Protokoll der Sitzung vom 16.10.2008

Es ist mit Sicherheit auch richtig, dass sich Rot-Rot hat überzeugen lassen, dass die Neubildung der Ämter erst in drei Jahren erfolgt. Es wäre ja geradezu grotesk, jetzt mit einer Neubildung der Ämterstrukturen so anzufangen, wie es Rot-Rot anfangs der Diskussion zunächst beabsichtigt hatte. Die Festlegung der Beauftragten in den Bezirken geht allerdings nach unserer festen Überzeugung weit über die bürgerfreundliche Form der Ämterbildung hinaus. Dementsprechend werden wir auch diese Form der Gängelung der Bezirke konsequent ablehnen.

[Beifall bei der CDU]

Wenn Herr Zotl davon spricht, da würde man ja doch nur das einsparen, was da sei, weil es eben da sei und ein Eigenleben führe, muss ich sagen, dass Herr Zotl offensichtlich sehr lange nicht mehr in seinem Bezirk war und offensichtlich auch nicht die finanzielle Situation der Bezirke und den Druck kennt, unter dem sie zu arbeiten haben. Dort gibt es schon lange nicht mehr das überflüssige Fett, von dem Sie hier gesprochen haben.

[Beifall bei der CDU]

Entlarvend ist allerdings der Änderungsantrag von RotRot zu diesem Gesetz. Da soll der Senat ermächtigt werden, durch Rechtsverordnungen Bezirksstrukturen zu verändern. Hier soll ein möglicher Freifahrschein zur Umstrukturierung von Bezirksstrukturen ohne das Parlament gegeben werden. Sie können sich sicher sein, dass die Berliner CDU an dieser Entmachtung des Berliner Parlaments nicht teilhaben wird. Wir werden dagegenstimmen!

[Beifall bei der CDU]

Da fasst die Linke auf Landesparteitagen wohlmeinende Beschlüsse zur Stärkung der Bezirke, und hier im Parlament passiert genau das Gegenteil. Ohne die CDU!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Statzkowski! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Kleineidam das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Statzkowski! Ich bin etwas verwundert über Ihren Redebeitrag. Mit dem vorliegenden Gesetz wird Rot-Rot eine Stärkung der Bezirke erreichen. Das ist der Sinn dieses Gesetzes. Sie haben am Ende Ihrer Rede sehr verräterisch dargelegt, welches Verständnis von starken Bezirken Sie haben, indem Sie das Recht des Parlaments eingefordert haben, künftige Organisationsstrukturen der Bezirke zu verändern.

[Zuruf von Andreas Statzkowski (CDU)]

Wir wollen, dass die Bezirke es machen. Wir haben ganz deutlich schon in unserer Koalitionsvereinbarung gesagt: Wir halten es zur Stärkung der Bezirke für erforderlich, dass es einheitliche Strukturen gibt – nicht mehr und nicht weniger. Wir haben deshalb den Rat der Bürgermeister gebeten, ein Organisationsmodell zu entwickeln, denn die Organisationsfrage ist eine bezirkliche Frage. Da haben wir nicht hineinzuregieren, selbst wenn wir in einzelnen Punkten als einzelne Abgeordnete eine andere Auffassung vertreten, wie man das optimal organisiert. Nein! Wir nehmen die Bezirke ernst. Deshalb haben wir sie gebeten, einen Vorschlag vorzulegen, und den haben wir eins zu eins umgesetzt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Da ist es auch konsequent, den Bezirken künftig die Federführung bei eventuellen Veränderungen der Organisationsstruktur zu überlassen.

[Thomas Birk (Grüne): Das steht aber nicht so im Gesetz!]

Da steht drin, dass der Senat in Absprache mit den Bezirken das durch Rechtsverordnung ändern kann. Das ist dann eben gerade keine gesetzliche Frage mehr. – Wir haben hier gesetzlich die Einheitlichkeit zu regeln. Die Organisationsfragen überlassen wir den Bezirken, weil wir starke Bezirke wollen, offensichtlich im Gegensatz zu Ihnen.

Aus dem gleichen Motiv heraus haben wir uns auch dafür entschieden, dass die Bezirksämter künftig aus einem Bezirksbürgermeister oder einer Bezirksbürgermeisterin und vier Stadträten oder Stadträtinnen bestehen, weil die Zahl Fünf der Aufgabenanzahl in den Bezirken entspricht. Hier wird konzentriert, hier wird eine stärkere Bezirksverwaltung für die Zukunft ermöglicht, als das heute der Fall ist.

