Protokoll der Sitzung vom 16.10.2008

Existenzgründerbüro Neukölln

Bitte schön, Frau Görsch, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Warum hat der Senat die Gelder an die BBS e. V. für die Kofinanzierung des Existenzgründerbüros Neukölln, das für den Berliner Süden erste Anlaufstelle potenzieller Gründer war, nicht mehr bereitgestellt?

2. Wie steht der Senat dazu, dass aus diesem Grund das Büro innerhalb von einer Woche nach Bekanntwerden der Finanzierungslücke – ab 1. Oktober 2008 – geschlossen wurde und kompetente Mitarbeiter entlassen werden mussten, obwohl gerade in Neukölln und Umgebung sehr viele Gründer die kostenlose Erstberatung des Büros nutzten, und wohlwissend, dass Neuköllns und Berlins Gründerszene solche schnelle und unkomplizierte Unterstützung dringend braucht.

Danke schön! – Wer beantwortet für den Senat? – Frau Dr. Knake-Werner! Bitte schön! Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Görsch! Das von ihnen hier genannte Existenzgründerbüro Neukölln läuft unter der Maßnahme „Start me up! – NeuköllnerInnen machen sich selbstständig“. Träger – das haben Sie richtig gesagt – ist die Basisgesellschaft für Bildung und Strukturentwicklung. Gefördert wird dieses Projekt nach § 218 SGB III. Hier geht es um den Eingliederungszuschuss. Das ist eine Förderung aus zwei Töpfen, auf der einen Seite mit Mitteln der Bundesagentur für Arbeit, auf der anderen Seite mit ergänzenden Mitteln des Landes Berlin.

Bei dieser Förderung handelt es sich nicht um eine institutionelle Förderung. Es wurde kein Büro gefördert, sondern die Förderung ist personen-, das heißt teilnehmerbezogene Förderung. Drei vorher arbeitslose Menschen haben dadurch eine Beschäftigung gefunden – eine befristete Beschäftigung, das sage ich auch gleich dazu. Der Kern solcher Maßnahmen ist, dass sie befristet sind. Auch diese Maßnahme war bis zum 30. September 2008 befristet und lief dann fristgerecht aus.

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Ab 1. Oktober hat der Träger BBS ein neues Projekt beantragt, und zwar unter den Förderkonditionen von § 16a SGB II, das ist der Berliner ÖBS. Dieses Projekt ist zum 1. Oktober gestartet. Es folgt auch hier wieder eine teilnehmerbezogene Förderung aus Mitteln der Bundesagentur, ergänzt aus Mitteln des Landes Berlin, wie es beim ÖBS der Fal

Jetzt zu Ihrer zweiten Frage! Ich unterstreiche noch einmal deutlich: Geförderte Beschäftigungsmaßnahmen sind immer befristet. Das ist auch hier so. Die Befristung ist mit der Erteilung des Bewilligungsbescheides auch ausgesprochen worden. Deshalb hat es hier keine kurzfristige Entscheidung gegeben und auch keine kurzfristige Entlassung von Menschen.

Das Folgeprojekt unter dem Titel „Beratungshilfe für Existenzgründungwillige in Neukölln“ betreibt weiterhin Existenzgründerberatung auf der niedrigsten Schwelle. Auch hier haben wiederum drei Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Chance zu einer Beschäftigung erhalten. Es ist wieder ein teilnehmerfinanziertes Projekt, allerdings haben diese Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine sehr viel längere Fördermöglichkeit, weil es sich im Rahmen des Berliner ÖBS bewegt. Auf dieser Ebene ist auch die Kontinuität der Maßnahme deutlich besser abgesichert.

Danke schön! – Eine Nachfrage von Frau Görsch! – Bitte schön!

Vielen Dank! – Frau Senatorin! Sie sprechen von befristeten Arbeitsverträgen zum 30. September. Das stimmt nicht ganz. Der eine Mitarbeiter zumindest hat einen Arbeitsvertrag, der länger läuft. Er wurde jetzt höchstwahrscheinlich – das weiß ich nicht genau – ins Rathaus umgesetzt.

Jetzt muss eine Frage kommen!

Für ein funktionierendes Büro wäre eine weitere Kofinanzierung nur notwendig gewesen, um diese Priorität zu setzen, denn dieses Büro hat vorwiegend Migranten beraten.

Frau Kollegin! Ich vermag den Fragecharakter beim besten Willen nicht zu erkennen. Bitte stellen Sie eine Frage!

Okay! – In dem begonnenen Förderzeitraum von 2008 bis 2013 liegt hinsichtlich der Verwendung von ESF-Geldern der Förderschwerpunkt besonders auf Frauen, Migranten und Umwelt. Wie setzt der Senat diesen Förderschwerpunkt um?

