Für wohnungslose Menschen muss viel Zeit, viel Arbeit, aber auch viel Geld aufgewendet werden, weil ihre Probleme vielschichtig sind und dennoch die Wiedereingliederung in die Gesellschaft und das Erwerbsleben angestrebt werden muss. Wohnungslose Personen brauchen häufig nicht nur eine Wohnung, sondern sie brauchen Schuldnerberatung, Eingliederungshilfe für Behinderte, Erziehungshilfe, medizinische oder pflegerische Leistungen, berufliche Qualifizierung und Arbeit. Deshalb muss die Wohnungslosenhilfe stärker als bisher als ressort- und institutionsübergreifende Aufgabe verankert werden. Ein solcher Arbeitsansatz wird auch die Grundlage der Leitlinien für die Wohnungslosenpolitik sein, die noch in diesem Jahr vorgelegt werden, in intensiver Diskussion mit den entsprechenden Arbeitskreisen.
Mit der veränderten Gesetzeslage – Herr Hoffmann hat es schon gesagt – aus dem Jahr 2005 haben sich die Ausgangsbedingungen der Wohnungslosenpolitik grundlegend verändert. Bis zum Jahr 2005 gab es für Wohnungslose Leistungen aus einer Hand. Heute sind die Zuständigkeiten bei zwei Behörden, und mehrere Ansprechpartner sind für die Leistungsberechtigten verantwortlich, 12 Sozialämter und/oder 12 Jobcenter. Sie kennen das alles.
Nun zu den von Ihnen gewünschten Daten, Herr Hoffmann. Sie wissen, dass genau seit dem Jahr 2005, nach der Veränderung der Sozialgesetze, das Merkmal Wohnungslosigkeit in keiner statistischen Erhebung der Bundesagentur für Arbeit aufgenommen ist. Demzufolge fehlen auch entsprechende Erkenntnisse darüber, wie viel Fallmanagement für Wohnungslose zur Verfügung steht und was die größten Vermittlungshemmnisse sind. Aus meiner Sicht wird – und das sage ich ausdrücklich – der besonderen Lebenslage von Wohnungslosen bzw. von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen bis heute in den Jobcentern nicht ausreichend Rechnung getragen. Immerhin konnten wir mit der Regionaldirektion einige wichtige Verhandlungsergebnisse erzielen.
So ist es zum Beispiel so, dass die notwendige Zusammenarbeit zwischen Jobcentern und den sozialen Diensten der Bezirke erleichtert und gefördert werden konnte.
Zweitens ist es jetzt nicht mehr möglich, den Ausschluss von SGB-II-Leistungen bei Aufenthalt in stationären Einrichtungen zu verordnen. Das heißt, die Leistungen laufen auch dort weiter, weil sie als ambulante Einrichtungen anerkannt sind, und schließlich haben wir spezielle Kriterien in der AV Wohnen, gerade auch für Wohnungslose, vorgesehen, was die Entschuldungsregelung angeht, aber zum Beispiel auch, was die direkte Abgabe der Miete an den Vermieter angeht.
Nun haben wir natürlich einige verlässliche Daten über die zentrale Unterbringungsstelle der Bezirke, die bei mir im Landesamt für Gesundheit und Soziales angesiedelt ist. Ich will Ihnen gerne einige Daten über die Wohnungslosigkeit und die Entwicklung in Berlin darstellen. – Herr Hoffmann! Die Zahl der Wohnungslosen hat sich zwischen 2005 und 2006 nur marginal verändert, von 2 926 Personen auf 3 100. Die Zahl der Personen, die Leistungen nach dem SGB XII beanspruchen, wuchs dagegen enorm, und zwar im gleichen Zeitraum um 20 Prozent.
