Ich habe eine Frage zur Bundesratssitzung am vergangen Freitag. Der Bundesrat hat dort das CCS-Gesetz der Bundesregierung mehrheitlich abgelehnt, gleichzeitig hat er sich nicht dazu entschließen können, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Pressemeldungen ist zu entnehmen, dass auch die Bundesregierung dies nicht vor hat. Insofern gibt es derzeit keine gesetzliche Grundlage für CCS.
Daher frage ich die Landesregierung: Welche Schlussfolgerungen zieht sie aus der Entscheidung des Bundesrates?
Die Dringliche Anfrage 52 (Konsequenzen aus Bundesratsbe- schluss zum CCS-Gesetz) stellt der Abgeordnete Bretz.
Der Ministerpräsident des Landes Brandenburg Matthias Platzeck und der Wirtschaftsminister Ralf Christoffers haben über
einstimmend die Zukunft der heimischen Braunkohle an den Erfolg der Erforschung der CCS-Technologie gekoppelt. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem vom Wirtschaftsministerium zugeleiteten Zwischenbericht, in dem die entsprechende Formulierung nochmals verschärft dargestellt worden ist.
Deshalb frage ich - ganz zukünftig gemeint -: Welche Konsequenzen hat der Beschluss aus dem Bundesrat nach Ansicht der Landesregierung für die Zukunft der heimischen Braunkohle?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete, vielleicht lassen Sie mich einige Bemerkungen zum Ablauf der Bundesratssitzung machen. Auf der Bundesratssitzung am 23.09.2011 wurde ein Sachverhalt deutlich: Es gibt drei Ländergruppen, die völlig verschiedene Interessenlagen verfolgen.
Eine Ländergruppe - darunter Brandenburg, Hamburg und Sachsen - tritt für eine Abschaffung der Länderklausel ein, weil die Länderklausel nach ihrer Auffassung eine Föderalisierung des Klimaschutzes ist, weil sie Bundesländern erlaubt, sich aus klimaschutznotwendigen Sachverhalten zurückzuziehen und bestimmte Instrumente nicht anzuwenden.
Eine Ländergruppe unter Führung von Niedersachsen und Schleswig-Holstein dringt auf eine Verschärfung der Länderklausel, um im Prinzip die Möglichkeit zu erweitern, sich aus einer bestimmten technologischen Entwicklung zurückzuziehen.
Eine Ländergruppe, angeführt nach den Landtagswahlen vor allem von den Ländern Baden-Württemberg und RheinlandPfalz, dringt auf eine grundlegende Überarbeitung des CCSGesetzes, will die CCS-Technologie nur für industriebezogene Prozesse anwenden und lässt eine mögliche Erkundung und Speicherung von abgeschiedenem CO2 nur aus Industrieprozessen zu. Letzteres halte ich für eine bemerkenswerte Änderung zumindest von Teilen der Auffassungen der Grünen, weil sie bisher die Risiken einer CO2-Erkundung und -speicherung in den Vordergrund gestellt haben, jetzt aber zumindest über die Bundesländer zu der Auffassung gelangen, dass CO2-Abscheidungen aus Industrieprozessen möglicherweise doch gespeichert werden können.
Keine dieser drei Ländergruppen hat in irgendeiner Form eine Mehrheit gehabt - keine -, und die Bundesratssitzung hat deutlich gemacht, dass sich in der politischen Haltung der Länder so schnell auch nichts bewegen wird. Die Situation ist die denkbar ungünstigste für alle Beteiligten, weil überhaupt keine Entscheidung getroffen worden und kein Gesetz vorhanden ist, auf dessen Grundlage man überhaupt agieren kann.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig zu wissen, dass die Europäische Kommission bereits im Juli ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet hat. Die erste Stufe ist bereits vollzogen; es gibt ein sogenanntes Mahnschreiben. Die zweite Stufe wird eine dezidierte Begründung der Kommission sein, und die dritte Stufe ist dann ein Verfah
ren vor den europäischen Gerichten. Ob und wann es dazu kommt, ist gegenwärtig noch unklar, es sei denn, nicht der Bundesrat, sondern die Bundesregierung ruft jetzt noch einmal den Vermittlungsausschuss an. Das halte ich aus den vorgenannten Gründen für unwahrscheinlich, da sich die Länderinteressen nicht verändern werden und sich vor der Wahl in Schleswig-Holstein ohnehin nichts bewegen wird, um es im Klartext zu sagen. Oder die Bundesregierung legt ein neues Gesetz vor. Das erwarte ich nicht, weil die Bundesregierung in der Bundesratssitzung durch die Parlamentarische Staatssekretärin Reiche sehr deutlich gesagt hat, sie habe bisher nur mit den Ländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen verhandelt. Es ist Sache der Bundesregierung, mit wem sie verhandelt; aber ich denke, Energiefragen sind etwas, das man möglicherweise nicht an einem politischen Faden anzubinden hat, sondern sie sind eine nationalstaatliche Aufgabe.
