Das ist die Priorität der Fraktion der FDP unter dem Tagesordnungspunkt 28. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion. Herr von Lüdeke hat das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für die FDP-Fraktion bringe ich einen Antrag ein, der sich durchaus als Beitrag zum Umweltschutz versteht. In dem Bemühen, möglichst viele Bürger dazu zu bewegen, bei Fahrten in die Innenstadt auf das Auto zu verzichten, setzt die FDP jedoch nicht wie der Senat auf Regulierung und weiteres Drangsalieren der Autofahrer, sondern auf das konsequente Attraktivermachen des Angebots im öffentlichen Personennahverkehr.
Ihre Entscheidung wird dabei von verschiedenen Faktoren beeinflusst – wir kennen sie alle. Das sind die Fahrtkosten, das ist die Fahrzeit, das ist die Bequemlichkeit, da spielen die Sicherheit und die Sauberkeit eine Rolle. Insgesamt ist für die Wahl des Verkehrsmittels der persönliche Nutzen ganz entscheidend, und der ist umso höher, je attraktiver das Verkehrsmittel ist.
Nun kann man auf die Idee kommen – und das tut der Senat –, die Attraktivität des Verkehrsmittels mit der vermeintlich höchsten Akzeptanz – das ist nämlich das Auto – herabzusetzen. Wie macht er das? – Der Senat reguliert. Wir kennen das alle aus den täglichen Erfahrungen. Erste Erfahrung: falsch geschaltete Ampeln. Die Zeiten, als Berlin für seinen guten Verkehrsfluss und seine „grüne Welle“ bekannt war, sind lange vorbei. Heute schleichen die Autos im Berufsverkehr von einer roten Ampel zur nächsten, und die Autofahrer fragen sich, was das alles mit Umweltschutz zu tun haben soll.
Ganz anders ist dies zum Beispiel in Hamburg. Dort setzt man seit Jahrzehnten auf guten Verkehrsfluss, morgens in die Stadt hinein und abends aus der Stadt heraus. Vielleicht ist dies ein Teil des Erfolgsgeheimnisses der Hamburger Wirtschaft. Aber fragen Sie doch einmal Ihre Verkehrsmanagementzentrale, wie man so etwas macht! Die wissen dies mit Sicherheit und sind vielleicht froh, wenn sie ihre ideologischen Scheuklappen endlich ablegen dürfen.
Eine weitere Regulierungsmöglichkeit ist die Parkraumbewirtschaftung. Man gebe nur den Bezirken etwas von dem Kuchen ab, und schon wird bewirtschaftet, was das Zeug hält. Die Preise werden ständig erhöht, Parkzonen ständig ausgeweitet und die Bewirtschaftungszeiten möglichst bis 22 Uhr hochgefahren. Die Quittung für diese bürgerfeindliche Politik haben Sie kürzlich erst von den Wilmersdorfern und Charlottenburgern erhalten. [Beifall bei der FDP]
In anderen Bezirken wäre das übrigens nicht anders, glauben Sie mir das! Dann sagt auch noch ein leitender Mitarbeiter des Senats, es lägen inzwischen Erkenntnisse vor, dass man mit der Parkraumbewirtschaftung den Verkehr erfolgreich aus der Innenstadt zurückdrängen könnte.
Den Anwohnern mag das in dem einen oder anderen Fall gefallen, aber ob das auch den Geschäftsleuten und Gastronomen gefällt, bezweifeln wir. Hoffentlich haben letztere auch gehört, dass die Umweltsenatorin eigentlich überhaupt keinen Pkw-Verkehr in der Innenstadt haben möchte. Danach soll die Umweltzone lediglich der Anfang von ihrem Spiel sein.
Der Gipfel Ihrer Regulierungswut sind aber Ihre Tempo30-Zonen im Hauptstraßennetz, erdacht unter anderem aus Gründen des angeblichen Lärmschutzes. Was Sie derzeit in der ohnehin überlasteten Leipziger Straße treiben, ist skandalös.
Niemand versteht das, außer vielleicht einigen Chefplanern bei der Senatorin für Stadtentwicklung und der Senatorin für Umweltschutz.
Ein großes Thema der Verkehrsregulierungen sind unsinnige Markierungen. Damit schaffen Sie es dann sogar, Staus auf dem überaus breiten Hohenzollerndamm zu produzieren: Am Roseneck zwei Abbiegespuren nach links, eine Abbiegespur nach rechts und eine Spur geradeaus – fertig ist der Stau. So einfach ist dies. Eine funktionierende Straße wird systematisch kaputtgemacht. Das ist Ihre Verkehrspolitik. All dies tut der rot-rote Senat, um seine sich selbst im Stadtentwicklungsplan Verkehr gesteckten Ziele zu erreichen. Er reguliert, er drangsaliert, er zockt hemmungslos ab. Mit Feinstaubvermeidung und Klimaschutz hat das alles nichts, aber auch gar nichts zu tun.