Was bedeutet das jetzt? – Das bedeutet, dass es sich hier überwiegend um ambulante Hilfen für Menschen handelt, denen Wohnungsverlust droht. Damit zeigt sich ganz deutlich, nicht die Zahl der Wohnungslosen steigt in Berlin, sondern die Zahl derjenigen, die rechtzeitig um Hilfe nachsuchen, um erst gar nicht in die Situation der Wohnungslosigkeit zu kommen. Damit ist ein zentrales Ziel des Senats eingelöst: Prävention ist damit Schwerpunkt der Wohnungslosenhilfearbeit geworden. Ich denke, dass ist ein gutes Ergebnis. Es zeigt, dass Wohnungslosigkeit durch gute präventive Praxis vermieden werden kann.
Dreizehn Projekte der Wohnungslosenhilfe werden vom Senat über den Ligavertrag gefördert. Alle anderen Finanzierungen der Wohnungslosenhilfe – das habe ich hoffentlich gerade deutlich gemacht – laufen über das Bundesgesetz, SGB II oder SGB XII. Diese dreizehn Projekte, Herr Hoffmann, sind ohne jede finanzielle Kürzung in den letzten Jahren gefördert worden – auf meine ausdrückliche Intervention auch bei der Aufstellung der Projekte in dem Ligavertrag. Das war auch ganz bewusst so, weil ich es richtig fand, dass genau in diesem Bereich erst einmal genau geschaut wird, wie die Wohnungslosenhilfe aufgestellt ist und was nötig ist.
Deshalb haben wir in Abstimmung mit den Ligaverbänden eine Evaluation dieser niedrigschwelligen Wohnungslosenhilfeangebote vorgesehen. Diese Evaluation soll im September dieses Jahres vorliegen. Danach werden wir sicher auch gemeinsam über die Ergebnisse und die notwendigen Konsequenzen daraus diskutieren.
Die Wohlfahrtsverbände übermitteln darüber hinaus jährlich die Daten der Personen, die die Leistungen der Wohnungslosenhilfe im Einzelnen in Anspruch nehmen. Sie erinnern sich, dass wir bei der Bilanzkonferenz regelmäßig gemeinsam über diese Ergebnisse diskutieren. Ich will Ihnen dennoch ein paar aktuelle Zahlen nennen: Das
Platzangebot für ambulante Maßnahmen nach SGB XII hat sich insgesamt stark erhöht, zum Beispiel bei dem betreuten Wohnen seit 2004 sogar verdoppelt. Im Jahr 2004 gab es 6 555 Leistungsberechtigte, die Hilfen in ambulanten Maßnahmen von betreuten Einzel- und Gruppenwohnungen oder stationären betreuten Wohnformen wie Übergangshäusern und Kriseneinrichtungen nach SGB XII in Anspruch genommen haben. Im Jahr 2007 waren es 8 628.Sie können unschwer erkennen, dass es hier einen deutlichen Anstieg gegeben hat.
Woran liegt dieser Anstieg? – Er hat auch damit zu tun, dass Hilfen zum Wohnungserhalt oder zur Wohnungserlangung genutzt worden sind. Dies ist auch ein sicheres Zeichen, dass es hier vor allen Dingen um Wohnungserlangung geht, die im Zentrum unserer Arbeit steht. Von den 5 628 Nutzerinnen und Nutzern im Jahr 2007 waren übrigens 40 Prozent junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren. Das hat sehr viel mit der SGB-II-Änderung zu tun, wonach es ein Auszugsverbot für junge Menschen in diesem Alter aus den elterlichen Wohnungen gibt. Das tun sie dann trotzdem, und leider führt das dann häufig dazu, dass sie über kurz oder lang im Bereich der Wohnungslosenhilfe landen. Auch hier entstehen entsprechende Steigerungen.
Die Frauenquote der Leistungsempfangenden liegt bei etwa 30 Prozent. Die Ausgaben – die haben Sie eben schon angesprochen – beim SGB XII sind in der Tat von 22,4 Millionen Euro im Jahr 2004 auf 33,4 Millionen Euro im Jahr 2008 gestiegen. Da sage ich Ihnen: Das ist gut angelegtes Geld, weil es verhindert, dass die Menschen wohnungslos werden, dass die Menschen auf der Straße leben, sondern mit diesen Leistungen rechtzeitig für Wohnraumsicherung gesorgt wird.
