1. Wie gedenkt der Senat den – sich aus dem demografischen Wandel und dem Anstieg des VBL-Beitrages von derzeit 9,86 % auf mindestens 17 % ergebenden – zukünftigen Finanzbedarf in einem nicht kapitalgedeckten System der VBL bei den öffentlichen Arbeitgebern zu decken?
2. Ist jemals eine konkrete Berechnung eines Ausstiegs aus der VBL mit allen finanziellen Konsequenzen inkl. Finanzierung der Ablösesumme eines öffentlichrechtlichen Unternehmens des Landes Berlin durchgeführt worden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, wann soll dies erfolgen?
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jotzo! – Es antwortet der Senator für Inneres und Sport, Herr Dr. Körting. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Jotzo! Die Fragestellung in der Überschrift ist witzig. Es geht nicht darum, was das Land Berlin der NichtAusstieg aus der VBL kostet, sondern die richtige Frage wäre gewesen: Was hätte das Land Berlin zu bezahlen, wenn es aus der VBL ausstiege?
Diese Mittel sind, wie Sie der Ihnen zugegangenen Antwort auf Ihre Kleine Anfrage vom 22. Mai 2007 entnehmen können, nach den Rechnungen, die wir haben, mit ungefähr 5 Milliarden € errechnet worden. Das liegt nicht am demografischen Wandel, sondern es liegt daran, dass die Zahl der Versicherten, die bei der VBL über eine Zusatzversicherung versichert sind, abgesunken ist. Sie ist insbesondere im Land Berlin abgesunken, weil wir etliche öffentliche Einrichtungen aus der VBL herausgenommen haben, ohne Ablösebeträge an die VBL zu zahlen. Das hat zur Konsequenz, dass die Altversorgung durch das Land Berlin zu leisten ist.
Ihre Grundfragestellung wurde in dieser Koalition lange diskutiert. Wir haben lange erörtert, ob es ein anderes System als VBL gibt und ob das für uns preiswerter ist. Auf die Grundfrage wurde angesichts der finanziellen Risiken damals die Antwort gegeben, dass das finanzielle Risiko, aus der VBL hinauszugehen, mit einer Ablösung nach VBL-Satzung in Höhe von ungefähr 5 Milliarden € für das Land Berlin nicht tragfähig ist.
Richtig ist, dass Sanierungsgelder anfallen, weil auch die VBL – genauso wie die Rente oder die Pension – nicht auf ein kapitalgedecktes System gestützt sind. Das wurde bei uns nach dem Zweiten Weltkrieg in allen diesen Bereichen nicht gemacht. Darüber kann man jetzt jammern – die Entscheidungen dazu sind vor dreißig, vierzig Jahren gefallen und berühren weder Sie noch mich mit einer Verantwortung – aber mit den Folgen. Die Folgen sind in
der Tat, dass wir bis zu 16,45 Prozent Arbeitgeberanteil zu zahlen haben werden, weil neben dem VBL-Beitrag zusätzlich eine Sanierung der VBL wegen der vielen Altfälle zu erfolgen hat.
Das wird sich erst mit der Zeit abschleifen. Viele Vergünstigungen, die die VBL ihren Altversicherten gewährt hat, sind jetzt nicht mehr möglich, weil durch eine Änderung der VBL-Satzung für die Zukunft sichergestellt ist, dass die Leute nur das bekommen, was sie selbst eingezahlt haben. Die VBL sichert als Zusatzversorgung nicht mehr zusätzliche Lebensrisiken ab, die sich daraus ergeben, dass man drei Monate etwas anderes gemacht oder sonstige Ausfallzeiten in der Rente hat.
Das ist die Situation. Wir haben seinerzeit versucht, das zu ermitteln. Ich bin gern bereit, Ihnen im Rahmen einer Ausschusssitzung vorzustellen, welche Ermittlungen wir damals im Einzelnen durchgeführt haben, um zu der Entscheidung zu kommen. Ich rege an, eine Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs zu beantragen. Ich werde Ihnen das Material, das wir haben, mitbringen. Wir können uns dann in aller Ruhe darüber unterhalten.
