Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

[Michael Schäfer (Grüne): Mehr, wenn Sie weiter so handlungsunfähig sind!]

Wir werden heißere und trockenere Sommer haben, und wir müssen uns auf diese Veränderungen einstellen. Wir müssen damit rechnen, dass solche Veränderungen eintreten. Vorbeugung ist sicher in einem gewissen Grad möglich, aber vor allen Dingen müssen wir Anpassungsstrategien an diese Klimaveränderungen entwickeln.

Ich halte es deshalb für richtig, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einen Stadtentwicklungsplan Klima erstellen wird, einen Stadtentwicklungsplan, der sich mit den räumlichen Folgen, mit der Bezugnahme z. B. auf die wesentliche Voraussetzung für gesundes Leben in der Stadt, die Entwicklung des Grüns, auseinandersetzt – die grünen Verbindungen in der Stadt, das Entstehen von klimatischen Verhältnissen durch Abkühlung nachts, aber auch die Auswirkungen von Bebauungen an bestimmten Stellen in der Stadt.

Die Fragen der notwendigen Verdichtung, aber auch die Vermeidung von Verdichtungen baulicher Art in der Stadt müssen definiert werden. Es geht z. B. um die Fragen, welchen Einfluss wir auf den Wasserhaushalt nehmen können und wie wir zukünftig unsere Parks und Gärten intelligent mit dem notwendigen Nass versorgen. Das

Dr. Gabriele Hiller

bedarf einer langfristigen Planung, und das bedarf vor allen Dingen der genaueren räumlichen Betrachtung dieser Auswirkungen. Dies werden wir tun, und wir werden Ihnen zu Beginn des Jahres 2011 einen solchen Stadtentwicklungsplan Klima vorlegen – Ende 2010 wollen wir fertig sein.

Eine Nachfrage des Kollegen Buchholz – bitte, Herr Buchholz!

Das heißt, ein solcher Stadtentwicklungsplan Klima, wie Sie ihn eben angesprochen haben, wird dann auch konkrete Ziele und Handlungsempfehlungen wie auch Handlungsanweisungen für die verschiedenen Berliner Verwaltungen enthalten?

Frau Senatorin Junge-Reyer – bitte!

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Buchholz! Ich halte viel von Plänen, aber nur dann, wenn sie uns etwas lehren, wenn sie uns zu etwas verpflichten und wenn sie die Verantwortung, die wir haben, aufzeigen. Dazu gehört, dass sich aus dem Plan, dem, was man feststellt, und aus den planerischen Vorgaben, die man entwickelt, politisches Handeln ergeben muss – Handeln, das übrigens nicht nur die Verwaltungen ressortübergreifend verpflichten wird, sondern auch viele, die in der Stadtgesellschaft Verantwortung für die Entwicklung des Klimas tragen.

[Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne): A 100!]

Das sind unsere Partner, mit denen wir jetzt schon darüber sprechen, aber es sind auch viele, die sich bürgerschaftlich engagieren, die daran mitwirken werden, einen solchen Stadtentwicklungsplan Klima zu erarbeiten.

Danke schön!

Jetzt geht es weiter mit Frau Breitenbach von der Linksfraktion. – Bitte schön, Frau Breitenbach, Sie haben das Wort!

Vielen Dank! – Gestern wurde vom Arbeitsgericht die Tarifunfähigkeit der Christlichen Gewerkschaften festgestellt, und ich frage den Senat, in dem Fall die Arbeitssenatorin, wie er dieses Urteil bewertet.