Was hat das mit dem Antrag der FDP zu tun? – Sehr viel, weil unser Antrag den Weg aufzeigt, wie man es besser machen kann, besser nämlich, indem man das Angebot des ÖPNV attraktiver gestaltet und damit Bürger bewegt, ganz freiwillig zu bestimmten Zeiten auf ihr Auto zu verzichten.
Da wären zunächst einmal die Berufspendler, die täglich in die Stadt strömen, ein Strom auf den großen Achsen der Stadt. Seit Jahrzehnten sind die Probleme bekannt, aber die Realisierung eines attraktiven Angebotes an Park-&-Ride-Anlagen an dafür geeigneten Bahnhöfen außerhalb des S-Bahnringes mit Dienstleistung und Serviceangeboten und allem, was dazu gehört, ist bis heute bei Ihnen Fehlanzeige. Dafür würden sich Private mit Sicherheit sofort an derartigen Projekten beteiligen. Nein! Der rot-rote Senat belässt es lieber bei dem völlig unnötigen Parksuchverkehr in den Außenbezirken oder in der Innenstadt, und auf den Einfallstraßen Berlins lässt er die Autofahrer im Stau stehen. Übrigens das dann auch noch ungelenkt. Sie hätten nämlich ganz andere Möglichkeiten, Ihre Verkehrsmanagementzentrale einzusetzen, als Sie dies bis heute tun.
Ich komme gleich zum Ende! – Auf Veranstaltungen im Zentrum könnte bereits frühzeitig hingewiesen werden, und damit hätten die Autofahrer wenigstens eine Chance, noch rechtzeitig auf den ÖPNV umzusteigen. All das tun Sie nicht – im Gegenteil. Sie könnten Engagement für diese Themen entwickeln und unter Beweis stellen, dass Ihnen wirklich am Klimaschutz und an der Feinstaubvermeidung, am Lärmschutz und an der Umwelt etwas liegt.
Hören Sie auf, die Leute zu drangsalieren! Schaffen Sie ordentliche Leitsysteme und einen attraktiven ÖPNV, aber davon sind Sie weit entfernt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Meyer meinte gerade zu mir, ich sollte jetzt nicht nur Populismus verbreiten. Das ist nach dem Redebeitrag der FDP ziemlich schwer, weil er mit dem Antrag, der durchaus ein sachlich interessantes Thema aufgreift, relativ wenig zu tun hatte. – Herr von Lüdeke! Was Sie in dem zweiten Teil Ihres Redebeitrages an Plattheiten von sich gegeben haben, hat mit Populismus nicht mehr viel zu tun, weil es auch nicht besonders populär ist, so platt, wie Sie dies gemacht haben.
Aber kommen wir auf Ihren Antrag: Park & Ride ist ein interessantes und wichtiges Thema. Es wird aber teilweise auch überschätzt. Man muss Park & Ride dort anwenden, wo es sinnvoll ist. Es ist nicht sinnvoll, flächendeckend innerhalb einer dicht bebauten Stadt mit einer polyzentrischen Struktur Park-&-Ride-Anlagen anzulegen, sondern man muss sich die Standorte dafür genau überlegen. Es ist nämlich nicht sinnvoll, dass wir durch Park-&-RideAnlagen in der Innenstadt, innenstadtnah oder in den Stadtteilzentren dem ÖPNV-Angebot, das für die Verbindung zu den Stadtteilzentren und in die Innenstadt vorhanden ist, Konkurrenz machen. Damit würden wir dem Zubringerverkehr mit Bussen die Fahrgäste entziehen. Deshalb muss das wohl abgewogen sein.
Berlin hat sich schon vor längerer Zeit dazu entschlossen, vorrangig ein Park-&-Ride-Konzept – mit Brandenburg abgestimmt und im Nahverkehrsplan enthalten – mit Standorten außerhalb des Stadtgebietes und einzelnen Standorten innerhalb des Stadtgebietes zu verfolgen. Problematisch ist es aber, die Flächen für diese Park-&Ride-Parkplätze zur Verfügung zu bekommen. Es ist nämlich nicht so, dass alle Leute im Umfeld solcher Schnellbahn- oder Regionalbahnstationen in Brandenburg bereitwillig diese Flächen zur Verfügung stellen. Selbst wenn man diese Flächen hat – Sie sprechen so schön vom Bau und Betrieb durch Private –, so stehen die Privaten nicht Schlange, wenn es darum geht, die Investitionen zu tätigen.
Herr von Lüdeke! Wir hatten zwei Pilotprojekte in der Vergangenheit. Die Unterlagen hierzu können Sie sicher noch einmal anfordern, falls Sie sie nicht präsent haben. Dies ist zum einen in Bereich Heinersdorf, am S-Bahnhof Pankow-Heinersdorf. Dort gibt es eine große Park-&Ride-Anlage, die aber von ihrer Gestaltung und dem Betrieb keine besonders ansprechenden Bedingungen bietet. Genau das wäre ein guter Modellfall gewesen, um jemanden zu suchen, der die Anlage betreibt und eventuell auch in kleinem Rahmen Dienstleistungen anbietet, der für eine entsprechende Beleuchtung sorgt, dass die Leute auch sicher sind, ihr Fahrzeug wiederzufinden, wie sie es verlassen haben. Hierfür hat es ein Interessenbekundungsverfahren gegeben – ohne einen Nachhall.
