Mit Ihren Äußerungen beim Festakt zum 200-jährigen Bestehen des Polizeipräsidiums – der Kollege Jotzo hat darauf hingewiesen – haben Sie eine enorme Empörung ausgelöst. Als die Empörung immer größere Wellen schlug, haben Sie Ihren Senatssprecher vorgeschickt, der das als „ironische Bemerkung“ heruntergespielt hat.
Rückt man diese Äußerung in den Kontext der jüngsten Ereignisse zum 1. Mai, dann offenbart das ein wirklich gestörtes Verhältnis des Senats zu den Polizeibediensteten und zu den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes insgesamt. Wir haben vor wenigen Tagen den schlimmsten 1. Mai seit Jahren erlebt: exzessive Ausschreitungen, extreme Gewalt gegen Polizei, 479 verletzte Polizisten. Herr Wowereit! In der konkreten Situation, als sich die Polizisten am 1. Mai unter Gefahr für Leib und Leben für die Sicherheit eingesetzt haben, haben Sie geschwiegen. Aber bei der Festveranstaltung für das Polizeipräsidium stellen Sie sich vor die Truppe und verhohnepiepeln die Polizeibediensteten. Das ist nicht nur instinktlos, sondern genau darin kommt dieses gestörte Verhältnis zur Polizei zum Ausdruck. Das kritisieren wir.
Aber zurück zur Ironie. Bekanntermaßen wird die besondere Wirkung der Ironie im Lachen der Zuhörer gesehen. Aber es hat gar keiner gelacht. Teilnehmer der Veranstaltung erklärten anschließend, dass die Bemerkung selbst im Kreis der ausgewählten Ehrengäste zu Unmutsäußerungen geführt hat. Und dass die anwesenden Polizisten das als Hohn und Spott empfunden haben, zeigen die öffentlichen Reaktionen doch deutlich. Rolf Kaßauer vom Bund der Kriminalbeamten spricht von:
einer alten, neu aufgerissenen Wunde, die wohl nicht mehr zu heilen, sondern eher tiefer geworden ist.
Solche Witzchen kann Herr Wowereit meinethalben gerne auf einer Party bei sich zuhause machen, aber keineswegs vor einem Publikum, das nicht nur für die Sicherheit der ganzen Stadt, sondern auch für die der Politiker verantwortlich ist.
Da hat der Mann recht, denn die höhnischen Äußerungen des Regierenden Bürgermeisters treffen nicht nur die Personenschützer des Polizeilichen Staatsschutzes, die für
seine Sicherheit zuständig sind, sondern sie betreffen auch die Bediensteten des Objektschutzes und andere Bereiche. Bei einer solch verheerenden Reaktion auf Ihre Äußerung – wenn doch alles nicht so gemeint gewesen sein soll – schickt man doch nicht den Senatssprecher mit einer windelweichen Erklärung vor, sondern man entschuldigt sich schlicht und einfach bei den Polizeibeamten. Das wäre der einfachste Weg gewesen.
[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Björn Jotzo (FDP): Das wäre das Mindeste gewesen!]
Aber wenn Sie sich schon nicht entschuldigen wollen, dann könnten Sie es vielleicht einmal mit Selbstironie versuchen. Das wäre doch viel besser, als Witze auf Kosten der anderen zu machen: Mehr Selbstironie anstatt Ihrer unerträglichen Selbstherrlichkeit, das würde Ihnen gut zu Gesicht stehen.
So aber reiht sich Ihre Äußerung in die Kette jahrelanger Diskreditierungen und Verhöhnungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes durch den rot-roten Senat ein. Wir erinnern uns noch zu gut an den Ton und das Verhalten des rot-roten Senates bei den Tarifauseinandersetzungen Anfang letzen Jahres bei der BVG. Anstatt auf ein konstruktives Miteinander zu setzen, setzen Sie auf Konfrontation und Machtdemonstration. Ein Personalentwicklungskonzept und Planung gibt es nicht, ein Zukunftskonzept auch nicht, keine Perspektive. Das ist das Problem im Umgang mit dem öffentlichen Dienst.
Natürlich verstehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes nicht, weshalb sie schlechter bezahlt werden als die Kollegen in anderen Ländern. Selbst in den Haushaltsnotlageländern Saarland und Bremen ist es so, dass die Beamtinnen und Beamten an der Einkommensentwicklung teilhaben. Hier klafft die Lücke zwischen den Ländern so weit, dass ein Polizeimeister 190 Euro weniger verdient, ein Kommissar 360 Euro, insgesamt 20 Prozent weniger in Berlin im Verhältnis zu den anderen Landesbediensteten.