Frau Arbeitssenatorin Dr. Knake-Werner – bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Breitenbach! Zunächst will ich feststellen, dass ich mich über dieses Urteil sehr freue. Ich habe diesen Antrag auf Feststellung der Tariffähigkeit gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi vor etwa einem halben Jahr an das Arbeitsgericht in Berlin gestellt. Erstmals ist es in der Bundesrepublik gelungen, die Tarifunfähigkeit der Christlichen Gewerkschaften festzustellen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Damit ist den Christlichen Gewerkschaften bescheinigt worden, dass sie nicht im Interesse der Beschäftigten agieren, sondern dass sie über Gefälligkeitstarifverträge die Interessen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wahrnehmen. Auf diese Weise tragen sie aus meiner Sicht dazu bei, dass sich in der Bundesrepublik Deutschland zunehmend Dumpinglöhne ausbreiten. Damit werden soziale Standards unterlaufen, damit werden Schutzstandards für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer infrage gestellt. Dem einen Riegel vorzuschieben, das finde ich, ist eine wichtige Sache. Das haben wir im ersten Schritt erreicht.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Ich will etwas zum Hintergrund dieser Entwicklung sagen, denn die Christlichen Gewerkschaften gibt es noch nicht so lange, und ihr Aufwuchs hat gerade in den letzten Jahren enorm zugenommen. Das hat damit zu tun, dass im Jahr 2003 das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geändert worden ist. Hier ist der Grundsatz des Equal Pay, der gleichen Bezahlung der Stammbelegschaften und der Beschäftigten, die über die Leiharbeitsfirmen im Unternehmen beschäftigt sind, aufgenommen worden. Allerdings gab es eine Tariföffnungsklausel, die besagt, dass immer dann, wenn ein Tarifvertrag besteht, der unterhalb der Bezahlung der Stammbelegschaften abgeschlossen worden ist, dieser gilt.

Das hat dazu geführt, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber – nicht faul! – ein sehr großes Interesse daran entwickelt haben, solche Vertragspartner zu finden, die mit ihnen gemeinsam einen solchen Unterbietungstarifvertrag realisieren. Insofern glaube ich, ist es ein wichtiger Schritt im Interesse der beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass dieses Urteil gefällt worden ist.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Danke schön! – Eine Nachfrage von Frau Breitenbach? – Das ist nicht der Fall.

Bürgermeisterin Ingeborg Junge-Reyer

Dann ist der Kollege Lux von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an der Reihe und hat das Wort. – Bitte sehr!

Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage die Senatorin für Gesundheit im Rahmen ihrer Zuständigkeit. Sie hat vor zwei Wochen hier gesagt, dass sie die elementaren gesundheitlichen Bedürfnisse der Abhängigen vom Kottbusser Tor nicht aus dem Blick verlieren will. Diese werden ja momentan durch die ganze Stadt getrieben, auch nach Neukölln, etwa zum Hermannplatz. Was haben Sie getan, seitdem Sie das hier gesagt haben?

Frau Senatorin Lompscher – bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Lux! Die Zuständigkeit für die Drogenpolitik liegt bei der Gesundheitssenatorin – das ist gut so! Es ist gut, dass sie bei der Gesundheitssenatorin liegt und nicht ausschließlich beim Innensenator.

In der konkreten Fragestellung arbeiten wir sehr eng mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zusammen, weil die Sicherstellung der Hilfsangebote in den jeweiligen lokalen Brennpunkten in der Verantwortung der Bezirke in enger Kooperation mit den freien Trägern und den Fachleuten in meiner Senatsverwaltung liegt. Das heißt, der Bezirk ist hier am Zug. Er macht das auch sehr gut, wenn ich das einmal sagen darf. Alle Möglichkeiten, die wir haben, den Bezirk zu unterstützen, Alternativen zum jetzigen Drogenkonsumraum zu finden, nutzen wir derzeit bereits und werden sie auch weiter nutzen.

Eine Nachfrage des Kollegen Lux? – Bitte schön!

Es geht auch wieder um die Drogenabhängigen, aber es ist ein anderer Komplex. Bei der Frage zu eins haben Sie ja nichts gemacht, und es lässt sich ja auch nicht darstellen.

Sie haben angekündigt, mit in die Heroinsubstitution des Bundes zu kommen. Das haben Sie vor zwei Wochen angekündigt. Hat sich da etwas getan?