Bitte schön, Frau Senatorin!

Danke, Herr Präsident! – Frau Abgeordnete Görsch! Das ist eine ganz andere Frage. Dazu könnte ich Ihnen längere Ausführungen machen. Es gibt eine Fülle von Projekten mit diesem Schwerpunkt, die in der neuen Förderperiode des ESF gefördert werden. Hier ist es so, dass die Kofinanzierung des Landes Berlin aus der alten Förderperiode des ESF gelaufen ist, das heißt, es sind noch einmal Mittel bis zur Hälfte das Jahres 2008 eingesetzt worden. Damit ist diese Fördermöglichkeit dann aber ausgeschöpft.

Mich wundert, dass Ihnen jetzt auffällt, dass dort Leute wegen der Befristung aufgehört haben zu arbeiten. Das Projekt läuft seit 2003. Es hat immer Änderungen in dem Personalbestand gegeben, weil es immer eine teilnehmerbezogene, befristete Förderung war. In den letzten fünf Jahren hat es entsprechend eine Fülle an Wechseln gegeben. Ich hoffe darauf, dass es jetzt ein bisschen mehr Kontinuität dadurch gibt, dass die Personen, die die sicherlich sehr wichtige und auch sehr begehrte Arbeit übernehmen, länger beschäftigt werden können.

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage von Frau Kollegin Dr. Barth von der Linksfraktion zu dem Thema

Endstation Stellenpool?

Bitte schön, Frau Dr. Barth!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Entspricht es den Tatsachen, dass die für Finanzen zuständige Senatsverwaltung der Versetzung von Küchenhilfen aus dem Kitaeigenbetrieb Nordost in den Stellenpool zugestimmt hat, und wenn ja, wie viele Kolleginnen und wie viele Kollegen sind betroffen, wie hoch ist deren Altersdurchschnitt, wie viele von ihnen sind behindert, und mit welcher Begründung und welchen Auflagen erfolgte diese Zustimmung?

2. Wie begründet der Senat die Zustimmung unter finanzpolitischem Aspekt, wenn für das Land künftig doppelte Kosten anfallen: zum einen für die ca. 60 Kolleginnen und Kollegen, die nach ihrer Versetzung in den Stellenpool aus dem Landeshaushalt finanziert werden sollen, und zum anderen für die Finanzierung der von ihnen bisher erbrachten Leistung, die ja nicht entfällt, sondern künftig durch externe Anbieter übernommen und aus dem Kostenblatt finanziert werden soll?

Für den Senat – der Finanzsenator! Bitte schön, Herr Dr. Sarrazin! Sie haben das Wort!

Danke, Herr Präsident! – Frau Abgeordnete Barth! Ich kann verstehen, dass Sie diese Angelegenheit irritiert, ich bin auch irritiert.

Zur Sache selbst muss man sagen: Die Angelegenheit lief richtig. Die Zustimmung war zwingend, weil wir hier Opfer unserer eigenen vergangenen Logik wurden. Das will ich Ihnen kurz erklären: Als wir auf die Eigenbetriebe umstellten, geschah das mit der Idee – die richtig war –, zwischen Eigenbetrieben und freien Trägern eine vergleichbare Grundlage herzustellen. Dies geschah durch die sogenannte Kostenblattfinanzierung. Das bedeutet, alle bekommen Finanzierung nach Standardkosten. Sie bekommen Geld, wofür sie eine bestimmte Leistung erbringen müssen. Wie sie das machen, ist ihre Sache. Deshalb können unterschiedliche Träger, wenn man so will, miteinander um die Kinder konkurrieren. Das ist der an sich richtige Ansatzpunkt.

Nun war es so, dass unsere staatlichen Kitas allesamt weit überhöhte Kosten hatten und wir lange Verhandlungen mit der Senatsverwaltung für Bildung führten, bis wir hier einen geeigneten Weg fanden. Dabei wuchs meine Verwaltung über sich selbst hinaus und hat damals gesagt: Okay, damit wir das schaffen können, werden wir ausnahmsweise und für den Übergang zulassen, dass überzähliges Personal an den Stellenpool abgegeben und dieses bei den Eigenbetrieben kostenentlastend angerechnet werden kann. – Das war der Ausgangspunkt. Das hat im Prinzip funktioniert. Wir haben damals bei der Gründung der Eigenbetriebe sehr viele Kitabetreuerinnen übernommen, die nicht mehr nötig waren. Wir haben sehr viele Hilfskräfte, Erzieherinnen, insgesamt sehr viel Personal übernommen.

