich gar nicht wusste, wann geben denn die Eltern ihre Kinder in eine Einrichtung. Da gibt es Eltern wie mich, wir haben unsere vier Kinder, wie gesagt, mit etwa eineinhalb Jahren in eine Einrichtung gegeben. Manche Eltern entscheiden sich früher, manche entscheiden sich später, weil sie vielleicht mehr Zeit mit den Kindern vorher zu Hause verbringen können oder weil sie einen Partner haben und sich das entsprechend finanziell leisten können.
Das war auch einer der Gründe, warum es hieß: Das lässt sich gar nicht umsetzen. Sie von der CDU-Fraktion haben doch nie ernsthaft an so einem Konzept gearbeitet, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir haben uns damit Tage, Wochen, Monate beschäftigt, ob und wie das auf den Weg gebracht werden kann.
Und ich sage Ihnen noch eines: Unser Ziel ist tatsächlich, den Kindergarten insgesamt beitragsfrei zu stellen, weil – da bin ich ganz bei meiner Kollegin Birgit Pelke –
niemand erklären kann, warum alle anderen Bildungseinrichtungen mehr oder weniger beitragsfrei sind, wir es aber bei der wichtigsten Säule, den ersten Jahren, bislang nicht geschafft haben. Und wir
schaffen jetzt immerhin den Einstieg mit einem ersten Jahr. Es ist das Vorschuljahr, ja, weil es auch verwaltungstechnisch am einfachsten händelbar ist – das gebe ich zu –, aber es ist ein Einstieg. Das Ziel ist und bleibt, auf eine grundsätzliche Beitragsfreiheit zu kommen.
Und ich sage es noch mal: Es geht um echte Wahlfreiheit. Und wenn Sie hier süffisant in den Raum werfen, Frau Muhsal, man solle sich wohl jetzt noch bedanken, dass Rot-Rot-Grün noch nichts verboten hätte: Niemand von uns will irgendetwas in dieser Hinsicht verbieten.
Aber ich sage Ihnen auch, wir wollen die bestmöglichen Chancen und Voraussetzungen für alle Kinder bieten.
Manche Kinder haben es nicht so leicht wie andere und sie brauchen vielleicht noch sehr viel mehr Unterstützung. Manche Familien haben es auch nicht so leicht wie andere. Und ja, es ist auch noch nicht alles perfekt an dem Konzept, wie wir es jetzt haben, weil nämlich die Beitragsfreiheit tatsächlich nicht allen gleichermaßen zugutekommt, das ist uns auch bewusst. Aber wir machen wenigstens einen Einstieg, den Sie 25 Jahre lang nicht auf die Reihe bekommen haben, das muss ich jetzt mal so hart sagen. Dass die AfD das gar nicht will, ist ja eine ganz andere Debatte. Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, jetzt ist das ja wirklich noch zu einer ausdauernden und langen Diskussion geworden, die ganz andere Bereiche umfasst als den, dem wir uns eigentlich widmen wollten. Gut, so ist das eben. Ich will noch mal feststellen, durch die Anhörung zum KitaG ist vom Gemeinde- und Städtebund noch mal festgestellt worden, dass Thüringen sich eben gerade durch ein in der Qualität ganz
hervorragendes Kita-System auszeichnet, Punkt eins. Denn wenn man die Diskussion hier verfolgt, dann könnte man fast den Eindruck gewinnen, in Thüringen würde irgendetwas schieflaufen. Ganz im Gegenteil, wir wollen es verbessern. Des Guten ist nie genug. Wir wollen etwas verbessern und insbesondere bei den Eltern, im Betreuungsschlüssel – also Punkt eins.
Punkt zwei: Alle Studien, die es gibt, sagen, der Unterschied in der Betreuungsquote darf nicht nur im Fachkraft-Kind-Verhältnis gemessen werden, sondern er ist eben auch in der Ganztägigkeit oder eben nur in der Teilganztägigkeit gegeben. Denn viele Bundesländer bieten das Regelangebot nur bis zum Mittag an. Wir haben ein 10-Stunden-Angebot per Gesetz ab dem ersten Lebensjahr. Das ist ein qualitativ hochwertiger Unterschied. Frau Muhsal kann gerne noch zu Hause kochen, es sei Ihr gestattet. Hoffentlich schmeckt es auch.
Aber bei uns in Thüringen ist es ein sehr breit angenommenes Angebot an qualitativ hochwertiger Kita. Warum ist das, was Kollege Fiedler hier positioniert hat mit dem Landeserziehungsgeld – es war das Landeserziehungsgeld, das wir abgeschafft haben –, so grundlegend falsch? Ja, es war eine Fernhalteprämie? Das sieht man schon allein daran, dass etwa 11.000 von 18.000 Kindern davon von guter frühkindlicher Bildung, von gemeinsamem Spielen, von gemeinsamem Lernen, von gemeinsamer Betreuung ferngehalten worden sind. 11.000 von 18.000.
Wenn wir uns mal damit beschäftigen, wie denn wirklich die Wahrnahme von den Familien ist, dann stellen wir fest, ja, es gibt ein Stadt-Land-Gefälle. Bei den Ein- bis Zweijährigen sind in den ländlichen Regionen – wo auch noch Familien enger zusammen sind als in den städtischen Regionen, wo eben auch Menschen hinziehen, weil sie dort Arbeit gefunden haben, und die Eltern häufig noch zu Hause sind, also sozusagen in anderen Gebieten –, stellen wir fest, dass etwa um die 50 Prozent in den Kitas sind und in städtischen Regionen bis zu 75 Prozent bei den Ein- bis Zweijährigen, heute schon. Das ist doch ein klares Indiz, dass sich Familien frühzeitig für das Angebot entscheiden, wenn das Angebot da ist. Genau das wollen wir damit auch stärken. Das werden wir auch machen.