Insofern ist der gegenwärtige Sachstand so, dass kein Gesetz und keine Handlungsgrundlage vorliegt und damit ohnehin keine Genehmigungsverfahren eingeleitet werden und Investitionsentscheidungen mit Sicherheit in der nächsten Zeit nicht zu erwarten sind, ob und inwieweit mögliche Kraftwerke hier in Brandenburg gebaut werden.
Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung. Da in einigen öffentlichen Darstellungen kolportiert wird, dass die Stimmen Brandenburgs ausgereicht hätten, um möglicherweise das Gesetz zur Mehrheit zu bringen, möchte ich mit dieser Legende auch gleich aufräumen. Keine der Ländergruppen - unter Einschluss von Brandenburg -, auch nicht in den Anträgen von Niedersachsen und Schleswig-Holstein, hätte mit den Stimmen von Brandenburg irgendeine Mehrheit gehabt. Man hat mittlerweile das ist das eigentlich politisch Herausragende - zum wiederholten Male über die Debatte zum CCS-Gesetz öffentlich den Nachweis, dass eine schwarz-gelbe Bundesregierung zu politisch zentralen Fragen dieses Landes keine eigene Mehrheit mehr hat.
Man hatte 28 Stimmen im Bundesrat - um es im Klartext zu sagen - und 35 brauchte man. Damit ist nach über drei Jahren Diskussion zu einem Gesetz eine Situation eingetreten, die neben der rein technischen und fachlichen Frage nochmals verdeutlicht, dass sich in der Bundesrepublik Deutschland bereits eine politische Machtverschiebung vollzogen hat und eigenständige Mehrheiten zu bestimmten Themen nicht mehr zu erreichen sind.
Insofern, meine Damen und Herren, kann ich nur immer wieder auf unseren Vorschlag, den wir seit mehreren Jahren machen, zurückkommen: Lassen Sie uns ein Gesetz machen, das ausschließt, dass Klimaschutzziele föderalisiert werden, denn wenn ein derartiges Gesetz nicht kommt, wird auch die jetzige Debatte als Beispiel genommen werden - dessen bin ich sicher -, auch zukünftig Länder zu zentralen Fragen unterschiedlich zu belasten. Das, finde ich, ist der denkbar schlechteste Weg, eine Energiewende in Deutschland zu vollziehen.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend noch eine Bemerkung zu den beiden Fragen machen. Wenn Sie sich
die Energiestrategien von 2010 bis jetzt zur Überarbeitung bis 2030 anschauen, dann werden Sie feststellen, dass sich in den zentralen Zielstellungen auch der Wandel der Energieträgerstruktur in der Bundesrepublik widerspiegelt. Sie hatten 2010 den Schwerpunkt Braunkohle und additiv dazu die Frage der erneuerbaren Energien. Sie haben in der Energiestrategie 2020 einen Vorrang der erneuerbaren Energien mit einem großen Block „Fossile Energieträger“, und Sie haben in der Überarbeitung der Energiestrategie 2030 als zentrale Aussage den Vorrang der erneuerbaren Energien und als Brückentechnologie die fossilen Energieträger, die hinzugefügt werden.
Insofern merken Sie auch daran, dass sich hier ein qualitativer Wandel vollzogen hat, und ich hoffe, dass für den Vorrang der erneuerbaren Energien und deren Systemintegration eine parteiübergreifende Zusammenarbeit möglich ist. - Vielen Dank.
