Protokoll der Sitzung vom 28.01.2010

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat Frau Kollegin Scheeres von der Fraktion der SPD zum Thema

Zusätzliche Stellen für Erzieherinnen

Bitte schön, Frau Scheeres!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Treffen Pressemitteilungen zu, nach denen Handwerker zukünftig ohne Zusatzausbildung in Kindertagesstätten als Erzieherinnen und Erzieher arbeiten können?

2. Welche Möglichkeiten bestehen für Interessierte, eine Erzieherqualifikation zu erwerben, und welche Voraussetzungen müssen sie erfüllen?

Danke schön! – Der Kollege Staatssekretär Dr. Husung von der Senatsverwaltung für Bildung hat das Wort zur Beantwortung. – Bitte schön, Herr Dr. Husung!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Scheeres! Natürlich treffen diese Pressemitteilungen, auf die Sie anspielen, nicht zu. Es ist nicht beabsich

tigt, das Fachkräftegebot für die anspruchsvolle Tätigkeit in den Kindertagesstätten aufzugeben oder aufzuweichen.

Zu Ihrer zweiten Frage: Interessierte, die bereits eine handwerkliche oder andere anerkannte Erstausbildung abgeschlossen haben und den Mittleren Schulabschluss nachweisen können, haben jetzt die Möglichkeit, eine Erzieherausbildung an einer Fachschule für Sozialpädagogik zu absolvieren. Diese Ausbildung kann in zwei Formen stattfinden, nämlich in Vollzeit oder in Teilzeit. In beiden Fällen dauert sie drei Jahre. Bei der Ausbildung in Teilzeit arbeitet der oder die Studierende in einer sozialpädagogischen Einrichtung mit mindestens der Hälfte der ortsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit und besucht mit dem Einverständnis des Arbeitgebers in der arbeitsfreien Zeit die Fachschule.

Erstmalig besteht in diesem Jahr die Möglichkeit, eine Nichtschülerprüfung zur Erzieherin oder zum Erzieher zu absolvieren. Neben den allgemeinen Voraussetzungen zur Aufnahme einer Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher ist hier zusätzlich der Nachweis einer beruflichen Tätigkeit mit einem Gesamtumfang von einem Jahr in einem sozialpädagogischen Arbeitsfeld erforderlich. Dieser Nachweis muss sich auf die letzten drei Jahre vor der Antragsstellung beziehen. Der Zulassungsantrag zur geplanten Nichtschülerprüfung für Erzieherinnen und Erzieher wird in den nächsten Tagen auf unserer Internetseite veröffentlicht werden.

Darüber hinaus wurden in der neuen Fassung der Kindertagesförderverordnung die Möglichkeiten erweitert, Personal als Quer- oder Seiteneinsteiger zuzulassen, wenn entweder die besondere Konzeption einer Einrichtung dies nahelegt oder es sich um Kräfte handelt, die aufgrund ihrer bisherigen beruflichen Erfahrungen und ihrer Qualifikation hinreichende pädagogische Kenntnisse nachweisen. Ein Beispiel sind bilinguale Kindergärten, wo es geradezu auf der Hand liegt, wenn diese Kompetenzen mit sprachlichen Kompetenzen zusammen die Basis bilden.

Danke schön, Herr Kollege! – Gibt es eine Nachfrage von Frau Scheeres? – Bitte, Frau Scheeres!

Ich frage noch einmal nach, ob ich es richtig verstanden habe, dass nicht jede Person Erzieherin oder Erzieher werden kann, sondern dass man dafür Grundvoraussetzungen benötigt.

Herr Staatssekretär Husung – bitte!

Wie ich bereits ausgeführt habe, kann nicht jeder mit jeder beliebigen Voraussetzung den Erzieherberuf ergreifen. Ich habe ausgeführt, dass wir an dem Fachkräftegebot unbedingt festhalten wollen. Deshalb ist auch für die Nichtschülerprüfung vorgesehen, dass neben den allgemeinen Voraussetzungen – das sind schulische – für die Aufnahme solch einer Ausbildung zusätzlich der Nachweis über eine berufliche Tätigkeit in einem sozialpädagogischen Arbeitsfeld vorgesehen ist. Es ist wichtig, dass dies in der Kommunikation herausgehoben wird. Andernfalls würde der falsche Eindruck entstehen, wir hätten die Professionalität hintangestellt.

Danke schön! – Gibt es weitere Nachfragen? – Das ist nicht der Fall.

Ich rufe den Kollegen Florian Graf von der Fraktion der CDU auf zu dem Thema

Duldet der Senat den Mietwucher öffentlicher Wohnungsbaugesellschaften?

Bitte schön, Herr Graf!

Vielen Danke! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Luxusmodernisierungen der städtischen HOWOGE in Pankow, und wie bewertet er die in diesem Zusammenhang angekündigten Mietpreiserhöhungen um 100 Prozent?

