Protokoll der Sitzung vom 02.11.2017

paar Rechtsextremisten und damit ist die Gesellschaft fertig, sondern dass dieser Thüringen-Monitor sich der Ambivalenz der Gesellschaft stellt, dass er sich sozusagen mehr Fragen stellt als: Es gibt eine gute Mitte, es gibt böse Linke und es gibt böse Rechte. Ich glaube, das ist sehr bemerkenswert und deswegen ist der Thüringen-Monitor auch so ein wichtiges Instrument.

Diese Fragen, die sich dort gestellt haben, zeigen deutlich – und da hat Herr Höcke schon wieder so etwas wie Fake News verteilt –: Er hat nämlich einfach wild Zahlen kumuliert und hat dann behauptet, das wäre der Beweis dafür, dass der ThüringenMonitor nicht auf echten Zahlen beruhen kann, sondern dass er quasi aus der Erfindungsfeder von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern stammt. Dem ist klar zu widersprechen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da muss man dann feststellen, dass Herr Höcke entweder nicht in der Lage ist, diese Zahlen zu lesen und zu interpretieren oder – und das ist meine Vermutung – ganz stark darauf ausgeht, dass diese Zahlen falsch interpretiert werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Der Thüringen-Monitor hat sich mit der Frage der ethnozentristischen Einstellungen beschäftigt. Er hat sich also nicht nur mit rechtsextremen Einstellungen beschäftigt, sondern auch mit ethnozentristischen Einstellung – und das ist nicht das Gleiche. Diese Differenzierung, die der Thüringen-Monitor hier tatsächlich vornehmen möchte, ist eine sehr wichtige Differenzierung, denn nur weil Menschen ethnozentristisch eingestellt sind, heißt das nicht, dass sie unbedingt Rechtsextremisten sind. Trotz alledem kann natürlich eine ethnozentristische Einstellung dazu führen, dass jemand rechtsextrem wird. Es kann auch dazu führen, dass er darüber hinaus sogar noch neonationalistische Einstellungen hat. Ich weiß, genau diese Komplexität ist der AfD zu viel, denn mit dieser Komplexität will sie sich nicht auseinandersetzen und diese Komplexität nützt ihr auch nichts. Das ist genau das Problem, warum wir hier vor allen Dingen so komplex diskutieren müssen, damit wir dem etwas entgegensetzen können. Die AfD lebt davon – und das ist auch der Grund, warum Herr Höcke sich hier hinstellt und sagt: Die Programme gegen Rechts haben alle nichts gebracht, lasst sie uns abschaffen! – Die AfD lebt davon, dass eine Gesellschaft gespalten ist. Die AfD lebt davon, dass sich Menschen gegenseitig misstrauen. Und die AfD lebt davon, dass es Menschen in dieser Gesellschaft gibt, die Hass streuen. Und sie lebt davon, dass es in dieser Gesellschaft Neonazis gibt, denn die sind in einer bestimmten Art und Weise Ihre Zielgruppe, zumindest wenn es darum geht, gesellschaftlich Dinge zu verstärken, die Sie für richtig halten.

(Abg. Adams)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das hat mein Fraktionsvorsitzender gesagt: Das Ziel aller politisch demokratischen Akteure in diesem Landtag muss es tatsächlich sein, dafür zu sorgen, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der Solidarität einer der wichtigen Werte ist.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir davon ausgehen, dass wir nur weiterkommen, wenn wir hier auch solidarisch miteinander arbeiten, dann heißt das für mich auch – und da bin ich bei Mike Mohring, der sich heute hier tatsächlich hingestellt und zivilen Ungehorsam mit Gewalt gleichgestellt hat. Ich finde, wir sollten solidarisch sein mit denjenigen, die sich im Kampf gegen Neonazis auch des zivilen Ungehorsams bedienen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ohne zivilen Ungehorsam, meine sehr geehrten Damen und Herren, hätte es vielleicht auch keine Wende in diesem Land gegeben. Viele Menschen haben sich 1989/1990 hier auf die Straße gestellt und haben zivilen Ungehorsam gezeigt.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Im Gegensatz zu euch sind die friedlich geblieben!)

