Protokoll der Sitzung vom 28.10.2004

Die Fondsverwaltung verschlingt dabei lediglich 2 % aller Mittel. Auch das muss man hier deutlich sagen.

Übrigens, Frau Dr. Schröder, zu dem zusätzlichen Einstellungskorridor: Der rot-rote Senat in Berlin hat das gemacht.

Das Land Berlin ist ja nicht reicher als wir, hat es jedoch trotz Personalabbaus geschafft, diesen Einstellungskorridor für Azubis und für Verwaltungsanwärter in Berlin zu realisieren.

(Beifall bei der PDS)

Gestatten Sie mir eine letzte Bemerkung.

Aber bitte die allerletzte, Herr Kollege Görke; denn Ihre Redezeit ist abgelaufen.

In Vorbereitung auf diese Sitzung habe ich die betreffende Rede der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der letzten Legislaturperiode noch einmal gelesen. Wenn Sie sich dafür interessieren - vielleicht Sie, Frau Dr. Schröder? -, stelle ich Ihnen diese Rede gern zur Verfügung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Danke sehr. - Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 2 und mache meinen Platz hier oben für den Vizepräsidenten frei.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Einsetzung und Verfahren der Brandenburger Härtefallkommission nach § 23 a Aufenthaltsgesetz in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes

Antrag der Fraktion der PDS

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der beantragenden Fraktion. Es spricht der Abgeordnete Sarrach von der PDSFraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Darf man Zeitungsmeldungen glauben, so wird die Koalition den Antrag meiner Fraktion zur Einsetzung und zum Verfahren einer Brandenburger Härtefallkommission gleich ohne Überweisung abschmettern. Herr Baaske lud die PDS-Fraktion gestern zur Mitarbeit ein, aber in Sachen Härtefallkommission wurde sofort geblockt. Wenn von uns hier ein Antrag eingebracht wird, so findet man 100 Ausreden, falsche Unterstellungen und vermutlich auch wieder Verbalentgleisungen, um ignoranterweise mit Nein zu stimmen. Bereits die ersten Debatten zu Beginn dieser 4. Wahlperiode haben gezeigt, dass das Niveau sogar noch weiter sinken kann.

Von Aufbruch und Erneuerung, wie versprochen, ist nichts zu spüren, wenn Sie in der Koalition mit der gleichen Überheb

lichkeit der Vorjahre die Wahrheit für sich gepachtet zu haben glauben. Sie lamentieren über einen angeblichen Schnellschuss aus der Oppositionshüfte, über ein Hauruckverfahren, wo doch eine sorgfältige Vorbereitung nötig sei. Das sind nichts anderes als Sprechblasen.

Zu den Tatsachen. Erstens: Es war Minister Schönbohm, der 1999 in der Innenministerkonferenz die Altfallregelung und damit die Zugangsvoraussetzungen für sich langjährig hier aufhaltende Asylbewerberinnen und Asylbewerber derart verschärfte, dass diese kaum in Anspruch genommen werden konnten. Es war Minister Schönbohm, der mit einer Vielzahl von Runderlassen die Ermessensspielräume der Ausländerbehörden in Brandenburg systematisch in Richtung einer restriktiven Auslegung der Vorschriften des Ausländerrechts einengte. Hier muss das Verursacherprinzip für Härtefälle gelten.

Zweitens: In den letzten fünf Jahren hat das Parlament dreimal auf Antrag der Fraktion der PDS, zuerst 1999 und zuletzt 2003, über die Bildung einer Härtefallkommission beraten.

Drittens: Die Koalition war im Zusammenhang mit dem Zuwanderungsgesetz und der Bildung eines Härtefallbeirats bei der Ausländerbeauftragten des Landes, Frau Berger, tief zerstritten. Dennoch hat die SPD in diesem Jahr erklärt, dass nach den Landtagswahlen eine Härtefallkommission gebildet werde.

Viertens: Das am 1. Januar 2005 in Kraft tretende Zuwanderungsgesetz befördert diese Absichtserklärung der SPD und konnte das ursprüngliche Nein der Schönbohm-CDU abwandeln.

