Ich komme zu Ihrem Antrag, denn eigentlich geht es darum nachzuvollziehen, was Sie konkret fordern. Ich beginne mit dem Ende des Antrags, denn darin kommt deutlich zum Ausdruck, was Sie kritisieren und was der Anlass des Antrags ist. Hier steht, dass eine entsprechende Initiative, die sowohl vom Senat als auch vom Senator für Finanzen ausdrücklich unterstützt worden ist, am Votum der Mehrheitsfraktionen SPD und Linke gescheitert sei. Sie haben heute in Ihrer Rede hinzugefügt: aus ideologischen Gründen.
Gehen wir doch noch einmal im Detail durch, was PPP eigentlich bedeutet! Das können wir gern anhand eines, wie ich finde, sehr guten Papiers aus Nordrhein-Westfalen machen, nämlich dem „Plausibilitätscheck für PublicPrivate Partnership“. Gehen wir einfach einmal die Phasen durch, die ein PPP-Projekt so durchläuft! Wir fangen mit Phase 1 an und stellen fest, es gibt eine Bedarfs-, eine Finanzierbarkeits- und eine Maßnahmenwirtschaftlichkeitsfeststellung. Immer noch in Phase 1, lieber Herr Brauner, ist der PPP-Eignungstest, dann geht es über in Phase 2, die Erstellung des konventionellen Vergleichswerts, des Public-Sector-Comparators – PSC –, und dann zur vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung.
Das, worauf Sie sich in Ihrem Antrag beziehen, ist der Vorstoß aus dem Bezirk Reinickendorf, aber auch aus dem Bezirk Spandau im Zusammenhang mit den Schulen gewesen. Ich nehme einmal Reinickendorf, da stellen Sie die Bürgermeisterin – in Spandau auch, aber gerade
Reinickendorf ist spannend. Das ist eine Bürgermeisterin, die in diesem Bereich recht umtriebig ist. Diese Bürgermeisterin aus Reinickendorf ist die einzelnen Phasen, die ich Ihnen gerade aufgezählt habe, auch durchaus nachvollziehbar, finde ich, angegangen. Das war das Projekt der Schulen in Reinickendorf, die entsprechend saniert werden könnten. Jetzt möchte ich Ihnen kurz aus der Phase 2, die in dieser VBD-Machbarkeitsstudie aufgezählt worden ist, zwei Sätze vorlesen, bei denen sicherlich auch Sie zubilligen müssen, dass auf dieser Grundlage eine PPP-freundliche Interpretation schwerfällt.
Der erste Satz dieser Wirtschaftlichkeitsberechnung – wir befinden uns also in Phase 2 – sagt hinsichtlich der Vergleichsrechnung:
Wir halten es daher für gerechtfertigt, für die Sanierungsmaßnahme einen pauschalen Kostenabschlag von fünf Prozent für die PPP-Realisierung anzusetzen.
Jetzt frage ich Sie: Ist das seriös? – Unter uns: Glauben Sie einem solchen Satz, der sagt: Passt auf, Kinder, wir machen jetzt die Vergleichsstudie, die Machbarkeit und die Wirtschaftlichkeit, aber im Falle von PPP sage ich einfach pauschal – es gibt keine weitere Erläuterung –, dass das fünf Prozent billiger zu machen ist?
In Absprache mit der Verwaltung wurden die Baunebenkosten für die PPP-Varianten einschließlich der Kosten für das Projektcontrolling der Verwaltung daher mit 15 Prozent der Baukosten angesetzt.
In Absprache mit der Verwaltung! Nicht, weil es irgendwelche Vergleichszahlen oder Erfahrungswerte gäbe, nein, weil die Verwaltung uns gesagt hat, dass es 15 Prozent billiger zu sein hat! – Damit komme ich zum Kern Ihrer Aussage, lieber Herr Brauner! Der Kern ist nämlich, dass Sie verlangen, wir sollten hier eine Strategie für PPP ausführen. Eine solche Strategie kann es aber nur einzelfallbezogen geben. Wir sind gern bereit – deswegen habe ich die beiden Ordner nach vorne getragen –, uns Einzelfall für Einzellfall mit Pro und Contra einer solchen Finanzierungsform auseinanderzusetzen. Aber dann erwarten wir auch von denjenigen, die das vortragen und die dafür sind, dass das so gemacht wird, und von denjenigen, die überzeugt sind, dass das so besser sei, doch mindestens das Maß an seriöser Handhabung, was in solchen Sätzen definitiv nicht zutage tritt.
