Wenn Sie in das Gesetz hineinschauen – auch Sie von der FDP und der Union können lesen, schauen Sie hinein –, dann finden Sie ganz klar die Regelung, dass Rechtsverordnungen die Umsetzung ausgestalten werden. Hier ist genau die Frage zu diskutieren, was die Stellenschlüssel sind und welche fachlichen Kriterien nötig sind. Das ist nicht ein kleiner Antrag, der sich einmal einen kleinen Punkt herauspickt. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Isenberg! – Nun hat jetzt der Abgeordnete Hoffmann von der CDU-Fraktion das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe ja immer gedacht, dass jetzt noch eine andere Aktivität von der SPD kommt. Aber da kommen wieder viele Phrasen, viele Blasen, großes Gerede, nichts dahinter. Und, Herr Isenberg, Sie haben selbst bewiesen, dass Sie gar nichts von dem Antrag der Grünen verstanden haben. Sie haben eine Generaldebatte über alles Mögliche gehalten, aber nichts Konkretes gesagt.
Wer von uns möchte seine alten und gegebenenfalls an Demenz erkrankten Angehörigen nicht gut versorgt wissen, wenn die Pflege in der eigenen Familie nicht erfolgen kann? Ich glaube, dass dies alle wollen und das auch erwarten, wenn sie ihre Angehörigen in die Hände professioneller Pflege geben. Aus diesem Grund ist das Anliegen der Grünen-Fraktion, die sich in ihrem Antrag um eine qualitativ gute Pflege für demenzerkrankter Patientinnen und Patienten, insbesondere in ambulanten Wohngemeinschaften, sorgt, verständlich und unterstützenswert. Die zentrale Frage, die es heute jedoch noch einmal zu klären gilt, ist, ob der von den Grünen vorgeschlagene Weg auch wirklich zu diesem Ergebnis führt. Wir haben da unsere Zweifel.
Der Vorschlag, Qualitätskriterien an die Pflegeleistungskomplexe, also an die Pflegetagespauschalen, die mit den Kassen vereinbart und finanziert werden, anzukoppeln, bedenkt die Mehrdimensionalität von Qualität in der Pflege nicht ausreichend. Beispiel: Hinter dem im Antrag angeführten Pflegekomplex 19 verbergen sich alle Leistungen zur Körperpflege, wie z. B. Kämmen, Waschen, Ankleiden, Lagern oder Hilfe bei der Nahrungsaufnahme usw. Was soll bei diesen Leistungen als Qualitätskriterium gelten? Wie oft z. B. das Haar gebürstet, mit welcher Seife die Waschung vorgenommen oder
auf was für einem Teller beispielsweise die Nahrung gereicht wird? – Sie merken, es ist äußerst kompliziert, Qualität in so allgemeingültigen Kriterien zu fassen, dass
sie für jede Bewohnerin und jeden Bewohner persönlich auch wirklich erfahrbar wird. Daran wird deutlich, dass mehr dazu gehören muss als die Einhaltung von Pflegestandards, die die Grundlage für die Berechnung der Tagespauschalen für die Leistungskomplexe bilden. Was gehört also dazu, um gute Qualität zu garantieren? Die wichtigsten Eckpunkte für mich sind ein ausreichendes, geeignetes und gut ausgebildetes Fachpersonal mit hoher sozialer Kompetenz, ein den Bedingungen und den Bewohnern angepasstes Pflegekonzept, geeignete Wohnbedingungen, vielseitige und aktivierende Angebote, bedarfsgerechte gesundheitliche Versorgung sowie der respektvolle Umgang mit den Bewohnerinnen und Bewohnern, der ihr Recht auf Selbstbestimmung – da bin ich ganz bei Ihnen – unbedingt einschließt. Das alles erreichen Sie aber nicht über die Pflegeleistungskomplexe 19 und 38. Hier sind Selbstverpflichtung der Träger sowie die Einhaltung der Pflegecharta gefragt. Ebenso halte ich eine ständige Selbstevaluation der Träger hinsichtlich der Einhaltung von Qualität sowie eine kontinuierliche Kontrolle von außen durch den Medizinischen Dienst der Kassen und durch die Heimaufsicht für unerlässlich. Aber auch die Familien spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle, indem sie sich aktiv um die Angehörigen kümmern.
Wir als CDU werden uns deswegen bei dem Antrag der Grünen enthalten, auch wenn er ein wichtiges und sehr bedeutendes Thema anspricht und auch ein Detailproblem erörtert, das die SPD hier jedenfalls noch nicht verstanden hatte. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, ehe ich zum Antrag komme, zwei Vorbemerkungen, die eine an die sehr geschätzte Frau Villbrandt. Als Sie Ihren Antrag geschrieben haben, war von Treberhilfe wirklich noch nicht die Rede, denn Ihr Antrag ist ja schon ein paar Jährchen alt. – Dem Kollegen von der Koalition sei, wenn es die Jungfernrede war, verziehen, dass er meint, dass die SPD diesen Gesetzentwurf allein begleitet hätte. Sie waren ja auch persönlich nicht direkt dabei, Sie können das also alles nicht so wissen.
