Wir haben am Ende eines langen Diskussionsprozesses einstimmig beschlossen, dass ausreisepflichtigen ausländischen Staatsangehörigen, die wirtschaftlich und sozial in Deutschland integriert sind, unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere der Sicherung des eigenen Lebensunterhalts, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll. Die übrigen Ausreisepflichtigen haben Gelegenheit, sich bis zum 30. September 2007 eine Arbeit zu suchen. Diese Regelung berücksichtigt, dass die Bundesregierung bis dahin ein Gesetz verabschieden will, durch das das Aufenthaltsgesetz unter den genannten Gesichtspunkten neu formuliert wird. Darüber wird im Bundestag entschieden; dann wird der Bundesrat zustimmen. Ich glaube, dass wir im September nächsten Jahres eine neue Regelung haben werden.
Ich selbst habe dieses Konzept in der IMK sehr nachhaltig unterstützt, zum Teil auch gegen Kollegen meiner politischen Couleur - wenn ich das so sagen darf -, weil ich glaube, dass dieser Beschluss in die richtige Richtung weist und für die betroffenen Ausreisepflichtigen Klarheit schafft. Des Weiteren habe ich damit auch dem Beschluss des Landtages entsprochen, der mich gebeten hat, mich für eine Bleiberechtsregelung einzusetzen. Die Bleiberechtsregelung wird dem Landtag unmittelbar zugestellt.
Bei der Diskussion ging es darum, mit diesem Beschluss keine Anreize für ein Verharren in einem Sozialsystem zu geben, sondern Anreize dafür zu schaffen, den Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Dazu mussten bestimmte Regelungen geschaffen werden, die dies den Ausreisepflichtigen ermöglichen.
Im Mittelpunkt stand des Weiteren die Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Vor dem Hintergrund der versuchten Bombenattentate in Deutschland beschäftigen wir uns mit den Handlungsmöglichkeiten, die es gibt. Innenminister Schäuble hat erstens angekündigt, dass Deutschland im Rahmen der G8-Präsidentschaft und der EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 ein EU-weites System zum Monitoring von Grundstoffen zur Herstellung von Explosiv- und Sprengstoffen schaffen möchte, und zweitens, dass die Internetüberwachung intensiviert werden soll, um zu verhindern, dass Anleitungen für den Bombenbau im Internet abgerufen werden können.
Wir haben über die Fußball-WM gesprochen; die ist ja schon vergessen. Sicherheitstechnisch war die Fußball-WM durch das Zusammenwirken aller Beteiligten ein großer Erfolg. Wir haben uns dafür noch einmal bei den Polizeibeamten bedankt.
Das Thema Rechtsextremismus war ebenfalls Gegenstand unserer Erörterungen; denn es ging um die Wahlerfolge rechtsextremer Parteien und das zunehmend aggressivere Auftreten der Vertreter dieser Parteien in der Öffentlichkeit. Wir waren uns darüber einig, dass Behörden auch weiterhin rechtsextremistische Aktivitäten intensiv beobachten und wir solchen Aktivitäten mit den Mitteln des Rechtsstaates entschieden entgegentreten müssen.
Es ist aber klar, dass dies die politische Auseinandersetzung nicht ersetzt. Die politische Auseinandersetzung muss unabhängig davon geführt werden.
Wir haben uns auch darüber unterhalten - aber noch keine Lösung gefunden -, wie wir mit der zunehmenden Gewaltbereitschaft in Fußballstadien umgehen. Sie werden es ja verfolgt haben. In den letzten Monaten ist dies sehr häufig in den Oberligen und auch unterklassigen Ligen der Fall gewesen. Wir haben den Arbeitskreis Innere Sicherheit gebeten, darüber zu berichten.
Ich habe die Kollegen um Zustimmung gebeten, dass wir im Rahmen der Novellierung des Wehrpflichtgesetzes einen Ausnahmetatbestand vorsehen, sodass Wehrersatzdienst auch bei der freiwilligen Feuerwehr geleistet werden kann, wie es jetzt bereits beim Katastrophenschutz der Fall ist, um damit unsere Nachwuchssorgen in der freiwilligen Feuerwehr zu reduzieren. Der Bundesinnenminister hat erklärt, dass er diese Bitte aufnehmen und im Gesetzgebungsverfahren berücksichtigen wird. Die Länder werden dies im Bundesrat unterstützen. Ich hoffe, dass wir auf diese Art und Weise dazu kommen, jungen Männern in Brandenburg die Möglichkeit einzuräumen, am Feuerwehrdienst teilzunehmen.
Meine Damen und Herren, Brandenburg ist im Jahr 2008 Gastgeber der Innenministerkonferenz. Ich freue mich schon darauf, aber bis dahin ist noch ein weiter Weg. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Innenminister für diesen Rechenschaftsbericht. Es gibt dennoch Nachfragen. Ich bitte um kurze, präzise Antworten. - Bitte, Herr Abgeordneter Sarrach.
