Ich bin selbstverständlich gern bereit, noch einmal nachzufragen, wobei es wahrscheinlich für Sie kein Geheimnis ist, dass ich die Beantwortung dieser Anfrage unter Mitwirkung meiner Verwaltung erstellt habe, sodass ich davon ausgehe, dass das Wissen der Verwaltung schon eingeflossen ist. Aber eine Nachfrage ist sicher nicht schädlich.
Kollege Rainer-Michael Lehmann von der Fraktion der FDP hat das Wort zu seiner Mündlichen Anfrage über
Wie beurteilt der Finanzsenator den Senat, dem er angehört, und wie beurteilt der Senat seinen Finanzsenator?
1. Wie beurteilt der Regierende Bürgermeister die Forderungen des Finanzsenators nach einer Kürzung der Sozialausgaben und einem weiteren Stellenabbau im öffentlichen Dienst?
2. In welcher Weise werden die Forderungen des Finanzsenators im nächsten Haushaltsplanentwurf des Senats Berücksichtigung finden?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Lehmann! Die Überschrift Ihrer Anfrage korrespondiert nicht mit deren Text. Wie der Finanzsenator den Senat beurteilt, haben Sie dann gar nicht mehr gefragt. Das findet sich nur in der Überschrift. Aber ich kann für ihn antworten: Er beurteilt den Senat sehr positiv.
Mit der anderen Frage wird es etwas schwieriger: Wie beurteilt der Regierende Bürgermeister die Forderungen des Finanzsenators? – Das ist etwas schwieriger zu beantworten. Der Finanzsenator hat im Rahmen seiner Abschiedstour in längeren Ausführungen und in Hintergrundgesprächen offensichtlich der Presse die Finanzplanung und die Eckdaten der zukünftigen Haushalte erläutert. Insofern ist richtig, dass der Finanzsenator darauf hinweist, dass es überhaupt keinen Grund zur Entwarnung gibt, sich einerseits konjunkturbedingt die Haushaltslage als sehr schwierig darstellt, andererseits aber auch das Ziel, weiterhin einen ausgeglichenen Haushalt zu haben, nicht aufgegeben werden darf und damit die Spielräume für Mehrausgaben im Land Berlin stark begrenzt sind, nämlich auf einen Prozentsatz von 1,3 Prozent. Das bedeutet, dass nach wie vor in allen Bereichen des Haushalts sorgsam gehaushaltet werden muss.
Es ist auch richtig, dass der Finanzsenator die großen Blöcke geschildert hat, die zu erheblichen Aufwendungen des Landes beitragen. Da sind nach wie vor die hohen Kosten der Sozialausgaben ein Bereich, der ständig weiter untersucht werden muss. Ich sehe allerdings keine Möglichkeiten einer Kürzung, weil die Hilfe da geleistet werden muss, wo sie notwendig ist. Aber es gibt durchaus Bereich bei den Sozialausgaben, wo die Effizienz der Ausgaben auf den Prüfstand gestellt werden muss, und dementsprechend ist dort die Linie des Finanzsenators zutreffend.
In Bezug auf den weiteren Stellenabbau im öffentlichen Dienst hat der Senat seine Position und die Eckdaten für diese Legislaturperiode festgelegt. Das heißt, es wird in dieser Legislaturperiode weiterhin einen Einstellungsstopp im allgemeinen Verwaltungsdienst geben. Nicht davon betroffen ist der gesamte Bildungsbereich – d. h. Lehrerinnen und Lehrer, Erzieher und Erzieherinnen in Kindertagesstätten und andere im Erziehungsbereich Tätige. Genauso gibt es im Bereich der Gerichtsbarkeit, der Polizei usw. weiterhin Einstellungen. Diese Bereiche sind in der Vergangenheit vom Einstellungsstopp ausgenommen gewesen und bleiben es auch. Auch der Justizvollzug ist hier beispielsweise zu nennen. Aber im allgemeinen Verwaltungsbereich wird es weiterhin einen Abbau geben.
Normalerweise wird es auch einen Einstellungskorridor geben, der nicht sehr hoch ist. Ausscheidende Kräfte wird man aus dem Stellenpool ersetzen müssen. Insofern hat sich dort nichts Neues ergeben. Dass der Finanzsenator über die Legislaturperiode hinaus der Auffassung ist, dass das Land Berlin im Benchmark mit anderen einen Stellenrahmen nur in der Größenordnung von 93 000 haben sollte, ist seine Auffassung, die er nicht erst jetzt vertreten hat, sondern schon seit geraumer Zeit vertritt. Sie ist jeweils festzulegen oder zu korrigieren. Bei den entsprechenden Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2010/2011, der sich im Aufstellungsverfahren befindet, ist das irrelevant. Insofern ist zur Ihrer zweiten Frage deutlich zu machen, dass die Eckdaten der Personalplanung in
den Haushaltsplänen für diese Legislaturperiode berücksichtigt werden und bei den Sozialausgaben geschaut wird, wie die Ist-Ausgaben sind. Ob Anpassungen notwendig sind, wird bei der Haushaltsplanaufstellung zu berücksichtigen sein.
Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Lehmann, bitte schön!
Danke, Herr Präsident! – Nun hat der Finanzsenator in seiner Analyse konstatiert, dass die Politik des Senats gescheitert ist. Wird in die weitere Planung des Senats die scharfe Analyse des Finanzsenators Einfluss finden, gerade die Politik auch in den Bereichen Soziales, Bildung und Integrationspolitik zu überdenken oder zu verändern?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Lehmann! Der Finanzsenator hat mitnichten mitgeteilt, dass die Politik des Senats gescheitert ist, sondern gerade auch dank der Mitarbeit von Herrn Sarrazin hat der Senat erfolgreich bei der Haushaltskonsolidierung gearbeitet. Ich darf daran erinnern, dass wir schon im Jahr 2007 einen ausgeglichenen Haushalt hatten, sogar einen nennenswerten Betrag zurückzahlen konnten. 2008 konnten sogar über 900 Millionen Euro an Krediten zurückgeführt werden, weil es einen entsprechenden Überschuss gegeben hat. Den beiden Eckzahlen können Sie schon entnehmen, das die Politik des Senats erfolgreich war. Wir werden die erfolgreiche Arbeit fortsetzen auch mit dem Nachfolger von Herrn Dr. Sarrazin.
Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Es gibt eine Nachfrage von Kollegin Eichstädt-Bohlig. – Bitte schön, Frau Eichstädt-Bohlig!
Danke schön! – Herr Regierender Bürgermeister! Sie haben eben doch sehr ausweichend geantwortet und nur ein paar Peanuts zum Einsparen genannt. Andererseits haben Sie selbst gesagt, dass das Ausgabenzuwachsziel von 1,3 Prozent Zuwachs eingehalten werden soll. Inso
fern frage ich Sie: Welche Alternativen zu den harten Einschnitten, die Herr Sarrazin fordert, sehen Sie denn?
Herr Präsident! Frau Fraktionsvorsitzende! Wir machen Haushaltsberatungen. Da wird natürlich über jeden Bereich gestritten werden. Ich glaube auch nicht, dass sich der Finanzsenator wesentlich über Einschnitte, sondern über die Mehrforderungen Gedanken gemacht hat, die beispielsweise auch aus Ihrer Fraktion täglich ohne Deckungsvorschläge auf den Tisch gelegt werden. Das ist eher die Situation.
Wir reden hier nicht darüber, dass wir weitere Einsparrunden drehen, sondern haben heute den konjunkturellen Bereich im Nachtragshaushalt. Er wird gegebenenfalls auch anhand der Steuer- und Einnahmeentwicklung noch einmal anzupassen sein. Das ist das Eine. Wir wissen heute nicht, wie lange das dauert. Ansonsten gehen wir aber nicht von Einsparungen im Haushalt aus. Den Spielraum für Wachstum in diesem Haushalt im Bereich der Ausgaben hat der Finanzsenator mit seiner Analyse deutlich auf 1,3 Prozent begrenzt. Darum geht es. Es gibt immer noch Volumina zu verteilen, ca. 21 Milliarden Euro. Das ist nicht gerade wenig. Darüber, wie man die Prioritäten setzt, wird es unterschiedliche Auffassungen geben. Das werden wir bei den Haushaltsberatungen auszutragen haben, erst im Senat, dann hier im Parlament.
[Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne): Ich habe keine Antwort! – Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Es war ja auch keine Frage!]
Jetzt geht es weiter mit der Frage der Kollegen Ellen Haußdörfer von der Fraktion der SPD zu dem Thema
1. Trifft es zu, dass der Senat für das Grundstück an der Schillingbrücke am Ostbahnhof eine im Gegensatz zum Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg höherwertige,
dem Standort angemessene städtebauliche Entwicklung für sinnvoll hält, und welche planungsrechtlichen Möglichkeiten wird er zur Erreichung dieses Ziels gegebenenfalls ausschöpfen?
