Protokoll der Sitzung vom 20.05.2010

Vielen Dank! – Die Erfahrungen und die Zahlen, die wir haben, legen nahe, dass es sinnvoll ist, deutlich zu unterscheiden zwischen Konsumenten und Händlern und dass man insbesondere die Strafverfolgungsbehörden auf die Verfolgung des Handels konzentriert und dass die umfangreichen und sehr differenzierten Angebote von Prävention und Hilfe tatsächlich dazu führen, dass die – ich nenne sie mal – Versuchskonsumenten, also im jugendlichen Alter, in dem so was mal probiert wird, dass die eben nicht in eine Situation geraten, dass sie dauerhaft und missbräuchlich und dann gesundheitsgefährdend Cannabis konsumieren.

Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt geht es mit Herrn Lux weiter. Herr Lux hat eine Nachfrage und das Wort. – Bitte schön!

Danke schön! – Frau Senatorin! Haben Sie denn den Eindruck, dass die Strafverfolgungsbehörden das als lohnend empfinden, hier eine Konzentration auf Dealer vorzunehmen?

Frau Senatorin Lompscher – bitte!

Nun ist es relativ nebensächlich, was ich da für einen Eindruck habe. Mir ist es wichtig, dass wir in der Drogenpolitik auf alle Elemente setzen, nämlich Repression, Kontrolle und Strafverfolgung, wo es erforderlich ist, aber natürlich auch Hilfen anbieten und Gesundheitsgefahren minimieren. In diesem Spektrum findet die Berliner Drogenpolitik statt. Es gibt ein breites Einvernehmen innerhalb des Senats und – wie ich meine – auch innerhalb der Stadtöffentlichkeit.

Danke schön! – Der Kollege Wansner hat noch eine Nachfrage. – Dann haben Sie das Wort.

Frau Senatorin! Was sagen Sie denn zu dem Verein Synanon, der sicherlich in diesem Bereich fachlich hervorragend aufgestellt ist, der Cannabis als eine brutale Einstiegsdroge gerade für Jugendliche bezeichnet? Ist da nicht das Zeichen, das Sie setzen, genau der falsche Eindruck dafür, dass Jugendliche dann das Gefühl haben, Cannabis ist eben nicht so problematisch, wie Sie es hier auch – ich sage es mal so – in Ihrer Art und Weise sehr unbewusst oder bewusst darstellen?

Frau Senatorin Lompscher – bitte!

Herr Wansner! Ich habe den Eindruck, Sie haben mich ein bisschen missverstanden.

[Heiterkeit bei Christian Gaebler (SPD)]

Natürlich kenne und schätze ich Synanon und teile die Auffassung, dass das keine Bagatelle ist, und zwar aus der Sicht der Gesundheitsförderung und der Suchtprävention. Deshalb habe ich ja deutlich gemacht, wie die Angebote ineinandergreifen. Man muss Konsumentinnen und Konsumenten Möglichkeiten geben, aus dem Gebrauch der Droge auszusteigen, und man muss den Handel mit Drogen mit allen Mitteln der Strafverfolgung bekämpfen.

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage von Frau Jantzen von Bündnis 90/Die Grünen zu dem Thema

Geburtshilfe in Gefahr

Bitte schön, Frau Jantzen!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die drohende Versorgungslücke in der Geburtshilfe, wenn noch mehr Hebammen wegen der steigenden Haftpflichtprämien die Geburtshilfe einstellen müssen?

2. Wie unterstützt der Senat die Hebammen in ihren berechtigten Forderungen nach besserer Vergütung ihrer Leistungen, um den drohenden Mangel in der Hebammenhilfe in Berlin abzuwenden und werdenden Müttern in Berlin die Wahl des Geburtsortes zu sichern?

Danke schön! – Frau Senatorin Lompscher, bitte schön!

Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Jantzen! Dem Senat ist bekannt, dass die Prämien für die Berufshaftpflichtversicherung von Hebammen deutlich angestiegen sind, und zwar von 2 370 Euro pro Jahr im Jahr 2009 auf knapp 3 700 Euro ab dem 1. Juli 2010. Diese Aufwendungen müssen grundsätzlich als Kostenfaktor bei den Vergütungsvereinbarungen berücksichtigt werden. Diese Vergütungsvereinbarungen werden auf Bundesebene zwischen den Berufsverbänden der He