Der Senat ist seit Jahren nicht in der Lage, eine professionelle Personalplanung vorzulegen, die Mitarbeiter positiv zu motivieren, die Stadt voranzubringen.
Ich komme zum letzten Satz. – Wenn wir das ändern wollen, dann müssen wir dem Senat ein deutliches Zeichen setzen. Es geht bei dem Antrag nicht um einen misslungenen Witz, sondern um die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Deshalb werden wir selbstverständ
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Graf! – Für die Linksfraktion hat Frau Abgeordnete Seelig das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ja heute ein etwas turbulenter Tag hier. Herr Jotzo! Wenn es irgendwie noch parlamentarische Redeweise sein sollte: Sie sind heute einfach außer Rand und Band. So kenne ich Sie sonst gar nicht.
Herr Graf sprach im Wesentlichen über Umgangsformen, was der Regierende Bürgermeister hätte machen müssen oder hätte lassen sollen, was ein Regierungssprecher zu sagen hat oder nicht zu sagen hat. Ansonsten ist über Inhalte nicht viel geredet worden.
Ich gebe Ihnen an einer Stelle recht: Ich war von dem Scherz bei dieser Veranstaltung auch nicht so sonderlich begeistert.
Ich finde es schon in gewisser Weise verständlich, dass ihn der eine oder andere doch in den falschen Hals bekommen und ihn nicht so als Scherz wahrgenommen hat,
[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Benedikt Lux (Grüne) – Gregor Hoffmann (CDU): Fast alle, nicht nur der eine oder andere!]
insbesondere im Land Berlin, wo die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes mit dem Anwendungstarifvertrag einen großen Anteil an der Konsolidierung des Haushalts haben. Sie haben übrigens einen gültigen Tarifvertrag, den die Gewerkschaften mit dem Land Berlin geschlossen haben, Herr Graf. Insofern wundern sie sich nicht, dass sie im Moment weniger Geld haben, sie möchten nur mehr haben, was ja verständlich ist. Dieser hohe Anteil an der Konsolidierung des Haushalts sollte auch dazu führen, dass man besonders sensibel miteinander umgeht.
Das Auslaufen des Tarifvertrags muss selbstverständlich zu einem zukunftsfähigen und leistungsorientierten Tarifrecht führen.
Da können wir sogar mit der FDP übereinstimmen. Wie schlank allerdings der öffentliche Dienst daherkommt, dazu weise ich auf unseren Koalitionsvertrag.
Sie fordern den Senat auf, spätestens zu Beginn der Haushaltsberatungen 2010/2011 ein umfassendes Zukunftskonzept für die Dienstkräfte im öffentlichen Dienst vorzulegen. Dieses Zukunftskonzept muss dagegen aus unserer Sicht Ergebnis von Tarifverhandlungen und damit Aufgabe der Tarifparteien sein. So schnell wie möglich dafür mit den Vorbereitungen zu beginnen, halten wir für notwendig, und wir sind froh darüber, dass in dieser Woche bereits erste Sondierungsgespräche stattgefunden haben. Das begrüßen wir ausdrücklich.
Es geht auch aus unserer Sicht nicht an, dass die Einkommen der öffentlich Beschäftigten in Berlin auf Dauer von denen im übrigen Bundesgebiet abgekoppelt sind. Wir schulden aus unserer Sicht den Mitarbeitern nicht nur Dank für die erbrachten Einsparungen, sondern sind auch verpflichtet, zu einem Neuanfang nach dem Auslaufen des jetzigen Tarifvertrags zu kommen. Das kann aus unserer Sicht nur gemeinsam mit den Gewerkschaften passieren. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab, zumal es auch wünschenswert wäre, wenn Sie nicht so allgemein formulieren würden, sondern mitteilten, was Sie sich als FDP tatsächlich unter einem solchen Konzept vorstellen. Deshalb können wir nur vermuten, nach unseren Erfahrungen mit generellen FDP-Positionen, dass es für Sie um Outsourcen staatlicher Leistungen, um Privatisierungen geht, dass Sie betriebsbedingte Kündigungen zukunftsweisend finden. Rot-Rot hat bekanntermaßen beschlossen, landeseigene Unternehmen so zu sanieren statt zu privatisieren, wie uns auch der aktuelle Ruf nach dem Staat in der Finanzkrise im Grunde genommen recht gibt. Aber dafür wird in Zukunft auch Personal gebraucht werden, und dieses Personal wird im Land Berlin eine Perspektive haben. Wir werden harte, aber gute Tarifverhandlungen zwischen dem Land Berlin und dem öffentlichen Dienst in Berlin haben.