Ziviler Ungehorsam, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist durchaus ein legitimes Mittel und er ist auch ein gewaltfreies Mittel. Zu behaupten, ziviler Ungehorsam wäre Gewalt, halte ich für einen sehr großen Fehler.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, dass Mike Mohring sich keinen Gefallen tut, wenn er diese Menschen so derart vor den Kopf stößt. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe derzeit keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten. Wird von der Landesregierung noch mal das Wort gewünscht? Das sehe ich auch nicht. Dann schließe ich diesen Tagesordnungspunkt.

Bevor wir in die Mittagspause eintreten, weise ich darauf hin, dass sich 5 Minuten nach Beginn der Mittagspause treffen: der Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz im Funktionsgebäude im Raum F 202, der Freundeskreis Litauen im Altbau im Raum A 240 und die Teilnehmer der Vorbesprechung für die nächste Sitzung der Enquetekommission im Funktionsgebäude im Raum F 004.

Jetzt treten wir in die Mittagspause ein und setzen mit der Fragestunde um 14.20 Uhr fort.

Das Präsidium ist komplett, wir können das Plenum fortsetzen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 32

Fragestunde

Ich rufe die Mündlichen Anfragen auf und bitte die Abgeordneten, ihre Fragen vorzutragen.

Die Erste ist Frau Abgeordnete Holbe von der Fraktion der CDU und die Frage finden wir in der Drucksache 6/4609. Bitte, Frau Holbe.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin, meine Frage:

Verfahren gegen den Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (TLfDI) vor dem Verwaltungsgericht Meiningen

Ausweislich der Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage in Drucksache 6/4369 vom 22. August 2017 ist vor dem Verwaltungsgericht Meiningen ein Verfahren gegen den TLfDI im Zusammenhang mit dem Aktenlager Immelborn anhängig. Der unter dem Aktenzeichen 2 K 21/17 Me geführte Rechtstreit ist nach Angaben der Landesregierung seit dem 16. Januar 2017 anhängig und bislang noch nicht entschieden worden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann wurde der TLfDI vom Gericht zur Erwiderung auf das Klagevorbringen aufgefordert, welche Frist wurde zur Stellungnahme bestimmt und wann ging eine entsprechende Klageerwiderung des TLfDI bei Gericht ein?

2. Wurden seitens des Gerichts verfahrensbeschleunigende Maßnahmen oder Anordnungen getroffen und falls ja, welche?

3. Bestehen oder bestanden in dem Verfahren Gründe (zum Beispiel Unzuständigkeit, Befangen- heit etc.), welche eine Bearbeitung des Verfahrens verzögern oder verzögert haben und falls ja, wann wurden diese Gründe durch das Gericht festgestellt und mit welchem Ergebnis wurden diese entkräftet oder beseitigt?

4. In welchem Verfahrensstadium befindet sich das Verfahren gegenwärtig?

Es antwortet für die Landesregierung das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Herr Staatssekretär von Ammon.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfra

(Abg. Henfling)

ge der Abgeordneten Holbe beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zunächst eine Vorbemerkung: Im Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz liegen Informationen im Sinne der Mündlichen Anfrage nicht vor. Durch das Verwaltungsgericht Meiningen wurden keine Informationen im Sinne der Fragestellungen übermittelt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich um ein laufendes Verfahren handele und der Beantwortung der Mündlichen Anfrage somit verfassungsrechtliche Gründe entgegenstünden. Eine Kompetenz, die Tätigkeiten von Gerichten, Spruchkörpern oder Richtern zu überwachen oder zu kontrollieren, stehe dem Landtag und seinen Abgeordneten ebenso wenig wie der Landesregierung zu. Wegen der bestehenden richterlichen Unabhängigkeit könnten im laufenden Verfahren richterliche Maßnahmen, die das Verfahren und damit den Kernbereich richterlicher Tätigkeit betreffen, weder kontrolliert noch beaufsichtigt werden.