bammen und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen im Rahmen des Vertrags über die Versorgung mit Hebammenhilfen abgeschlossen. Diese Verhandlungen sind – auch das ist allgemein bekannt – Ende März gescheitert, und zwar insbesondere an diesem Punkt Haftpflichtversicherung, aber auch an der Umstrukturierung der Wegegeldpositionen. Danach hat es bundesweite Proteste gegeben, auch in Berlin. Ich kann hier vorab sagen, dass ich großes Verständnis für die Forderungen der Hebammen habe, die Klärung aber auf einer anderen Ebene erfolgt. Nach § 134a SGB V entscheidet die Schiedsstelle über diese gescheiterten Verhandlungen. Der Antrag auf Befassung der Schiedsstelle ist Anfang Mai dort eingegangen. Jetzt hat der Spitzenverband der Krankenkassen die Möglichkeit, innerhalb von drei Monaten dazu Stellung zu nehmen. Danach wird die Schiedsstelle entscheiden. Auf dieses Entscheidungsverfahren ist eine unmittelbare staatliche Einflussnahme ausgeschlossen. Deshalb kann auch der Berliner Senat hier nicht eingreifen. Aber wie gesagt, ich habe erstens Verständnis für die Forderungen der Hebammen, und zweitens sehe ich auch Zeichen der Hoffnung für eine Einigung am Horizont.

Aktuelle Erkenntnisse und Statistiken über mögliche Auswirkungen auf die freie Auswahl der Form der Geburtshilfe liegen dem Senat logischerweise zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor. Zurzeit liegt der Anteil der außerklinischen Geburten in Berlin allerdings nur bei ca. 4 Prozent. Sollte es zu einem Rückgang der außerklinischen Geburten kommen, wird sich diese Entwicklung erst in einigen Jahren belegen lassen.

Zu Ihrer zweiten Frage: Seitens des Staates besteht keine Möglichkeit, auf die Tarifgestaltung und Prämienkalkulation privater Versicherungsunternehmen, wie hier im Fall der Haftpflicht, Einfluss zu nehmen. Eine staatliche Subventionierung der Kosten der Berufshaftpflicht scheidet aus Gründen der Gleichbehandlung aus, da nicht zu rechtfertigen wäre, warum eine einzelne Berufsgruppe subventioniert würde, während andere Berufsgruppen entsprechende Kosten weiterhin selbst tragen müssten.

Es bleibt daher abzuwarten, ob die Schiedsstellenentscheidung zu einer zufriedenstellender Lösung der Situation führen wird. Sie müsste das eigentlich, weil dieser Kostenfaktor bei dem Vergütungssystem Berücksichtigung finden muss. Dem Senat ist auch bekannt, dass das Bundesministerium für Gesundheit noch im Mai mit den Vertreterinnen der Hebammen ein Gespräch führen wird, um sich über den konkreten Stand der Dinge zu informieren. Möglicherweise wird das auf die Entscheidung der Schiedsstelle Einfluss nehmen.

Danke schön! – Die Kollegin Jantzen hat eine Nachfrage. – Bitte schön!

Es ist klar, dass wir auf Landesebene keinen unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidung haben. Ich möchte dennoch wissen, welche politischen Unterstützungsmöglichkeiten Sie nutzen. Nach uns vorliegenden Informationen, hat die Erhöhung der Prämien Auswirkungen auf Geburtshäuser, niedergelassene Hebammen, aber auch auf die Geburtshilfe in den Kliniken. Es ist bereits jetzt klar, dass sich die Situation der Geburtshilfe in Berlin extrem verschlechtern wird.

Bitte schön, Frau Senatorin!

Sehr geehrte Frau Jantzen! Ich habe versucht, deutlich zu machen, das wir das mit großer Sympathie begleiten – nicht nur in der Beantwortung Ihrer Frage, sondern wir haben auch Schreiben des Hebammenverbandes entsprechend beantwortet. Ich bin tatsächlich ziemlich optimistisch, dass sich die Schiedsstelle den Argumenten, die nicht von der Hand zu weisen sind, nicht verschließen wird und die befürchtete Verschlechterung ausbleibt.

Danke schön! – Weitere Nachfragen gibt es nicht.

Damit komme ich zur nächsten Frage, und zwar zum Thema

Korruption bei der BSR und weiteres Vorgehen des Senats?

Bitte schön, Herr Kollege Jotzo!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat die Reaktion der BSR auf die Anklageerhebung der Berliner Staatsanwaltschaft gegen den Finanzvorstand der BSR wegen mutmaßlicher Korruption?

