Protokoll der Sitzung vom 26.06.2003

1. Wird der Senat seinen Ankündigungen in der Presse, entschieden gegen die Vermüllung der Grünanlagen vorzugehen, auch Taten folgen lassen oder wieder einmal nur abwarten in der Hoffnung darauf, dass sich mit dem Ende der Sommerzeit auch das Vermüllungsproblem für dieses Jahr erledigt hat?

2. Stimmt der Senat mit mir darin überein, dass bei der Pflege der Berliner Grünanlagen dringender Handlungsbedarf besteht und der Senat in Zusammenarbeit mit den Bezirken endlich auch neue Maßnahmen erproben sollte wie z. B. Parkwächter mit hoheitlicher Befugnis im VorOrt-Einsatz, Wochenenddienst für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grünflächenämter?

Danke schön, Frau Kubala! – Jetzt ist der Senator Strieder mit der Antwort dran. – Bitte schön, Herr Strieder!

Das ist nun wirklich keine Sommergeschichte, sondern der Zustand unserer Grünanlagen in Berlin ist jämmerlich. Zwar benutzen immer noch die meisten Leute die Grünanlagen zum Spazieren gehen, aber eine immer größer werdende Zahl von Menschen meint, Veranstaltungen wie Picknick und Grillen in öffentlichen Grünanlagen sei das, was man braucht. Sowohl den großen Tiergarten als auch den Freizeitpark in Lübars benutzt mittlerweile jeder zehnte Besucher zum privaten Picknick oder Grillen. Und die Massen von Abfällen, die dabei entstehen, sind gigantisch. So fallen z. B. im Treptower Park am Wochenende durchschnittlich 10 Kubikmeter Müll an, in der Woche 30 Kubikmeter. Der Große Tiergarten verzeichnet bis zu 100 Kubikmeter Müll pro Wochenende, und über Pfingsten waren es sogar 200 Kubikmeter. Wir müssen einräumen, dass diese Zahlen der Abfallentsorgung für die Bezirke angesichts ihrer finanziellen Ausstattung eine immer größere Belastung darstellen, auch deshalb, weil viel von diesem Müll verstreut herumliegt und per Hand eingesammelt werden muss. Dabei geht es nicht einfach um den Abtransport, sondern eben auch um das Einsammeln. Dazu kommt in einem erschreckenden und zunehmenden Maße Vandalismus: zerstörte Bänke, kaputte Abfallkörbe, zerkloppte Leuchten und nicht zuletzt das Verheizen von allen erreichbaren Brennmaterialien angefangen von jungen Bäumen über Zaunpfähle bis hin zu Parkbänken.

Die Aktionen, die ich gerade beschrieben habe, sind nicht hinnehmbar. Sie sind auch nicht legal. Wir haben Bußgeldkataloge dafür, aber es gibt ein Problem, auf das wir hinweisen – und wie ich meine, auch reagieren müssen –, das ist der Vollzug. Ein Staat, der sich Gesetze gibt und gleichzeitig nicht dafür sorgt, dass sie eingehalten werden, macht sich auf Dauer lächerlich.

[Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP]

[Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU: Das haben wir schon vor zehn Jahren gesagt!]

[Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Matz (FDP) – Gram (CDU): Oh, oh!]

Danke schön, Herr Senator! – Dann geht die erste Nachfrage an Frau Hertlein – bitte!

Herr Senator! Der Anfall von Müll ist, je nachdem, wie sich die Menschen verhalten, bei Picknicks und beim Grillen gleich. Stimmen Sie mit mir überein, dass es doch wesentlich umweltschonender, gesünder und insgesamt entspannender ist,

[Zuruf des Abg. Dr. Heide (CDU)]

ein Picknick zu veranstalten, für das man zuhause die Speisen vorbereitet hat, als dass man in den Parks ein Feuer entfacht?

[Sen Böger: Tupper!]

Herr Senator Strieder!

Der Kollege Böger weist gerade darauf hin, dass er beim Picknick gerne Hummer dabei hätte.