Herr Minister, ich habe zwei Fragen. Kirchen, Flüchtlingsinitiativen, sogar SPD-Bundespolitiker wie Herr Wiefelspütz kritisieren den IMK-Beschluss zum Bleiberecht als nicht großzügig und nicht weitgehend genug, weil man befürchtet, dass ein Teil der Flüchtlinge kaum eine Chance hat, die Bedingungen der dauerhaften Erwerbstätigkeit zu erfüllen. Auch für mir bekannte - beispielhafte - Flüchtlingsschicksale in Fürstenwalde, die vom evangelischen Kirchenkreis und von dem Integrationsbeirat zusammengestellt wurden, scheint der IMK-Beschluss noch
Meine erste Frage: Erhalten die unter Ziffer 9 des IMK-Beschlusses genannten eigentlich Begünstigten, die aber noch kein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis haben, unverzüglich von Amts wegen durch die zuständige Ausländerbehörde eine bis zum 30.09.2007 ausgestellte Duldung?
Meine zweite Frage: Welche Kriterien werden an das Beschäftigungsverhältnis als Voraussetzung für ein Bleiberecht - zum Beispiel Höhe der Entlohnung oder Dauer des Arbeitsverhältnisses - geknüpft? Mir schilderten Flüchtlinge in meiner Abgeordnetensprechstunde, dass selbst eine Arbeit mit einer Entlohnung von 1 200 Euro brutto als nicht ausreichend eingestuft worden ist und keine Arbeitserlaubnis erteilt wurde.
Von 1 200 Euro kann man eine Familie mit zwei Kindern schlecht ernähren. Das hängt aber auch vom Status ab. Ich schlage vor, Herr Kollege Sarrach, Sie stellen mir die Fragen schriftlich. Ich gebe sie meinen Fachleuten, von denen sie unter Hinweis auf alle Paragraphen und Feinheiten fachkundig beantwortet werden.
Ich dachte eigentlich, Sie wollten sagen, dass dieses Bleiberecht ein Fortschritt ist. Aber Fortschritte nehmen Sie nicht zur Kenntnis. - Die Einzelfragen werden wir beantworten.
Herr Minister, ich möchte keine Wertung treffen, sondern nur eine Frage stellen: Wird es bis zur angekündigten bundeseinheitlichen Regelung des Bleiberechts in Brandenburg einen Abschiebestopp geben, oder dient die Regelung der Konferenz dazu, bestimmte Gruppen nun leichter und schneller abschieben zu können?
Es gibt keinen Abschiebestopp. Es werden die im Bericht der IMK erwähnten Personengruppen abgeschoben, die von dem neuen Bleiberecht unberührt bleiben. Das sind zum Beispiel diejenigen, die kriminell oder des Terrorismus verdächtig sind, diejenigen, die ihre Identität verschleierten bzw. keine Bereitschaft gezeigt haben, ihr Asylverfahren zu Ende zu bringen. Diese Gruppe ist im IMK-Beschluss aufgeführt. Es werden also weiterhin Menschen abgeschoben, aber denen, die längere Zeit hier leben, ihren Lebensunterhalt hier verdienen wollen und dazu große Anstrengungen machen, müssen wir eine Chance geben. Ich finde, diese Differenzierung ist richtig.
Herr Minister, wie uns allen bewusst ist, gab es in der Sache in der Großen Koalition mit Bundesinnenminister Schäuble und Vizekanzler Müntefering einen verhandelten Kompromiss. Können Sie uns sagen, was die CDU-Innenminister bewogen hat, diesen in seiner Qualität sicherlich höher stehenden Kompromiss zugunsten der jetzigen Lösung zu kippen?
Herr Dr. Klocksin, da bin ich etwas überrascht. Um noch einmal den Sachverhalt zu nennen: Die Gesetzgebungskompetenz liegt beim Bund. Der Bund muss das, was die beiden Kollegen besprochen haben, umsetzen. Die Innenministerkonferenz muss ausgehend vom bestehenden Rechtszustand handeln. Wir können das geltende Aufenthaltsgesetz nicht ändern, sondern müssen es anwenden. Es gibt die Festlegung, dass im Einvernehmen zwischen dem Bundesinnenministerium und den Länderministern Abweichungen vom geltenden Aufenthaltsrecht beschlossen werden können. Das haben wir jetzt getan. Wir haben solche Abweichungen beschlossen, die den Weg zu dem Gesetzentwurf, der im Bundestag behandelt werden soll, weisen - einem Gesetzentwurf, von dem wir die Eckwerte kannten.
Herr Kollege Sarrach, ich kann nur sagen, Herr Wiefelspütz begegnete mir in Nürnberg, wo die IMK stattfand, im Hotel freudestrahlend und sagte: Herr Schönbohm, ihr Konservativen habt euch ja richtig bewegt. - Ich antwortete: Ihr Sozis habt auch die Einsicht, dass wir Arbeitserlaubnisse erteilen müssen. - Eines ist also völlig klar: Wir haben das gemeinsam erreicht. Jetzt besteht die Kunst der Bundesregierung darin, unverzüglich ein Gesetz zu erarbeiten, mit dem auch wir zufrieden sind.
