Das derzeit geltende Abgeordnetengesetz, das eine Laufzeit bis zum Jahresende hat, sieht vor, dass wir jährlich einen Bericht des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik erstellen lassen, um die Entwicklung der Einkommen der arbeitenden Bevölkerung in Brandenburg festzustellen. Das Gesetz sieht weiterhin vor, dass der Präsident des Landtages daraufhin ein Anpassungsgesetz des Abgeordnetengesetzes dem Plenum vorzulegen hat. Dies passiert heute.
In der Debatte um die jährlichen Anpassungen fallen immer wieder einige Punkte auf. Es ist nicht so sehr die absolute Höhe der Entschädigung der Abgeordneten, die kritisiert wird, obwohl es eine ganze Reihe von Menschen gibt, die meinen, Abgeordnete bekämen zu viel Geld. Aber wenn wir die Bezüge der Abgeordneten vergleichen, stellen wir fest, sie liegen etwa auf dem Niveau eines Bürgermeisters einer mittleren Stadt - 30 000 Einwohner in Brandenburg - oder eines Leiters einer etwas größeren Gesamtschule, heute Oberschule. Das ist also gar nicht so sehr der Streitpunkt.
Streitpunkt ist vielmehr, was man alles in die Berechnung der Abgeordnetenentschädigung einbeziehen soll. Die Frage: „Soll auch die Entwicklung der Einkommen von Arbeitslosen und Rentnern einbezogen werden?“ wird immer wieder gestellt. Ich gehe davon aus, dass die meisten Abgeordneten, mich einmal ausgenommen, keine Rentner sind, sondern Vollzeitabgeordnete. Sie mit Arbeitslosen zu vergleichen ist offenbar auch nicht sachgerecht; ich gehe davon aus, dass die meisten Abgeordneten in der Tat arbeiten. Wenn wir aber darauf eingehen würden, dies auch zu berücksichtigen, hätten wir bei der gegenwärtigen Prognose der Entwicklung von Renten und Arbeitslosengeldern sogar eine höhere Steigerung der Abgeordnetenbezüge, und das würde das Ansinnen geradezu konterkarieren. Also ist es, glaube ich, sachgerecht, dass wir seinerzeit entschieden haben, uns an der Entwicklung der Einkommen der werktätigen Bevölkerung zu orientieren. Übrigens sind wir bisher das einzige Land, das die Abgeordnetenentschädigung sowohl nach oben
als auch nach unten anpasst, wenn sich die Entwicklung der Einkommen der Werktätigen im Lande so darstellt.
Nach wie vor ein spannender Punkt ist die Diskussion um die Altersversorgung der Abgeordneten. Sie wird bundesweit geführt - bis hin zum Bundestag. Unserem Parlamentarischen Beratungsdienst liegt der Auftrag vor, hier einmal einen Vergleich zum Diskussionsstand in allen Bundesländern zu führen. Denn das, was wir heute zum 1. Januar 2009 beschließen werden, ist ja letztmalig so vorgesehen. Danach haben die Abgeordneten zu prüfen, ob wir nach diesem Muster weiter verfahren oder eine andere Regelung finden. Ich gehe davon aus, dass es hierzu ab Frühjahr eifrige Diskussionen geben wird.
Für heute liegt Ihnen dieser Antrag vor. Ich bitte um lebhafte Debatte und, wenn möglich, um mehrheitliche Zustimmung. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir besprechen heute eine Vorlage des Präsidenten, die dieser aufgrund des geltenden Gesetzes vorgelegt hat. Da bisher nur der Präsident gesprochen hat, bin ich gespannt, was die Kollegen der anderen Fraktionen dazu sagen werden.
Ich habe jedenfalls im Vorfeld dieser Beratung nicht gehört, dass jemand die Unterlage, die Berechnung und die Schlussfolgerungen als unrichtig infrage gestellt hätte. Das geht auch gar nicht, denn Mathematik ist - Gott sei Dank! - noch unpolitisch. Der Präsident hatte hier nach § 6 des Abgeordnetengesetzes die Aufgabe, die entsprechende Tarifentwicklung im Land Brandenburg zu analysieren, dies dem Landtag vorzustellen und dann einen Vorschlag zu machen. Das hat er getan, und dafür möchten wir uns beim Präsidenten herzlich bedanken.
