Protokoll der Sitzung vom 07.06.2007

Eine Ausbildung ist zur dauerhaften Integration ins Berufsleben besser geeignet als kurzfristige Schulungen. Die Zahl ist Ihnen sicherlich allen bekannt, sie wurde vorhin noch von der Kollegin Herrmann dargelegt. Da Jugendliche, die allein keinen Ausbildungsplatz finden, so die Möglichkeit haben, später selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, kann die FDP-Fraktion diesen dritten Antrag der CDU nur befürworten.

Herr Czaja, Ihre Redezeit ist bereits beendet!

Durch Arbeit werden Jugendliche frühzeitig und langfristig in Eigenverantwortung und Eigeninitiative gestärkt; das ist das Ziel liberaler Politik. Deshalb werden wir als FDP-Fraktion die benannten Anträge, insbesondere den letzten, unterstützen.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Czaja! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag Drucksache 16/0529 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung federführend an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales sowie mitberatend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie. Zum Antrag Drucksache 16/0530 wird die Überweisung an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales und an den Hauptausschuss empfohlen. Zum Antrag Drucksache 16/0531 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales. – Ich höre zu den Überweisungsvorschlägen keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Ich rufe als Priorität der Linksfraktion auf

lfd. Nr. 4 b:

Mobilitätskonzept für Menschen mit Behinderung ausbauen

Antrag der SPD und der Linksfraktion Drs 16/0580

Das ist der ehemalige Tagesordnungspunkt 30. – Für die Beratungen steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Linksfraktion, das Wort hat Frau Abgeordnete Breitenbach. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über den Sonderfahrdienst für Menschen mit Behinderung – früher Telebus – wird seit seinem Bestehen immer wieder diskutiert. Nach der von uns vorgenommenen Umstrukturierung des Systems war die Kritik sehr groß, das wissen wir alle. Was war eigentlich unser Anliegen? – Wir wollten den Sonderfahrdienst optimieren, also z. B. die Anzahl der Leerfahrten reduzieren, Spontanfahrten ermöglichen und ähnliches. Wir mussten dabei zugleich einen Konsolidierungsbeitrag erbringen. Das System des Sonderfahrdienstes hat sich in der Zwischenzeit – zum Glück – stabilisiert.

[Zuruf von Gregor Hoffmann (CDU)]

Das machte sowohl die Anhörung im Fachausschuss am 3. Mai deutlich wie auch die Beratung des Fahrdienstbeirates Ende Mai. Eine Messlatte für diese Stabilisierung, Herr Hoffmann, auch wenn Sie dem immer wiedersprechen, ist die Anzahl der Beschwerden. Im August des letzten Jahres gab es 248 Beschwerden, von Januar bis April dieses Jahres waren es noch 38.

[Rainer-Michael Lehmann (FDP): Gucken Sie mal beim Petitionsausschuss nach!]

Ich muss nicht beim Petitionsausschuss anrufen, wir haben darüber schon gesprochen, dass es Petitionen gibt. Sie müssen aber auf das Datum achten! – Um die Anzahl der Beschwerden in ein Verhältnis zu setzen, nenne ich auch noch einmal die Anzahl der täglichen Fahrten: Das sind rund 500 Fahrten, hinzu kommen noch ca. 300 Taxikontenfahrten. Auch an Pfingsten lief der Sonderfahrdienst reibungslos,

[Zuruf von Gregor Hoffmann (CDU)]

auch wenn es hier und da zu Verspätungen kam, was man vermutlich auch in Zukunft nicht eindämmen kann. – Sie sind doch gleich dran, Herr Hoffmann!

Trotz schwieriger Haushaltslage ist es uns gelungen, den Sonderfahrdienst zu erhalten und zwar – im Gegensatz zu anderen Städten – als ein System des Nachteilausgleichs. Bei uns muss niemand erklären, warum er wohin fahren will, bei uns können alle, die berechtigt sind, den Telebus benutzen. Diese politische Grundsatzentscheidung für das System des Nachteilausgleichs war absolut richtig, zugleich ist sie Teil des Problems. Warum? – Weil sich unter den Nutzerinnen und Nutzern Menschen befinden, die eigentlich öffentliche Verkehrsmittel benutzen könnten, dies aber aus unterschiedlichen Gründen nicht tun, sei es, dass sie sich nicht trauen oder sei es, dass es aufgrund ihrer persönlichen Situation nicht immer möglich ist. Es ist notwendig, verstärkt auf die Entlastung des Sonder

fahrdienstes hinzuwirken, um die Kapazitäten für diejenigen zu erhöhen, die darauf angewiesen sind.

[Beifall bei der Linksfraktion – Zuruf von Gregor Hoffmann (CDU)]

Das geht aber nicht durch Druck, sondern nur durch das Prinzip der Freiwilligkeit, der Hilfe und der Unterstützung. Dafür haben wir Ihnen einen Antrag vorgelegt, der das in den Mittelpunkt stellt.