Das Zweite: Wenn Sie solche Park-&-Ride-Parkplätze betreiben – wir haben das in Spandau gesehen –, dann müssen sie erstens sehr dicht an dem Verkehrsnetz liegen,
und wenn Sie Parkgebühren nehmen, dann fahren die Leute nicht in diese Park-&-Ride-Anlagen, weil Sie sagen: Dann suche ich mir lieber im Umfeld einen Parkplatz.
Das ist dann immer noch besser. Da holt Sie Ihre eigene Ideologie der Parkraumbewirtschaftung ein. Sie können nicht auf der einen Seite den Leuten sagen: Ihr müsst überall umsonst parken können! – und auf der anderen Seite sagen: Aber für Park & Ride sollt ihr jetzt Parkgebühren bezahlen! – Das ist nicht konsequent. Da haben Sie dann das nächste Bürgerbegehren gegen Parkgebühren, Herr von Lüdeke! Sie müssen in Ihrer Argumentation etwas konsistenter werden. Wir glauben, dass Park & Ride mit Parkgebühren nicht funktioniert, sondern vom Standort und von der Verbindung zum schnellen Verkehrsmittel her attraktiv sein muss. Dann funktioniert es auch.
Es gibt noch einen Zusammenhang mit der Parkraumbewirtschaftung. Es gibt keinen Anreiz dafür, Park & Ride zu nutzen, wenn ich als Pendler weiß, dass ich in der Innenstadt kostenlosen Parkplatz zur Verfügung habe, wenn ich morgens um 8 Uhr dahin fahre und mein Auto für acht, neun Stunden da abstelle und nach der Arbeit wieder zurückfahre – und damit übrigens den Anwohnern, den Gewerbetreibenden und den Kunden der Dienstleistungsunternehmen die Plätze wegnehme. Das hat überhaupt keinen Sinn. Insofern, Herr von Lüdeke, seien Sie konsequent! Sagen Sie, dass Sie ein Park-&-Ride-Konzept wollen, abgestimmt mit einem Parkraumbewirtschaftungskonzept. Dann kommen wir der Wahrheit schon näher, und dann können wir auch fachlich darüber diskutieren.
Noch eines zu Ihrer allgemeinen Polemik gegen die angebliche Drangsalierung: Es gibt in Deutschland relativ wenige rot-rot regierte Kommunen.
Zu wenig, kann man sagen. Es gibt zumindest zu viele andere Konstellationen, insbesondere ohne SPDBeteiligung. Das wollen wir sicherlich in der Zukunft ändern. – Aber es ist nicht so, dass Berlin die einzige Kommune ist, die eine Parkraumbewirtschaftung macht. Sie ist übrigens auch nicht die erste gewesen, sondern es waren viele andere Kommunen, vorrangig auch CDUgeführte Stadtregierungen, die dieses Instrument wahrgenommen haben, weil sie den Verkehrsinfarkt in der Innenstadt vermeiden und hier bessere Bedingungen sowohl für den Einzelhandel und die Kunden als auch für den ÖPNV schaffen wollten. Deshalb, Herr von Lüdeke, ist Ihr Antrag zwar in der Sache nett gemeint, in den Details aber unausgereift, und vor allen Dingen vergisst er, dass er sich in ein Gesamtkonzept einfügen muss, zu dem dann auch ÖPNV-Förderung, Geschwindigkeitsbeschränkung und Parkraumbewirtschaftung in der Innenstadt gehören. Wenn Sie das zusammenbringen, können wir gern darüber diskutieren. Aber so lange ist es eine heiße Luftblase der FDP und nicht mehr. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Bevor ich zu den weiteren Wortmeldungen komme, bitte ich um Ihr Einverständnis, dass ich erstens das Ergebnis der namentlichen Abstimmung jetzt bekannt gebe und zweitens zwei Abgeordneten die Gelegenheit zu einer persönlichen Erklärung gebe. Sind die Fraktionen von CDU, Linksfraktion und Grünen mit dem Verfahren einverstanden? – Sonst müsste ich in der weiteren Debatte zu diesem Punkt fortfahren und erst danach das Ergebnis mitteilen. Sind Sie einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes und des Berliner Datenschutzgesetzes
Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Thema ASOG lautet: abgegebene Stimmen 149, Ja-Stimmen 74, Nein-Stimmen 73, Enthaltungen 2 Stimmen. Die Gesetzesvorlage ist deshalb unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung Drucksache 16/0979 und des Änderungsantrags Drucksache 16/0782-1 angenommen.
Meine Damen und Herren! Ich hoffe, Sie haben die Plakate bewundert. Wir kommen jetzt zur persönlichen Erklärung der Abgeordneten Baba.