Protokoll der Sitzung vom 06.05.2010

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Matuschek! Zur Beantwortung Ihrer Frage ist es natürlich erforderlich, die Rahmenbedingungen für die Ausschreibungen noch einmal zu nennen. Bei den Ostseelinien nach Stralsund besteht die Tatsache, dass vier Länder an den Ausschreibungen beteiligt sind. Mit jeweils unterschiedlichen Prozentsätzen sind sie betroffen. Das heißt, die Länder müssen sich im Rahmen einer intensiven Abstimmung über die Bedingungen verständigen.

Wir hoffen, dass wir die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens im dritten Quartal 2010 zustandebringen. Allerdings hängt dies von den Abstimmungen ab. Der VBB hat mitgeteilt, dass die Abstimmungen noch nicht abgeschlossen sind. Insbesondere mit dem Land MecklenburgVorpommern müssen gerade die Fragestellungen, die Sie hier angesprochen haben, noch intensiv erörtert werden.

Ich will Ihnen allerdings sagen, dass die Berücksichtigung der Belange der Beschäftigten für das Land Berlin eine wesentliche Frage ist. Wir haben uns für die Rahmenbedingungen vorgenommen, alle Optionen, die es gibt, auszuschöpfen, um Lohn- und Sozialdumping zu vermeiden. Wir orientieren uns deshalb vorrangig an der hier schon häufig zitierten neuen EG-Verordnung 1370/2007, die den Betriebsübergang des Personals möglich macht, und zwar im Wege einer Anordnung. Darüber hinaus muss der Bieter wie auch bereits bei früheren Vergabeverfahren nachweisen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf

der Basis eines branchenüblichen Tarifs beschäftigt werden.

Mittels eines solchen Betriebsübergangs wird dann auch die Fortgeltung des gegenwärtigen Tarifniveaus im Falle eines Betreiberwechsels gesichert. Der Folgebetreiber wird dadurch verpflichtet, das Personal des Altbetreibers zu den geltenden arbeitsvertraglichen Konditionen zu übernehmen. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung – und das ist das Problem – der Vorgabe bestimmter Entgelttarife durch das Land Berlin kann bei Ausschreibungen erst gesichert werden, wenn sich alle an der Vergabe beteiligten Länder auf eine solche Vergabe im Sinne und in der Formulierung ihrer Vergabegesetze verständigen.

Die Vorgabe eines bestimmten Tarifvertrages ist also derzeit explizit nicht möglich. Das Land Berlin kann seine Vorstellungen bei länderübergreifenden Vergabeverfahren somit nur auf der Basis einer entsprechenden Rechtsgrundlage und wiederum im Einvernehmen mit den anderen Auftragebern durchsetzen.

Bei der Vergabe des Nord-Süd-Netzes, also der Ostseelinien, müssen wir uns darauf verlassen, dass andere Länder alles tun, um eine entsprechende Formulierung in ihren Vergabegesetzen zu verankern. Das Land Berlin hat hier – nach meiner Einschätzung vorbildlich – eine solche Verankerung in dem Vergabegesetz, das Ihnen zur Beratung vorliegt, formuliert. Ich muss allerdings auch sagen, dass das Land Brandenburg inzwischen dabei ist – ich habe mich noch einmal bei meinem Kollegen erkundigt –, solche Formulierungen eines Landesvergabegesetzes vorzusehen, die ebenfalls das Berliner Bestreben, hier eine Einigung auf einer landesrechtlichen Grundlage für Sozialstandards möglich zu machen, unterstützen wird. Wir sind also vom Grundsatz her dabei, in der derzeitigen Situation so viel wie möglich durch die Nutzung der EUVerordnung erreichen zu wollen. Auf der anderen Seite drängen wir die beteiligten Länder darauf, ein ähnliches fortschrittliches, die Rechte der Beschäftigten sicherndes Vergabegesetz zu initiieren.

Vielen Dank, Frau Senatorin! – Eine Nachfrage? – Frau Matuschek! Sie haben das Wort! Bitte sehr!

Vielen Dank! – Frau Senatorin! Ich teile Ihre Wertschätzung der Initiativen, die durch das Vergabegesetz im Land Berlin möglich sind. Alles wäre viel einfacher, hätten wir einen Branchentarifvertrag für das Eisenbahnwesen. Es gibt da leider die Situation, dass die Gespräche dazu abgebrochen wurden. Darüber hinaus gab es aber ein sogenanntes Fairnessabkommen mit den beteiligten Gewerkschaften und Eisenbahnunternehmen und auch mit den beteiligten Ländern.

Frau Matuschek, Ihre Frage, bitte!

Die Frage ist: Wird an diesem Fairnessabkommen, was eine nichtgesetzliche Einigung wäre, noch weitergearbeitet?

Frau Senatorin, bitte!

Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Matuschek! Selbstverständlich verfolgen wir dieses Ziel, aber wie Sie mit Ihrer Fragestellung eingangs schon bemerkt haben, sind wir hier auf Partner in den Gewerkschaften angewiesen, wir sind auf die Vertreterinnen und Vertreter der jeweiligen Belegschaften angewiesen, die bei den Bietern letztlich wiederum Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen müssen, um eine solche Absprache möglich zu machen. Nach meinem Eindruck ist es das Bestreben aller vier Länder, zu einem solchen Fairnessabkommen zu kommen. Ich muss Ihnen allerdings auf der anderen Seite auch sagen, dass die Vereinbarung eines allgemein gültigen Branchentarifvertrags das Mittel der Wahl wäre. Ich hoffe sehr, dass sich Gewerkschaften und Arbeitgebervertreter in absehbarer Zeit auf eine solche die Fairness dann garantierende Regelung verständigen. Es gibt Gespräche mit den Gewerkschaften dazu. Ich höre allerdings eine nicht immer abschließend vorhandene Bereitschaft, sich auf einen solchen Branchentarifvertrag wirklich zu verständigen. Notwendig wäre es.

Vielen Dank! – Eine weitere Frage sehe ich nicht dazu.

Dann rufe ich auf die Frage Nr. 10 von Frau von Stieglitz von der FDP-Fraktion zu dem Thema

Entwicklung der Metropolregion ohne IT-Kooperation?

Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Ist es zutreffend, dass Wirtschaftssenator Wolf im Bereich der IT-Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg unbestrittenen Verbesserungsbedarf erkannt hat?

2. Welche konkreten Verbesserungen im Bereich der ITZusammenarbeit sind nach Ansicht des Wirtschaftsse

nators prioritär, um bei der Entwicklung der konstruktiven Zusammenarbeit innerhalb der Metropolregion unterstützend zu wirken?

Herr Senator Wolf! Bitte, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Stieglitz! In der Politik ist das Optimum immer relativ, das heißt, es gibt immer Verbesserungsbedarf. Das gilt für die Kooperation zwischen Berlin und Brandenburg, das gilt für Oppositionspolitik, und das gilt für Regierungspolitik. Wir sollten uns mit dem erreichten Stand nie zufrieden geben, sondern versuchen, immer besser zu werden. So ist meine Bemerkung zu verstehen.

Jetzt im Einzelnen: Wir haben, was den Bereich IT angeht, mit Brandenburg eine intensive Kooperation. Es findet monatlich eine gemeinsame Sitzung zwischen den beiden Wirtschaftsverwaltungen und den Wirtschaftsförderinstitutionen in dem Technologiefeld IT statt, wo die gemeinsamen Aktionen abgestimmt werden. Sie wissen, wir haben im Rahmen unserer Innovationsstrategie auch einzelne definierte Handlungsfelder im Rahmen des Masterplans, die wir mit Brandenburg gemeinsam bearbeiten. Wir haben unter anderem im Moment eine sehr intensive Zusammenarbeit bei dem Themenfeld „Connected Living“, „Vernetztes Wohnen“, wo es darum geht, wie mit IT das Wohnumfeld verbessert werden kann, wie IT und Kommunikation integriert werden können.

Auch das Thema „Sicherheit mit IT“ ist schon sehr lange ein intensives Kooperationsfeld. Dort gibt es ein gemeinsam agierendes Netzwerk von Unternehmen sowie Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen und einen speziellen Masterplan zu diesem Thema. Ein weiteres wichtiges Feld der Kooperation ist der ganze Bereich „Open Source“, der eine immer größere Bedeutung einnimmt.

Wie Sie wissen, haben Minister Christoffers und ich verabredet, dass wir zwischen Berlin und Brandenburg eine gemeinsame Innovationsstrategie entwickeln wollen. Wir haben seit zwei Jahren gemeinsame Innovationsgipfel und werden Ende dieses Jahres den dritten Innovationsgipfel haben. Wir arbeiten gegenwärtig daran, dass wir zu diesem dritten Innovationsgipfel die Grundzüge der gemeinsamen Innovationsstrategie vorstellen können. Ein wichtiges Themenfeld dabei wird der Bereich „IT-Wirtschaft“ sein.

Vielen Dank, Herr Senator Wolf! – Frau von Stieglitz, haben Sie eine Nachfrage?

Ja. – Neben dem dritten IT-Gipfel – welche wesentlichen Bereiche wollen Sie von Berliner Seite aus noch mehr vorantreiben, dort wo auf Brandenburger Seite noch gezögert wird?

Herr Senator Wolf – bitte!

Das ist ein Missverständnis. Ich habe nicht gesagt, dass auf Brandenburger Seite gezögert wird. Wir arbeiten sowohl von Berliner als auch von Brandenburger Seite aus zügig und konsequent an den von mir eben dargestellten Feldern „Sicherheit mit IT“, „Open Source“ und „Connected Living“. Auf dem dritten Innovationsgipfel werden wir dann nicht nur IT vorstellen, sondern die Innovationsstrategie insgesamt, die das Feld „Life Science“ sowie die Felder „Verkehr und Mobilität“ und „Energie“ mit einbezieht.

