Protokoll der Sitzung vom 27.10.2005

Danke schön, Frau Senatorin! – Frau Jantzen hat eine Nachfrage. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Es ist sicher richtig, dass eine bessere Steuerung der Hilfen nicht unbedingt zu Einschränkungen führen muss, aber wir kennen die Situation der Bezirke. Sie haben das selbst anklingen lassen. Was werden Sie unternehmen, damit das – wie jetzt in Spandau – nicht doch passiert? – Dort steht in einer Art Maßnahmenplan z. B. deutlich, dass Hilfen für Personen, die das 65. Lebensjahr erreicht haben, mit dem Ziel der Einstellung überprüft werden, dass Freizeitaktivitäten besonders streng geprüft werden und Intensivpflege, die bisher im ambulanten Bereich genehmigt und finanziert ist, künftig stationär erfolgen soll.

Frau Senatorin Dr. KnakeWerner, bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Abgeordnete Jantzen! Ich habe den Brief, der im Sozialamt Spandau verbreitet worden ist und der dort eine Arbeitsanweisung darstellt, zur Kenntnis genommen. Ich will hier die eigenverantwortliche Arbeitsweise des Bezirks gar nicht bewerten. Mir gefallen einzelne Formulierungen nicht. Das sage ich auch sehr deutlich. Aber vom Grundsatz her bin ich der Auffassung, dass die Bezirke, die strukturelle Finanzierungsdefizite haben, gut beraten sind, einen Maßnahmenplan zu entwickeln, der ihnen endlich Steuerungsinstrumente in die Hand gibt und mit dem sie in die Lage versetzt werden, sich einen Überblick über die Situation auch bei der Eingliederungshilfe zu verschaffen. Ich erwarte, dass daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen werden. Das kann ich jetzt gar nicht beurteilen. Das werden wir uns dann sicherlich genau anschauen. Sie wissen selbst, dass die Bezirke hier eigenständig agieren.

Danke schön, Frau Senatorin! – Die nächste Frage stellt der Kollege Schruoffeneger.

Frau Senatorin! Das ist nicht ein Brief, der im Bezirksamt Spandau kursiert, sondern das ist eine Anweisung der Sachbearbeiter, die das bewilligen müssen, durch das Bezirksamt, die offiziell dem Hauptausschuss des Parlaments vorgelegt wurde. Ich zitiere einen Satz aus dieser Arbeitsanweisung:

Weiterhin werden kurzfristig 200 besonders kostenintensive Leistungen der Hauspflege mit besonders strengen Maßstäben überprüft. Angestrebt wird hier eine Verminderung der Pflegeleistungen in nennenswertem Umfang. Es soll darauf geachtet werden, dass der Anteil der psychosozialen

Betreuung an allen Fällen deutlich vermindert wird.

Das weicht von der Einzelfallbegutachtung ab und – –

Jetzt muss eine Frage kommen!

Ja! – Frau Senatorin! Das ist nun eindeutig gesetzeswidrig. Was wird der Senat in seiner Rolle als Rechtsaufsicht tun, um dieses Vorgehen unter einem SPD-Stadtrat in Spandau zu verhindern, und welche Hilfestellung werden Sie den Betroffenen geben?

Frau Senatorin Dr. KnakeWerner, bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Die Rechtsaufsicht über die Bezirke hat Herr Körting.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Macht’s auch nicht besser!]

Aber ich komme schon auf den Gehalt Ihrer Frage zurück.

Ich habe Ihnen klar gesagt, was im SGB XII steht und was wir mit dem Modellprojekt „Sozialamt 2005“ verbinden. Ich weiß, dass es in einzelnen Bezirken strukturelle Finanzierungsprobleme gibt, und zwar schon seit geraumer Zeit. Sie stehen selbstverständlich in der Verantwortung, mit diesen Problemen umzugehen. Wir haben – jedenfalls für die Zukunft – dafür gesorgt, dass genau dieser Bereich ausfinanziert ist. Das ist mir auch besonders wichtig. Insofern werden wir uns das selbstverständlich angucken. Wir werden sicherlich auch in fachliche Gespräche mit dem Bezirk eintreten, wenn es erforderlich ist. Aber ich will das hier nicht vorwegnehmen, sondern dafür das geeignete Gremium nutzen.

Jetzt geht es weiter mit der Mündlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Senftleben von der Fraktion der FDP über

„Gewisses Interesse“ an der Durchsetzung der Schulpflicht?

Bitte, Frau Senftleben!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Treffen die Meldungen des „Spiegels“ in dieser Woche – Nr. 43/24.10.05 – zu, dass zehn Wochen nach Schulbeginn der Verbleib von über 50 Schülern und Schülerinnen weiterhin ungeklärt ist?