Ein Ausstieg aus der VBL wäre für das Land Berlin also in jedem Fall ein finanzieller GAU. Übrigens rede ich immer über VBL-West, nicht über VBL-Ost, dort haben wir das Problem im Moment noch nicht. Wenn wir nicht aufpassen, werden wir es vielleicht auch bekommen, deshalb müssen wir in dieser Phase aufpassen. –
Aber die Überschrift erweckt den Eindruck, als ob wir hier Geld zum Fenster hinauswerfen würden. Nein, wir würden uns mit einem Ausstieg in einer Art und Weise belasten, die nicht verantwortbar wäre.
Vielen Dank, Herr Senator Dr. Körting! – Herr Jotzo, Sie haben jetzt die Möglichkeit einer Nachfrage und wollen diese auch nutzen. Dann haben Sie das Wort – bitte!
Herr Senator! Inwieweit sind die Auswirkungen eines jüngst erfolgten Ausstiegs eines Berliner Unternehmens wie dem RBB innerhalb des Senats nachgeprüft und die Beweggründe und Ergebnisse im Senat erörtert worden?
Herr Kollege Jotzo! Bei bestimmten Ausgliederungen von Unternehmen entscheidet der Senat teilweise mit und teilweise nimmt er es auch nur zur Kenntnis. Das ist die Situation. Bei der Flughafengesellschaft war es übrigens das Gleiche, die sind auch ausgestiegen, und dementspre
chend werden die Mitarbeiter der Flughafengesellschaft jetzt anders versichert. Der Senat prüft, welche Auswirkungen dies auf etwaige Ablösebeträge hat und was es im wirtschaftlichen Ergebnis bedeutet. Aber ich erinnere mich nicht, dass wir in letzter Zeit über solche Fragestellung im Senat gesprochen haben. Im Senat wird es nur dann behandelt, wenn die Entscheidungsbefugnis für diese Maßnahmen beim Senat liegt. Bei vielen Einrichtungen, die dem Land Berlin unterstehen, liegt die Entscheidungsbefugnis für das, was die Einrichtungen machen, eben nicht beim Senat, sondern im Sinn einer Dezentralisierung der Verantwortungsentscheidung in bestimmtem Umfang bei den Unternehmen, die dem Land Berlin gehören.
Vielen Dank, Herr Senator Dr. Körting! – Die Möglichkeit einer weiteren Nachfrage hat jetzt der Herr Abgeordnete Schruoffeneger. – Bitte sehr!
Herr Senator! Ich teile Ihre Ansicht, dass ein Alleingang Berlins finanziell höchstwahrscheinlich nicht zu stemmen ist. Aber ist es angesichts der finanziellen Zeitbomben, die in dieser VBL stecken, und der Problematik, dass dadurch Rechtsformänderungen von Institutionen kaum mehr möglich sind, nicht höchste Zeit für eine konzertierte Aktion von Bund, Ländern und Kommunen, im Rahmen eines bundesweiten Gesetzes die VBL zu einer Art Altlastenabwicklungsfonds zu machen und ab jetzt in ein neues System umzusteigen? Das geht nur auf Bundesebene.
Das ist ein interessanter Vorschlag, Herr Kollege Schruoffeneger, nur sieht die Realität ein bisschen anders aus. Die Altersversorgung der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ist nicht nur eine Wohltat, die der Arbeitgeber gemacht hat, sondern sie beruht auf entsprechenden Tarifverträgen mit den Gewerkschaften. Aus diesen Tarifverträgen kommen sie ohne Weiteres nicht heraus. Diejenigen Mitarbeiter, deren Sanierungslasten uns jetzt Sorgen machen, mit denen kann man überhaupt nicht mehr verhandeln oder nichts mehr vereinbaren. Sie haben Rechtsansprüche aus der bisherigen Versicherung. Das, was wir jetzt an Sanierungslasten zu tragen haben, werden wir zu Recht zu tragen haben, weil die Mitarbeiter uns sagen: Ihr habt damals mit uns einen Vertrag geschlossen. Dadurch sind wir in die VBL gekommen, damit ist uns damals folgendes zugesichert worden. Diese Zusicherung können sie notfalls einklagen.
Deshalb kann es allenfalls die Frage geben, ob man das System VBL zu irgendeinem Zeitpunkt für die Zukunft auflöst. Das würde bedeuten, dass die Arbeitgeber einvernehmlich die Tarifverträge für die Zukunft kündigen. Das würde aber auch bedeuten, dass sie automatisch höhere Sanierungslasten für die VBL hätten, weil alle, die dort angefangen haben, bis zum Ende durchversichert und mit Rente versorgt werden müssen.