Diese Ergebnisse zeigen, dass die bestehenden Angebote der Wohnungslosenhilfen in Berlin in ihrer Differenzierung vollständig ausreichend sind. Die Kapazitäten werden darüber hinaus von den Leistungsanbietern ständig angepasst. 2004 gab es 3 830 Plätze in ambulanten und stationären Wohnformen. 2007 waren es 5 136, und die tatsächlichen Auslastungsquoten liegen jährlich deutlich über der Platzkapazität. Sie ist also höher als die tatsächliche Nachfrage.
Meine Senatsverwaltung hat darüber hinaus eine Studie in Auftrag gegeben, um zu ermitteln, welche Kriterien im positiven Verlauf der Hilfen nach § 67 SGB XII befördern oder aber auch behindern. Die Studie wird vor der Sommerpause vorliegen, und wir werden sehr schnell gemeinsam mit Ihnen und anderen Fachleuten die Ergebnisse dieser Studie diskutieren, auch darüber, welche Weiterentwicklungen im Hilfesystem sich möglicherweise daraus ergeben.
Die CDU-Fraktion hat auch gefragt, welche Empfehlungen die Anbieter zu Veränderungen der Wohnungslosenhilfeangebote gegeben haben. Da gab es in der Tat vom Diakonischen Werk die Initiative, gesondertem Betreu
ungsbedarf für wohnungslose SGB-II-Berechtigte nachzukommen. Wir haben daraufhin seit Mitte 2008 speziell drei ESF-Projekte, die das zum Schwerpunkt gemacht haben. Zwei davon werden vom Diakonischen Werk durchgeführt und ein Projekt von der Berliner Treberhilfe. Sie tragen dazu bei, wohnungslose Menschen in Beschäftigung zu integrieren bzw. sie auf Beschäftigung vorzubereiten.
Schließlich haben wir noch einen Aspekt, der sich aus meiner Sicht lohnt, genannt zu werden – in aller Kürze: Mit der Gesundheitsreform 2004 hat sich auch die Situation wohnungsloser Menschen deutlich verbessert. Erstens gibt es das Recht, dass sie in stationären Einrichtungen von den Pflegediensten gepflegt werden können, die Sozialstationen diesen Anspruch auch erheben können. Darüber hinaus sind alle SGB-II-Empfangenden seit dieser Gesundheitsreform bei der Krankenkasse versichert. Das gilt auch für Wohnungslose. Wenn sie bei irgendeinem Träger eine Adresse hinterlassen haben, sind sie automatisch krankenversichert. Ich glaube, das ist ein ganz entscheidender Schritt zur Verbesserung ihrer Situation. Darüber hinaus gibt es über das SGB XII die Möglichkeit, auch bei Wohnungslosen und Pflegebedürftigkeit die Kostenübernahme zu regeln.
Das heißt insgesamt: Wir haben eine umfassende gesundheitliche und pflegerische Versorgung der wohnungslosen Menschen in Berlin, und das ist gut und richtig so. Dennoch gibt es die Forderung des AK Wohnungslosenhilfe zu einer sehr niedrigschwelligen Einrichtung einer Krankenwohnung, nachdem die Krankenstation in der Stadtmission geschlossen worden ist. Wir sind zu dieser Frage in Gesprächen auch mit Trägern.
Abschließend: Es gibt auch Projekte für Wohnungslose mit Migrationshintergrund. Auch das ist wichtig, um auf die unterschiedlichen kulturellen und ethnischen Wertmaßstäbe einzugehen. Sie sind im Leistungskatalog aller Angebote verbindlich vereinbart, wie eben auch die geschlechtsspezifischen. Drei Leistungsanbieter haben sich speziell die Wohnungslosen mit Migrationshintergrund zum Thema gemacht und entsprechende Angebote gemacht.
