Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

- Nein. Unsere Vertretung in Amerika wird von Berlin finanziert, um es einmal richtig zu formulieren. Außerdem habe ich Sie letztens darüber informiert, dass das so genannte Enterprise-Center von Singapur eine Aktion ist, die von Brandenburg in Singapur angedockt wurde und von der örtlichen Wirtschaft in Singapur gern auf die Berliner Seite ausgedehnt worden ist. Also bringen wir an dieser Stelle ein Stück Kontakt, den Berlin dort nicht hat, ein - in ausdrücklichem Einvernehmen.

Ich will damit sagen: Sie machen einen Fehler, wenn Sie das nebeneinander stellen. Sie sollen wissen, über die Verschränkung in den Aufsichtsräten der Wirtschaftsfördergesellschaften, über das gemeinsame Gremium der gemeinsamen Abteilungsleiterberatungen, über die Treffen der Geschäftsführer haben wir eine Arbeitsatmosphäre. Dieses parallele Nebeneinander, das Sie kritisieren, gibt es überhaupt nicht mehr, sondern alles geschieht im Wissen der jeweils anderen Seite.

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Aber finanziell!)

Die getrennten Haushalte bedeuten gegenwärtig, dass wir uns bei jeder Maßnahme darüber einigen müssen, wer welche Messe, wer welche Auslandsrepräsentanz und wer welche Reise

wie bezahlt. Das gehört nun einmal zum Leben mit getrennten Haushalten.

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Die Büros werden von Bran- denburg finanziert!)

- Die Büros und die Vertretungen von Berlin, die wir in Amerika mit nutzen, werden von Berlin bezahlt.

Ihre einseitige Sicht ist nicht nahe genug an der Realität. Gehen Sie bitte davon aus, dass diese Gemeinsamkeit, wie sie auf allen Ebenen wächst, eine Gemeinsamkeit ist, in die jeder etwas einbringt und in der sich auch jeder wiederfindet. Denn nur auf diese Weise schaffen wir auch ein aufrichtiges Miteinander.

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Wir werden genau hingucken!)

Davon gehe ich aus, Frau Dr. Schröder. Dafür bin ich Ihnen jetzt schon dankbar.

Herr Abgeordneter Müller, bitte.

Gelegentlich wurde ein Zeitpunkt für die Fusion der Wirtschaftsförderungsgesellschaften ins Spiel gebracht, der mit dem Jahr 2009 terminiert wurde. Die Wirtschaftsregionen in Europa stellen sich aber heute auf und nicht erst im Jahr 2009. Würden Sie mir Recht geben, wenn ich sage, dass die Zielsetzung 2009 viel zu spät ist und man die Fusion der beiden Gesellschaften sehr viel früher erreichen muss?

Ja, dieses Datum ist letztlich aus der Dauer unserer Legislaturperiode abgeleitet. Aber hier beginnen schon die Probleme, da die Kollegen aus Berlin bei der politischen Flankierung dieses Schrittes in einer anderen Wahlperiodendimension denken; sie haben im Jahr 2006 Wahlen. Das muss man also übereinanderbringen. Herr Müller, Sie müssen mich da nicht zum Jagen tragen, aber ich habe im Unterholz des Miteinanders zu tun.

(Heiterkeit und Beifall bei der PDS)

Ich werde dabei manchmal mit etwas konfrontiert, was dem Mainstream einer guten Botschaft der Region Berlin-Brandenburg als attraktivem Standort nicht auf allen Ebenen gerecht wird. Deshalb lassen Sie uns gemeinsam die gute Botschaft aussenden und die Gewissheit vermitteln, dass die Wirtschaftsfördergesellschaften jetzt eng zusammenarbeiten und logisch über kurz oder lang - nach meinen Vorstellungen: über kurz auch juristisch, gesellschaftsrechtlich verschränkt werden. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, ich danke Ihnen für diesen guten, wenn auch misslungenen Versuch einer ganz kurzen Antwort.