2. Beabsichtigt der Senat, mit dieser Mietenpolitik sozial schwächere Mieter zu vertreiben und Pankow zu einem Bezirk zu entwickeln, in dem sich nur Besserverdienende eine Wohnung leisten können?

Danke schön! – Diese Frage wird verbunden mit der Frage Nr. 9 des Kollegen Doering von der Linksfraktion zu dem Thema

Angemessene Mieten nach Modernisierung?

Bitte schön, Herr Doering!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Welche Modernisierungen plant die HOWOGE in ihren Beständen in Berlin-Buch; und wie sollen diese sich auf die künftigen Betriebskosten auswirken?

2. Wie sollen sich nach Information des Senats die Bruttowarmmieten nach der Modernisierung entwickeln; und hält der Senat diese von der HOWOGE angekündigten Mieten für Bestandsmieterinnen und -mieter für angemessen und politisch vertretbar?

Danke schön! – Das beantwortet die Stadtentwicklungssenatorin. – Frau Junge-Reyer, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Graf! Herr Abgeordneter Doering! Die HOWOGE hat im vergangenen Jahr 3 100 Wohnungen von der GESOBAU am Standort erworben. Zur Entwicklung des Stadtteils Buch, aber auch zur Qualifizierung des Wohnungsbestandes ist eine Sanierung der Bestände meiner Einschätzung nach alternativlos. Vor allen Dingen geht es um energetische Sanierung, um die Schaffung der Voraussetzungen für gemeinsames Wohnen mehrerer Generationen im gesamten Stadtteil und den Abbau von Barrieren vor Ort. Im Jahr 2010 sollen die ersten 654 Wohnungen in Buch modernisiert werden.

Die HOWOGE hat im November 2009 Modernisierungsankündigungen verschickt und dabei im großen Umfang das dargestellt, was gegebenenfalls gemacht werden könnte. Die HOWOGE hat im Zusammenhang mit der Modernisierungsankündigung drei wesentliche Fehler begangen. Erstens hat sie den Mieterinnen und Mietern alles das mitgeteilt, was sich aus einem Katalog möglicher Maßnahmen auf eine Wohnung bezogen ergeben könnte, und dabei nicht nach der jeweiligen Wohnungssituation und den Wünschen der Bewohnerinnen und Bewohner differenziert. Sie hat schlicht so etwas wie eine Standardmitteilung losgeschickt. Darüber hinaus hat die Wohnungsbaugesellschaft einen zweiten Fehler gemacht: Sie hat die Mieterinnen und Mieter nicht hinreichend informiert und hat sich mit ihnen nicht darüber auseinandergesetzt, was sie bezogen auf jede einzelne Wohnung vorhat. Vor allen Dingen hat sie den dritten schweren Fehler gemacht, dass sie sich bei der Ermittlung der Mieten nicht an die Vorgaben des Senats gehalten hat, nämlich die Orientierung an der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Als mir bekannt geworden ist, wie vorgegangen worden ist, habe ich die HOWOGE aufgefordert, diese Fehler zu beheben und sofort tätig zu werden. Die HOWOGE begeht derzeit alle infrage kommenden Wohnungen, die im Jahr 2010 modernisiert werden sollen. Sie macht eine Vorlage für präzise Angebote mit konkreten Maßnahmen und plant wohnhaus- und wohnungsbezogen all das, was im Rahmen von Modernisierungen und Instandhaltungen geplant ist. Dabei muss sie sich – soweit das möglich ist – auf die Wünsche der Mieterinnen und Mieter einlassen. Das kann man nicht, wenn man eine vollständige Strangsanierung macht, aber man kann es tun, wenn es um Kü

chen- und Badsanierung geht. Eine solche Abstimmung ist erforderlich und notwendig. Darüber hinaus muss die Wohnungsbaugesellschaft bei dieser Gelegenheit den Mieterinnen und Mietern eine Einschätzung mitteilen, wie sich die Mieten entwickeln werden und muss sich an den Vorgaben orientieren, die ich der Wohnungsbaugesellschaft noch einmal deutlich gemacht habe, nämlich der ortsüblichen Vergleichsmiete.

In einer solchen Situation ist es sehr schwer, die tatsächliche Miete vom Grundsatz her pauschal oder im Durchschnitt bereits zu benennen. Sie orientiert sich beispielsweise auch an der bisherigen Nettokaltmiete. Die Nettokaltmieten liegen am Standort in der Großenordnung von 2,60 Euro bis 2,70 Euro bis zur erheblich höheren Größenordnung von 5 Euro, 6 Euro bis hin zu 7 Euro in Einzelfällen. Deshalb kommt es hier auch darauf an, dass die Wohnungsbaugesellschaft sehr genau unterscheidet zwischen der Möglichkeit einer Modernisierungsumlage – gegebenenfalls über die Steigerung der Nettokaltmiete – und den notwendigen Instandhaltungskosten, die selbstverständlich nicht von den Mieterinnen und Mietern im Wege einer Umlage getragen werden müssen.