Zum Schluss möchte ich darauf verweisen, dass Berlin auch im Vergleich zu allen anderen Bundesländern, das geben viele Studien her, ein beispielhaftes Hilfesystem hat. Bei Untersuchungsergebnissen bundesweiter Forschung im Rahmen der Wohnungslosenhilfe erhält das Berliner Angebotesystem durchweg gute Noten. Berlin war und ist bundesweit Vorreiter bei der Etablierung von bedarfsgerechten Angeboten unter anderem der ambulanten medizinischen Versorgung von Obdachlosen, beispielsweise der ambulanten betreuten Wohnform mit Schwerpunkt auf Präventionsleistung im eigenen Wohnraum. Auch das ist ein zentraler Punkt. Die Vermeidung von Wohnungslosigkeit steht im Zentrum der Arbeit des Senats. Das wird auch so bleiben. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Senatorin! Der Dank an den Bund für eine Verbesserung der Krankenversicherungssituation ist schon einmal ein erster und guter Ansatz zur Beschreibung des Problems. Ja, es ist eine Bundesaufgabe, und der Bund hat seine Aufgabe offensichtlich gut erfüllt. Ich finde es gut, dass Sie dies erwähnen. Ich hätte mir allerdings gewünscht – vor dem Hintergrund, dass die Große Anfrage nicht schriftlich beantwortet wurde –, dass wir möglichst auch eine tiefgreifende und ausführliche Antwort erhalten können, um erkennbar deutlich zu machen, welchen Weg man gehen möchte.
Nun ist es leider so, dass sich wahrscheinlich vieles verschieben wird, vor allem der Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Finanzierung. Sie sind ziemlich stark bei der Zielbeschreibung geblieben. Die Zielbeschreibung, Frau Senatorin, ist eben leider keine konkrete Antwort auf die konkreten Problemlagen.
Sicherlich wird der von Ihnen erwähnte Evaluationsbericht der Liga inhaltlich einiges bringen. Ich gehe davon aus, dass die Grundprobleme, die der Arbeitskreis Wohnungsnot schon im Juli 2007 in einem Statement zusammengefasst hat, auch dort wieder auftauchen werden, und zwar in kompakter Form. Das betrifft vor allem die unterschiedliche Vorgehensweise der Jobcenter bei den Anträgen auf Übernahme von Mietschulden, die immer noch unbefriedigende Datenlage als Grundlage für planerische Vorhaben, die Anerkennung des tatsächlichen Hilfeplans sowie die Schaffung passgenauer Leistungstypen und die kontinuierliche Fortschreibung der Leitlinien durch die zuständige Senatsverwaltung.
Besonders auffallend ist jedoch zurzeit, dass die Hilfen nicht ineinandergreifen und zunehmen junge Menschen, psychisch Kranke und Frauen in den Fokus rücken. Dabei möchte ich an eine Veranstaltung im letzten Jahr erinnern, die unter der Fragestellung „Dürfen wohnungslose Menschen psychisch krank sein?“ durchgeführt wurde. In der Debatte stellte sich heraus, dass die derzeitige Ausstattung der Angebote für psychisch Kranke nicht geeignet ist, dass bei jungen Menschen und Jugendlichen nicht richtig mitzieht und es zu wenig gendergerechte Einrichtungen für Frauen gibt. Da muss sich schleunigst etwas ändern.
Der nächste dicke Brocken ist die Unterbringung in gewerblichen Pensionen. Hier befinden sich zumeist Menschen, mitunter auch ganze Familien, mit Multiproblemlagen, die dort viel zu lange und ohne psychosoziale Betreuung leben müssen. Deren Reintegration ist gefähr
det, wenn nicht regelmäßige Überprüfungen hinsichtlich der Verweildauer und der Gewährung der notwendigen Hilfen erfolgt.