Wenn Sie davon gesprochen haben, dass Pankow 21 Bezirksamtsmitglieder braucht,

[Andreas Statzkowski (CDU): 18!]

um diesen zugegebenermaßen großen Bezirk zu regieren, dann kennen Sie offensichtlich die Geschichte der Fusionen der Berliner Bezirke und der Gebietsreform überhaupt nicht. Die 21 war eine Ausnahmesituation. Das müssten Sie eigentlich genau wissen. Hier zu tun, als ob von 21 auf 5 reduziert würde, ist einfach falsch. Im Übrigen waren wir bei den Bezirken, die nicht fusioniert haben, schon einmal bei der Zahl Fünf. Das war sinnvoll, und daran orientiert sich das Gesetz.

Zum Schluss soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Bürgerämter weiter zu kundenfreundlichen Ansprechstellen ausgebaut werden. Das ist erklärte Politik von Rot-Rot. Wir wollen eine bürgerinnen- und bürgerfreundliche Verwaltung. Deshalb bitte ich Sie heute: Stimmen Sie diesem Gesetz in der veränderten Fassung zu! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kleineidam! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Birk das Wort! – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ähnlich ungewiss wie die Zukunft der internationalen Finanzmärkte ist auch die Zukunft der Berliner Bezirke.

[Zuruf von Dr. Martin Lindner (FDP)]

Wir sind hier das Berliner Parlament und reden über ein Thema, das für Berlin ganz schön wichtig ist. – Die Verantwortung dafür trägt die rot-rote Koalition. Nur in einem Punkt herrscht ab demnächst Klarheit: Ab der nächsten Legislaturperiode haben wir eine einheitliche Ämterstruktur.

Das ist also eine reine Strukturreform. Aber schon der Weg dorthin hat absurde Züge getragen, denn die beiden Verwaltungsreformexpertinnen und -experten, also Frau Flesch von der SPD und Herr Dr. Zotl von der Linkspartei, sind gegen dieses Projekt. Das haben sie auch den verblüfften Gästen bei der Anhörung im Ausschuss erklärt. Sie machten das nur, weil Körting und die Mehrheit ihrer Fraktionen sie dazu zwängen. So schafft man kein Vertrauen in eine Strukturreform, werte Kolleginnen und Kollegen!

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Wir befürworten grundsätzlich die einheitliche Ämterstruktur, wären aber gerne noch einen Weg weiter gegangen und hätten auch die einheitlichen Ressorts gefordert. Aber das Gesetz zur einheitlichen Struktur hat mindestens zwei Schönheitsfehler. Herr Dr. Zotl hat die Konflikte genannt. Der eine für uns gewichtige Konflikt ist: Wir lehnen die Zusammenlegung von Grünflächen-, Landschaftsplanungs- und Tiefbauämtern ab und damit insbesondere auch die Abtrennung von Umwelt- und Naturschutz von den Grünflächen und der Landschaftsplanung. Wir halten das für eine krasse fachliche Fehlentscheidung.

[Beifall bei den Grünen und von Henner Schmidt (FDP)]

Wir wollen die Landschaftsplanung, die Grünflächen, Umwelt- und Naturschutz in einem Amt vereinen und werden in dieser Forderung von zahlreichen Fachverbänden und dem Landesbeauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege unterstützt. In der Anhörung wurde deutlich – das hat uns die Spandauer Leiterin des Amtes für Naturschutz, Grünflächen und Umwelt klargemacht –, dass die Ausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und damit die Fähigkeit zur gegenseitigen Vertretung auf diese Aufgaben ausgerichtet ist. Auch die nationale und internationale Zusammenarbeit ist auf diese fachliche Kombination ausgerichtet. Insofern soll der öffentliche Raum, Herr Dr. Zotl, in Zukunft nicht vom Verkehr bestimmt werden, sondern in der ökologischen Ausrichtung sollen Grünflächen, Naturschutz und Umwelt zusammenarbeiten. Das wäre die richtige Entscheidung gewesen.

[Beifall bei den Grünen]

Eine Mehrheit von sieben Bezirken weist diese Struktur schon auf, während für nur vier Bezirke das nun Gesetz werdende Modell existiert. Das Argument, dass der Rat der Bürgermeister anders entschieden habe, kratzt Sie bei anderen Themen oft herzlich wenig. Hier hätte das Parlament eine zukunftsweisende, kluge Entscheidung treffen können, die heute leider verpasst wird. Das bedauern wir.