Die Frage 116 (Ersatzvornahme Schülerbeförderungskosten Landkreis Ostprignitz-Ruppin) stellt der Abgeordnete Theel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 25. November dieses Jahres hat der Minister des Innern gegen den Landkreis Ostprignitz-Ruppin eine Ersatzvornahme erlassen, um gegen die Entscheidung des Kreistages eine Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten zu erreichen. Dies ist die erste Ersatzvornahme, die in den neuen Bundesländern verhängt wurde. Sie trägt insofern den Charakter eines Präzedenzfalls und ist ein tiefer Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Selbst im Bescheid des Ministeriums wird diese Ersatzvornahme als „stärkstes Mittel der Kommunalaufsicht“ bezeichnet.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Warum hat sich die Landesregierung bei der Abwägung der Verhältnismäßigkeit „Kommunale Selbstverwaltung oder Behebung des Haushaltsdefizits des Landkreises“ für dieses stärkste Mittel der Aufsicht entschieden?

Es antwortet der Innenminister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Theel, ich möchte zunächst etwas Rechtliches sagen, weil Sie das nicht dargestellt haben. Gemäß § 67 Abs. 2 der Landkreisordnung in Verbindung mit § 120 der Gemeindeordnung hat das Ministerium des Innern als die kommunale Aufsichtsbehörde der Landkreise nach § 67 Abs. 1 Landkreisordnung sicherzustellen, dass die Verwaltung der Landkreise im Einklang mit den Gesetzen erfolgt. Die Gesetze begrenzen das Recht auf kommunale Selbstverwaltung in allen Bereichen. Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 des Brandenburger Schulgesetzes haben die Landkreise und kreisfreien Städte das Nähere über die Schülerbeförderung und die Schülerfahrtkosten in eigener Verantwortung durch Satzung zu regeln und dabei eine angemessene Elternbeteiligung sicherzustellen.

Das hat der Gesetzgeber, das haben Sie hier beschlossen. Diese gesetzliche Verpflichtung ist zu erfüllen. Der Landkreis hat kein Ermessen, ob und wann er eine entsprechende Satzungsregelung erlässt. Er hat nur zu entscheiden, wie er diese Regelung ausfüllt und dabei die jeweiligen besonderen Bedingungen der Landkreise berücksichtigt.

Die bis zur Ersatzvornahme geltende Satzung für die Schülerbeförderung im Landkreis Ostprignitz-Ruppin vom 15.01.2004 war rechtswidrig. Sie sah keine Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten vor. Dennoch hat der Kreistag des Landkreises Ostprignitz-Ruppin in seiner Sitzung am 21.10.2004 zum sechsten Mal den Erlass von Satzungsregelungen zur Erhebung einer Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten abgelehnt, obwohl das Innenministerium am 11.10.2004 den Landkreis darauf hingewiesen hat, dass dies rechtswidrig wäre.

Der Landkreis ist als Teil der vollziehenden Gewalt nach Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz an Recht und Gesetz gebunden.

Dem Kreistag steht es daher nicht zu, die Umsetzung des vom Landtag beschlossenen Schulgesetzes aus politischen Erwägungen zu verweigern. Der Kreistag des Landkreises Ostprignitz-Ruppin hat eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er einen Verstoß gegen das Brandenburgische Schulgesetz und damit auch gegen die Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz nach Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz bewusst in Kauf nimmt. Das ist der eigentliche Skandal, dass er dies bewusst in Kauf nimmt. Die fortgesetzte vorsätzliche Pflichtverletzung der gewählten Vertreter des Kreistages ist nicht hinnehmbar.

Das Ministerium des Innern als zuständige kommunale Aufsichtsbehörde hatte deshalb das rechtmäßige Verwaltungshandeln des Landkreises nach § 67 Abs. 2 in Verbindung mit § 120 der Gemeindeordnung sicherzustellen. Diese Ersatzvornahme ist ein bisher einmaliger Vorgang, das ist richtig. Aber ich hoffe, dass Sie als Abgeordnete des Landtages dafür sind, dass die hier verabschiedeten Gesetze auch umgesetzt werden und überall im Lande gelten, nicht nur dort, wo sich gerade zufällig Mehrheiten in Kreistagen dazu finden. Das ist für mich der entscheidende Punkt.

(Zurufe von der PDS)

Sie haben eine merkwürdige Vorstellung von Demokratie, wenn Sie meinen, die Demokratie ende dort, wo sie Ihnen zuwider läuft.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD - Zurufe von der PDS)

Es ging nicht um eine Abwägung zwischen kommunaler Selbstverwaltung und Behebung des Haushaltsdefizits, sondern es ging um die Frage, inwieweit sich der Landkreis an geltende Gesetze hält. Da wir festgestellt haben, dass sich der Landkreis nicht an bestehende Gesetze gehalten hat, haben wir diese Ersatzvornahme erlassen. Wir werden dies auch in Zukunft tun, wenn so etwas vorkommt. Aber ich hoffe, dass sich dieser Fall nicht wiederholt.

Ich möchte noch einmal sagen, worum es eigentlich geht. In dem Erlass, den wir herausgegeben haben, steht Folgendes:

§ 7: „Der Eigenanteil beträgt 100 Euro im Schuljahr für die Schülerinnen und Schüler der Primarstufe und Sekundarstufe I und 120 Euro im Schuljahr für die Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II. Der Eigenanteil ermäßigt sich, wenn weitere Kinder in der Familie vorhanden sind.“

Es ist also eine sehr ausgewogene und sozial differenzierte Maßregel, die wir vorgegeben haben. Sie bewegt sich in der Mitte dessen, was die anderen Landkreise gemacht haben.

(Zuruf von der SPD: Und auf Vorschlag des Landrates!)

Von daher gesehen kann ich Ihre Frage wirklich nicht verstehen, aber ich habe sie beantwortet.

Danke, Herr Innenminister. - Es gibt weiteren Klärungsbedarf vonseiten des Fragestellers. Herr Abgeordneter Theel, bitte.

Die Höhe der Beiträge ist nach dem Begriff „Angemessenheit“ festzulegen. Nun ist die Frage, wie ein Kreistag entscheidet. Ist die Angemessenheit bezogen auf den Haushalt des Kreises und das Defizit, das möglicherweise besteht, oder auf den Haushalt der Familie, die zum Beispiel mehrere Kinder hat?

(Schippel [SPD]: Mehrere Kinder sind bei der Angemes- senheit berücksichtigt! Sie müssen zuhören!)

Wenn der Begriff „angemessen“ nicht definiert ist, dann braucht man nicht zuzuhören, dann gibt es keine feste Größe dafür.

Herr Abgeordneter Theel, der Begriff „angemessen“ ist nicht vom Himmel gefallen, sondern es gibt Erfahrungen im Umgang mit diesem Begriff. „Angemessen“ bezieht sich auf die Lage der zahlenden Familie. Darum ist die soziale Abstufung, die Zahl der Familienangehörigen und all dies, auch in der Satzung berücksichtigt. Da Sie sich als Bürgermeister sehr lange mit dem Thema „angemessen“ befasst haben, frage ich Sie: Wie definieren Sie denn „angemessenen Wohnraum“? Dieser Begriff wird bei der Festlegung der Unterkunftshilfe verwendet. Ich stelle fest, dass dies im Land Brandenburg sehr unterschiedlich interpretiert wird. Dieses Thema können wir auch noch einmal aufrufen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herr Abgeordneter Sarrach, bitte.

Herr Minister, ist Ihnen erinnerlich, dass nach alter Rechtslage im Schulgesetz durch Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts den Kreisen eingeräumt wurde, trotz kostenloser Schülerbeförderung durchaus auch Eltern heranzuziehen und Satzungen in diesem Sinne zu erlassen?

Zweitens: Ist Ihnen erinnerlich, dass der Abgeordnete Schippel - ich frage das deswegen, weil eine Auslegung des Gesetzes nicht danach erfolgt, was das Ministerium im Erlasswege schreibt, sondern was der Gesetzgeber bei Verabschiedung des Gesetzes gewollt hat - zum Beispiel bei der Verabschiedung dieser Schulgesetzänderung sagte, es soll den Kreisen freigestellt bleiben, wie sie die Satzungen dann anwenden?

(Schippel [SPD]: Das haben Sie falsch interpretiert!)

- Nein, das kann man nachlesen.

Herr Abgeordneter, das weiß ich genau, weil Sie damals auch schon hochgingen. Der Kollege Schippel hat Folgendes gesagt: Es ist Sache der Landkreise, wie sie dieses Gesetz in einer Verordnung umsetzen.

Der Landkreis Ostprignitz-Ruppin hat von dieser Möglichkeit

keinen Gebrauch gemacht. Darum haben wir diese Ersatzvornahme angekündigt und umgesetzt, und zwar so, wie es der Gesetzgeber vorsieht.

Wenn Sie so sachkundig sind, dann sagen Sie doch bitte, inwiefern das, was wir machen, rechtlich falsch ist. Sie wollen eine politische Debatte nach dem Motto führen: Wir sind dagegen, die sind dafür, wir sind die Guten, die sind die Bösen. - Nein, wir sind die Realisten und Sie sind die Träumer. Das ist der Unterschied.