Fünftens: Bundesländer wie Berlin, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern haben seit Jahren positive Erfahrungen mit solchen Beratungsgremien gesammelt. Folgerichtig haben zum Beispiel Nordrhein-Westfalen und Berlin diese Gremien bereits jetzt in Härtefallkommissionen nach dem Zuwanderungsgesetz überführt.

Sechstens: Auch in Brandenburg wäre es ein Leichtes und überdies auch eine gute Entscheidung, den gut arbeitenden und zusammengesetzten Härtefallbeirat bei der Ausländerbeauftragten in eine solche Härtefallkommission umzuwandeln, um so ohne Bruch Härtefallempfehlungen in besonders gelagerten Einzelfällen zu geben, die vom Ausländerrecht humanitär nicht zufrieden stellend geregelt werden können.

Sie sehen: Die wichtigen Vorarbeiten für die Bildung einer Härtefallkommission sind bereits geleistet worden. Wir leisteten Beiträge, während Sie mauerten und blockierten. Deshalb lassen wir es uns auch nicht von Ihnen nehmen, diese konkreten Verfahrensgrundsätze für eine nach dem Zuwanderungsgesetz zu erlassende Rechtsverordnung zu formulieren, die von der Landesregierung dann möglichst übernommen werden sollten. Über das Ob einer Härtefallkommission muss nicht mehr diskutiert werden; doch das Wie wird genug Diskussionsstoff bieten. Umso wichtiger ist es uns deshalb gewesen, unseren Entwurf für eine Rechtsverordnung dann der Rechtsverordnung des Ministeriums des Innern gegenüberstellen zu können. - Wir bitten um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Stark.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vergangenheit hat gezeigt, dass das rechtliche Instrumentarium des Ausländergesetzes in besonderen humanitären Fällen oder Einzelfallschicksalen eine menschlich verträgliche Lösung häufig nicht ermöglicht hat. Deshalb ist es nötig, dass wir mit dem In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 die Rahmenbedingungen dafür schaffen, die es den Landesbehörden ermöglichen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen, wenn die jeweilige Härtefallkommission darum ersucht. Hier wird also für unsere handelnden Behörden zum einen die Möglichkeit geschaffen, auf Landesebene Einzelfallregelungen zu treffen und zum anderen dann auch von vorhandenen Ermessensspielräumen Gebrauch zu machen.

Herr Sarrach - ich wollte es eigentlich Herrn Dr. Scharfenberg sagen, denn es ist ein typisch innenpolitisches Thema -, die SPD hat dieses Thema sowohl im Rahmen der Debatte um das Zuwanderungsgesetz als auch aktiv in der Verhandlung zum Koalitionsvertrag a) bearbeitet und b) erfolgreich festgeschrieben.

Worum geht es nun in dem PDS-Antrag? Sie fordern die Landesregierung auf, die Härtefallkommission zum 30.11.2004 einzurichten. Ich sage Ihnen: Sie tragen Eulen nach Athen. Wenn das der neue Maßstab der Oppositionsarbeit sein soll, wie er von Ihrer Fraktionsvorsitzenden gestern beschrieben worden ist, dann können wir uns beruhigt zurücklehnen und goldenen Zeiten entgegensehen. Sie verfahren nach dem Prinzip Hase und Igel: Ick bin allhier. Sie schauen in unseren Koalitionsvertrag oder in unser Wahlprogramm und schreiben dann das auf, was wir uns ohnehin vorgenommen haben.

(Sarrach [PDS]: Wenn ich das aufgeschrieben hätte, wäre es mit einem Satz erledigt gewesen! - Beifall bei der PDS)

- Ich will ja freundlich mit Ihnen umgehen und unterstelle Ihnen und Ihrem Antrag zum einen daher nur einen kleinen Hauch von Populismus. Zum anderen ist er handwerklich schlecht gemacht.

Erstens: Es ist ja wenig sinnvoll, wenn Sie das Einrichten dieser Härtefallkommission nur auf der Grundlage eines Gesetzes fordern, dieses aber erst am 01.01.2005 in Kraft tritt.

Zweitens fehlen aus meiner Sicht bei der Auflistung der Mitglieder, die in dieser Kommission arbeiten sollen, Verbände und Vereine, die Sie sonst immer sehr pflegen. Ich nenne als Beispiel die kommunalen Spitzenverbände.

