Protokoll der Sitzung vom 16.10.2008

Die Frage wird ungefähr jährlich von mir gestellt, sie wird mir auch jährlich beantwortet. Ich sehe das als genauso unbefriedigend an wie Sie. Aber die Antwort, die ich bisher immer bekommen habe, auch von unseren britischen Freunden, ist, dass sie im Moment keine Möglichkeit sehen, auf derartige Maßnahmen zu verzichten.

Danke schön, Herr Senator!

Jetzt stellt Kollege Kohlmeier von der SPD eine Frage. – Bitte schön, Herr Kohlmeier!

Ich frage die Senatorin für Justiz, wie sichergestellt wird, dass die Bürger im Umfeld von Vollzugseinrichtungen informiert werden. Mit anderen Worten: Wie informiert die Justizverwaltung Bürger, Vereine, Verbände im Umfeld von Justizvollzugseinrichtungen – auch im Hinblick auf die aktuelle Presseberichterstattung?

Frau Senatorin von der Aue!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kohlmeier! Alle Justizvollzugsanstalten sind, wenn ich das so sagen darf, um ein gutnachbarschaftliches Verhältnis zu den Anwohnern rund um die Anstalten bemüht. Das beinhaltet eine Information über notwendige Maßnahmen. Es beinhaltet auch eine vernünftige Kommunikation, sofern es Beschwerden oder Anregungen vonseiten der Anwohner gibt.

Ich unterstelle, da Sie auf die Aktualität hingewiesen haben, dass Sie auf den Artikel im „Berliner Kurier“ von vor anderthalb Wochen Bezug nehmen. Da ging es um den Ersatzstandort für die Justizvollzugsanstalt Düppel in Lichtenberg. Da hat es in der Vergangenheit aufgrund von haushalts-, finanztechnischen und vergabrechtlichen Problemen eine Verzögerung gegeben. Über diese ist das Begleitgremium durch die Senatsjustizverwaltung informiert worden.

Eine Nachfrage des Kollegen Kohlmeier – bitte schön!

Weil Sie den offenen Vollzug in Lichtenberg angesprochen haben, die Nachfrage auch im Hinblick auf den Artikel im „Berliner Kurier“. Treffen Ihre Aussagen in der Rechtsausschusssitzung vom 18. Juni zu, dass die Justizverwaltung weiterhin nicht plant, in der Max-BrunnowStraße einen dauerhaften Standort des offenen Vollzugs zu haben, sondern dass es sich ausschließlich um eine baubedingte Verzögerung handelt?

Frau Senatorin von der Aue!

Herr Abgeordneter Kohlmeier! Ich kann das noch einmal ausdrücklich wiederholen: Es ist ein reiner Ersatzstandort bis zur Fertigstellung des Ersatzbaus in Düppel. Wir werden so schnell wie möglich den Standort Lichtenberg wieder räumen.

Danke schön, Frau Senatorin!

Dann gibt es eine Frage des Kollegen Statzkowski von der CDU-Fraktion. – Bitte schön, Herr Statzkowski!

Ich hätte gern vom Sportsenator gewusst, wie er die Situation des ISTAF einschätzt, die sportliche und die wirtschaftliche Bedeutung für unsere Stadt und die Gefahr, über die in den letzten Tagen bezüglich des ISTAF in den Zeitungen zu lesen war.

Senator Dr. Körting – bitte!

Herr Kollege Statzkowski! Das ISTAF ist eines der herausragenden Sportereignisse, die im Land Berlin stattfinden. Insofern schätze ich das ISTAF als eine wichtige Veranstaltung, auch für die sportliche Darstellung der Stadt Berlin, ein. Die Frage der Wirtschaftlichkeit beim ISTAF stellt sich in erster Linie als die einer Veranstaltung, die eben nicht aus Steuermitteln finanziert wird, sondern bisher insbesondere durch einen Bankensponsor. Ich kann nur hoffen, dass es gelingt, eine Finanzierung auf die Beine zu stellen, die weiterhin das ISTAF ermöglicht. Für das Land sehe ich keine Möglichkeit, neben dem, was wir an Sportförderung, an Herrichtung von Sportanlagen, an Events wie der Leichtathletik-WM oder Ähnlichem veranstalten, zusätzliche Veranstaltungskosten zu übernehmen, wenn die Sponsoren ausfallen.