Vielen Dank, Herr Senator Wolf! – Es gibt noch eine Nachfrage vom Herrn Abgeordneten Birk.

Herr Wolf! Sie haben zum Ausdruck gebracht, dass Sie viel abarbeiten. Können Sie uns irgendein konkretes Ergebnis der Zusammenarbeit im Bereich IT der letzten Jahre mitteilen? Denn da ist bisher, wie alle, die sich damit beschäftigen, wissen, nicht sehr viel an Ergebnissen erreicht worden.

Herr Senator Wolf – bitte!

Das kann ich nicht teilen. Wo es schon sehr lange eine Kooperation gibt, ist das Feld „Sicherheit mit IT“. Dort ist durch die Kooperation zwischen Berlin und Brandenburg, zwischen Unternehmen aus Berlin und Brandenburg und Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen eine Vielzahl von Produkten und Projekten entstanden, die umgesetzt werden, die für die Unternehmen auch neue Märkte erschließen und die unter anderem auch ihren Ausdruck am Flughafen BBI finden, wo moderne Sicherheitstechnik mit IT aus der Region eingebaut wird.

Vielen Dank, Herr Senator Wolf! – Damit ist die Fragestunde beendet. Die heute nicht beantworteten Anfragen werden mit einer von der Geschäftsordnung abweichen

den Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen schriftlich beantwortet.

Ich rufe auf:

lfd. Nr. 2:

Fragestunde – Spontane Fragestunde

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Zunächst hat der Abgeordnete Gaebler das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Frage richtet sich an die Umweltsenatorin, Frau Lompscher. – Frau Lompscher! Zum Thema Partikelfilternachrüstung und -förderung hat es auf Bundesebene offensichtlich nach langem Zögern endlich eine Entscheidung gegeben, auch eine Veröffentlichung. Wie beurteilen Sie denn die dort getroffenen Regelungen aus Berliner Sicht?

Frau Senatorin Lompscher, bitte sehr!

Herr Gaebler! Richtig ist: Es ist vor wenigen Tagen mitgeteilt worden, dass der Bund endlich auch eine Förderung für Nutzfahrzeuge vorsehen will, was die Partikelfilternachrüstung angeht. Das ist einerseits zu begrüßen, andererseits haben wir aus Berliner Sicht schon seit Langem darauf hingewirkt. Kritisch ist anzumerken: Zum einen ist die Höhe der beabsichtigten Förderung zu niedrig. Sie soll nämlich genauso wie für Pkws 330 Euro betragen, was für leichte Nutzfahrzeuge zu wenig sein dürfte. Und vor allem ist die Bitte, die wir mit großem Nachdruck an den Bund herangetragen haben, dass nämlich diese Förderung auch rückwirkend gewährt werden soll, vom Bund nicht aufgegriffen worden. Das ist aus Berliner Sicht besonders bedauerlich, weil es bedeutet, dass Menschen, die schon in eine Nachrüstung investiert haben, nicht von dieser neuen Förderung profitieren werden.

Vielen Dank! – Eine Nachfrage? Herr Gaebler, Sie haben das Wort!

Kann man das dann so beurteilen, dass von der CDUFDP-Regierung die Unternehmen, die sich bereits umweltfreundlich verhalten haben, bestraft werden und eben nicht in den Genuss dieser Förderung kommen? Meinen Sie, dass es noch eine Möglichkeit gibt, vielleicht nachzuarbeiten und man insbesondere die Kollegen hier im Hause, die sich immer vollmundig für die Berliner Wirtschaft

einsetzen, bitten könnte, in dieser Hinsicht bei ihren politischen Freunden vorstellig zu werden?

Frau Senatorin Lompscher, bitte!

Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir hier in Berlin eine einheitliche Position vertreten würden, auch über Parteigrenzen hinweg. Ich bin schon seit 2008 verschiedentlich mit Schreiben an die verschiedenen Umweltminister herangetreten, um deutlich zu machen, dass wir wie im Pkw-Bereich hier auch eine rückwirkende Förderung brauchen. Vor diesem Hintergrund kann ich diesen Appell nur unterstützen.

Vielen Dank!

Die nächste Frage stellt der Abgeordnete Steuer von der CDU-Fraktion. – Bitte sehr!

Ich habe eine Frage an den Finanzsenator, Herrn Nußbaum. – Herr Senator! Halten Sie eigentlich die Bildungsverwaltung an, in einem Quartal, in dem über 250 Lehrer pensioniert werden und die Schule verlassen, nur 8 Lehrkräfte unbefristet einzustellen und gleichzeitig aber befristete Verträge von 1, 2, 3, 4, 5 Monaten am laufenden Band abzuschließen, sodass Lehrer bis zu zwei Jahre mit diesen jeweils nur Zweimonatsverträgen in der Berliner Schule als Regel eingesetzt werden?