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Zum anderen kritisieren wir die Ermächtigung des Senats – Herr Statzkowski hat bereits darauf hingewiesen –, die

Ämterstruktur ohne Beteiligung des Parlaments wieder verändern zu können. – Herr Kleineidam! Wenn Sie sagen, die Bezirke bestimmten das, weise ich Sie darauf hin, dass es im Gesetz nur heißt, nach Beratung mit dem Rat der Bürgermeister. Das haben wir an vielen Stellen – und Sie entscheiden dann oft anders. Das Parlament jedenfalls darf gar nicht mitentscheiden.

Entschuldigen Sie, Herr Birk! Darf ich Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit beendet ist?

Wenn Sie es schon im Einvernehmen hätten machen wollen, hätten Sie es in das Gesetz schreiben müssen.

Die Bezirke haben zudem deshalb eine ungewisse Zukunft, weil Sie das politische Bezirksamt versenkt haben, nunmehr mit vereinten Kräften der Linkspartei – soeben auf deren Parteitag beschlossen, wobei die Linkspartei witzigerweise gesagt hat, sie wolle die Bezirke finanziell und in den Kompetenzen stärken. Wenn dies geschähe, sei sie auch für das politische Bezirksamt. Sie muss jetzt mit aller Kraft dafür kämpfen, dass Herr Sarrazin und Herr Dr. Körting diesen Forderungen nicht stattgeben. Dann wird das politische Bezirksamt auch von der Linkspartei begraben. So darf die Zukunft der Bezirke nicht aussehen. Wir haben bessere Vorschläge gemacht. Wir fordern mehr Kompetenzen, wir fordern eine klare Finanzzuweisung und vor allem Aufgabenkritik. Wir brauchen eine Diskussion über die Verteilung der Aufgaben zwischen Bezirken und Senat. Dieses Thema muss endlich geklärt werden.

Herr Abgeordneter! Sie müssen zum Ende kommen.

Das werden wir in Antragsform hier vorlegen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Birk! – Für die FDPFraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Schmidt. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Schaffung einheitlicher Strukturen in den Bezirken ist ein wichtiger und notwendiger Schritt für die Reform der Berliner Verwaltung. Sie schafft effiziente Strukturen und transparente Prozesse und hilft dem Bürger und den Unternehmen, sich zu orientieren, wer ihre

Ansprechpartner sind. Wir brauchen deshalb unbedingt diese einheitliche Ämterstruktur.

[Beifall bei der FDP]

Interessanterweise haben es die Experten der Koalitionsfraktionen zuvor anders gesehen. Herr Zotl meinte einmal, es interessiere den Bürger überhaupt nicht, ob die Ämter einheitlich strukturiert seien – das hat er heute zum Teil wiederholt –, Frau Flesch von der SPD-Fraktion meinte, die einheitliche Ämterstruktur sei eine Chimäre. Beide Positionen halte ich für falsch. Der Bürger schätzt es sehr wohl, wenn klar ist, welches Amt für sein Anliegen zuständig ist. Deshalb ist es wichtig, dass die einheitliche Ämterstruktur eingeführt wird. Die FDP-Fraktion unterstützt dies.

[Beifall bei der FDP]

Allerdings haben die Beratungen auch eine Reihe zu kritisierender Punkte ergeben. Weshalb kommt das Ganze erst 2011? Wenn es so wichtig und effektiv ist, wie hier gesagt wurde, dann könnten wir es doch deutlich früher umsetzen. 2011 ist zu spät.

Ein weiteres Thema hat Herr Birk angesprochen: das politische Bezirksamt. Auch dies gehört in den Komplex. Nachdem die Linke zu Recht beschlossen hat, dass das politische Bezirksamt eine vernünftige Lösung ist – dies ist es, weil der Bürger im Bezirk endlich klare politische Alternativen hat, nicht mehr ein politischer Einheitsbrei gekocht wird und Verwirrung herrscht, wer zuständig ist –, muss es kommen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD! Sie sind diejenigen, die sich dagegen sträuben. Werden Sie einsichtig, so wie die Linke und lassen Sie das politische Bezirksamt kommen. Es ist vernünftig, das braucht auch die Verwaltungsreform.