Eine Nachfrage des Kollegen Statzkowski – bitte!

Inwieweit, Herr Sportsenator, hatten Sie denn die Gelegenheit, in den letzten Tagen mit den Veranstaltern des ISTAF über die Situation zu sprechen? Welchen Informationsstand können Sie diesbezüglich hier weitergeben?

Herr Senator Dr. Körting!

Herr Kollege Statzkowski! Mein Haus ist in ständigem Kontakt auch mit dem Veranstalter des ISTAF. Ich glaube nicht, dass die Vieraugengespräche, die teilweise geführt werden, geeignet sind, in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden. Wir bemühen uns – allerdings mehr psychologisch als finanziell –, zu einer Lösung mit ihm zum kommen.

Danke schön, Herr Senator! – Damit hat die Fragestunde ihr Ende gefunden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 a:

II. Lesung

Achtes Gesetz zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes

Beschlussempfehlungen VerwRefKIT und Haupt Drs 16/1769 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/1235

Das ist die Priorität der Fraktion Die Linke unter der lfd. Nr. 6 der Tagesordnung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Die Linke in Person des Kollegen Zotl. – Bitte schön, Herr Kollege Zotl, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Achte Gesetz zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes hat die Einführung einer einheitlichen Ämterstruktur in den Bezirksverwaltungen zum Inhalt. Mit Beginn der nächsten Legislaturperiode wird also in jedem Bezirk die gleiche Verwaltungsstruktur existieren, und dasselbe Anliegen wird in jedem Bezirk von der gleichen Instanz bearbeitet werden. Das ist ohne Zweifel eine neue Qualität von Bürgernähe. Dennoch wird es für die Öffentlichkeit nahezu immer belangloser, wer was wo macht, weil sich Einwohnerinnen und Einwohner, die örtliche Wirtschaft, das Handwerk und das Gewerbe mehr und mehr an die Bürgerämter bzw. an die anderen Anlauf- und Beratungsstellen wenden oder den Behördengang per Internet nutzen können und das auch tun.

Wir haben die einheitliche Ämterstruktur deshalb zur Priorität gemacht, weil sich mit ihr neue Chancen für mehr Bürgernähe ergeben, die weit über die bloße strukturelle Transparenz hinausgehen. Die einheitliche Ämterstruktur bietet nämlich erstens beste Voraussetzungen, um nunmehr überall die Verwaltungsverfahren zu vergleichen, zu vereinheitlichen und zu vereinfachen. Zweitens werden durch die Bündelung in einem Amt die oftmals zeitraubenden Konkurrenzen und Selbstbehauptungsrituale zwischen verschiedenen Abteilungen aufgehoben. Drittens

bietet die Zusammenführung nachhaltige Chancen für Verfahrenskritik und -optimierung bis hin zur Abschaffung von Verfahren, die nur noch da sind, weil sie da sind. Diese Potenziale für mehr Bürgernähe, für weniger Bürokratie und für eine verbesserte Dienstleistungsqualität des Verwaltungshandelns müssen aber im Zuge der Vorbereitung auf diese einheitliche Ämterstruktur systematisch erschlossen werden. Sie sind nicht per se da.

Deshalb ist es gut, dass wir die einheitliche Ämterstruktur jetzt beschließen und dass ihre Einführung erst in drei Jahren, zu Beginn der nächsten Legislaturperiode geplant ist. Ab jetzt sind also noch drei Jahre Zeit, um den Prozess der strukturellen Neugestaltung mit einer nachhaltigen Verfahrensmodernisierung zu verbinden, und genau diese drei Jahre müssen wir nutzen.

Natürlich wird sich dabei unter Umständen weiterer Handlungsbedarf herausstellen. Ich will das an zwei Beispielen problematisieren. Ich denke vor allem daran, dass die Vorteile einer einheitlichen Ämterstruktur für das bürgernahe Verwaltungshandeln noch viel größer wären, wenn es auch auf der politischen Verantwortungsebene der Stadtratsressorts eine einheitliche Struktur gäbe, oder an die Modernisierung ganzer Handlungsstränge von der Haupt- bis in die Bezirksverwaltungen. Auf diese Fragen werden wir stoßen, und sie werden auch bald eine Antwort verlangen.