Diese Begründung ist vonseiten der Landesregierung nicht zu beanstanden. Von der richterlichen Unabhängigkeit ist nicht nur die richterliche Entscheidung als solche umfasst, sondern auch die Führung des Verfahrens. Jede Beeinflussung durch andere Staatsgewalten ist unzulässig.

Die Fragen 1 bis 4 der Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Holbe beantworte ich für die Landesregierung daher wie folgt: Es liegen keine Informationen vor.

Eine Nachfrage der Abgeordneten Holbe.

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Können Sie dennoch auf den Punkt 4 antworten? Hier geht es um den Stand des Verfahrens.

Auch hierzu kann ich keine Informationen geben, weil, wie bereits ausgeführt, das Verwaltungsgericht Meiningen keine Informationen übermittelt hat.

Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur zweiten Frage. Der Fragesteller ist Abgeordneter Gentele, fraktionslos, mit der Drucksache 6/4630. Bitte, Herr Kollege Gentele.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Frage lautet:

Prüffragen für Thüringer Rechtsvorschriften

Die Einsichtnahme in die Prüffragen für Thüringer Rechtsvorschriften, die einer Kabinettsvorlage nach § 23 Abs. 2 Satz 2, § 24 Satz 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Landesregierung sowie für die Ministerien und die Staatskanzlei des Freistaats Thüringen beigefügt werden, wird den Abgeordneten unter Berufung auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung durch die Landesregierung versagt – Plenarprotokoll 53. Sitzung, Seite 4516 f. –. Um Offenheit und Transparenz im Gesetzgebungsverfahren zu stärken, operationalisiert Abgeordneter Krumpe seit August 2016 sein parlamentarisches Fragerecht durch einen standardisierten Fragenkatalog. Auf diese Weise werden die Auswirkungen eines Gesetzesvorhabens für Bürger, Wirtschaft, Kommunen und Umwelt für die Adressaten der Regelung und interessierte Kreise transparent. Diese Form der Informationsbereitstellung ist vor dem Hintergrund der immer stärker geforderten und teilweise bereits realisierten Bürgerbeteiligung in Form fakultativer Referenden oder des Online-Diskussionsforums des Thüringer Landtags unverzichtbar. Erst durch die Beantwortung der Prüffragen erfahren Bürger sowie Unternehmer, worüber sie entscheiden respektive diskutieren sollen.

Eine auf Grundlage des Thüringer Informationsfreiheitsgesetzes durchgeführte stichprobenhafte Einsichtnahme in die Prüffragen für Thüringer Rechtsvorschriften ausgewählter Kabinettsvorlagen hat ergeben, dass die von Herrn Abgeordneten Krumpe im Rahmen der Kleinen Anfragen bei den Ministerien abgefragten Informationen mit den in den Prüffragen gegebenen Antworten inhaltlich übereinstimmen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Kann die Landesregierung bestätigen, dass die Antworten der Landesregierung auf die oben genannten operationalisierten Kleinen Anfragen des Abgeordneten sich inhaltlich mit dem beantworteten Prüffragenkatalog zu Gesetzentwürfen der Landesregierung decken und wenn nicht, wie begründet sie die Abweichung?

2. Sofern die Frage 1 mit Ja beantwortet wird, warum werden vor dem Hintergrund der öffentlich zugänglichen Beantwortung der Kleinen Anfragen die beantworteten Prüffragen nicht obligatorisch einem Gesetzentwurf der Landesregierung angehangen, um Personal- und Sachmittelressourcen, die für die Beantwortung der oben genannten operationalisierten Kleinen Anfragen anfallen, einzusparen?

3. Welche positiven und negativen Effekte verbindet die Landesregierung mit dem hypothetischen Verfahren, die beantworteten Prüffragen als Anlage zu einem Gesetzentwurf der Landesregierung dem Parlament mitzuteilen?