Ich entnehme Ihren Worten, dass es sich bewährt hat, gemeinsam Prioritäten festzulegen und dann zu kontrollieren, ob die Bezirke das Geld auch zweckgebunden dafür verwenden. Soll das Verfahren dann für 2008 und 2009 so fortgeführt werden?
Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaebler! Es hat sich außerordentlich bewährt, dass wir mit den Bezirken verabredet haben, dass sie benennen müssen, welche Strecken saniert werden, und dass sie, auch wenn es sich um das pure Beseitigen von Schlaglöchern handelt, die Nachweise zur zweckentsprechenden Verwendung der Mittel bringen müssen. Das ist ein Stück weit Anregung, Aufforderung und Herausforderung gegenüber den Bezirken, aber auch eine Verpflichtung, die Mittel nur dort einzusetzen, wo sie nach unserem und ihrem Beschluss hinfließen sollen. Wir haben festgestellt, dass die Bezirke dem schon im Jahr 2005 gefolgt sind und dass diese Mittel vollständig für den entsprechenden Zweck ausgegeben worden sein. Das ist ein gemeinsamer Erfolg der Bezirke, des Senats und des Abgeordnetenhauses.
Frau Senatorin! Sie sprachen am Anfang über die Erfolge bei der Gestaltung der Radwege, was auch mit der Situation der Fahrbahnen zu tun hat. Gibt es Verabredungen mit den Bezirken, dieses Schlaglochsanierungsprogramm insbesondere dort, wo Radfahrer aufgrund eines schlechten Straßenfahrbahnbelages auf den Bürgersteig ausweichen und damit ständig zu Konfliktsituationen mit Fußgängern beitragen, ebenfalls gezielt einzusetzen, um solche Konflikte zu vermeiden und Radspuren auf der Straße anzubieten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Matuschek! Hier muss es für die Bezirke Vorrang haben, dass die Schäden auf den Radwegen beseitigt werden. Es ist meines Erachtens richtig, dass die Bezirke aufgefordert sind, hierbei Prioritäten zu setzen. Wir haben inzwischen für die Zukunft – also für die Jahre 2008 und
2009 – sehr viele Vorschläge und Hinweise von den Bezirken, die sich mit Bildern unterlegt auf bestimmte Orte und Bereiche in den Bezirken beziehen, um darzustellen, welche Bedeutung dieses sogenannte Radwegesonderprogramm nicht nur in der zurückliegenden Zeit hatte, sondern vor allem auch für die Zukunft hat.
Wo eine solche Situation noch nicht gegeben ist, kommt es vor Ort darauf an, dass sich Radfahrerinnen und Radfahrer, aber auch die Fußgänger mit gegenseitiger Rücksichtnahme begegnen. Von staatlicher Seite – auch von den Ordnungsbehörden in den Bezirken – wird sicherlich immer wieder der Versuch unternommen, auf das tatsächliche Verhalten der Menschen entsprechend Einfluss zu nehmen. Es ist allerdings außerordentlich schwierig, nur mit Appellen zu gegenseitiger Rücksichtnahme wirksam Einfluss zu nehmen. Ich appelliere genau wie Sie immer wieder an die Vernunft der Beteiligten, Rücksicht zu nehmen, und es sollte dann auch eine Abstimmung zur Nutzung gemeinsamer Wege geben – ob es sich dabei um den Fußweg, den Radweg oder um die Fahrbahn handelt.
Haben misslungene Sprengversuche des Kohleheizkraftwerkes Rudow Auswirkungen auf die neue Bauordnung?
1. Wie bewertet der Senat vor dem Hintergrund der diversen misslungenen Sprengversuche des Kohleheizkraftwerkes Rudow am Minzeweg die Auswirkungen der neuen Bauordnung, nach der ein Abriss selbst eines solchen Bauwerkes nicht mehr genehmigungspflichtig ist, für die Sicherheitsinteressen der umliegenden Bevölkerung?
2. Welche Maßnahmen hat der Senat bereits ergriffen, um die geschädigten Anwohner und Anlieger schnell und unbürokratisch bei der Durchsetzung ihrer Schadensersatzansprüche zu unterstützen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Kroll! Die misslungenen Sprengungen und die Schäden, die dabei aufgetreten sind, haben ihre Ursache nicht in der neuen Bauordnung. Sie können deshalb auch
keine Auswirkungen auf die neue Bauordnung haben. Die Frage der Beseitigung von solchen Bauwerken wird in der neuen Bauordnung so geregelt, dass sie nach den bauordnungsrechtlichen Vorschriften anzeigepflichtig, aber nicht genehmigungspflichtig bzw. freigestellt ist.
In diesem Zusammenhang muss man wissen, dass Sprengungen von dem Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit begleitet werden. Wir haben uns deshalb anlässlich Ihrer Anfrage mit diesem Landesamt in Verbindung gesetzt, und das Landesamt hat uns telefonisch mitgeteilt, dass die Prüfung der Anzeige ergeben hat, dass gegen die Ausführung keine Bedenken bestanden haben. Das heißt aber nicht, dass damit ein Urteil über die tatsächliche Ausführung, die dort vor Ort stattgefunden hat, gefällt worden ist. Es kann z. B. eine fachlich richtig dargestellte Ausführung anders erfolgen oder im Ergebnis – das kann ich nicht wissen und auch nicht sagen – in irgendeiner Weise – aus welchen Gründen auch immer – nicht erfolgreich sein – so, wie wir das im angeführten Fall gesehen haben.
In einer solchen Situation – und auch hier, wo die Sprengung nicht zum Erfolg geführt hat – wird versucht, durch Sachverständigengutachten herauszufinden, welches die Ursachen sind. Das ist im Interesse der Grundstückseigentümer bzw. der Eigentümer der Gebäude, und das ist selbstverständlich auch im Interesse derjenigen, die dadurch einen Schaden erlitten haben. Der Senat unterstützt immer Menschen, die einen Anspruch geltend machen, wenn er zu Recht besteht. Ob er zu Recht besteht – das muss ich an dieser Stelle deutlich sagen –, wird u. a. von den Ergebnissen solcher Gutachten abhängig sein. Es bedarf bei der Durchsetzung solcher privatrechtlicher Ansprüche immer zunächst der Gespräche mit den Partnern – also mit den Eigentümern. Deshalb kann ich Ihnen heute nicht bestätigen, ob oder in welchem Umfang es solche Ansprüche gibt. Lassen Sie uns die Gutachten abwarten!
Frau Senatorin! Betrachten Sie die Sprengung eines solchen Heizkraftwerks, das in einem solch dichtbesiedelten Wohngebiet steht, als kleine oder als große Sprengung?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Kroll! Ob dies eine kleine oder große Sprengung ist, wird von dem dafür zuständigen Landesamt mit Sicherheit bei der Genehmigung der Sprengung bewertet. Wesentlich ist immer, dass bei
einer solchen Überprüfung der technischen Angaben auch die Nähe von anderen Gebäuden – und selbstverständlich auch von Wohnumgebungen – berücksichtigt wird. Ob und warum die Sprengungen offensichtlich missglückt sind, ergibt sich nicht auf den ersten Blick aus den technischen Darstellungen, sondern das muss untersucht werden. Ich finde es wichtig und richtig, dass man solche Untersuchungen abwartet, bevor man sich darüber ein Urteil bildet. Ich kann mir heute, wenn diese Untersuchungen nicht vorliegen, nicht verantwortungsbewusst ein solches Urteil bilden. Das kann auch das zuständige Landesamt nicht.
1. Inwieweit gelten aus Sicht des Senats auch im Falle der in die Türkei abgeschobenen Kurdin Nesrin Tekin Rechte wie das Recht der Aussageverweigerung, wenn durch eine Aussage nahe Familienangehörige belastet würden, sowie Unschuldsvermutungen, wenn ihr nicht nachgewiesen werden kann, bereits vor der Aufdeckung durch die Ausländerbehörde von der angeblich türkischen Staatsangehörigkeit ihrer Eltern gewusst zu haben?
2. Wie bewertet der Senat die Abschiebung der Kurdin Nesrin Tekin, nachdem von der 25. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausweisung erhoben wurden und die junge Frau, die 14 Jahre in der Bundesrepublik lebte, über gute Deutschkenntnisse verfügt, dagegen aber kein Türkisch spricht, die hinreichend sozial integriert und unbestraft war, jetzt in der Türkei zwangsverheiratet werden soll, und was tut er für eine Rücknahme der Ausweisung und die Rückkehr der jungen Frau?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Baba! Ich habe Verständnis für die Frage im Hinblick auf die Presseberichterstattung, die es zu diesem Fall gegeben hat. Ich möchte zunächst aber etwas zu der Sachverhaltsdarstellung sagen. Das ist wichtig, wenn man sich über Fälle unterhalt. Ich werde jedoch keine Anmerkungen zu
spezifischen Verhältnisse der Betroffenen machen, weil ich es nicht für angemessen halte, über Einzelfragen, die einzelne Menschen betreffen, Negativ- oder Positivurteile in einer öffentlichen Sitzung des Abgeordnetenhauses abzugeben.
Die betroffene Familie ist 1993 nach Deutschland gekommen. Die Eltern sind türkische Staatsangehörige, haben aber bei der Einreise angegeben, sie seien kurdische Libanesen, und haben seit 1993 von Sozialhilfe gelebt, weil sie nicht in den Libanon abgeschoben werden konnten. Aufgeklärt wurde der Fall im Jahr 2005 durch das Landeskriminalamt, das eindeutig nachgewiesen hat, dass die Familie in der Türkei registriert und dort auch als türkische Staatsangehörige angegeben ist.
Die betroffene junge Frau hat genauso wie die anderen Familienangehörigen einen Antrag auf Asyl gestellt. Dieses Asyl ist vom Verwaltungsgericht im Jahr 2003 rechtskräftig abgewiesen worden. Seit diesem Zeitpunkt stand fest, nachdem das Bundesamt den Asylantrag schon im Jahr 1994 abgelehnt hat, dass die junge Frau die Bundesrepublik verlassen muss. Sie war zur Ausreise aufgefordert. Sie hat daraufhin einen Härtefallantrag gestellt, auf den ich gleich noch einmal zurückkomme. Die Härtefallkommission hat empfohlen, dem Härtefallantrag stattzugeben.
Der Senat in meiner Person ist dem Antrag der Härtefallkommission nicht gefolgt. Die Betroffene hat gegen ihre beabsichtigte Abschiebung das Verwaltungsgericht sowie das Oberverwaltungsgericht angerufen. Das Verwaltungsgericht hat im einstweiligen Verfahren die Rechtsmäßigkeit der Ausweisung bestätigt. Das Oberverwaltungsgericht hat später nur noch eine Formalentscheidung treffen müssen, weil die Betroffene selbst das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, wonach sie das Land verlassen muss, zurückgenommen hat.
Der Fall stellt sich aufenthaltsrechtlich relativ einfach dar. Es gibt kein Aufenthaltsrecht nach dem Aufenthaltsgesetz für die betroffene Person, sodass die Aufforderung, das Land zu verlassen, rechtmäßig und entsprechend auch bestätigt worden ist. Das ist übrigens unabhängig davon, dass die Eltern gelogen haben. Natürlich kann das Kind, das damals neun Jahre alt war, nicht gelogen haben, weil die Eltern die Identität betreffend gelogen haben. Das ist die aufenthaltsrechtliche Frage.
Es gibt die Möglichkeit, Härtefälle zu entscheiden und zu sagen – obwohl das Gesetz sagt, jemand dürfe nicht hier bleiben –, er könne hier bleiben. Dazu haben wir ein ganz bestimmtes Verfahren, übrigens nicht hier das Abgeordnetenhaus. Das Abgeordnetenhaus hat bestimmt, dass dazu ein bestimmtes Verfahren gewählt wird. Dazu wird eine Härtefallkommission eingesetzt, die die Frage beantwortet, ob ein Härtefall vorliegt.
Wenn die Härtefallkommission – sie hat es in diesem Fall bejaht – zu dem Ergebnis kommt, dass bei einer Person
ein Härtefall vorliegt, wendet sie sich an die Senatsverwaltung für Inneres und ersucht darum, nach § 23a eine Entscheidung zu treffen, ob ein Bleiberecht gewährt werden kann. Diese Entscheidung muss meine Behörde bzw. muss ich nach den Vorgaben des § 23a des Aufenthaltsgesetzes treffen. Diese Vorgaben beinhalten, dass ich die Entscheidung unter Berücksichtigung der Sicherung des selbstständigen Lebensunterhalts der Betroffenen und unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses der Bundesrepublik Deutschland treffen muss. Ich habe diese Voraussetzungen nicht gesehen und dementsprechend im April 2006 – so lange ist das schon her – keine Härtefallentscheidung zugunsten der Betroffenen getroffen. Das ist eine Entscheidung, die ich mit der Härtefallkommission erörtern kann. Das hätte auch Gegenstand eines Petitionsverfahrens sein können. Es hat kein Petitionsverfahren gegeben.