Der Grundgedanke, den Sie haben, ist mir nicht fremd, weil ich das VBL-System für ein höchst problematisches halte, auch weil es sich im Rahmen einer Schattenwirtschaft unbeobachtet von allen mit irgendwelchen eigenen Gremien, Ländervertretern usw. entwickelt hat und dort Entscheidungen getroffen werden, die z. B. gar nicht gegen die Mehrheit der Mitarbeiter getroffen werden können. Sie können auch als Arbeitgeber, obwohl sie das Hauptrisiko in dieser VBL tragen, gar keine Entscheidungen durchsetzen. Dann spielen noch unterschiedliche Länderinteressen eine Rolle.
Vom Grundsatz her würde ich sagen, VBL beenden; de facto ist das kaum möglich. Da muss man schauen, ob zu irgendeinem Zeitpunkt auch bei den anderen die Last relativ groß wird. Wir werden als Land Berlin höchstwahrscheinlich gegen diese Sanierungsgelder klagen, weil wir der Auffassung sind, dass sie einseitig zu Lasten des Landes Berlin von der Mehrheit der anderen Länder festgelegt wurden.
Die Möglichkeit für die nächste Anfrage hat jetzt die Frau Abgeordnete Anja Hertel von der SPD-Fraktion zu dem Thema
1. Welche Gründe oder Umstände haben dazu geführt, dass die vom Bezirk Reinickendorf begonnene Planung zum Ausbau des so genannten Borsighafens zwischenzeitlich in die Trägerschaft der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung übernommen wurde?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Hertel! Das Bezirksamt Reinickendorf hatte im August 2006 bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen einen Förderantrag zur Revitalisierung des sogenannten Borsighafens gestellt. Er wurde mit einer vorläufigen Förderzusage, so wie es üblich ist, im November 2006 beschieden. Das Bezirksamt hat sich dann schnell an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gewandt. Wir haben noch im Dezember des letzten Jahres zugesichert, technische Hilfestellung zu leisten, weil sich offensichtlich abzeichnete, dass es sich für das Bezirksamt um ein zu kompliziertes Verfahren handelt. Wir haben damals letztlich versucht, alles das, was technisch zu klären war, zur Unterstützung des eigentlich zuständigen Bezirksamts zu untersuchen. Wir haben Ingenieurleistungen – zunächst Vermessungsleistungen – erkundet. Wir haben das Bezirksamt in die Lage versetzt, diese Gewerke zu beauftragen. Und wir haben die Baugrunderkundungen, die Beprobungen des Bodens veranlasst. Das hat im Ergebnis dazu geführt, dass wir Bauplanungsunterlagen erarbeitet haben, die dann vom zuständigen Bezirksamt überprüft und schließlich in einer Größenordnung von nunmehr 4,2 Millionen € bestätigt worden ist.
Es hat sich herausgestellt, dass es auch erforderlich gewesen ist, die wasserbehördlichen Genehmigungen zu beantragen. Auch das haben wir veranlasst. Es scheint zurzeit so zu sein, dass sie positiv beantwortet werden können.
Zur Vorbereitung der Genehmigung haben wir umfangreiche Gespräche mit vielen verschiedenen zu Beteiligenden geführt, das heißt mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt, mit letztlich allen, die ein Interesse daran haben, Vereine, die dort tätig sind, aber auch mit den Wasserbetrieben und dem Wassserwerk Tegel.