[Ritzmann (FDP): Das ist die Sozialdemokratie von heute! – Sen Böger: Nein, Tupper, nicht Hummer! – Allgemeine Heiterkeit]

Das ist mir bisher noch nicht berichtet worden! – Wir sagen doch gar nicht, dass der Gemeingebrauch der Parks eingeschränkt werden soll. Aber das, über das wir hier

Herr Senator! Stimmen Sie mit mir überein, dass die örtliche Polizei oder Mitarbeiter mit hoheitlicher Befugnis – wie auch immer man es nennen möchte – nur eine mögliche Maßnahme sein kann? Es muss darüber hinaus weitere Maßnahmen geben z. B. regelmäßig die Müllbehälter zu leeren. Eine weitere Maßnahme könnte auch sein, dass man die Bußgelder, die zurzeit eingenommen werden, zweckgebunden für die Grünpflege bereitstellt.

Stimmen Sie mit mir darin überein, dass es neben diesen Parkstreifen, Parkwächtern mit hoheitlicher Befugnis weitere Maßnahmen geben muss?

Danke, Frau Kubala! – Herr Senator Strieder – bitte!

Frau Kubala! Die Schilder „Betreten des Rasens verboten“ sind schon aufgestellt und nützen nichts. Wenn wir das zur Kenntnis nehmen, dürfen wir das auch nicht kleinreden, sondern müssen sagen, dass diese örtliche Polizei wichtig ist. Ich meine aber auch, dass wir in den Bezirksämtern darauf achten müssen, dass am Wochenende diese Parks gesäubert und die Abfallbehälter in den Parks geleert werden. Dann ist im Interesse der Bürgerinnen und Bürger eben Wochenendarbeit notwendig. Für einen Job im öffentlichen Dienst kann man das auch machen, finde ich. Ich füge hinzu: Auch Sozialhilfeempfangende mit einzubeziehen, um die Dinge in Parks in Ordnung zu bringen, halte ich für richtig.

reden, ist kein Gemeingebrauch, sondern das ist die Verwahrlosung, die Zerstörung von öffentlichem Eigentum.

[Gram (CDU): Selbstverwirklichung!]

Wir müssen erwarten, dass Menschen in einer Stadt, in der alle eng zusammenwohnen, sich so anständig verhalten, dass sie gegenseitig Rücksicht nehmen. Was da passiert, geht zu Lasten der Allgemeinheit und ist deswegen Rücksichtslosigkeit. Deswegen müssen wir gemeinsam dagegen einstehen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön, Herr Senator! – Eine weitere Nachfrage von Frau Hertlein? – Nicht. – Dann ist Frau Kubala mit der ersten Nachfrage dran. – Bitte schön, Frau Kubala!

Herr Senator Strieder! Ihre Zustandsbeschreibung ist durchaus zutreffend. Sie haben das schon mehrfach in der Zeitung zum Besten gegeben. Ihrer Problembeschreibung werden die meisten hier zustimmen, aber ich habe nach wie vor nicht konkret gehört, wann Sie erste Umsetzungsschritte folgen lassen. Sie erzählen von örtlicher Polizei. Wann tun Sie ganz konkret etwas? Wollen Sie wieder abwarten, bis der Sommer vorbei ist?

[Dietmann (CDU): Das ist ja immer so!]

Dann ist der Druck raus. Wann können wir die ersten Schritte erwarten?

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Bitte schön, Herr Senator Strieder!

Verehrte Frau Abgeordnete! Es geht nach Recht und Gesetz. Es gibt bisher keine örtliche Polizei und auch keine Rechtsgrundlage dafür. Diese Rechtsgrundlage dafür werden wir im ASOG schaffen. Aber es wird in diesem Jahr nicht so ohne Weiteres gehen, denn das Parlament hat die Gesetzesänderungen zu beraten. Ich bin froh, dass wir schon eine Verständigung hinbekommen haben. Als ich mit dem Thema Verwahrlosung des öffentlichen Raumes 1997 begonnen habe, haben Sie mir alle noch einen persönlichen Waschzwang vorgeworfen. Mittlerweile ging es um die Umweltstreifen, da haben Sie gesagt, das sei alles Big Brother und dergleichen, man könne so mit den Menschen nicht umgehen. Jetzt haben wir endlich einen Konsens, dass wir eine örtliche Polizei brauchen, um gegen die Verwahrlosung vorzugehen. Dann lasst uns doch diesen Konsens schnell fruchtbar machen, schnell eine Gesetzesänderung durch das Abgeordnetenhaus bringen. Je schneller das hier geht, desto eher werden wir die örtliche Polizei haben.