Ein weiteres Problemfeld ist die Betreuung wohnungsloser Menschen in den Jobcentern, sei es bei der festen Zuordnung zu bestimmten Mitarbeitern, sei es bei der zu langsamen Gewährung von Arbeitslosengeld-II-Anträgen, seien es Fahrtkosten, Mieten und Zuschläge für die Möblierung von Trägerwohnungen und nicht zuletzt die Vermittlung. Viele dieser Menschen sind hochmotiviert und wollen arbeiten, aber die Maßnahmen sind nicht auf sie ausgerichtet und enden fast nie in dauerhafter Arbeit. Aber gerade das ist eine der Brücken zurück in die Gesellschaft. Deshalb müssen auch in diesem Bereich verstärkt Anstrengungen vom Senat unternommen werden, mit der Agentur entsprechende Arbeitsangebote zu entwickeln.
Die Probleme in der Wohnungslosenpolitik liegen seit Jahren auf dem Senatstisch. Sie müssten in Angriff genommen werden. Dazu gehört die Fortschreibung der Leitlinien ebenso wie die Vorlage einer ordentlichen Finanzierung, einer konzeptionellen Einbindung der Träger und vor allem eine klare Definition der Hilfeangebote. Ihr Vortrag, Frau Senatorin, zeigt – das ist eigentlich das, was mich ein Stück weit schockiert hat –, dass Sie natürlich die Problemlagen beschreiben können – das darf man erwarten –, aber jeglichen Lösungsweg offenlassen. Darin genau liegt Ihre Aufgabe.
Frau Senatorin! Die Aufgabenverschiebung auf die Jobcenter zeigt gerade, dass Sie sich auch ein Stück weit aus der Verantwortung nehmen wollen, wenn Sie sagen, es sei deren Aufgaben. Nein! Die Vernetzung und die Verknüpfung ist genau Aufgabe dieses Senats. Das ist der Knackpunkt, der hier gelöst werden muss.
Ich will ganz deutlich sagen, dass den Trägern hier der Dank gebührt, und möchte denjenigen danken, die diese Arbeit ausüben. Sie engagieren sich häufig weit über ihre Arbeitszeit hinaus mit wahnsinnig viel Aufwand für diejenigen, die Hilfe brauchen. Sie sind wirkliche Hilfedienstleister, und sie haben auch deswegen in meinen Augen einen Anspruch darauf, dass der Senat hier eine klare Konzeption vorlegt. Die Ursachen liegen nicht darin, dass es eine steigende Zahl gibt, sondern liegen in Berlin an der stärkeren Verarmung und Überschuldung unserer Gesellschaft. Genau da liegt der politische Unterschied. Sie sagen, sie seien gut aufgehoben, weil das Geld ausreichend ist. Ich sage, sie sind gut aufgehoben, wenn sie nicht mehr in den Leistungen sind, weil wir uns darum kümmern, dass sie herauskommen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hoffmann! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Radziwill das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hoffmann! Das war ein Sammelsurium von vielen kleinen Anfragen, die Sie als Kleine Anfragen auch schon viel früher hätten stellen können. Dann hätten Sie sicher auch schriftliche Antworten bekommen.
Wir werden uns heute mit dem Thema Wohnungslosenpolitik beschäftigen. Das ist in der Tat ein wichtiges Politikfeld. Wohnungslose, obdachlose Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind, brauchen den Schutz und die Unterstützung unserer Gesellschaft. Eine soziale und solidarische Gesellschaft wird auch an den vorhandenen Angeboten und Möglichkeiten für Wohnungs- und Obdachlose gemessen. Wir konnten den Ausführungen der Senatorin und den Ausführungen vieler Experten entnehmen, dass die Infrastruktur in Berlin gut vorhanden ist. An der Stelle kann ich nur sagen, dass Berlin und dieser Senat seiner Verantwortung auch für dieses Politikfeld gerecht wird.
Ich möchte mich auch dem Dank von Herrn Hoffmann an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Träger anschließen. Aber – das müssen wir auch hier festhalten – ohne finanzielle Möglichkeiten sähe es dort viel schlechter aus. Der Senat hat bewusst in dem Doppelhaushalt 2008/2009 die Kürzung von 500 000 Euro im Ligavertrag aufgefangen und damit auch sichergestellt, dass die Angebot stabil bleiben. Wir haben ganz bewusst eine ausführliche Evaluation der Wohnungslosenhilfe über den Hauptausschuss in Auftrag gegeben. Das war auch eine Initiative meiner Fraktion und vom Koalitionspartner mitgetragen.