Herr Minister Christoffers, ich habe Ihnen eigentlich eine ganz einfache Frage gestellt, und diese möchte ich gern wiederholen. Sie lautete ganz einfach: Welche Konsequenzen hat nach Ansicht der Landesregierung dieser Beschluss für die Zukunft der heimischen Braunkohle in Brandenburg? Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie darauf eingehen.
Gestatten Sie mir, eine kurze Begründung. Sie haben in dem Zwischenbericht zu den Eckwerten Ihrer Energiestrategie eine Verschärfung der Formulierung vorgenommen. Dort heißt es auf Seite 23, wenn ich es recht erinnere: Die Zukunft der heimischen Braunkohle ist streng an den Erfolg der CCS-Technologie geknüpft.
Deshalb wussten Sie schon zu diesem Zeitpunkt, als Sie uns diesen Eckwertebeschluss vorgelegt haben, wie Ihr Verhalten im Bundesrat sein wird. Daher noch einmal meine konkrete Frage: Was heißt das für die Zukunft der heimischen Braunkohle? Ich würde mir wünschen, wirklich eine verbindliche, zukunftsorientierte Antwort von Ihnen zu bekommen. - Vielen Dank.
Ich wäre auch dankbar, seitens der CDU einmal eine zukunftsfähige Antwort zu bekommen, auf welche Säulen der Energiepolitik sie mittlerweile abstellt.
Wenn es politische Strategie ist - was ja sein kann -, im Bereich der Energiepolitik die Proteste aufzunehmen und die politischen Auseinandersetzungen um die Energiestrategie auf die Region Lausitz zu konzentrieren, dann mag man das als politische Strategie nachvollziehen. Ich darf Ihnen aber sagen: Zukunftsfähig ist es nicht.
Um Ihre Frage zu beantworten: Sie wissen genauso gut wie jeder hier im Saal, es gibt genehmigte Tagebaue und Kraftwerke. Bis 2025 laufen die Genehmigungen für Jänschwalde, und wir werden in Welzow - dagegen wird jetzt geklagt, und ich gehe davon aus, dass das Gericht hierzu eine Entscheidung treffen
wird - bis 2040 zur Versorgung des Kraftwerkes eine Inanspruchnahme eines bereits definierten Gebietes haben. Insofern hat die Braunkohle in Brandenburg über mehrere Jahrzehnte ohnehin eine Perspektive.
In welchem Umfang darüber hinaus eine Verstromung fossiler Energieträger deutschlandweit notwendig ist - das sagte ich schon in der Beantwortung der vorherigen Anfrage -, hängt von der Systemintegration der erneuerbaren Energien ab. Gerade in diesem Punkt - das hat Frau Ludwig vorhin nochmals verdeutlicht - gibt es offensichtlich sehr verschiedene politische Ansatzpunkte zwischen den Parteien, was ich außerordentlich bedaure, denn Akzeptanz werden wir nur hinbekommen, wenn wir uns gemeinsam auf die Schwerpunkte verständigen, zu denen Akzeptanz zu erreichen ist.
Meine Damen und Herren! Es gibt einen zweiten Punkt - Herr Bretz, das wissen Sie auch, da der Landtag bereits mehrfach darüber debattiert hat -: Die Europäische Kommission hat vor Kurzem die Entscheidung veröffentlicht, die sogenannte leitungsgebundene CO2-Infrastruktur in die transeuropäischen Netze aufzunehmen. Das heißt, dieser Grundsatzbeschluss ist gefasst. Die Einbeziehung der leitungsgebundenen CO2-Infrastruktur in das sogenannte TEN-Netz wird dazu führen, dass Ende des Jahres die Kommission die Vorschläge vorlegen wird, ob und in welchem Umfang und vor allem wo ein derartiges Leitungssystem dennoch entstehen soll.
Das bedeutet, selbst wenn in Deutschland - das ist wahrscheinlich - wegen der fehlenden Rechtsgrundlagen und der unterschiedlichen politischen Interessen onshore nicht gespeichert werden kann und wird, wird das Thema CCS und CCU, also die stoffliche Verwertung von CO2, um Deutschland und Europa keinen Bogen machen, und wir werden auch dazu noch interessante Debatten haben.
Nebenbei bemerkt, Herr Bretz, würde ich immer wieder empfehlen, einen Blick in den Koalitionsvertrag zu werfen. Im Koalitionsvertrag zwischen beiden Parteien ist definiert a) Braunkohle als Brückentechnologie und b), dass CCS eine Option ist, klimafreundliche Energiepolitik umzusetzen.
Sie werden mir noch eine Bemerkung gestatten: Ich würde mich politisch niemals nur an eine Technologie binden wollen. Vielen Dank.
Herr Minister Christoffers, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie vorhin ausgeführt, dass sich die SPD in den rotgrünen Landesregierungen in Baden-Württemberg, Bremen und Rheinland-Pfalz gegen die CCS-Technologie für Kohlekraftwerke ausgesprochen und gemeinsam mit den Grünen dafür plädiert hat, diese lediglich für die Abscheidung in industriellen Prozessen zu erforschen. In den letzten Monaten hatte ich auch den Eindruck, dass das auch die Position der Landesregie
Deshalb frage ich Sie, ob es konkrete Vorhaben in Brandenburg gibt, CO2 in industriellen Prozessen abzuscheiden.
Darüber hinaus frage ich Sie, ob es ergänzend zu Ketzin - wir unterstützen übrigens auch das Forschungsvorhaben der Verpressung von 40 000 Tonnen CO2, wir haben uns nie dagegen gewandt - noch irgendwelche anderen Verpressungsvorhaben gibt.
Herr Vogel, der Unterschied zwischen beiden Positionen liegt darin, dass die Landesregierung Brandenburgs ständig sowohl für die Abscheidung in den Industrieprozessen als auch in der Energieerzeugung eingetreten ist.
Was mich etwas überrascht hat, aber was Sie bereits in der entsprechenden Bundestagsdebatte angedeutet hatten, war die Haltung der Grünen - das will ich so offen sagen -, weil bisher eine Speicherung und Erforschung von CCS-Technologie grundsätzlich abgelehnt worden ist. Insofern haben Sie sich für Industrieprozesse hier geöffnet. Das wird möglicherweise dann auch zu einer Neu- oder Andersbewertung von technologischen Entwicklungen führen können.
Was Ihre Frage betrifft - erstens -: Ketzin werden wir weiter unterstützen, völlig klar. Das ist ein internationales Forschungsprojekt, das auf der Grundlage des Bergrechts genehmigt worden ist. Soweit mir bekannt ist, ist sogar geplant, am Standort Ketzin eine tatsächliche CO2-Senke herbeizuführen, in der ebenfalls abgeschiedenes CO2 aus Biogasanlagen eingespeichert werden soll. Das wäre eine zusätzliche Forschungs- und Technologieentwicklung, die wir ausdrücklich begrüßen würden.
Es gibt gegenwärtig in einem Unternehmen im Osten Brandenburgs intensive Gespräche - auch mit der Unternehmensleitung und der Konzernleitung -, einen Industrieprozess dazu zu nutzen, um CO2 hier abzuscheiden und dann anders wieder einzusetzen. Die Unternehmensentscheidung ist noch nicht gefallen. Wir stehen dabei im Wettbewerb mit einem französischen Standort. Ich hoffe sehr, dass wir hier sehr bald zu einer für das Land Brandenburg positiven Entscheidung kommen.
Vielen Dank. - Damit sind die Dringlichen Anfragen abgearbeitet, und wir kommen zur Frage 728 (Grundwasserwiederan- stieg - Wasserprobleme in Lübbenau/Spreewald), die der Abgeordnete Schippel stellt.
Während eines einmaligen, zwei Stunden dauernden Besuchs in der Stadt Lübbenau/Spreewald warf der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neqkovic´ der Stadt Lübbenau öffentlich fehlendes Engagement für die vom bergbaubedingten Grundwasseranstieg betroffenen Bürgern vor.
Ich frage die Landesregierung: Gibt es aus Sicht der Landesregierung im Hinblick auf den bergbaubedingten Grundwasserwiederanstieg Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit der be
teiligten Landesinstitutionen wie dem LUGV, der Abteilung GL 6 oder der beauftragten LMBV mit der Stadt Lübbenau?