Bedauerlicherweise ist es so, dass es ein großes Missverständnis über die Abgeordnetenentschädigung, häufig auch „Diäten“ genannt, gibt. Die Situation ist so, dass das Bundesverfassungsgericht 1975 entschieden hat, dass die Abgeordneten über ihre Entlohnung selber entscheiden müssen. Die allermeisten Abgeordneten meiner Fraktion würden liebend gern darauf verzichten und eine Kommission oder irgendjemand anderes darüber entscheiden lassen. Aber das geht nun einmal nicht, und deswegen sind wir in der Situation, das selbst entscheiden zu müssen. Das werden wir heute in der 1. Lesung auch tun.
Ich werde an dieser Stelle meinen Redebeitrag unterbrechen, um erst einmal abzuwarten, wie sich die anderen zu dieser Vorlage positionieren, und dann vielleicht im zweiten Aufschlag noch einige Dinge zu sagen. Ich möchte allerdings den folgenden Rednern die Worte des Kollegen Heinz Vietze aus der Debatte vom 26. Oktober 2006 ins Gedächtnis rufen, der hier Folgendes attestiert hat: Er - Kollege Vietze - findet, dass wir insgesamt im Landtag Brandenburg mit der Abgeordnetennovelle,
die wir damals besprochen und beschlossen haben, „eine kluge Entscheidung getroffen“ haben. Ich meine, dem ist nichts hinzuzufügen. Ich hoffe, dass sich alle an diese Beratung und Entscheidung noch erinnern und dies auch heute noch für eine kluge Entscheidung halten. Ich habe auch anderes gehört; aber wir werden dies im Rahmen dieser Debatte noch hören und sehen und darauf weiter einzugehen haben.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit deutlicher Mehrheit wird die Linksfraktion der vorgeschlagenen Erhöhung und damit dem Vorschlag des Präsidenten nicht entsprechen und für eine Nullrunde plädieren. Damit, meine Damen und Herren, scheren wir nicht aus dem im Jahre 2006 beschlossenen Verfahren aus, die Abgeordnetenbezüge ins Verhältnis zur Lohnentwicklung im Lande zu setzen. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, es war kein Automatismus beschlossen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem sogenannten Diätenurteil den Abgeordneten auferlegt, selbst und nach parlamentarischer Debatte, die wir hier führen, über die Höhe der Diäten zu befinden. Es ist daher eine freie, Herr Kollege Schulze, eine politische Entscheidung der Abgeordneten, ob die vom Präsidenten vorgeschlagene Erhöhung zum jetzigen Zeitpunkt angemessen ist. Mit der geschilderten Verfahrensbewertung haben sich viele meiner Kolleginnen und Kollegen im Jahr 2006 für eine Kürzung der Diäten entschieden. Im vergangenen Jahr stimmten noch einige meiner Kollegen für die Erhöhung um 48,29 Euro, da sie sie damals als angemessen betrachteten. Wir haben heute zu entscheiden, ob der für das zurückliegende Jahr ermittelte rechnerische Index der Einkommensentwicklung der jetzigen Lebenswirklichkeit in Brandenburg entspricht.
Meine Damen und Herren, es ist kein Geheimnis: Wir befinden uns in einer Rezession, hervorgerufen durch eine Finanzkrise, die die Welt in diesem Ausmaß seit 80 Jahren nicht erlebt hat, mit all den Folgen für die Realwirtschaft, mit Kurzarbeit und möglichem Beschäftigungsabbau. Die Lebenswirklichkeit in Brandenburg ist auch davon geprägt, dass wir immer noch nicht - und da ist Politik gefordert, auch in diesem Haus - den gesetzlichen Mindestlohn haben, dass die Rentenangleichung geschoben wird und dass - das sind nicht unsere Zahlen - Infratest dimap ermittelt hat, dass 80 % der Brandenburgerinnen und Brandenburger an der letzten Wachstumsphase nicht partizipieren konnten.
Das sind die Umstände der Menschen, im Rahmen derer wir entscheiden, und deshalb sagen nicht alle Mitglieder meiner Fraktion, sagt aber die große Mehrheit, dass die vorgeschlagene Erhöhung zurzeit nicht vertretbar ist, und plädiert deshalb für eine Nullrunde.