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Seelig! – Jetzt haben wir eine Kurzintervention des Herrn Abgeordneten Jotzo. – Bitte sehr, Sie haben drei Minuten lang das Wort!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Seelig! Da Sie mich direkt und auch die Position der FDP-Fraktion angesprochen haben, ist diese Kurzintervention angebracht. – Es geht doch nicht darum, Frau Seelig, dass wir uns über Grundsätze von Dingen streiten, die die eine oder die andere Fraktion will. Es geht doch schlechthin darum, dass Sie den Gaul von hinten aufzäumen. Sie sind als Senat nicht bereit, Prioritäten zu definieren und nach denen dann zukünftig den Personalkörper zu gestalten. Wenn Sie das schon nicht tun, dann braucht man sich über die Frage, wie man zu diesem zukünftigen Personalkörper kommt, überhaupt keine Gedanken zu
machen, und genau das ist es, was Sie momentan machen. Sie haben kein Ziel. Sie haben keinen Weg. Sie schauen einfach, was morgen, was übermorgen die Tarifverhandlungen ergeben, aber so kann man keine verantwortungsvolle Personalpolitik machen. Das ist es, was der Senat den Beschäftigten schuldig ist. Und ob dieser Senat links oder christliberal geführt ist, diese Aufgabe muss jeder Senat, egal welcher Couleur, erfüllen, weil es eine Verantwortung eines Arbeitsgebers gegenüber seinen Beschäftigten ist zu sagen: Da wollen wir mit euch gemeinsam hin, und gegebenenfalls müssen wir dann auch definieren, für die Aufgaben, die wir gemeinsam machen wollen, brauchen wir jeden Mann.
Aber wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass wir jeden Mann und jede Frau – vielen Dank! – an Bord brauchen, dann müssen wir diesen Beschäftigten auch sagen, wie gut wir sie dann bezahlen können. Und wenn wir wissen, was in Zukunft hier aufwächst, Frau Seelig, dann ist es unredlich, was Sie und Ihre Koalition machen, zum einen zu sagen: Wir sehen hier Schwierigkeiten beim Konsolidierungsbedarf. – Das ist das eine. Herr Sarrazin hat immer einen ordentlichen Kurs gefahren. Er hat immerhin eine Nummer vorgegeben, zwar keine Aufgabenkritik gemacht, aber eine Nummer vorgegeben, und Sie haben die kritisiert. Das ist ja gut, aber dann müssen Sie auch die Konzepte liefern, die dann ganz ehrlich sagen: Wir werden soundso viele Beschäftigte haben, wir werden sie so bezahlen können und so werden wir es auch finanzieren. – Und das, Frau Seelig, können Sie nicht leisten, weil eine Personalplanung so nicht funktioniert. Deswegen versagt dieser Senat auch bei der Personalplanung. Und wenn Sie sich da nicht eines Besseren besinnen, dann werden Sie in zwei, drei Jahren die Quittung dafür bekommen. Und das werden dann die Beschäftigten auslöffeln müssen, für die Sie jetzt so große Krokodilstränen vergießen, liebe Frau Seelig, und das ist der eigentliche Skandal an Ihrer Personalpolitik.
Ich denke, das hat noch einmal deutlich gezeigt, dass wir da sehr voneinander abweichende Positionen haben. Wir sind natürlich der Meinung, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sehr wohl wissen, dass am 31. Dezember der Anwendungstarifvertrag ausläuft, und dann wissen sie auch, was sie erst einmal auf jeden Fall wiederbekommen, nämlich diese acht bis zwölf Prozent, die eingespart wurden. Ansonsten stehen wir vor Tarifverhandlungen. Darüber haben wir vorhin geredet. Ich verweise natürlich darauf, dass kein Arbeitgeber im Vorfeld mit Zahlen und Daten hantiert, bevor man in diese
Was die Anzahl der Beschäftigten anbelangt, genügt ein Blick in den Koalitionsvertrag. Das habe ich Ihnen vorhin auch schon gesagt. Da steht die Zahl 100 000. Daran kann sich jeder orientieren. Dass wir auch Schwerpunkte setzen, auch darüber haben wir heute geredet, nämlich Bildung und Schule. Da wird ein erheblich höherer Anteil an Personal eingebracht. Die Zahlen sind bekannt, die liegen auf dem Tisch. Sie können uns doch nicht Konzeptionslosigkeit vorwerfen, wenn es eigentlich darum geht, dass Sie wahrscheinlich nicht über Lesefähigkeiten verfügen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Seelig! – Für die Fraktion der Grünen hat Herr Abgeordneter Lux das Wort. – Bitte sehr!