Wir kommen zur Frage 922 (KdU-Kompromiss zwischen Bund und Ländern), gestellt von der Abgeordneten Böhnisch.
Der kürzlich mit Zustimmung des Landes Brandenburg zwischen Bund und Ländern geschlossene Kompromiss zur anteiligen Finanzierung der Wohn- und Heizkosten für Langzeitarbeitslose durch den Bund sieht eine Erhöhung des Bundesanteils von 29,1 auf 31,8 % vor. Dieser Kompromiss wird von den kommunalen Vertretern kritisiert, weil sie trotz Erhöhung des Bundesanteils eine beachtliche Belastung für ihre Kommunen sehen.
Ich frage deshalb die Landesregierung: Inwiefern sieht sie die Interessen der Brandenburger Kommunen bei dem zwischen Bund und Ländern geschlossenen Kompromiss zur Erstattung anteiliger Wohn- und Heizkosten für Arbeitslosengeld-II-Empfänger als gewahrt an?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundesanteil von 4,3 Milliarden Euro an den Kosten für Unterkunft und Heizung ist das Ergebnis eines politisch gefundenen Kompromisses. Der Finanzminister hat es vorhin bereits ausgeführt. Der Verhandlungskorridor bewegte sich, wie Sie sicherlich wissen, zwischen 2 Milliarden Euro - das war das Angebot des Bundes - und 5,8 Milliarden Euro als Forderung der Länder, sodass der Betrag von 4,3 Millionen Euro für das Land Brandenburg insgesamt als positiv zu bewerten ist. Wir gehen auch davon aus, dass die Kommunen damit im zugesagten Umfang von 2,5 Milliarden Euro entlastet werden.
Die Landesregierung sieht bei dem geschilderten Kompromiss die Interessen der Brandenburger Kommunen gewahrt. Zum einen beträgt nach der neuen Regelung für Brandenburg der Saldo der Be- und Entlastungsrechnung bei 31,8 % Bundesbeteiligung 11 Millionen Euro Entlasung. Wenn man die horizontale Verteilung zwischen den Ländern nimmt, ist es für das Land eine Entlastungssumme in Höhe von 7 Millionen Euro. Wir werden sehen, was die Abrechnung bei den Kommunen bringt. Das lässt sich heute noch nicht vorhersagen.
Frau Ministerin, ich habe drei Nachfragen. Meine erste Frage: Meinen Sie auch, dass 11 Millionen Euro mehr ein Ergebnis ist, mit dem die Brandenburger Kommunen zufrieden sein müssen, obwohl Sie auch wissen, dass insgesamt normalerweise 384 Millionen Euro notwendig wären und wir real nur auf 183 Millionen kommen? Damit kann man sicherlich nicht zufrieden sein.
Die zweite Frage schließt sich da an: Ist es aus Sicht der Landesregierung ausgeschlossen, dass es wegen der möglichen Mehrbelastung der Kommunen - ich kenne die steigenden Zah
len aus meinem Landkreis - zu einer rigideren Anwendung der Angemessenheitsregelung bei der Übernahme der Wohnkosten kommt? Wenn nicht ausgeschlossen wird, dass es so kommt, sind Sie von Landesseite her dann nicht gefragt, landesweite Standards für die Betroffenen zu erlassen, um diese massiven Einschnitte zu verhindern?
Die letzte Frage geht in die Zukunft: Sieht die Landesregierung die Gefahr, dass dadurch, dass der Bundesanteil für die Kosten der Unterkunft zukünftig nur noch durch eine Rechtsverordnung des Bundes ohne Zustimmung des Bundesrates festgelegt wird, eine Situation entsteht, in der sich der Bund sukzessive aus seiner Verantwortung stiehlt und über die Mittelvergabe oft nur nach der Haushaltslage entschieden wird?
Zur zweiten Frage: Bezüglich der Mehrbelastung der Kommunen, die nicht im Bereich des Faktischen, sondern im Bereich der Vermutungen, der Mutmaßungen, der Prognosen liegt, sage ich: Die Angemessenheitsregelung soll so bleiben, wie sie ist. Der Wohnraum muss nach wie vor in angemessener Größe zur Verfügung gestellt werden. - Davon würde ich auch nicht abrücken.
Landesweite Standards sind aufgrund der Unterschiede in den Regionen wirklich nicht sinnvoll. Es wäre schwer, solche Standards einzuhalten. Schließlich gibt es auch höchstrichterliche Rechtsprechung dazu, was angemessen ist. Letztlich werden es die Gerichte entscheiden müssen.
Zur Regelung auf dem Verordnungsweg: Wir haben großen Wert darauf gelegt, dass diese Regelung eine gewisse Planungssicherheit für Länder und Kommunen bis zum Jahr 2010 bringt. Was danach passiert, werden wir wieder zu beraten haben, wenn es so weit ist. Im Moment habe ich großes Vertrauen in die Große Koalition des Bundes, weil es eine große Koalition ist. - Vielen Dank.