Eine dritter Aspekt ist – dieser wird in der öffentlichen Berichterstattung völlig damit vermengt und hat mit der Entscheidung nichts zu tun –: Die junge Frau ist nun im März 2007 zwangsweise in die Türkei zurückgekehrt. Nun wird berichtet, ihr drohe dort die Zwangsverheiratung durch den Vater. Das ist nach meiner Kenntnis nicht der Regelfall bei allen türkischen Familien. Ich weiß, dass es in der Türkei Fälle von Zwangsverheiratung gibt. Ich weiß, dass es in der Türkei ein eigenes Frauenministerium gibt, das sich um diese Fragen kümmert. Man kann die Staatsanwaltschaft einschalten. Es gibt viele Initiativen in der Türkei, die sich dagegen wenden. Es gibt auch entsprechende Anwälte. Ich weiß aber auch, dass es Menschen gibt, die diesen Weg nicht gehen können, weil sie dazu nicht kräftig genug sind oder es andere Gründe gibt. Die Frage hat nichts mit unserer Ausweisungsentscheidung und nichts mit unserer Härtefallentscheidung zu tun. Das ist ein Sachverhalt, der sich jetzt gestellt hat, der übrigens auch nicht bei jeder Rückführung in die Türkei unterstellt werden kann, sonst müssten wir ein völlig anderes Verhältnis zur Türkei aufbauen.
Wir werden zu prüfen haben, ob aus humanitären Gründen im Einzelfall eine Neuregelung erfolgen kann. Das besagt nichts über die Richtigkeit unserer Entscheidung, sondern besagt etwas über eine neue humanitäre Situation.
Danke schön, Herr Senator! – Gibt es eine Nachfrage von Frau Baba? – Das ist nicht der Fall. – Dann hat aber Herr Lux von der Fraktion der Grünen eine Nachfrage. – Herr Lux!
Danke schön! – Herr Körting, man hört inzwischen auch aus Ihren eigenen Reihen, dass Sie sich wie ein sturköpfiger Verwaltungsgermane verhalten, nur um Ihre – –
Deswegen frage ich Sie, wie Sie es bewerten, dass die Ausländerbehörde die Ausweisung gegen Nesrin Tekin zurückgenommen hat. Wie bewerten Sie das Zeichen in dem Nord-Neuköllner Kiez für die hier lebenden Migrantinnen und Migranten, wenn eine junge Frau dort Menschen ehrenamtlich betreut, ihnen die Sprache beibringt, dann aber sehr plötzlich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ausgewiesen wird, während sie versuchen, sich in die Gesellschaft zu integrieren?
Herr Kollege Lux! Wir können gern darüber debattieren, ob das Aufenthaltsgesetz der Bundesrepublik Deutschland gut oder schlecht ist. Die jetzige Fassung ist mit den Grünen im Bundestag beschlossen worden, um es einmal so zu formulieren. Wir haben auch § 23a mit den Grünen beschlossen.
Ich weiß, dass es im Rahmen von Flüchtlingsräten und anderen eine generelle Haltung gibt, dass jeder, der den Boden der Bundesrepublik Deutschland betritt, hier bleiben soll, auch wenn er keinen Beitrag zur Bundesrepublik Deutschland leistet. Ich habe nicht diese Auffassung. Ich habe die Auffassung, die wir im Aufenthaltsgesetz verankert haben. Ich habe die Verpflichtung, nach dem Gesetz, das wir als Bundesgesetz haben, zu entscheiden. Diese Entscheidungen geben gewisse Spielräume. Diese gewissen Spielräume werden im Land Berlin wie in kaum einem anderen Bundesland ausgenutzt.
Ich habe zu dem Fall der betroffenen Person etwas gesagt. Zu dem, was Sie dort an Einzelheiten vortragen, könnte ich viele Anmerkungen machen. Ich halte es nicht für richtig, Positives und Negatives, das für einen Menschen spricht, hier öffentlich zu erörtern.