In den Debatten zur einheitlichen Ämterstruktur gab es zwei kräftige Konflikte. Das war erstens die vorgesehene Einordnung der Veterinär- und Lebensmittelaufsicht in die Ordnungsämter, und zweitens ist es die Zusammenführung des Tiefbaubereichs mit der Natur- und Grünflächenpflege. Hinsichtlich der Veterinär - und Lebensmittelaufsicht konnten Befürchtungen eingedämmt werden, dass mit einer Einordnung in die Ordnungsämter die Gesundheitsprophylaxe und die Verbraucherschutzaspekte verloren gehen würden. Wir haben die Erfahrungen in jenen Bezirken genau analysiert, in denen es diese Einordnung schon gibt, und es gibt solche Bezirke. Wir haben auch ein Rechtsgutachten darüber einholt, ob mit dieser Einordnung der gesetzliche Auftrag der Veterinär- und Lebensmittelaufsicht eingeschränkt werde. Die Befürchtungen haben sich dabei als nicht relevant erwiesen. Diese Prüfungen haben entscheidend zur Deeskalierung und zur Versachlichung beigetragen.

So weit sind wir hinsichtlich der Zusammenlegung von Tiefbau und Natur- und Grünflächenpflege noch nicht. Ich müsste mich sehr täuschen, wenn wir in einigen nachfolgenden Redebeiträgen nicht hören würden, dass diese Zusammenlegung das Ende der Grünflächenpflege sei. Doch wenn man sich diese Argumente genau ansieht, wie sie auch in der Anhörung in unserem Ausschuss für Verwaltungsreform gekommen sind, sieht man, dass sie unbewiesene Hypothesen und Befürchtungen sind. Hingegen gibt es aber in der Realität Bezirke, in denen eine solche Zusammenlegung bereits existiert. Dort ist sogar ein positiver Aspekt zu beobachten, nämlich die Behandlung

des gesamten öffentlichen Raums in der Einheit von Straße und Grün, und das ist doch nun wirklich bürgernah. Auch in diesem Fall denke ich, dass im Ergebnis der konträren Debatten über die geplante Zusammenlegung nunmehr eine besondere Sensibilisierung besteht und dass viel Aufmerksamkeit solchen konkreten Lösungen gelten wird, die die jetzt noch vorhandenen Befürchtungen ausschließen.

Einen wichtigen Ausschlag für unsere Zustimmung zum Gesamtpaket gab die Tatsache, dass im Rat der Bürgermeister alle entscheidenden Entscheidungen einstimmig getroffen wurden. Nie und nirgends gab es einen Antrag, auf die geplante Zusammenlegung zu verzichten. Von einigen der Kontrahenten in der Debatte wurde dann versucht, das Entscheidungsgremium und dessen Entscheidungsprozesse, also den Rat der Bürgermeister, zu disqualifizieren und das Landesparlament zu bewegen, eine andere Strukturentscheidung als der Rat der Bürgermeister zu treffen. Das machen wir nicht mit. Wenn diejenigen, die es am besten wissen müssen, nämlich die Bezirke, keinen Anlass für Veränderungen gesehen haben, dann wollen wir uns nicht arrogant über sie hinwegsetzen.

Sollte sich aber im Laufe der Zeit herausstellen, was ich persönlich nicht annehme, dass diese oder jene strukturelle Entscheidung sachgemäßer hätte sein können, haben wir im Gesetz die Möglichkeit eröffnet, dass der Senat nach Rücksprache mit den Bezirken und dem Rat der Bürgermeister die eine oder andere strukturelle Entscheidung durch Rechtsverordnung ändern kann.

Aus der Betrachtung all dessen heraus bitten wir Sie, dem Achten Gesetz zur Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes, sprich der einheitlichen Ämterstruktur in den Bezirksverwaltungen, heute Ihre Zustimmung zu geben. Meine Fraktion wird es tun. – Danke schön!