2. Verfügt der Senat über Erkenntnisse, dass zwischenzeitlich Gespräche zwischen dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und dem Liegenschaftsfonds mit dem Ziel einer Kompromisslösung für die städtebauliche Entwicklung an diesem Standort stattgefunden haben, und kennt der Senat die neuen Planungsabsichten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Haußdörfer! Die von Ihnen geschilderte städtebauliche und bauliche Entwicklung ist seit Langem Gegenstand nicht nur des Planwerks Innenstadt, sondern vor allen Dingen auch des mit dem Bezirk abgestimmten Leitbildes zum Spreeraum Friedrichshain-Kreuzberg. Dabei ist vor allen Dingen wichtig gewesen, das Spreeufer zugänglich zu machen, die bauliche Höhe, die Entwicklungsmöglichkeiten zu definieren, Torsituationen – so wird dies genannt – zu definieren auf der einen Seite, aber auch Spreefenster am Spreeufer, also die Zugänglichkeit des Wassers durch Wege und Parks zum Wasser zu definieren und einen Uferstreifen frei zu halten.
Der Bezirk ist von diesem Konsens zur Mitte des Jahres abgewichen und hat seine Absicht verkündet, eine öffentliche Grünfläche an der Schillingbrücke festsetzen zu wollen, völlig im Gegensatz zu dem, was bis dahin Gegenstand des Leitbildes und vor allen Dingen auch der Planung des Bezirks gewesen ist. Es wäre hier eine städtebaulich unbefriedigende Situation verfestigt worden, die es seit Jahrzehnten gibt. Es hätte vor allen Dingen an der stark befahrenen Straße nichts anderes als eine nutzlose Grünfläche gegeben.
Ich habe deshalb nach dieser Verkündung des Bezirks, die Planung verändern zu wollen, den Liegenschaftsfonds und den Bezirk gebeten, die Planungen gemeinsam zu überdenken. Das hat dazu geführt, dass der Liegenschaftsfonds einen Vorschlag gemacht hat, der eine Bebauung an einer Seite der Schillingbrücke vorsieht, eine zurückgenommene Bebauung am Ufer der Spree mit einem breiten Uferstreifen in einer Größenordnung von 20 Metern, einem Spreefenster. Dies hat hohes Interesse, schließlich sogar die Zustimmung im Bezirk gefunden.
Wenn der Bezirk dann im Lauf von wenigen Tagen davon abgewichen ist, hat er dies nach meiner Kenntnis getan nach einer Rückkoppelung mit der außerparlamentarischen Opposition im Bezirk und hat sich offensichtlich in erheblichem Umfang zurücknehmen lassen.
Das bedauere ich außerordentlich, habe es dem Bezirksamt mitgeteilt und habe dem Bezirk auch förmlich den Bescheid schicken lassen, dass der Senat gedenkt, wegen der verletzten Gesamtinteressen beim Umsetzen dieser Planung in die Planung einzugreifen. Das hat dazu geführt, dass sich das zuständige Bezirksamtmitglied bei mir gemeldet und darum gebeten hat, die Gespräche fortsetzen zu können.
Wir sollten dem Bezirk die Möglichkeit geben, die Gespräche fortzusetzen, allerdings – das habe ausdrücklich gesagt, und so geschieht dies – auch auf der Grundlage des Planungsvorschlages des Liegenschaftsfonds und nicht etwa auf den wiederum veränderten modifizierten Vorschlägen des Bezirks.
Vielen Dank, Frau Senatorin! Sind solche Zielkonflikte auch bei anderen Grundstücken zu erwarten? Und ist dieser Kompromiss für dieses Grundstück auf dem Weg, sodass wir nicht als Abgeordnetenhaus über einen B-Plan oder sonstiges entscheiden müssen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Haußdörfer! Ich sehe im Augenblick an anderen Grundstücken keinen wesentlichen Zielkonflikt. Es könnte einen weiteren Konflikt geben, weil der Bezirk vor einiger Zeit einen städtebaulichen Vertrag geschlossen hat, bei dem er in Aussicht gestellt hat, einen Hochhausbau zuzulassen. Auch da scheint es mir wiederum neue Überlegungen im Bezirk zu geben. Da warten wir im Augenblick noch ein bisschen ab. Dann gibt es – so ist es mir bekannt – von einigen Grundstückseigentümern und möglichen Investoren Überlegungen, ihre Planungsabsicht dahin gehend zu ändern, dass mehr Wohnungsbau möglich gemacht werden solle. Ich unterstütze solche Pläne, weil ich glaube, dass wir dem nachkommen sollten, wenn es eine höherwertige Ausnutzung und eine Nachfrage am Ufer der Spree gibt, die sich auch auf Wohnungsneubau richtet. Ich sehe allerdings keinen Zielkonflikt mit dem Bezirk und sehe vor allen Dingen, dass die Planungen zur Errichtung der Grünflächen vom Bezirk und uns gemeinsam weiter verfolgt werden.