Die Wohnungsbaugesellschaft wird in den nächsten Wochen sehr ausführlich mit den Mieterinnen und Mietern darüber sprechen, was gemacht werden soll, wird die Folgerungen darstellen und wird sich an den Vorgaben des Senats orientieren, die hinsichtlich der Miethöhe von im Eigentum des Landes Berlin befindlichen Wohnungsbaugesellschaften gemacht worden sind.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Uwe Doering (Linksfraktion)]

Danke schön! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Graf. – Bitte schön!

Danke schön! – Frau Senatorin! Wer soll eigentlich noch glauben, dass dieser Senat tatsächlich die Interessen der Mieterinnen und Mieter vertritt, wenn der umstrittene Sanierungsauftrag der landeseigenen HOWOGE ausgerechnet an einen Abgeordneten der SPD-Fraktion vergeben worden ist, der diesen Auftrag abwickelt, und der auch noch direkt gewählter Abgeordneter der SPD in Buch ist, und teilen Sie den Eindruck, dass es hier offenbar eher um die eigenen wirtschaftlichen Interessen als um die der eigenen Wähler, zumindest nicht der Mieter in Buch, geht?

[Beifall von Thomas Birk (Grüne)]

Frau Senatorin Junge-Reyer!

Herr Abgeordneter Graf! Der Senat hat den Wohnungsbaugesellschaften die Vorgabe gemacht, dass sie sich an die Vorschriften des Senats zur Vergabe von öffentlichen Leistungen – insbesondere Bauleistungen – zu halten haben. Diese Vorgaben sind den Wohnungsbaugesellschaften immer wieder schriftlich, aber selbstverständlich auch in den Gesprächen mit den Geschäftsführungen und Vorständen sehr deutlich gemacht worden. Es ist Aufgabe der Wohnungsbaugesellschaft, ein solches Vergabeverfahren rechtssicher zu führen. Ich erwarte das von einer Wohnungsbaugesellschaft.

Welchen Beruf ein Abgeordneter hat, hat für mich keine Relevanz. Es gibt hier Rechtsanwälte, Planer, Bauleute und andere, die ebenfalls beruflich tätig sind. Ich erwarte von der Wohnungsbaugesellschaft, dass sie sich an den Vergaberegelungen des Senats orientiert. Das ist der entscheidende Maßstab für die Beurteilung der Tätigkeit der Wohnungsbaugesellschaften.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Jetzt geht es weiter mit der Frage des Kollegen Doering. – Sie haben das Wort!

Danke schön! – Frau Senatorin! Ich danke Ihnen für die klaren Worte was die Mietenentwicklung nach energetischer Sanierung betrifft. Sie haben auch darauf hingewiesen, dass es bei der Kommunikation erhebliche Probleme gegeben hat, was die Sanierung der ersten 654 Wohnungen betrifft. Wie wollen Sie erreichen, dass künftig die Mieterinnen und Mieter besser informiert werden, wenn die anderen Wohnungen saniert werden?

Frau Senatorin Junge-Reyer!

Ich glaube, dass das, was hier passiert ist, für die Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE, aber möglicherweise auch für andere eine Lehre sein wird. So geht man mit diesem Thema nicht um. Eine energetische Sanierung, eine Instandhaltung ist den Mieterinnen und Mietern nicht nur zu erläutern, sondern sie ist mit ihnen abzustimmen. An den Kundinnen und Kunden vorbei kann auch eine Wohnungsbaugesellschaft nicht arbeiten. Im Übrigen nicht nur unter dem Gesichtspunkt des sozialen Interesses der Mieterinnen und Mieter. Eine Wohnungsbaugesellschaft muss so klug sein, ihre Mieterinnen und Mieter als gute Kunden zu behalten, die für den Zuzug zu einer Wohnungsbaugesellschaft werben. Nach meinem Ein

druck und nach meinen gestrigen Gesprächen mit dem Vorstand ist dies einigermaßen begriffen worden.

Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt geht es weiter mit einer Nachfrage des Kollegen Otto. – Herr Otto, Sie haben das Wort!

Frau Senatorin! Man fragt sich natürlich, wie diese Gesellschaften durch den Senat gesteuert werden, wenn sie so schwerwiegende Fehler machen können. Ich möchte Sie aber fragen: Was steckt dahinter? Könnte es sein, dass die HOWOGE diese Wohnungen gar nicht übernehmen wollte, dass sie dazu durch den Senat angewiesen oder gezwungen wurde und dass das gegenwärtige Schauspiel ein Protest gegenüber der Öffentlichkeit ist? Können Sie sagen, wie hoch der Kaufpreis gewesen ist?