Protokoll der Sitzung vom 24.02.2000

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Es ist in der Tat richtig, dass gestern im Vermittlungsausschuss das Vorhaben der Bundesregierung, das auch eine Mehrheit im Deutschen Bundestag gefunden hatte, durchgekommen ist. Wie Berlin sich im Vermittlungsausschuss verhalten hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich bin bedauerlicherweise nur der Stellvertreter des Vertreters Berlins im Vermittlungsausschuss, des Herrn Kollegen Werthebach. Er war nicht erkrankt, sondern im Dienst.

Im Übrigen verweise ich darauf – Sie wissen das vielleicht –, dass das Abstimmungsverhalten im Vermittlungsausschuss nicht öffentlich ist. Ich glaube auch, dass das sinnvoll ist, weil es sonst kaum Bewegung gäbe. Der Presse habe ich entnommen – und das begrüße ich außerordentlich –, dass das von der CDU und von der FDP geführte Bundesland Hessen und das CDUgeführte Bundesland Saarland ganz offensichtlich die guten Argumente der Bundesregierung und der Bundestagsmehrheit aufgenommen und diesen sinnvollen Kompromiss ermöglicht haben.

Damit ist, wenn dieses Gesetz nun eine Mehrheit im Bundesrat findet – wovon ich ausgehe – die Möglichkeit da, dass einzelne Bundesländer gemäß dieser gesetzlichen Vorgabe solche Stuben einrichten können. Darüber wird in Berlin zu gegebener Zeit zu beraten sein.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Frau Dott!

Herr Böger, ich möchte trotzdem noch einmal nachfragen: „Zu gegebener Zeit“ – wann kann das sein? – Das Thema ist ja ein drängendes und kein neues. Ich frage das auch im Zusammenhang mit den Überlegungen des Senats zur

Originalstoffsubstitution, also der Heroinvergabe als Modellversuch. Ich weiß, dass es dafür den Termin 31. März 2000 gibt, aber ich finde keine finanzielle Vorsorge im Haushalt.

Herr Senator – bitte!

Frau Abgeordnete! Ich ziehe mich auf diesen Begriff „zu gegebener Zeit“ zurück. Das Gesetz ist noch nicht verabschiedet. Wenn die Gesetzesgrundlage vorliegt, wird sich der Senat zu gegebener Zeit damit beschäftigen.

Die nächste Frage stellt der Abgeordnete Czaja von der Fraktion der CDU!

Ich frage Herrn Senator Strieder: Wie wird der Senat seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Errichtung der Abwasserkanalisation nachkommen, wenn derzeit allein in Mahlsdorf und Kaulsdorf 300 neue Wohnhäuser gebaut werden, aber in den letzten sieben Jahren, wie der Presse zu entnehmen war, nur 300 Anschlüsse in Berlin realisiert wurden und bereits zum Stichtag 31. Dezember 1999 allein in der genannten Region 9 000 Eigenheimbesitzer auf den Anschluss warten?

[Liebich (PDS): Klemann! Das war alles Klemann!]

Herr Senator, bitte!

Ich stimme mit Ihnen überein, Herr Abgeordneter, dass es notwendig ist, die Haushalte an die Abwasserkanalisation anzuschließen. Zuständig für das betriebswirtschaftliche Ergebnis der Wasserbetriebe ist der Wirtschaftssenator.

[Niedergesäß (CDU): Ach so! Siehste, Branoner!]

Eine Zusatzfrage durch den Abgeordneten? – Das ist der Fall.

Herr Strieder! Geben Sie mir Recht, dass es sich bei dieser Frage um eine umweltpolitische handelt, die auch die Stadtentwicklung betrifft und die Verordnung, die Grundlage dessen ist, eine EU-Verordnung die Stadtentwicklung betreffend ist und damit Sie dafür zuständig sind?

Herr Senator!

Sie haben völlig Recht. Das hatte ich eingangs gesagt: Es handelt sich um eine Umweltfrage von hoher Relevanz. Es muss dafür Sorge getragen werden, dass die neuen Siedlungsgebiete auch an die Abwasserkanalisation angeschlossen werden. Wir haben einen Stadtentwicklungsplan „Infrastruktur“, in dem wir auch die Zeithorizonte bestimmen, innerhalb derer diese Anschlüsse erfolgen müssen.

Die nächste Frage stellt Herr Kollege Weinschütz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen!

Meine Frage geht an den Regierenden Bürgermeister als Senatsverwaltung für Justiz. Ich habe dem „Tagesspiegel“ vom 19. Februar 2000 entnommen, dass Sie die gestiegene Zahl der beschleunigten Verfahren bei dem Amtsgericht Tiergarten begrüßen und sich für eine weitere Zunahme einsetzen möchten. Meine Frage lautet nun: Trifft es zu – wie dort berichtet wurde –, dass Sie sich insbesondere für eine Zunahme der beschleunigten Verfahren bei der Jugendkriminalität einsetzen wollen, und wie möchten Sie das vor dem Hintergrund der Regelung in § 79 Abs. 2 Jugendgerichtsgesetz erreichen?

Zur Beantwortung – der Regierende Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Ich halte es grundsätzlich für richtig, dass insbesondere gegenüber Jugendlichen der erzieherische Effekt, der auch immer mit Strafverfahren verbunden sein soll, nur dann erreicht werden kann, wenn es eine schnelle Entscheidung gibt. Erreichen werde ich das dadurch, dass ich das intensive Gespräch auch mit den Staatsanwaltschaften führe.