Frau Senatorin Lompscher – bitte!

Vermutlich wissen Sie so gut wie ich, dass es gerade kürzlich eine Anhörung im Bundestag zu einem Gruppenantrag gegeben hat, der im Augenblick im Bundestag behandelt wird. Es liegen verschiedene Gruppenanträge vor, darunter auch einer, den Abgeordnete von SPD, Grünen, FDP und Linken im Bundestag gestellt haben. In ihm wird die Freigabe von Diamorphin für Schwerstabhängige gefordert. Dazu gibt es noch keinen Beschluss des Bundestages. Ich hoffe aber, dass wir vor der Sommerpause und vor der Bundestagswahl einen Beschluss bekommen werden.

Das Land Berlin hat insofern Vorsorge getroffen, als wir in die Finanzplanung Investitionsmittel eingestellt haben, um dann kurzfristig reagieren zu können und ein bis zwei Behandlungseinrichtungen in der Stadt etablieren zu können.

Danke schön!

Dann geht es weiter mit einer Anfrage des Kollegen Meyer von der Fraktion der FDP. – Bitte schön, Herr Meyer!

Danke, Herr Präsident! – Ich frage den scheidenden Finanzsenator, Herrn Sarrazin. – Herr Sarrazin! Teilen Sie die Kritik des Geschäftsführers des Liegenschaftsfonds, dass das Land Berlin mindestens 20 Millionen Euro durch Einmischungen vonseiten des Senats und der Berliner Politik in die Veräußerungsaktivitäten des Liegenschaftsfonds verschenkt

[Daniel Buchholz (SPD): Wir sind eine Demokratie!]

und dass sich das Land Berlin zurzeit nicht als seriöser und verlässlicher Verhandlungspartner präsentiert?

Herr Senator Dr. Sarrazin – bitte!

Wenn Senatsverwaltungen oder Bezirke sehen, dass sie Liegenschaften nicht mehr für Verwaltungszwecke benötigen, dann werden diese aus dem Verwaltungsvermögen herausgelöst und gehen in das Finanzvermögen und von dort aus an den Liegenschaftsfonds. Diese Listen werden im Senat regelmäßig verabschiedet und dem Abgeordnetenhaus vorgelegt.

Für die Glaubwürdigkeit des Liegenschaftsfonds, der sich bei den Investoren einen sehr guten Ruf erworben hat, ist es unbedingt wichtig, dass nicht der Eindruck entsteht, dass Liegenschaften, nachdem sie einmal zum Verkauf frei gegeben worden sind, in ihrer weiteren Verwendung

Präsident Walter Momper

quasi politischer Willkür unterliegen, und dass das Verfahren absolut glaubwürdig und transparent bleibt.

Soweit man politische Wünsche hat, die durchaus legitim sind, was eine gewisse Nutzungsbindung angeht, was die Begrenzung auf bestimmte Arten von Investoren angeht, kann man das alles in den Ausschreibungsbedingungen transparent machen. Ich persönlich finde es nicht gut und auch für künftige Verwertungserfolge wie auch für das Prestige des Landes Berlin potenziell riskant, wenn man in derartige Verfahren im Nachhinein – aus welch guten Gründen auch immer – eingreift, wie es einige Male geschehen ist. Meist kommen solche Interventionen übrigens nicht aus dem Senat, da sind wir einigermaßen diszipliniert, sondern aus dem parlamentarischen Raum. Das ist zu bedauern.

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage des Kollegen Meyer? – Bitte!

Danke, Herr Sarrazin! – Kann ich Ihre Antwort als eine Art Appell an die Regierungskoalition verstehen, sich hier ein wenig zu disziplinieren?

[Daniel Buchholz (SPD): Ist Ihnen das nicht peinlich? – Alice Ströver (Grüne): Lästig, diese Demokratie!]

Herr Senator Dr. Sarrazin – bitte schön!