Daher muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen – wir werden über diesen Antrag in den Ausschüssen noch einmal sprechen –, dass im Kern die Aussage nur lauten kann: Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass wir jeden Einzelfall prüfen. Wenn uns etwas auf dem Tisch liegt, was uns erst einmal nachvollziehbar erscheint, dann setzen wir uns gern damit auseinander. Aber es hat nichts mit irgendeiner ideologischen Verbrämung zu tun, sondern mit seriösem Haushalten, wenn wir Ihnen wie an dem Beispiel sagen, dass die uns bisher vorliegenden Projekte weiß Gott
Danke schön, Herr Kollege Zackenfels! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr Frau Paus das Wort. – Bitte schön, Frau Paus!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Brauner! Sie wissen, dass meine Fraktion sich bei dem Thema nicht ideologisch verhält, sondern wir sehr wohl gesagt haben, PPP sollte man im Einzelnen anhand von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen prüfen. Das haben wir gesagt, obwohl es bereits zahlreiche negative Erfahrungen im Land Berlin gibt – Stichwort Olympia-Stadion, Stichwort Berliner Wasserbetriebe, Stichwort Flughafen BBI. Man könnte noch weitere anfügen. Grundsätzlich stehen wir dem offen gegenüber, aber ich habe mich, als ich den Antrag gesehen habe, gefragt: Warum dieser Antrag jetzt? – Lehman Brothers ist am 18. September in die Insolvenz gegangen, und Ihr Antrag ist vom 8. Oktober.
Die Kernschmelze des Finanzsystems ist zwar abgewendet, aber die Unsicherheit in der Wirtschaft ist nach wie vor groß. Man kann jetzt auf die Idee kommen, zu sagen: Sichere PPP-Projekte, wo man als Unternehmen über 30 Jahre lang einen Vertrag und eine klare Aufgabe hat und klare Zahlungsleistungen bekommt, sind eine prima Sache. Das ist ein tolles Konjunkturprogramm für die Privatwirtschaft. – Aber für den Staat ist das problematisch, denn gerade in dieser Situation wird der Staat bei PPP doch sehr oft zur Geisel einzelner Privatinteressen. Deswegen ist es gerade in dieser Situation eher gerechtfertigt, sich um öffentliche Aufträge zu kümmern als um PPP.
Sie haben drei Begründungen in Ihrem Antrag. Sie sagen, zum einen gebe das wichtige Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung, zweitens bringe es mehr Kosteneffizienz, und drittens unterstütze es die Haushaltskonsolidierung.
Zu Ihren drei Argumenten – das erste habe ich eben schon angedeutet: Es ist nun einmal so – auch wenn Sie schreiben, man solle versuchen, das mittelstandsgerecht auszugestalten –, dass ÖPP-Projekte Großprojekte sind, und das ist genau das Gegenteil einer gezielten Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen. Dabei kann man keine kleinen Losgrößen finden, wie wir es z. B. bei BBI eingefordert haben.
Zweitens – mehr Kosteneffizienz: Sie kommt zum einen durch meistens geringere Personalkosten zustande – das wird wohl noch so sein –, zum Zweiten, weil man davon ausgeht, dass man sich privates Know-how einlädt, das im Projektmanagement besser ist – das kann man sich auch noch irgendwie vorstellen –, aber zum Dritten – und da haben Sie darauf hingewiesen, man solle einmal über den Tellerrand hinaus schauen – schauen wir doch einmal nach Großbritannien, ein Land, wo PPP seit vielen Jahren in der Praxis gelebt wird! Da stellt man bei den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen fest: Der Kostenvorteil einer privaten statt einer rein öffentlichen Finanzierung kommt zu 60 Prozent aus den Risikoeinschätzungen zustande. Zu den Risikoeinschätzungen heute etwas seriös zu sagen – wie sich das in den nächsten 10, 20, 30 Jahren entwickeln wird –, dazu sehe ich mich nicht in der Lage. Ich glaube, Sie sehen sich dazu auch nicht der Lage, weil sich aktuell niemand dazu wirklich in der Lage sieht.
Stichwort „Unterstützung der Haushaltskonsolidierung“: Darüber haben wir uns schon intensiv auseinandergesetzt. Definitiv kann es nicht der Zinseffekt sein, weil völlig klar ist: Für die Privaten ist die Refinanzierung ihrer Investitionen immer teurer als für die öffentliche Hand. Wir sind beim Kreditrating nach wie vor besser dran als die Privaten. Jetzt können Sie sagen, der Zinssatz werde in den nächsten Jahren nicht steigen, sondern er falle aktuell. Insofern sei der Unterschied nicht so groß. Trotzdem wird er relevant bleiben. Da ist auch wieder das Risiko der entscheidende Punkt: Wie ist es einzuschätzen? – Ich finde, das Risiko ist sehr schwer einzuschätzen. Es wird vor allen Dingen bei der öffentlichen Hand landen.
Ich nenne noch einmal Beispiele – nicht aus dem Land Berlin, sondern aus der Bundesrepublik –, die deutlich machen, welche Risiken entstehen können und was das dann für das Land bedeutet. Beispiel Toll Collect: Dort haben wir festgestellt, dass das Vertragsrisiko dann bei der öffentlichen Hand liegt. Sie wissen alle, Sie können sich alle erinnern: Die Mauteinführung ist wegen des Versagens der privaten Beteiligten um 16 Monate verzögert worden. Das hat zu Ausfällen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro allein bei den Einnahmen geführt. Zusätzlich hat der Bund noch 1,6 Milliarden Euro wegen der Verzögerung geltend gemacht. Gesehen hat er davon nicht viel. Er ist immer noch dabei, sich das zu erstreiten. Wir können relativ sicher davon ausgehen, dass der Bund da nicht mit Plus, sondern mit einem deutlichen Minus herausgehen wird.