[Frau Künast (GRÜNE): Was sagen Sie zu § 79?]

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Dann hat das Wort Herr Abgeordneter Weinschütz, bitte sehr!

Ihr Bemühen in allen Ehren, Herr Regierender Bürgermeister, aber es geht um ein Gesetz,

[Cramer (GRÜNE): Spielt doch keine Rolle! Ehrenwort!]

wonach das beschleunigte Verfahren für Jugendliche unzulässig ist. Deshalb noch einmal meine Nachfrage: Wie wollen Sie eine Erhöhung der Zahl dieser beschleunigten Verfahren für Jugendliche erreichen, wenn es im Gesetz verboten ist?

[Wieland (GRÜNE): Solche Kleinigkeiten weiß der Bürgermeister doch nicht!]

Herr Regierender Bürgermeister!

[Frau Künast (GRÜNE): Oh, jetzt muss Herr Rauskolb vorsagen!]

Ja, der wird des öfteren noch vorsagen, so wie ich ihm ab und zu auch vorsage.

[Wieland (GRÜNE): Das wissen wir!]

Der Begriff „beschleunigte Verfahren“ ist in zweierlei Richtung zu behandeln: einmal im schnellen Verfahren und einmal in dem juristischen Terminus. Zunächst einmal: Bei Jugendlichen geht es um schnelle Verfahren. Zweitens, wenn Sie es theoretisch wissen wollen, möglicherweise durch Initiativen zur Veränderung der Rechtslage.

[Wieland (GRÜNE): Die Antwort passt immer! – Frau Künast (GRÜNE): Sehr elegant aus der Affäre gezogen!]

Nun kommt die nächste spontane Frage von der Frau Abgeordneten Oesterheld, bitte sehr!

Ich frage den Herrn Senator Strieder, der sich dort hinten etwas „verkrümelt“ hat. Herr Strieder! Welche Bedeutung messen Sie Mieterbeiräten bei und wollen Sie und wenn ja, wie werden Sie verhindern, dass die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft WIR ihr fortschrittliches Konzept für Mieterbeiräte abschafft?

Herr Senator, bitte!

Frau Abgeordnete! Gerade der Mieterbeirat bei der WIR ist eine Erfolgsgeschichte. Wie Sie wissen, bin ich näher befasst mit dem Wohngebiet Mehringplatz, wo ein sehr erfolgreicher Mieterbeirat arbeitet und tätig ist. Ich denke, es wäre für alle Wohnungsbaugesellschaften günstig, wenn sie Mieterbeiräte in ihre Tagespolitik noch mehr einbeziehen. Das würde ihnen dabei nützen, ihre Gebiete zu entwickeln. Ich werde, falls das eine Information sein soll, dass die WIR beabsichtigt, ihre Mieterbeiräte abzuschaffen, mit der WIR Kontakt aufnehmen und ihr sagen, dass wir das nicht wollen,

sondern dass wir Mieterbeiräte sehr schätzen und dass die Geschäftsführung der WIR eigentlich wissen müsste, was die Gutes bewirken können.

[Beifall bei der SPD]

Die nächste Frage kommt vom Kollegen Over von der Fraktion der PDS, bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich habe auch eine Frage an Herrn Strieder, Sie können also sitzen bleiben. Herr Strieder, auf Ihrer Pressekonferenz im Januar, auf der Sie den Striederschen Fünfjahrplan verkündeten, haben Sie u.a. angekündigt, dass ein internationales Solarcenter in Berlin entstehen soll. Ist Ihnen bekannt, dass der Projektentwickler Hanseatica dieses auch schon zum damaligen Zeitpunkt überhaupt nicht mehr in Erwägung gezogen hat, sondern ein Zentrum für Zukunftsenergien anstrebt?

Herr Senator!

Herr Abgeordneter! Es ist bekannt, dass der Investor Hanseatica das Solarzentrum unter dem Namen „Zentrum für Zukunftsenergien“ in der internen Planungen hatte. Es bleibt aber dabei, dass ein Solarzentrum gebaut wird und es wird auch im Namen zum Ausdruck kommen. Das ist so mit der Hanseatica besprochen.

[Berger (GRÜNE): Das heißt es seit zehn Jahren!]

Eine Zusatzfrage durch den Fragesteller, bitte sehr, Herr Over!

Herr Strieder! Sind meine Informationen richtig, dass die Hanseatica mit einer Bürgschaft über 20 Millionen DM eines amerikanischen Kohlekonzerns dieses Zentrum für Zukunftsenergien errichten und dort 40 Millionen DM Fördermittel versenken will, damit dann das Forum für Zukunftsenergien mit solchen solventen Mitgliedern wie der RWE und Siemens dort einziehen kann, und halten Sie das dann wirklich noch für ein internationales Solarzentrum, das regenerative Energien fördert?

Herr Senator, bitte!

Die finanziellen Größenordnungen, die Sie genannt haben, kann ich nicht bestätigen, Herr Over. Es mag sein, dass das stimmt. Aber natürlich ist es richtig und ein großer Vorteil und endlich ein Fortschritt, dass nicht „Bastelbuden“ versuchen, ein Solarzentrum auf die Beine zu stellen, sondern große Firmen wie RWE oder Siemens. Sie wissen, dass beispielsweise British Petrol die größte Forschungsanstrengung im Rahmen der Solarenergie macht. Ich glaube, es wäre eine gute Auszeichnung für Berlin, wenn all diese renommierten Firmen ihre Anstrengungen in regenerative Energien in diesem Zentrum vorführen würden.