[Beifall bei der SPD – Schruoffeneger (Grüne): Dann bringen Sie einen Entwurf!]

Danke, Herr Senator! – Eine weitere Nachfrage von Frau Kubala – bitte!

[Zuruf: Frage!]

[Zuruf des Abg. Matz (FDP)]

Ich glaube, dass es ingesamt darauf ankommt, dass wir in der Politik und in der Berliner Verwaltung selbst mit großem Beispielcharakter vorangehen. Wenn wir uns darin einig sind, uns nicht von einigen wenigen das öffentliche Eigentum zerkloppen zu lassen und geschlossen und nicht nach parteipolitischen Spielen vorgehen, dann wäre das das beste Beispiel, das wir zur Rettung unserer Grünanlagen geben könnten.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Danke schön, Herr Senator! – Eine weitere Nachfrage hat der Kollege Buchholz. – Bitte schön, Herr Buchholz!

Herr Senator! Angesichts Ihrer begrüßenswert klaren Worte eine Nachfrage: Sollen die Einnahmen aus Buß- und Verwarnungsgeldern der örtlichen Ordnungspolizei zumindest teilweise in den Bezirken bleiben oder in den Landestopf gehen?

[Gram (CDU): Erst die Polizei, dann das Geld! – Pewestorff (PDS): Erst das Geld haben!]

Herr Senator Strieder, bitte!

Dann frage ich Herrn Senator Strieder Folgendes: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, hängt die Umsetzung des von Ihnen geschilderten Konzeptes in hohem Maße davon ab, dass die Bezirksstadträte vor Ort – auch diejenigen, die anderen Parteien wie z. B. den Grünen angehören – aktiv daran mitarbeiten. Gehen Sie davon aus, dass das der Fall ist – insbesondere im Bezirk Mitte, wo Frau Dubrau als Grüne-Stadträtin die Verantwortung trägt?

Herr Abgeordneter Gaebler! Aus Kreuzberg-Friedrichshain kann ich Ihnen berichten, dass der dortige Baustadtrat – Herr Dr. Schulz – z. B. das Grillen im Viktoriapark am Kreuzberg untersagt hat. Auch die Maßnahmen im Görlitzer Park werden dazu führen, dass nur auf sehr eingegrenzten Flächen gegrillt werden kann. Und wenn Frau Dubrau schon gegen die Fußballer vor dem Reichstag vorgeht, wird sie erst recht gegen die Griller im Tiergarten vorgehen. Etwas anderes kann ich mir gar nicht vorstellen.

Es tut mir Leid, über die Frage habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Wir sollten die Polizei vor allem haben. Wenn dann die Ordnungsgelder so hoch sind, dass wir daraus die Kosten für die örtliche Polizei finanzieren können, dann ist es gut. Mein Interesse ist allerdings, dass wir niedrige Einnahmen haben, weil die Menschen sich, wenn sie die örtliche Polizei erst einmal erlebt haben, ordentlich verhalten werden.

[Beifall bei der SPD]

Danke, Herr Senator! – Frau Matuschek hat eine Nachfrage. – Bitte schön, Frau Matuschek!

Herr Senator! Abgesehen von der Müllproblematik: Stimmen Sie mit mir darin überein, dass der hohe Nutzungsdruck auf die öffentlichen Grünflächen Ausdruck dafür ist, dass es ein gesteigertes Bedürfnis nach Grün innerhalb der Stadt gibt,

[Dr. Heide (CDU): Nach Vermüllung gibt!]

damit man sich auch im Freien aufhalten kann, zumal bei schönem Wetter?

Bitte schön, Herr Senator Strieder!