2. Trifft es weiterhin zu, dass manche Schulen bis zu einem halben Jahr benötigen, um die Namen der abwesenden oder vermissten Kinder an die nächste Stelle weiter zu leiten?

Danke schön, Frau Senftleben! – Der Bildungssenator, Herr Böger, hat das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Senftleben! Zunächst zum Titel Ihrer Anfrage: Es trifft nicht zu, dass der Senat ein „gewisses Interesse“, wie Sie meinen, an der Durchsetzung der Schulpflicht habe. Vielmehr trifft zu, dass der Senat ein sehr starkes, nachhaltiges und klares Interesse an der Durchsetzung der Schulpflicht hat, und zwar in jeder Form. Ich empfinde das als ein Recht, dass man ab fünfeinhalb in die Schule gehen kann, aber es ist zugleich eine Pflicht. Das ist das Erste. Es gibt zugleich aber auch eine Pflicht zum dauerhaften Schulbesuch. Man nennt die Verletzung der Pflicht in der vornehmen Sprache der Soziologen schuldistanziertes Verhalten.

Es geht auch darum, dass der Senat nicht nur ein „gewisses“, sondern ein nachhaltiges Interesse daran hat, dass Eltern vor und nach den Ferien der Schulpflicht nachkommen. Ich sage Ihnen das so ausführlich, weil unser Interesse viel weiter geht als der Artikel im „Spiegel“.

Nun zur Sache selbst: § 45 des Schulgesetzes hält fest – und das ist auch richtig so –, dass für die Durchsetzung der Schulpflicht, für alle diese Maßnahmen, die zuständige Schulbehörde – das ist in diesem Fall der Bezirk, das bezirkliche Schulamt, die Ordnungsbehörde – in Zusammenarbeit mit der Schulaufsicht – das sind wir – und der Schule zuständig ist. Das ist so richtig angelegt und soll auch so bleiben. Nachdem wir im vergangenen Jahr eine vorgezogene Schulpflicht eingerichtet und zugleich einmalig in Deutschland eine vorgezogene Verpflichtung zu einem verpflichtenden Sprachkurs für Kinder eingeführt haben, habe ich in diesem Zusammenhang veranlasst, dass die Bezirke, wenn die Kinder, die melderechtlich da sind, faktisch aber nicht erscheinen, ermitteln, wo die Kinder verblieben sind. Das haben wir in einem ersten Durchgang mit Stadträten und Stadträtinnen für Volksbildung und Jugend getan und werden es in diesem Herbst erneut tun, um ein gemeinsames Verfahren abzusprechen und durchzusetzen.

Der Bezirk Neukölln, der in dem Artikel des „Spiegels“ erwähnt wird, ist nach meiner Überzeugung ein gutes Beispiel dafür, wie Schulpflicht in all ihren Formen durchzusetzen ist. Der dort zuständige Bildungsstadtrat, der Kollege Schimmang, ist sehr klar und in der Durchsetzung dieser Pflichten sehr konsequent. Sie müssen dabei bedenken, dass wir in diesem Bezirk Kinder aus 160 verschiedenen Nationen haben und dass es auch – und gerade in diesem Bezirk – vorkommt, dass Eltern umziehen, ohne dies den Meldebehörden anzuzeigen. Es kommt auch sehr häufig vor, dass Eltern ihre Kinder in die Obhut der Großeltern in ein anderes Land geben. Dies ist nicht immer leicht zu ermitteln. Übrigens – Frau Kollegin Senftleben, weil Ihre Partei sehr für den Datenschutz eintritt – beklage ich es nachhaltig, dass wir, wenn wir hiervon Kenntnis erhalten, dies nicht an andere Be

hörden weitermelden dürfen. Denn diese Eltern beziehen teilweise weiterhin Kindergeld, und ich wäre dankbar, wenn viele, die den Datenschutz auf den Lippen tragen, sich klar darüber würden, was dies im Einzelnen bedeutet.

Ich habe diese Beispiele nur genannt, um Ihnen deutlich zu machen, dass diese Ermittlungen in Einzelfällen kompliziert sind. Nach meiner Kenntnis sind bis auf zwei schwebende Verfahren alle Versäumnisse durch die dortige Arbeitsgruppe aufgeklärt. Das heißt nicht unbedingt, dass bei den schwebenden Verfahren ein Verstoß vorliegt, sondern es kann auch heißen, dass die Eltern an einen anderen Ort gezogen sind und sich dort noch nicht gemeldet haben. Für Berlin insgesamt kann ich nicht exakt bestätigen, ob es 50 Schülerinnen und Schüler sind, die noch nicht ermittelt worden sind. Dies wären dann 0,1 %. Wir haben bisher noch keine endgültigen Daten aller Bezirke.