Gestatten Sie mir zur Darstellung des Präsidenten zur Überarbeitung des Abgeordnetengesetzes noch eine Bemerkung. Mein Kollege Vietze hat damals wesentlich am ersten Schrittmaß zur Überarbeitung des Abgeordnetengesetzes mitgewirkt und hat dies, ich zitiere, als „Zwischenschritt“ gesehen, denn wir haben damals nur eine Säule modifiziert, eine wesentliche, nämlich
die Festlegung eines Einkommensindex. Es gab eine Regelung zum Übergangsgeld, aber der große Wurf ist damals nicht gelungen. Es gibt Klärungsbedarf zur Altersversorgung und auch die Frage der Neuordnung der Bezüge der Mitglieder der Landesregierung und der Staatssekretäre, die wir hier zu entscheiden haben. All diese Fragen sind damals hier nur bedingt geklärt worden, und deshalb gab es den Entschließungsantrag.
Ich würde gern erst den Vortrag des Sachverhalts hier beenden. Sie können stehen bleiben, ich antworte auf Ihre Frage.
Liebe Kollegin, Sie müssen sich nicht hinsetzen. - Der Landtag verpflichtete sich, rechtzeitig vor Beginn der neuen Wahlperiode die Erfahrungen anderer Bundesländer mit dem novellierten Abgeordnetengesetz zu analysieren und Schlussfolgerungen für die Rechtsverhältnisse des Brandenburger Landtags zu ziehen. Insofern habe ich Ihnen, sehr geehrter Herr Kollege Schulze, all diese Auffassungen meines Kollegen Vietze über den großen Wurf zum neuen Abgeordnetengesetz auch noch einmal nach der Sommerpause mit der Bitte um eine Rückantwort übermittelt.
Die Kollegen der CDU haben gar nicht geantwortet. Wir hatten nur ein sehr kurzes Gespräch dazu, inhaltlich keine Verständigung. Deshalb will ich einfach noch einmal unsere Prämissen benennen, nach denen wir eine grundsätzliche Überarbeitung des Abgeordnetengesetzes andenken.
Konkret schlägt die Linksfraktion auf der Basis ihrer Bezüge vor, dass wir in die sozialen Sicherungssysteme und damit möglicherweise in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, um das Solidarsystem zu stärken.
Das kann man auch über einen Zwischenschritt machen. Aber wir haben weder den Zwischenschritt eines Versorgungswerks noch den großen Wurf.
Erstens als Beispiel, weil ich glaube, dass hier Handlungsbedarf besteht: Es kann nicht sein, dass wir nach der jetzigen Regelung im Abgeordnetengesetz nach fünf Jahren Zugehörigkeit die Hälfte eines Rentenanspruchs bekommen, die ein normal verdienender Brandenburger erst nach 37 Arbeitsjahren erreicht: 730 Euro nach fünf Jahren Zugehörigkeit, 1 407 Euro im Vergleich mit einem derzeitigen Brutto von 3 200 eines Brandenburgers. Das muss man einfach hier benennen, und deshalb glaube ich, dass wir an diese Gesamtproblematik heranmüssen.
Der zweite wesentliche Gesichtspunkt, unter dem wir uns eine Überarbeitung vorstellen können, ist, die Steuerfreiheit für die Aufwandsentschädigungen und Zuschüsse abzubauen. Dazu gibt es Vorschläge. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind genau die Aufgaben, die wir dann diskutieren müssen, wenn der
Parlamentarische Dienst diese Vorschläge uns hier in Gänze Ende des Jahres vorstellt. Die steuerliche Gleichstellung mit anderen Beschäftigten führt zu mehr Transparenz, zum Abbau von möglichen Privilegien und stärkt die sozialen Sicherungssysteme. Ich bitte darum, dass wir diesen Prozess in den nächsten - wir haben nicht mehr viel Zeit - acht Monaten fortsetzen, um den neuen Mitgliedern des nächsten Landtags Schlussfolgerungen für ihr Abgeordnetengesetz übermitteln zu können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich erteile meiner Kollegin das Wort.
Ich erteile das Wort, Herr Abgeordneter, und das ist in diesem Fall das Wort für eine Nachfrage. Ich gestatte sie trotzdem. Frau Dr. Schröder, bitte.