Wir müssen das Mobilitätskonzept für Menschen mit Behinderung auch dadurch verbessern, dass wir die Zusammenarbeit mit anderen Systemen, vor allem mit dem ÖPNV, verstärken. Dazu gehört in erster Linie die Beratung. Hier sollte nicht nur noch stärker auf behindertengerechte Informationsmedien gesetzt werden, sondern auch auf die direkte Ansprache. Geprüft werden soll unserer Ansicht nach, in welcher Form der Einsatz von Menschen mit Behinderung als Beratende sinnvoll ist. Auch der Mobilitätsschulung der BVG kommt eine zentrale Rolle zu. Diese wurde schon dadurch verbessert, dass die Schulungen nicht mehr allein auf den Betriebsbahnhöfen, sondern direkt an Bahnhöfen und Haltestellen stattfinden, also hautnah vor Ort. Es war auch richtig, Mobilitätshelferinnen und -helfer mit einzubeziehen; beides möchten wir in Zukunft verstärken. Wir glauben, dass Mobilitätshelfer theoretisch stärker als bisher dazu beitragen können, den Sonderfahrdienst zu entlasten, wenn sie als Treppenhilfe eingesetzt werden können. Dieser Vorschlag ist aber umstritten, auch das wurde in der Anhörung deutlich, denn nicht jede und jeder ist in der Lage, diese körperlich anstrengende Arbeit zu verrichten.

[Gregor Hoffmann (CDU): Ach!]

Wir möchten deshalb prüfen lassen, ob ein Einsatz von speziellen Mobilitätshelfern möglich ist und zur Entlastung beitragen kann.

Wenn wir an diesen Punkten weitere Verbesserungen herbeiführen können, werden wir nicht nur das System des Sonderfahrdienstes weiterverbessern, sondern auch die Mobilität der Menschen mit Behinderung insgesamt erweitern. – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Breitenbach! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Hoffmann das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Beim Überlesen des Antragtitels

[Elke Breitenbach (Linksfraktion): Sie sollten den nicht überlesen, sondern lesen!]

habe ich gedacht: Na, endlich bewegen Sie sich und wollen etwas tun, damit sich diese desaströse Lage beim Son

derfahrdienst für Menschen mit Behinderung ändert. Ich bin allerdings zu dem Schluss gekommen, dass man davon weit entfernt ist.

Herr Hoffmann! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Liebich?

Gerne, ich habe ja kaum angefangen.

Ja, aber Sie sind gleich zum Punkt gekommen, nämlich zum Sonderfahrdienst.

Genau! Kurz, knapp und präzise!

[Beifall bei der CDU]

Zu diesem Punkt habe ich eine Nachfrage: Kennen Sie eigentlich noch eine Kommune, vielleicht auch eine, in der die CDU etwas zu sagen hat, in der es ein ähnliches Angebot wie in Berlin gibt?

Ich kann Ihnen als ein Beispiel die Stadt Herford nennen, damit Sie merken, wir sind sachkundig!

[Beifall bei der CDU]

In Ihrem Antrag werden nicht die gravierenden Probleme angepackt, die die Nutzerinnen und Nutzer täglich ärgern.

Es werden symbolisch kleine Prüfaufträge verteilt, wie zum Beispiel die, ob bei der telefonischen Beratung von Mobilitätsbehinderten intensiver auf die Nutzung des ÖPNV verwiesen werden kann, ob Betroffene selbst als Mobilitätsberater eingesetzt werden können, ob mehr Praxisnähe bei der Schulung für Mobilitätsbehinderte erfolgen kann. Das ist alles ganz nett, ändert aber nichts daran, dass die auf den Sonderfahrdienst Angewiesenen stundenlang warten müssen, mitunter gar nicht abgeholt werden oder gar nicht erst ihre Bestellung abgeben können, weil sie bei der Hotline nicht durchkommen.

[Beifall bei der CDU]

Herr Abgeordneter Hoffmann! Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Nein! – Nun werden Sie mir sagen: Stimmt alles gar nicht, die Beschwerden sind zurückgegangen.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Gut zugehört!]

Das haben Sie vorhin schon wieder getan. Ja, bei der Bürostatistik mag das ja so sein. Aber wer von uns würde denn noch einmal schreiben, wenn er Briefe mit folgendem Wortlaut bekäme:

Ihrem Schreiben kann ich entnehmen, dass sich die Abholzeit etwas verzögert hat. Ich möchte Sie nochmals darüber informieren, dass für eine solche Situation die Notrufnummer eingerichtet worden ist. Ich behalte mir zur Vermeidung von Wiederholungen vor, künftig auf Schreiben gleichen Inhalts, die keine neuen Tatsachen übermitteln, auf einen weiteren Schriftverkehr zu verzichten.

[Mario Czaja (CDU): Unerhört!]

Das heißt doch nichts anderes als: Wenn Sie wieder einmal zu spät oder gar nicht abgeholt werden, dann schreiben Sie uns bitte nicht, denn Ihr Problem kennen wir schon. Und nochmals die Notrufnummer zu schicken ist auch eine Zumutung, die müssten Sie endlich kennen.