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Zotl! – Für die CDUFraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Statzkowski das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Zotl hat sich in seiner Rede nahezu ausschließlich auf einen bestimmten Aspekt dieser Gesetzesänderung konzentriert. Man muss aber den gesamten Änderungstext dieses Gesetzes im Auge haben, wenn man sich im Einzelnen ein Urteil darüber verschaffen will.

Das Wichtigste und vielleicht auch Überraschendste geschah im Vorfeld dieser Gesetzgebung, nämlich die Tatsache, dass es den Bezirken gelungen ist, hier zu einer einvernehmlichen Beschlussfassung zu kommen, etwas, womit wohl gerade bei Rot-Rot, beim Berliner Senat, niemand gerechnet hatte. Denn nur so sind Äußerungen des Staatssekretärs zu verstehen, dass er nie und nimmer mit dieser Politikfähigkeit der Bezirke gerechnet hat, ja

dass er sogar ein eigenes Konzept bereits in der Tasche hatte und nur darauf wartete, dieses in die Realität umsetzen zu können. Es ist ein ausdrücklicher Beweis der Bezirke, politikfähig zu sein, dass sie diesen Beschluss im RdB herbeigeführt haben.

[Beifall bei der CDU]

Die politische Vorgabe der Reduzierung der Anzahl der Bezirksstadträte lehnt die CDU-Fraktion allerdings rundheraus ab. Wenn man heute über dieses Gesetz beschließt, sollte man sich durch den Kopf gehen lassen, wie die Strukturen der Bezirke heute sind und wie sie früher gewesen sind. So haben wir allein zwei Bezirke, nämlich Mitte und Pankow, in denen es früher 21 Bezirksstadträte gab. Heute haben wir in diesen Bezirken ganze sechs. Es gibt sieben weitere Bezirke, wo wir in den früheren Strukturen 14 Bezirksstadträte hatten, heute noch sechs, und so geht es weiter. Am Ende der Neunzigerjahre hat die CDU-Fraktion in diesem Haus einer Reduzierung von 89 Bezirksstadtratspositionen und vielen, sehr vielen Stellen von Bezirksverordneten in den einzelnen Bezirken zugestimmt.

Wir haben auch von unserer Seite aus die Zusammenlegung der Bezirke forciert. Aber das ist unter einer ganz klaren politischen Maßgabe erfolgt, nämlich der der politischen Stärkung der Bezirke. Dies ist an dieser Stelle zu vermissen. Rot-Rot macht etwas anderes, und Rot-Rot will auch etwas anderes.

[Beifall bei der CDU]

Eine weitere Einsparung von zwölf Bezirksstadträten halten wir fachlich für nicht geboten. Es ist ein falsches Signal für die Bürgernähe, denn die Bezirke haben den direkten Kontakt zur Bevölkerung. Es ist eine falsche Schwerpunktsetzung gegen die Bezirke und gegen die Zusage vom Ende der neunziger Jahre, die Bezirke im Einzelnen zu stärken.

Besonders absurd in diesem Kontext ist die Forderung von Rot-Rot nach mehr Senatoren bei gleichzeitiger Reduzierung von Bezirksstadträten.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Nicht dass wir uns missverstehen! Die CDU begrüßt sehr wohl die Beschlussfassung des RdB und den Beweis der Politikfähigkeit in den Bezirken und die damit einhergehende Vereinheitlichung der Ämter in den Bezirken. Sie macht Sinn für die Bürgerinnen und Bürger, und da sind wir uns durchaus einig, Herr Zotl.

Es ist mit Sicherheit auch richtig, dass sich Rot-Rot hat überzeugen lassen, dass die Neubildung der Ämter erst in drei Jahren erfolgt. Es wäre ja geradezu grotesk, jetzt mit einer Neubildung der Ämterstrukturen so anzufangen, wie es Rot-Rot anfangs der Diskussion zunächst beabsichtigt hatte. Die Festlegung der Beauftragten in den Bezirken geht allerdings nach unserer festen Überzeugung weit über die bürgerfreundliche Form der Ämterbildung hinaus. Dementsprechend werden wir auch diese Form der Gängelung der Bezirke konsequent ablehnen.