Herr Kollege, Sie haben jetzt noch einmal über Altersversorgung und Kostenpauschalen gesprochen. Ich freue mich, dass Sie nun endlich auch zu der Erkenntnis gelangen, die ich schon lange vertrete: Diese Altersversorgung ist nicht mehr zeitgemäß.
Ich habe eine ganz simple Frage: Warum haben Sie, wenn Sie doch so dafür plädieren, heute dem Parlament nicht einen Änderungsantrag oder einen neuen Gesetzentwurf mit genau diesen Implikationen, Altersversorgung für Abgeordnete in diesem Land zu verändern, zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt, wie ich es schon vor fünf Jahren hier in diesem Parlament durch einen eigenen Gesetzentwurf gemacht habe? Oder haben Sie vor, wenn wir den Entwurf in den Hauptausschuss überweisen, dort endlich einen solchen Gesetzestext vorzulegen? Denn nur diesen kann man dann beraten und auch beschließen.
Liebe Kollegin, zu diesem großen Wurf: Wir haben mit Absicht heute keinen Antrag auf Änderung des Abgeordnetengesetzes eingebracht, weil wir mit den demokratischen Fraktionen genau den Entschließungsantrag umsetzen wollen. Die Aufgabenstellung lautete - ich habe sie vorhin zitiert -, rechtzeitig vor Ende der Legislatur eine grundsätzliche Überarbeitung hinzubekommen. Wie Sie vielleicht nicht wissen, hat mein Kollege Vietze einen entsprechenden Antrag in die letzte Hauptausschusssitzung eingebracht - ich glaube, auch im allgemeinen Konsens mit anderen Fraktionen -, dass zunächst der Parlamentarische Dienst all diese Schlussfolgerungen anderer Länder, die einen größeren Sprung in der Modifizierung der Abgeordnetengesetze realisiert haben, wie Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, bis zum 31.12. auf den Tisch legt.
Sollten wir nicht gemeinsam eine Novellierung hinbekommen, kündige ich hiermit an, dass natürlich die Linksfraktion gegen Ende der Legislatur eigene Schlussfolgerungen für die Novellierung des Abgeordnetengesetzes vorlegen wird, um sie als Diskussionsgrundlage dem neu gewählten Parlament zur Verfügung zu stellen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Görke, Herr Vietze ist schon zitiert worden. Im Jahr 2006 haben wir uns auf ein Abgeordnetengesetz geeinigt. In diesem Gesetz heißt es: Die Entschädigung wird zum 1. Januar 2007, zum 1. Januar 2008 und zum 1. Janaur 2009 an die Einkommensentwicklung im Land angepasst. - Das ist ein gültiges Gesetz. Von 2006 bis 2008 sind es zwei Jahre. So viel dazu, wie man sich auf eine Verständigung oder ein Gesetz und die Linken verlassen kann. Also ich verstehe es einfach nicht.
Außerdem ist es kein Automatismus, denn wir haben klare Prämissen festgelegt, woran sich die Diätenerhöhung zu orientieren hat. „Automatisch“ wäre, wenn wir ohne eine Diskussion einen anderen Betrag bekommen würden - erstens.
Zweitens: Man kann immer wieder über Änderungen reden, aber ich glaube, das ist purer Populismus. Wir sind dazu verdammt, unsere Diäten selbst zu bestimmen. Das ist nun weiß Gott nicht einfach, aber ich denke, wir haben ein modernes Abgeordnetengesetz, das sich wirklich an den Gehältern des Landes orientiert. Vor allen Dingen, Herr Görke, wenn Sie jetzt auf die Rezession zu sprechen kommen: Wir reden ja über die Steigerungen aus dem Jahr 2007. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wirtschafts- und Finanzkrise auf der einen Seite, Diätenerhöhung auf der anderen Seite. Das passt irgendwie nicht zusammen. Nach dem Zehnten Änderungsgesetz zum Abgeordnetengesetz sollen die Diäten zum 1. Januar um weitere 65,85 Euro auf 4503,74 Euro steigen. Auf der anderen Seite wächst sich die Finanzkrise zu einer Krise der Realwirtschaft aus, die über kurz oder lang alle Menschen in unserem Land erfassen wird.