2. Was gedenkt der Senat in diesem Fall zu unternehmen?

Für den Senat antwortet der Wirtschaftssenator. – Bitte schön, Herr Wolf!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Jotzo! Der Vorstand, der Aufsichtsrat und der

Personalausschuss des Aufsichtsrats der BSR haben sich seit Beginn der Ermittlungen gegen Herrn Dr. Kramm intensiv mit dem Verfahren beschäftigt, sich die einzelnen Sachstände berichten lassen und Gespräche mit der Staatsanwaltschaft geführt. Ein von der BSR benannter Fachanwalt – nicht der Verteidiger von Herrn Dr. Kramm – wurde mit der Bewertung der Akten und Vorwürfe beauftragt. Zusätzlich wurde ein Rechtsgutachten eines Professors für Wirtschaftsstrafrecht erarbeitet. Beide kamen zu dem Ergebnis, dass die Vorwürfe nicht zutreffend seien bzw. keine Straftatbestände darstellten. Vor diesem Hintergrund haben der Aufsichtsrat und der Vorstand Herrn Kramm mehrfach das Vertrauen ausgesprochen. Wir werden das Verfahren weiter intensiv begleiten. Wenn es neue Erkenntnisse geben sollte, die den Aufsichtsrat und Vorstand veranlassen, zu einer anderen Auffassung zu kommen, werden wir Konsequenzen ziehen, aber in einem Rechtsstaat gilt die Unschuldsvermutung, und diese haben wir uns durch die intensive Begutachtung und Begleitung des Untersuchungsverfahrens durch Externe erhärten lassen.

Zu Ihrer Frage, wie wir als Senat die Stellungnahme der BSR bewerten: Die BSR hat als betroffenes Unternehmen – es geht dabei natürlich auch um das Image – selbstverständlich das Recht, ihre Auffassung zu dem Thema – sowohl zu den Vorwürfen als auch zum Ermittlungsverfahren – öffentlich zu äußern. Der Senat wird sich zu Details nicht äußern und auch nicht die Arbeit der Staatsanwaltschaft bewerten. Wir werden vielmehr die weitere Entwicklung beobachten und abwarten, ob es zu einer Zulassung der Anklageerhebung durch das Gericht kommt. Je nach Entwicklung der Sachlage werden wir Konsequenzen ziehen – in die eine oder andere Richtung.

Danke schön! – Der Kollege Jotzo hat eine Nachfrage. – Bitte!

Herr Senator! Inwieweit teilen Sie die Auffassung, dass die offensichtliche Untätigkeit der BSR und des Senats und das Nichtergreifen vorläufiger Maßnahmen damit zu tun haben, dass eine enge Freundschaft des betroffenen Finanzvorstands mit der Vorsitzenden Gäde-Butzlaff besteht, und zwar noch aus der Zeit, als sie Staatssekretärin einer SPD-Regierung und Herr Kramm Vorstand der Ruhrkohle war?

Bitte schön, Herr Senator Wolf!

Ich halte von dieser Auffassung gar nichts. Wir sollten uns davor hüten zu meinen, Rufmord sei politisch sinnvoll.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Ich sagte, dass wir uns als Aufsichtsrat sehr intensiv mit dem Vorgang befasst und versucht haben, unserer Verantwortung nachzukommen. Der Personalausschuss hat sich im Detail mit der Sache beschäftigt und ist zu dem dargestellten Ergebnis gekommen. Er hat dem Kollegen das Vertrauen ausgesprochen. Gerade von einer liberalen Partei, die immer sehr auf rechtstaatliche Grundsätze pocht, erwarte ich, dass die Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils gilt. Nach all dem, was wir bisher verfolgen konnten – nach Überprüfung der Vorwürfe, der Aktenlage, der Klageschrift der Staatsanwaltschaft –, sind wir zu dieser Schlussfolgerung gekommen.

Der Finanzvorstand der BSR hat in den letzten Jahren eine hervorragende Arbeit und einen wichtigen Beitrag zur Konsolidierung dieses Unternehmens geleistet. Durch seine Arbeit steht das Unternehmen jetzt so gut da. Man sollte Respekt vor dieser Arbeit und der Person haben und das nicht für politische Spielchen nutzen.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Senator! – Der Kollege Buchholz hat eine Nachfrage. – Bitte schön!

Herr Präsident! Herr Senator! Die Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft ist keine Lappalie. Trotzdem kann man bewertend sagen, dass die Umstände der Anklageerhebung bemerkenswert sind. Werden Sie, falls es eine Anklageerhebung des Gerichts gibt, den Fall noch einmal neu mit dem Aufsichtsrat und dem Personalausschuss der BSR besprechen?

Bitte, Herr Senator Wolf!

Wir werden diesen Fall sowieso neu besprechen, unanhängig davon, ob es zu einer Zulassung kommt. Wir verfolgen die Entwicklungen kontinuierlich. Es gehört in einer solchen Angelegenheit zur Verantwortung eines Aufsichtsrats und eines Personalausschusses, dicht an der Entwicklung zu sein. Selbstverständlich werden wir das Thema neu aufrufen und gegebenenfalls auch zu einer Neubewertung kommen. Dafür habe ich aber momentan keinen Anhaltspunkt.