Im Ergebnis haben wir feststellen müssen, dass das Bezirksamt große Schwierigkeiten gehabt hat, einen Vertragsentwurf zu erarbeiten, der schließlich im Rahmen eines städtebaulichen Vertrags dazu geführt hätte, dass die öffentliche Hand die Leistungen unternehmen kann, die mit dem Bau eines solchen Hafens zur Sicherung der Infrastruktur erforderlich sind. Wir haben beratend und vermittelnd mit dem Investor zusammengesessen. Dies hat beim Bezirksamt nicht zum Abschluss eines Vertrags geführt. Das Bezirksamt hat dann im Mai dieses Jahres beschlossen, die Trägerschaft für ein solches Vorhaben abzugeben, und hat sich an die Senatsverwaltung für Wirtschaft gewandt. Und wir haben uns bereit erklärt, nunmehr auch förmlich die Trägerschaft für den Bau des Hafens zu übernehmen. Ich denke, dass es richtig war, dass wir unsere Verhandlungen mit
dem Grundstückseigentümer fortgesetzt haben. Wir sind zurzeit so erfolgreich, dass wir einen unterschriftsreifen Vertrag erarbeitet haben. Ich gehe davon aus, dass die Unterschriften in der nächsten Woche erfolgen können und dass wir dann schnellstmöglich mit dem, was erforderlich ist, beginnen können: nämlich mit der Arbeit, die zuerst zu leisten ist, dem Bestellen der Spundbohlen, damit ein Hafen gebaut werden kann. Ich denke, dass wir in der nächsten Woche so weit sein werden.
Vielen Dank, Frau Senatorin! – Frau Hertel, Sie haben die Möglichkeit zu einer Nachfrage. – Bitte sehr!
Frau Senatorin! Wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, dann hat der Bezirk Reinickendorf ein wichtiges und richtiges, aber sehr umfangreiches und komplexes Bauplanungsvorhaben in die Wege geleitet, nach einiger Zeit festgestellt, dass die Aufgabe dem Bezirk ein wenig über den Kopf wächst, und hat die Trägerschaft einfach abgegeben. Geht das so einfach? Da müssen Sie mir auf die Sprünge helfen!
Frau Abgeordnete Hertel! Es ist eigentlich nicht üblich, dass man, wenn man zuständig ist, sagt: Wir geben die Aufgabe ab. Ich muss Ihnen sagen, wir haben es hier nach meiner Auffassung mit einer stadtentwicklungspolitischen und wirtschaftpolitischen Aufgabe erster Güte zu tun. Der Borsighafen dient der Unterstützung eines Standortes für das produzierende Gewerbe in Berlin. Das ist ein Wirtschaftsstandort, der offensichtlich erfolgreich ist. Das bedeutet, dass hier Schwerlastverkehr gestaltet werden muss. In einer solchen Situation ist es die gemeinsame Aufgabe von Land und Bezirk, eine solche Infrastrukturmaßnahme auf den Weg zu bringen.
Ich muss Ihnen sagen, ich finde, in einer solchen Situation war es richtig – dazu stehe ich –, dass man nicht zuerst klärt, welche Zuständigkeiten da sind. Ich sage ganz offen: Ein offensichtlich vollständig überfordertes Bezirksamt musste unterstützt werden.
Frau Senatorin! Welche Erklärung haben Sie dafür, dass die Senatsverwaltung für Wirtschaft durch Herrn Staats
sekretär Strauch in der vorletzten Sitzung des Hauptausschusses die Kostensteigerung von 2,6 Millionen € – ursprünglicher Antrag und Bewilligung – auf 4,2 Millionen € unter anderen mit unerwartet aufgetauchten Altlasten begründet hat, obwohl es sowohl aus Ihrem Haus – SenStadt – wie auch aus dem bezirklichen Umweltamt Vermerke gibt, teilweise aus 2001, teilweise aus dem Frühjahr 2006, in denen es heißt:
Der gesamte Uferstreifen des Borsighafens inklusive des Borsigdamms besteht aus Auffüllungen, die teilweise erheblich mit Schadstoffen belastet sind. Letzte Grundwasserbeprobungen zeigen erhebliche Belastungen.
Wie kann man trotz dieser Erkenntnisse unerwartet auf Altlasten stoßen, die dann 1,7 Millionen € Mehrkosten verursachen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schruoffeneger! Sehen Sie, das ist eben das Problem. Wenn solche Vermerke in einem Bezirksamt vorhanden sind, wenn sie bei der Ermittlung der Kosten nicht berücksichtigt werden und wenn man sich nicht darum kümmert, was wirklich los ist, dann passiert es, dass falsch geschätzt wird. Deshalb stehe ich dazu, dass man in einer solchen Situation intensiv die Frage der Altlasten untersucht, sich aber auch die Belastung des Hafens, nicht nur im Boden, sehr genau anschaut. Das haben wir veranlasst, wir haben etwas gefunden und festgestellt, was es kostet.