Ich kann mich erinnern, dass bei der Beratung zu dem Doppelhaushalt 2008/2009 auch alle Fraktionen diesem Vorschlag zugestimmt hatten. Es ist erfreulich und gut, wenn wir im Herbst dieses Jahres nun den Abschlussbericht der Liga der Wohlfahrtsverbände vorgelegt bekommen und dadurch eine genauere Analyse der Versorgung, Beratung und Betreuung von Wohnungs- und Obdachlosen in Berlin erhalten. Aufgrund dieser Erkenntnisse und der bisher vorhandenen Erfahrungen und Erkenntnisse auf diesem Feld müssen und werden auch die Leitlinien der Wohnungslosenpolitik weiterentwickelt.
Natürlich gelten – das war eine Ihrer Fragen – bis zu der Neufassung der Leitlinien die bisherigen fort. Wir haben hier keine leitlinienlose Atmosphäre, sondern befinden uns in einer konstruktiven und verantwortungsvollen Phase der Weiterentwicklung dieser Leitlinien. Das bedeutet leider auch, Herr Hoffmann, dass Sie sich noch etwas in Geduld üben müssen. Das bedeutet aber nicht, dass die Betroffenen darunter leiden, denn die Beratungs- und Hilfeangebote stehen ihnen weiterhin zur Verfügung.
Zur Wahrheit gehört auch, dass sich mit Schaffung des SGB II die Rechtslage seit 2005 umfassend verändert hat. Für die Betroffenen ist die Rechtslage nicht unbedingt einfacher geworden. Viele Instrumente mussten aufeinander abgestimmt werden. Auf der Berliner Ebene hat der Senat viele Anstrengungen unternommen, die Abstimmung mit und zwischen den betroffenen Institutionen, u. a. zwischen den Jobcentern, Bezirksämtern usw. voranzubringen. Ich stimme auch der Kritik der Senatorin zu, dass die Jobcenter sich noch mehr anstrengen müssen, den besonderen Bedarfen dieser Zielgruppe gerecht zu werden und ein besseres Angebot vorzuhalten. Ich halte es für nicht sehr verantwortlich, dass es sich immer noch so lange hinzieht.
Aber bei der Weiterentwicklung der Leitlinien müssten wir noch andere Dinge mitbetrachten. Ich will an der Stelle auf Folgendes hinweisen, was mir persönlich wichtig ist: Der Runde Tisch zur Wohnungslosenpolitik bei der Senatsverwaltung für Soziales hat genau gezeigt, dass eine Vielzahl von kleinteiligen und komplexen Fragestellungen abzuarbeiten war. Die Details wurden von der Senatorin aufgeführt. Sie sind auch in Ihrer Kleinen Anfrage sehr ausführlich behandelt worden.
Bei der Weiterentwicklung ist mir erstens wichtig: Europa ohne Grenzen bedeutet auch, dass Menschen ohne Obdach sich je nach Saison von Stadt zu Stadt bewegen. In Berlin sind diese Zuströme auch zu sehen. Die Anzahl der Obdachlosen, insbesondere aus dem osteuropäischen Raum, steigt; Experten erwarten einen eher steigenden Trend. Das heißt für uns: Die Betreuungsangebote müssen entsprechend ausgestattet werden. Die Angebote der medizinischen Versorgung müssen erhalten bleiben.
Zweitens: Dank der Initiative auch unserer Bundesministerin für Gesundheit, Frau Schmidt, ist nun durch die Gesundheitsreform für alle die Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung möglich geworden. Leider gibt es hier vonseiten einiger Krankenkassen Probleme. Sie fordern rückwirkend Beiträge. An der Stelle wird die besondere Bedeutung von Beratungsangeboten für Obdachlose sichtbar. Viele Betroffene brauchen die Unterstützung in der Auseinandersetzung mit den Krankenkassen.