Nächstes Thema: Sie hatten gesagt, Verkehrsinfrastrukturprojekte seien besonders geeignet. Aber Verkehrsinfrastrukturprojekte hängen auch immer davon ab, welche Verkehrsprognosen man zugrundelegt.
Okay! Ich gebe mich geschlagen. – Ich brauche nicht mehr großartig auszuführen, dass es hinsichtlich dieser Risikoeinschätzung viele Beispiele gibt, wo Private aufgrund neuer Rahmenbedingungen die übernommene Aufgabe nicht erfüllen konnten und das Risiko dann bei der öffentlichen Hand lag. Insofern sollten wir diesen Antrag in den Ausschüssen beraten, aber in der aktuellen Situation sehe ich dieses Thema sehr kritisch.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Der Antrag ist bereits durch die Vorrednerin und den Vorredner hingerichtet worden.
Ich kann mich insbesondere meiner Vorrednerin Lisa Paus zu 100 Prozent anschließen. Das war ganz hervorragend, und es gibt kaum noch etwas hinzuzufügen. Wunderbar!
Ja, Herr Zackenfels! Sie haben auch völlig recht. – Nachdem die beiden Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen den Antrag bereits unideologisch beiseite gelegt haben, werde ich dennoch – auch unideologisch und mich kurzfassend – einige wenige Bemerkungen dazu machen: Das Thema PPP wird bundesweit kontrovers diskutiert. Die CDU ist nach einer langen und bundesweiten Kontroverse zu einem mutigen Schluss gekommen: Der rot-rote Senat soll eine Gesamtstrategie vorlegen. – Sie hätten sich allerdings vorher überlegen können, was Sie da beantragen. Sie kennen uns doch schon ein Weile. Sie erwarten eine Gesamtstrategie zu PPP von SPD und Linksfraktion, und in diesem Fall sind wir uns sogar mit Bündnis 90/Die Grünen einig. Unsere Gesamtstrategie ist völlig klar und
im Koalitionsvertrag niedergelegt: Es kommt immer darauf an. Man muss sich jedes Projekt im Einzelnen genau ansehen, und das werden wir auch tun.
PPP ist nicht per se gut. Das kann es auch gar nicht sein, denn Privatunternehmen sind keine karitativen Einrichtungen, die dem Land Berlin gern Geld überweisen wollen, sondern sie vertreten ein gesundes Eigeninteresse, und wir müssen abwägen, ob das mit unserem Interesse deckungsgleich ist. Insbesondere bei Projekten, von denen man annehmen kann, dass man sie aus dem Landeshaushalt nicht oder nicht so schnell finanzieren kann, raten die Rechnungshöfe – auch der Bundesrechnungshof – davon ab, sie über PPP zu finanzieren. Sie raten völlig zu Recht davon ab, weil es sich um nichts anderes als Verschuldung handelt. Dinge, die man sich jetzt nicht leisten kann, verteilt man auf viele Jahre, um damit in der Gesamtabwägung ein preiswerteres Ergebnis zu erreichen. Kollege Goetze hat in der Diskussion als Begründung angeführt, dass man bei PPP effektiver arbeiten würde. Ich setze aber lieber darauf, dass wir unseren Verwaltungen Beine machen, statt das gesamte Problem zu privatisieren.
Das macht keinen Sinn. Wir wollen, dass Schulen, Kitas, Krankenhäuser und auch Straßen als öffentliche Einrichtungen öffentlich und nicht privat finanziert werden. Wir werden deshalb diesen Antrag in den Ausschüssen in Ruhe, aber mit einer ablehnenden Tendenz beraten. Das dürfte Sie allerdings nicht überraschen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Brauner! Dass Sie jetzt bei Ihrer Argumentation damit beginnen, man solle beim ICC prüfen, ob man dort nicht auch privates Kapital attrahieren könne, finde ich sehr sympathisch. Es war immer der Ansatzpunkt der FDP, zu sagen: Wenn wir das ICC sanieren wollen, sollten wir prüfen, ob wir dazu Private mit heranziehen können. Ich nehme dieses Angebot also gern auf und hoffe, dass wir gemeinsam etwas machen können.
Na ja, die Koalition nicht! Der Senat hat klar erklärt, dass er diesen Weg nicht beschreiten will. Ich habe ihn danach gefragt, und er hat erklärt, man wolle das ohne privates Kapital schaffen. Mal sehen, wie es im nächsten Jahr aussieht!
Herr Zackenfels! Ihr Angebot, jedes einzelne Projekt genau zu prüfen, werde ich mir gut merken und darauf zu
rückkommen. Sie haben es etwas anders dargestellt als Herr Kollege Liebich, der am Ende doch wieder die Einschränkung machte, dass man das bei Projekten, die der Daseinsvorsorge obliegen, sehr kritisch sehe. Man solle beispielsweise Schulen und ähnliche Einrichtungen aus öffentlicher Hand finanzieren. Herr Liebich! Damit hätte ich kein Problem, wenn wir es könnten.