Drittens haben Sie völlig darauf verzichtet, in Ihrem Antrag Ausschließungsgründe zu benennen, denn das ist wichtig, um sicherzustellen, dass diese Kommission effizient arbeiten kann.

(Sarrach [PDS]: Das muss aber nicht sein!)

- Das muss nicht sein, aber von einer qualifizierten Vorlage hätte ich das einfach erwartet, wenn ich an die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren denke.

(Zurufe von der PDS)

Die Quintessenz ist: Mit den bisher in dieser Bundesrepublik entstandenen Härtefallkommissionen sind durchweg gute Erfahrungen gemacht worden. Die Arbeit eines solchen Gremiums ist weder spektakulär, noch ist sie politisch brisant, noch eröffnet sie, wie oft von unserem Koalitionspartner befürchtet, den Antragstellern neue Rechtswege. Ihre Aufgabe besteht im Wesentlichen darin, die Gründe für das jeweilige Aufenthaltsbegehren noch einmal von den entsprechenden Behörden sachlich zu begutachten; vielleicht ist damit auch die Hoffnung verbunden, von jeweiligen Ermessensspielräumen Gebrauch machen zu können. Als Beispiel nenne ich Berlin, wo es seit zehn Jahren eine Härtefallkommission gibt. Bis dato wurden 100 Sitzungen abgehalten, in denen vielen Betroffenen weitergeholfen werden konnte.

Zusammenfassend möchte ich sagen:

Erstens hat die SPD mit In-Kraft-Treten dieses Zuwanderungsgesetzes Kurs in Richtung Einrichtung dieser Härtefallkommission genommen. Wir haben zweitens das Steuer in Sachen Härtefallkommission fest in der Hand. Schauen Sie in unseren Koalitionsvertrag! Drittens besteht somit kein Bedarf an oppositionellen Schnellschüssen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch eine persönliche Bemerkung anbringen. In Erinnerung an unseren Kollegen Michael Schumann wollte ich Sie bitten, in Zukunft solche Themen qualitativ hochwertig zu behandeln. Der vorliegende Antrag wird diesem Anspruch nicht gerecht. Deshalb habe ich meiner Fraktion empfohlen, ihn abzulehnen. - Danke.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die Fraktion der DVU spricht der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Dieser neuerliche Antrag der PDS-Fraktion auf Einrichtung einer Härtefallkommission bezieht sich auf die zwischenzeitlich erfolgte schwere Geburt durch den Bundesgesetzgeber; gemeint ist das Zuwanderungsgesetz. Immerhin steht in diesem neuen Gesetz etwas von einer Härtefallkommission, einer Ermächtigung für den Landesgesetzgeber. Diese ist aber nicht zwingend.

Wir von der DVU-Fraktion sind indessen weiterhin dagegen, und zwar aus folgenden Gründen: Unsere Vorbehalte richten sich zum einen gegen eine solche Kommission als Institution selbst. Sie ist ein Gremium, das in Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz nicht vorgesehen ist. Diese Norm ist die Elementarnorm des Gesetzmäßigkeits- und des Legalitätsprinzips. Sie nennt nur Gesetzgeber, Behörden und Gerichte, jedoch keine Kommissionen.

Wir haben aber auch inhaltliche Bedenken gegen diesen PDSAntrag.

(Zuruf von der PDS: Das kann ich mir vorstellen!)

Wenn ich mich nicht sehr täusche, meine Damen und Herren, ist diese Härtefallkommission völlig überflüssig. Wir müssen nur die Ausländerbehörden mit entsprechenden Kompetenzen

versehen, dann bleiben wir von vornherein im Bereich der Gesetzmäßigkeit, wie es Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz vorsieht. Dazu folgende Anmerkungen:

Erstens: Nach Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, soll nicht die Härtefallkommission selbst abschließend entscheiden, sondern nur Empfehlungen an die Ausländerbehörde geben. Das können Sie in Ziffer 3.6 Ihres Antrags nachlesen.

Zweitens: Wir sind uns hier doch hoffentlich darüber einig, dass es, egal, ob eine Kommission eingerichtet wird oder nicht, eines nicht passieren darf: Es darf keine neue allzuständige Instanz geschaffen werden, eine Superrevision sozusagen.