Dieser Eigenbetrieb allerdings meinte, er könne das Küchenhilfspersonal auch aus dem Kostenblatt finanzieren. Er hat dies einige Jahre durchgehalten. Jetzt hat er festgestellt, dass es doch zu teuer wird, und hat 51 Küchenhilfskräfte an den Stellenpool abgegeben. Was wir den übrigen vier Eigenbetrieben vor drei Jahren erlaubt haben, können wir jetzt dem Kita-Eigenbetrieb Nordost nicht verweigern. Das ist eine Frage der Gleichbehandlung. Es wäre auch rechtlich gar nicht möglich, zumal wir zu Recht von allen Eigenbetrieben grundsätzlich eine Kostenblattfinanzierung einfordern.

Die Köchinnen bleiben allesamt bei den Eigenbetrieb, es geht ausschließlich um Hilfskräfte. Diese sind – danach haben Sie auch gefragt – im Durchschnitt 49 Jahre alt, 15 von ihnen schwerbehindert. Diese Mitarbeiterinnen gehen nun an den Stellenpool über, was aus den von mir dargestellten Gründen unvermeidlich ist. Der Stellenpool ist

aber jederzeit bereit, diese Kräfte zu marktgerechten Kostensätzen wieder an den Eigenbetrieb Nordost abzugeben. Es liegt in der Verantwortung des Eigenbetriebs Nordost, ob er dieses tut. Wenn er es nicht tut und sich für einen externen Caterer entscheidet, wird das von uns bedauert. Es ist an unserem Kostenermäßigungsangebot nicht gescheitert, es ist eine Entscheidung des Eigenbetriebs Nordosts, so mit seinen langjährigen Mitarbeiterinnen umzugehen. Dort liegt die Verantwortung dafür. Wir haben zusätzliche Kosten, sind darüber gar nicht zufrieden, aber wir müssen eben alle Eigenbetriebe einheitlich behandeln. – Danke schön!

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Absurd ist das schon!]

Eine Nachfrage von Frau Kollegin Dr. Barth – bitte schön!

Herr Sarrazin! Erst einmal vielen Dank für diese Antwort. Aber ich finde, der Vorgang ist schier unglaublich. Wir werden uns sicher noch damit befassen müssen.

[Zuruf von der CDU: Koalitionskrieg!]

Deshalb meine Frage: In welchen weiteren Fällen hat die für Finanzen zuständige Senatsverwaltung bei den KitaEigenbetrieben einer Doppelbelastung des Landeshaushalts, die durch die Aufnahme von Personal in den Stellenpool resultiert, zugestimmt?

Herr Senator Dr. Sarrazin – bitte!

Alle vier übrigen Eigenbetriebe haben bei ihrer Gründung, damit sie in das Kostenblatt passten, überzähliges Personal abgegeben.

[Dr. Margrit Barth (Linksfraktion): Das ist doch kein überzähliges Personal!]

Wie bitte?

Es gibt keine Nachfragen, jedenfalls nicht über den Tisch!

Das Personal ist in dem Sinn überzählig, als es aus dem Kostenblatt nicht finanziert werden kann.

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt gibt es eine Nachfrage von Frau Dr. Hiller! – Bitte schön, Frau Dr. Hiller!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich halte diesen Vorgang für erschreckend und frage daher: Wie vereinbart sich dieses Vorgehen der Kostenreduzierung – man könnte auch der Kostendrückerei sagen – der Senatsverwaltung für Finanzen mit dem Ansatz, dass Kinder in Kitas möglichst gesundes und fachgerecht zubereitetes Essen erhalten sollen? Könnte dieses Beispiel nicht ein Präzedenzfall auch für andere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in Berlin werden?

[Mario Czaja (CDU): Für unsere Kantine zum Beispiel!]

Herr Senator, Dr. Sarrazin – bitte schön!

Frau Dr. Hiller! Damit stellen Sie eine interessante Theorie auf, dass nämlich ältere, ungelernte Kräfte durchschnittlich besonders gutes Essen zubereiten. Das kann so sein, das muss aber nicht so sein. – Wir haben hier einen Eigenbetrieb, der eine verantwortliche Geschäftsführung hat und eigenverantwortlich handelt. Wir haben nach intensiver Diskussion – und die damalige Reform war nicht meine Idee, sie wurde gemeinsam geboren – gesagt: Wir wollen mehr Wettbewerb zwischen freien Trägern und unseren staatlichen Kitas haben. Wir haben uns damals gemeinsam für diesen Weg entschieden: einheitliche Kostenblattfinanzierung für alle, das heißt, jeder Träger bekommt für eine vergleichbare Leistung ein vergleichbares Geld. – Ich darf Ihnen verraten, alle unsere Eigenbetriebe sind leider noch immer teuerer als die freien Träger, weil sie im Augenblick Defizite anhäufen. Ihre Unterstellung, sie seien besonders leistungsfähig, kann ich von den Zahlen her leider überhaupt nicht teilen.