Zur Frage 2: Ich kann nicht bestätigen, dass es in manchen Schulen bis zu einem halben Jahr dauert, um die Namen der abwesenden oder vermissten Kinder an die nächste Stelle weiterzureichen. Wenn das so wäre, läge ohne Frage eine erhebliche Pflichtverletzung seitens der Schule vor. Wir haben die Schulen für den diesjährigen Anmeldungszeitraum, der am 31. Oktober beginnt, über ein Verfahren informiert und einen entsprechenden Meldezettel entwickelt, der gewährleisten soll, dass die bei den Meldebehörden bekannte Existenz eines schulpflichtigen Kindes sich auch in den Schulen widerspiegelt.

Zum Schluss ein Appell: Es kommt auch häufig vor, dass Eltern ihre Kinder an einer Schule in freier Trägerschaft anmelden, ohne der vorgeschriebenen Pflicht Genüge zu tun, sie zunächst an der zuständigen Schule anzumelden. Manchmal geben Schulen in freier Trägerschaft dies auch nicht weiter. Dies sind die leichtesten Fälle, sie kommen jedoch auch vor.

Abschließend will ich betonen, dass wir der Durchsetzung der Schulpflicht – und zwar sowohl zu Beginn, als auch während der Schulzeit – außerordentliche Bedeutung beimessen. Ich weise im Übrigen darauf hin, dass § 126 Schulgesetz, der Ordnungswidrigkeiten behandelt, nicht bloße Makulatur, sondern auch anzuwenden ist. Er gibt die Möglichkeit, Geldbußen bis zu 10 000 € zu verhängen. Wenn man diese nicht bezahlt oder bezahlen kann, sind auch Haftstrafen möglich.

Danke schön, Herr Senator! – Frau Senftleben hat eine Nachfrage und erhält nunmehr das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Nachdem Sie soeben Ihr Interesse bekundet haben – und dies auch nachhaltig – und die nächsten Anmeldungen kurz bevorstehen, frage ich: Kann man davon ausgehen, dass ein zwischen Senat, Jugendämtern, Gesundheitsämtern und den Schulen abgestimmtes Verfahren jetzt endlich dafür sorgen wird, dass diese Versäumnisse

zukünftig nicht mehr vorkommen und früh und rechtzeitig reagiert wird?

Herr Senator Böger – bitte!

Herr Präsident! – Mein Staatssekretär hat mir mehrfach eingeflüstert, ich solle nur „Ja“ sagen. Ich folge zwar nicht jeder Einflüsterung, aber dieser folge ich. Ich sage uneingeschränkt: Ja!

[Frau Senftleben (FDP): Wunderbar!]

Man muss auch nicht immer das Rad neu erfinden.

[Frau Senftleben (FDP): Manchmal doch!]

Frau Kollegin, ich habe der Zeitung entnommen, dass Sie über die Sinnhaftigkeit der Bezirke nachgedacht und ein Gutachten erhalten haben, das Sie aber wieder weggedrückt haben. Wenn wir die Bezirke haben, was die Verfassung vorsieht, und die Bezirke Schulträger sind, dann sollen sie auch ihre Aufgaben erledigen. Das tun sie auch, und wir müssen nicht jedes Mal über Alltäglichkeiten sprechen. Was die Pflichten betrifft, da sind Sie bei mir immer an der richtigen Stelle.

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt ist die Abgeordnete Frau Dr. Tesch mit einer Nachfrage an der Reihe und erhält das Wort. – Bitte schön, Frau Tesch!

Danke schön, Herr Präsident! – Sie haben vorhin eine Andeutung gemacht, und ich frage noch einmal nach: Ich stimme mit Ihnen hinsichtlich der Eigenverantwortlichkeit der Bezirke überein. Dennoch frage ich Sie, ob Sie die Zahlen der anderen Bezirke noch abzufragen gedenken und uns diese zugänglich machen könnten, damit man weitergehende Schritte unternehmen kann.

Herr Senator Böger – bitte!

Herr Präsident! – Ja, das tun wir, Frau Abgeordnete! Sie bekommen die Zahlen.

Danke schön, Herr Senator! –

Jetzt ist die Frau Abgeordnet Grosse von der Fraktion der SPD an der Reihe mit einer Anfrage zum Thema

Arbeitsplätze durch Fußballweltmeisterschaft

Bitte schön, Frau Grosse, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: