Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU. Herr Steuer hat das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Morgens nach dem Aufstehen zur Schule zu gehen, das ist keine Entscheidung, die man einfach so treffen kann. Die Schulpflicht hat in Deutschland Verfassungsrang. Dieser unbedingten Pflicht, zur Schule zu gehen, verweigern sich in Berlin jährlich über 30 000 Schüler – allein 7 000 Schüler bleiben der Schule über 10 Tage unentschuldigt fern.
Vielleicht haben Sie heute in der Zeitung die Bilder der Frau gesehen, die von der Polizei in Brandenburg von ihrem Grundstück getragen wurde, weil sie sich dem Anschluss- und Benutzungszwang an das Abwasser verweigert hat. In Berlin hat man es vor einigen Jahren aufgegeben, dass Schüler, die dauerhaft nicht zur Schule gehen, von der Polizei in die Schule gebracht werden. Ich finde, das kann nicht sein. Ist es nicht mindestens genauso wichtig, seiner Schulpflicht nachzukommen – auch im Interesse der Kinder –, wie es wichtig ist, an die öffentliche Abwasser- und Wasserversorgung angeschlossen zu werden?
[Dr. Felicitas Tesch (SPD): Sie sollen jetzt also in die Schule getragen werden, oder wie soll man sich das vorstellen?]
Um es klar zu sagen: Der Senat hat auch durch diese Entscheidung vor einigen Jahren offensichtlich die Durchsetzung der Schulpflicht aufgegeben. Gleichzeitig hat er keine Ahnung davon, denn er kann nicht die Fragen beantworten, wie viele Schulversäumnisanzeigen geschrieben und wie viele Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen Eltern eingeleitet worden sind, die sich nicht darum kümmern, ob ihr Kind zur Schule geht oder nicht. Der Senat ist völlig ahnungslos in dieser Frage.
Nun weiß ich, was die Linken mir entgegenhalten werden: Repressive Maßnahmen helfen nicht weiter. Das sind platte Forderungen der CDU. Schüler müssen motiviert werden, zur Schule zu gehen. – So heißt es bei Ihnen auch nicht „Schulschwänzen“, sondern „schuldistanziertes Verhalten“. Aber auch daran können wir uns messen. Das ist kein Problem. Ich frage deshalb die Koalition: Warum gibt es 30 000 Schüler, die nicht zur Schule gehen, aber nur 96 Plätze in pädagogischen Projekten, die die Schüler wieder an die Schule heranführen sollen? – 96 Plätze angesichts von 30 000 Schulschwänzern, die viele Tage unentschuldigt nicht zur Schule gehen!
Es geht also offensichtlich nicht um den Gegensatz zwischen pädagogischen Maßnahmen und Repression. Sie machen beides nicht. Rot-Rot hat die Durchsetzung der Schulpflicht in Berlin in jeder Hinsicht aufgegeben.
Das ist unverantwortlich gegenüber den Schülern, die man um ihre Zukunftschancen bringt, und gegenüber den Lehrern, die sich völlig alleingelassen fühlen und es häufig schon aufgegeben haben, Schulversäumnisanzeigen zu schreiben, weil sich letztlich niemand darum kümmert. Es ist auch unverantwortlich gegenüber der Gesellschaft, denn wie man erst jüngst wieder einer Studie entnehmen kann, gibt es einen Zusammenhang zwischen Schulversäumnis und Jugendkriminalität. Das Entgleiten des eigenen Lebens fängt mit der Nichtbeachtung der Schulpflicht an und kann zu diesem Ende führen. Deshalb ist es richtig, früh einzuschreiten – auch im Interesse der Schüler und letztlich der Gesellschaft.
Angesichts dieser dramatischen Zahl von 30 000 Schulverweigerern im Jahr heißt es klotzen und nicht kleckern.
Deswegen schlagen wir einen 5-Punkte-Plan vor, wie man die Schulpflicht in Berlin wieder besser durchsetzen kann.
Wir wollen in erster Linie eine zentrale Stelle auf Landesebene einrichten, die Schulversäumnisanzeigen schreibt und gegen die Eltern vorgeht, deren Schüler länger als fünf Tage nicht zur Schule gehen. Hamburg hat dies getan und ist damit sehr erfolgreich. Letztlich stärkt man vor allem den Schulen und auch den Lehrern den Rücken damit.
Wir wollen den Fraktionsvorsitzenden der SPD unterstützen. Offensichtlich hat er in seiner eigenen Fraktion keine Unterstützung erfahren. Er hat vor über einem Jahr vorgeschlagen, Sozialleistungen zu kürzen, wenn Schüler länger nicht zur Schule gehen und die Eltern nichts dagegen unternehmen. Das finden wir richtig. Deshalb stellen wir heute den Antrag und sagen, dass wir Sozialleistungen kürzen und die SPD in diesem Ansinnen unterstützen wollen. Dafür soll eine Bundesratsinitiative gestartet werden. Wir hoffen in dieser Frage sehr auf die Zusammenarbeit mit Ihnen. Offensichtlich sind wir uns in dieser Frage alle einig. Wir hoffen, dass wir mit diesem 5Punkte-Plan die Schulpflicht in Berlin endlich wieder durchsetzen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank Herr Abgeordneter Steuer! – Für die SPDFraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Dr. Tesch das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum ersten Antrag, Herr Steuer, möchte ich anmerken: Es gibt in Berlin bereits viele pädagogische Projekte zur Vermeidung von Schuldistanz. Sie stehen alle in der Beantwortung Ihrer Kleinen Anfrage vom 17. Juni 2008. Das werden Sie wissen; ich muss es hier nicht wiederholen.
Ich erinnere mich auch daran, Herr Kollege Steuer, dass wir hier auch während einer Plenarsitzung draußen beim Sender Rede und Antwort zu diesem Problem gestanden haben. Ich habe damals – wie ich es auch heute wieder tue – auf diese Projekte verwiesen. Neben all diesen Projekten des Landes Berlin partizipiert Berlin auch außerdem noch an dem Bundesmodellprogramm „Schulverweigerung: die zweite Chance“. Dabei sind drei Projektträger an vier Standorten in Berlin mit der Umsetzung beauftragt. Durch das Programm sollen insgesamt 1 450 Schulverweigerer erreicht werden.
Wie Sie wissen, ist der Umgang mit Schulverweigerung eine Sache der Bezirke und wird auch in den Bezirken Berlins unterschiedlich gehandhabt. Wir haben auch diese Problematik, Frau Senftleben, schon ausführlich öfter diskutiert. Ich war und bin der Auffassung, dass eine Koo
peration mit der Polizei eine sinnvolle Aufgabe ist. Dies wird auch in vielen Bezirken verwirklicht. Ich bin nach wie vor nicht der Meinung, dass eine Zuführung der Schulschwänzer durch die Polizei immer die richtige Lösung ist. Mich rief neulich eine Mutter an, die nicht zu den bildungsfernen Schichten gehört, die aber erfahren hat, dass ihr Sohn nicht in die Schule geht. Sie war entsetzt, wollte ein Exempel statuieren und hat darum gebeten, dass die Polizei ihren Sohn in die Schule bringt. Dies geschah, und was passierte? – Vor der Schule standen seine Kumpel und klatschten Beifall. Damit ist der Schuss voll nach hinten losgegangen. Andere, die geübter sind, gehen vorn hinein und hinten wieder hinaus. Meiner Meinung nach hat die Polizei in der Hauptstadt auch andere Aufgaben als ständig Kinder zur Schule zu bringen.
Auch finanzielle Sanktionen gegenüber den Eltern sind wenig zielführend. Da es sich meistens um sozialschwache Familien handelt, könnten diese ohnehin das Bußgeld nicht aufbringen. Die Sozialleistungen zu kürzen, halte ich für den denkbar schlechtesten Weg. Das trifft wiederum die Falschen.
Nun komme ich zu Ihrem zweiten Antrag: Bundesratsinitiative Schulpflicht durchsetzen. Der löst schon allein durch die Weite und Unbestimmtheit der Formulierung verfassungsrechtliche Bedenken aus. Wie ich bereits oben ausführte, ist die Kürzung oder Aussetzung staatlicher Transferleistungen, die der Sicherung des Existenzminimums dienen, wie beispielsweise Arbeitslosengeld II, BAföG oder Wohngeld nicht nur aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen, sondern trifft in der Regel die Falschen, nämlich die Kinder selbst, die von dem Kindergeld profitieren sollten.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch erwähnen, dass durch das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls vom 4. Juli 2008 § 1666 des BGB dahin gehend geändert wurde, dass bei einer Gefährdung des Kindeswohls das Gericht das Gebot erlassen kann, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen. In Einzelfällen kann dann das Sorgerecht entzogen werden.
Viel wichtiger als Sanktionen sind präventive Maßnahmen, beispielsweise mit den Betroffenen in Kontakt zu treten und zwar schnellstmöglich. Hier stimme ich Ihnen zu, Herr Steuer. Durch Elternbriefe, intensive Gespräche mit den Eltern und ähnliches kann viel schneller Abhilfe geschaffen werden als durch die von Ihnen vorgeschlagenen drastischen Maßnahmen.
Verehrte Frau Dr. Tesch! Da Sie nun eben Ihrem Fraktionsvorsitzenden vehement widersprochen und festgestellt haben, dass das, was er gefordert hat, gar nicht geht, frage ich Sie, ob wir festhalten können, dass dies reiner Unsinn war. Haben Sie möglicherweise doch noch einen Vorschlag parat, wie man bei entsprechendem Schulschwänzen irgendwelche sozialen oder sonstigen staatlichen Transferleistungen kürzen könnte?
Ich habe meinem Fraktionsvorsitzenden nicht diametral widersprochen. Es gibt in meiner Partei auch unterschiedliche Auffassungen dazu. Das wissen Sie. Es gibt aber eine Parteimeinung, die sagt, dass staatliche Transferleistungen, die der Sicherung des Existenzminimums dienen, nicht einfach gekürzt werden dürfen. Man kann über andere Maßnahmen nachdenken. Finanzielle Bußen treffen auch wiederum diejenigen nicht, weil es sich leider meist um bildungsferne Schichten handelt. Daraus sind die meisten Schulschwänzer entstanden. Die könnten diese Bußgelder auch nicht bezahlen. Das wäre ein Zirkel, weil der Staat die Bußgelder wieder übernehmen würde. Nach meiner Auffassung müssen wir anders herangehen.
Es geht Ihnen, meine liebe CDU, auch gar nicht darum, die Schulschwänzerproblematik in den Griff zu bekommen. Sie hoffen auf diesem Weg auch, wie Herr Goetze gerade wieder zeigte, Teile meiner Partei mitzunehmen, um einfach Ihre Sanktionspolitik durchzusetzen. – Einen Punkt möchte ich zum Schluss noch nennen, an dem ich Ihnen zustimme, Herr Steuer, das kommt selten genug vor. Ich bin auch für eine zentrale Schülerdatei, in der alles erfasst ist, um überhaupt feststellen zu können, wie viele Schüler es gibt. In einer solchen könnte das auch erfasst werden. So etwas muss auch früh gemeldet werden, damit es nicht über längere Zeiträume geht und die Lehrer rechtzeitig mit den Eltern in Kontakt treten können, um weiteres zu verhindern. – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank, Frau Dr. Tesch! – Für die Fraktion der Grünen hat jetzt der Herr Abgeordnete Mutlu das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben in der Tat große Probleme in der Berliner Schule. Diese zwei Anträge der CDU sind jedoch meiner Meinung nach nicht die Antwort auf die bildungspolitische Misere dieses Bundeslandes. Die hohe Zahl von Schulabbrechern und Schulverweigerern erfordert sicherlich dringende Maßnahmen und Konzepte. Allerdings müssen diese nachhaltig und durchdacht sein. Mit einer Verschärfung der Schulpflicht werden wir dieses Problem jedenfalls nicht lösen. Mit Hau-drauf-Parolen und Polizeieinsatz werden
Die Erfahrungen und die Realität zeigen, dass wir mit polizeilichen Androhungen und sicherheitspolitischen Maßnahmen nicht weiterkommen. Wenn das Problem wirklich angegangen werden soll, müssen die Ursachen bekämpft werden. An der Stelle möchte ich Herrn Steuer einmal fragen: Haben Sie sich einmal Gedanken darüber gemacht, warum diese Schüler den Unterricht verweigern, warum Ihnen Schule keinen Spaß macht. Sind diese Schüler nur faul oder gar dumm? – Ich denke nicht. Es dürfte aber dennoch nicht verwundern, dass aufgrund der aktuellen bildungspolitischen Lage in dieser Stadt, vor allem aber aufgrund der selektiven Ausrichtung unserer Bildungseinrichtungen, die besonders sozialschwache Jugendliche ausgrenzt und ihnen keinerlei Perspektive bietet, diese Schüler lernmüde werden und der Schule fern bleiben.
Genau an dem Punkt müssen wir ansetzen. Diesen Zustand können wir nur gemeinsam mit den Schulen, mit den Werkzeugen der Jugendhilfe und gemeinsam mit den Eltern verändern. Deshalb muss unser vorderstes Ziel sein, diese Jugendlichen zum Unterricht zu motivieren und vor Ort in den Schulen, in den Bildungseinrichtungen ein Klima zu schaffen, so dass die Schüler dort gern hingehen und dort die Lust auf das Lernen gefördert wird.
Das ist unser vordergründiges Problem. Studien zeigen drei Ursachenfelder für die Schuldistanz: Erstens, geringe soziale, ökonomische und kulturelle Ressourcen, wenig Interesse an Bildung im Elternhaus, schwierige Familienverhältnisse sowie soziale Stigmatisierung und anhaltende Perspektivlosigkeit vieler Bevölkerungsschichten, die dann direkt Einzug in den Schulalltag finden.
Zweitens, das ist der schulische Handlungsbereich. Hierzu zählen die z. B. Schulform, die Hauptschule mit kaum Perspektiven für die Schülerinnen und Schüler, die dort hingehen, fehlende Lernerfolge, Klassenwiederholungen, ein schlechtes Klassenklima, ein negatives Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern oder schlechte Beziehungen, keine Kommunikation – das ist auch ein gewaltiges Problem – vor allem mit dem Elternhaus.
Drittens ist der Einfluss der Peergroups und die damit zusammenhängenden Integrationsprobleme in der Klasse als Problem aufzuzählen: Flucht vor Gewalt, Bedrohungen, Mobbing, soziale Isolation und ein Druck, sich an außer- und gegenschulische Gruppen Gleichaltriger und Gleichgesinnter anzuschließen. Das sind die Ursachen, und diese müssen wir gemeinsam bekämpfen.
Eine der Konsequenzen dieser aufgezählten Ursachen ist, dass die Schülerinnen und Schüler leider der Schule fernbleiben. Wenn wir diesen jungen Menschen helfen wollen, dürfen wir nicht mit der sicherheitspolitischen Keule kommen, sondern wir müssen ihnen Unterstützungsmaßnahmen anbieten. Wir müssen Maßnahmen und Konzepte
in der Schule zur Entfaltung bringen, die diese Schülerinnen und Schüler dort abholen, wo sie sind, und ihre Probleme auch wahrnehmen.
Zum Beispiel wären da das produktive Lernen in den Schulen, mehr Projektarbeit, mehr Sozialarbeiter, ein lernförderndes Klima in den Schulen sowie eine individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler. Die Eltern dürfen wir in diesem Zusammenhang nicht aus der Verantwortung entlassen. Sie tragen große Verantwortung. Sie müssen mit den Schülerinnen und Schülern und den Schulen kooperieren. Dafür müssen sie aber gewonnen werden, und dafür muss in der Schule ein Klima des Willkommens für die Eltern geschaffen werden, damit sie mit den Schulen gemeinsam an diesem Problem arbeiten können.
Wenn es notwendig ist, müssen wir auch Elternbildung vorantreiben. Wir müssen die Eltern bilden und ihnen klarmachen, weshalb der Schulbesuch und die Schulpflicht einzuhalten sind. Geldstrafen, Sanktionen oder gar Streichungen von Bezügen bringen uns hier nicht weiter. Priorität muss die Schaffung von Perspektiven für die Jugendlichen sein. Ohne Zukunftsaussichten sinkt die Motivation, täglich zur Schule zu gehen, und das darf nicht sein. Wir sind der Meinung, dass die Vorschläge, die Herr Senator Zöllner gestern zur Veränderung der Berliner Schulstruktur getätigt hat, und die Maßnahmen sehr wohl dazu beitragen können, dass die Schülerinnen und Schüler gerne zur Schule gehen und gerne in der Schule lernen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Alle Jahre wieder bekommen wir Anträge – dieses Mal von der CDU – zum Thema Schulschwänzen. Alle Jahre wieder reihen sie sich in eine Strategie und Weltsicht ein, die sagt: Man kann gesellschaftliche Probleme vor allen Dingen durch Verbote und Strafen lösen. – So einfach ist es nicht, und ich kann mich dem – außer dem letzten Halbsatz –, was der Kollege Mutlu an Strategie und Ursache dargestellt hat, komplett anschließen. Ich will das hier auch nicht wiederholen, weil wir sicherlich im Ausschuss noch ausreichend Gelegenheit haben, uns das konkret anzugucken. Natürlich müssen wir uns die Frage stellen: Wie schafft es denn ein Projekt wie z. B. „Stadt als Schule“, Kinder und Jugendliche erfolgreich in der Schule zu fördern, zu guten Abschlüssen und teilweise zum Abitur zu bringen, die vorher durch Schulschwänzen und Schulscheitern aufgefallen sind? – Das ist der eigentliche Punkt, um den wir uns kümmern müssen. Nein, es gibt keine solche einfache Lösung mit Verbot und Strafe.
Aber natürlich ist es richtig – das hat Frau Tesch schon angesprochen –, dass die Anträge der CDU gar nicht so sehr auf die Schulschwänzer zielen, sondern sie zielen eher auf die SPD. Sie zielen darauf, an dieser Stelle die SPD mit den Vorschlägen eines Kreisverbandes vorzuführen, der für seine skurrilen Vorschläge bekannt ist. Das ist ein Spielchen, das man machen kann, Buschkowsky hat die Medien beschäftigt, aber das wird der Sache nicht gerecht. Nun hat die CDU wenigstens erkannt, dass in der Bundesratsinitiative – anders als Buschkowsky – ein kleines verfassungsrechtliches Problem steckt, wenn wir Sozialleistungen kürzen wollen. Das ist ein Punkt, der sehr ärgerlich ist, weil dahinter ein Bild von Sozialstaat steht, dass Vater Staat Almosen an die Bedürftigen vergibt und je nach Wohlverhalten sie ihnen wieder entzieht oder sie damit belohnen kann. Aber darum geht es nicht. Es geht um Ansprüche von Menschen, die Geld für ihren Lebensunterhalt brauchen. Wer dieses Bild von Sozialstaat komplett ändern will, soll es deutlich sagen.
Komplett absurd wird das beim Kindergeld. Eltern soll Kindergeld entzogen werden, auf das die Kinder einen Anspruch haben. Das ist ein Anspruch der Kinder auf Existenzsicherheit, um den es hier geht, und nicht der Eltern auf ein gutes Leben. Wer das, um die Eltern zu bestrafen, entziehen will, hat ein sehr merkwürdiges Verständnis von diesen Sozialleistungen.