Der Antrag der Grünen ist aus dem Jahr 2007. Er bezieht sich auf die Tatsache, dass mit der Einführung der Leistungskomplexe 19 und 38 – die jedenfalls hat Herr Hoffmann richtig geschildert – zum 1. September 2005 die maßgebliche Finanzierungsgrundlage der Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz auf dieser Grundlage verhandelt wurde. Das wurde 2007 erneuert und gilt nun bis Ende 2010. Es brachte bereits Synergieeffekte mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz von 2008, die Leis
tungskomplexe 19 und 38 zusammenzuführen, also Pflege und Betreuungsleistungen sowie hauswirtschaftliche Versorgung gemeinsam als Sachleistung zulasten der Pflegekassen in Anspruch zu nehmen.
Nun haben wir vor Kurzem ein neues Gesetz beschlossen, das Wohnteilhabegesetz. Wir haben es jahrelang diskutiert. Ältere und pflegebedürftige sowie Menschen mit Behinderungen, die in Einrichtungen oder Wohngemeinschaften leben, bekommen mehr Schutz und mehr Rechte. Im Zuge der Föderalismusreform 2006 ging der ordnungsrechtliche Teil des Heimrechts auf die Länder über. Sie erinnern sich vielleicht noch an die Debatte vor zwei Sitzungen. Wir haben diesen Prozess im Ausschuss intensiv begleitet und besprochen. Anders als Heime wurden Wohngemeinschaften bisher nicht regelmäßig von der staatlichen Heimaufsicht und dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen kontrolliert.
Wir wissen, dass die Anzahl der Wohngemeinschaften in der letzten Zeit sehr stark vergrößert wurde. Neu ist unter anderem, dass es nun ab dem 1. Juli eine Meldepflicht für Pflegewohngemeinschaften mit 24-Stunden-Betreuung geben wird. Erstmals wird dadurch ein Überblick über Anzahl und Qualität von Wohngemeinschaften gewonnen werden, in denen zunehmend Menschen mit Demenzerkrankung leben. Nicht nur der Verein Pflege in Not oder der Verein Selbstbestimmtes Wohnen im Alter berichten davon, dass sich Angehörige immer öfter über Pflegemängel beschweren. Ab dem 1. Juli müssen Sozialdienste nun Zahl und Pflegestufe ihrer Bewohner melden. Bei Beschwerden ist eine anlassbezogene Prüfung möglich. Kassen und Branchenvertreter begrüßen das.
Die Ergänzung des Wohnteilhabegesetzes durch Rechtsverordnungen wird seine erweiterten Möglichkeiten präzisieren. Konsequenzen der Leistungsbeschreibung wie z. B.
Regelungen über die Anforderungen an die vom Leistungserbringer eingesetzten Personen, insbesondere über die ausreichende Zahl und die persönliche und fachliche Eignung der Leitung und der zur Leistungserbringung eingesetzten sonstigen Personen, über den Anteil an Fachkräften sowie über Fort- und Weiterbildung
sind laut Gesetz in einer Rechtsverordnung bis zum 31. Dezember 2010 festzuschreiben – laut Gesetz, das Datum steht im Gesetz. Dies wird im Rahmen der Verhandlungen zu den auslaufenden Vereinbarungen zu den Vergütungen der ambulanten Pflegeleistungen und der hauswirtschaftlichen Versorgung gemäß § 89 SGB 11 wirksam werden.
Die im Grünen-Antrag geforderten Qualitätskriterien entsprechen also den Prozessen, die bereits in Gang gesetzt wurden. Die Qualität in den ambulant betreuten Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz wird besser als bisher gesichert sein und die Wohngemeinschaften als zunehmend nachgefragte bedürfnisgerechte Wohn- und Betreuungsform für Menschen, und zwar
nicht nur mit Demenz, weiterentwickelt und konsolidiert werden. Ihr Antrag war richtig, aber er ist leider veraltet, und so haben wir ihn schon im Ausschuss ablehnen müssen. Das wird hier heute auch passieren. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Dott! – Für die FDPFraktion hat der Abgeordnete Gersch das Wort. – Bitte sehr!
Der Auftakt war etwas länger, dafür ist meine Rede umso kürzer. – Demenz ist nicht nur eine heimtückische Krankheit, sondern auch eine extreme Belastung für pflegende Angehörige. Um sich zu entlasten, aber auch um eine Heimunterbringung zu vermeiden, haben viele Betroffene Wohngemeinschaften gegründet, in denen Demenzkranke zusammen wohnen. Die Angehörigen wechseln sich bei bestimmten Aufgaben ab und entlasten sich so gegenseitig.
Inzwischen haben auch Pflegedienste Wohngemeinschaften gegründet. Über die Zahl ist man momentan noch uneins, aber es werden sicherlich mehr werden, aufgrund der Zunahme der Erkrankungen, aber auch deshalb, weil familiäre Strukturen sich verändern, die Betreuung in bzw. durch die Familie seltener der Fall sein wird. Glücklicherweise wurde die Wohngemeinschaft nun auch von der Heimgesetzgebung erfasst. Das Wohnteilhabegesetz zielt auch auf alternative Wohnformen ab. Das begrüßen wir ausdrücklich.
Viele Pflegeleistungen werden auch durch die Pflegekassen und Sozialhilfeträger übernommen. Auch das begrüßen wir ausdrücklich. Der Antrag moniert, dass in diesem Bereich keine Qualitätskriterien existieren und mit Leistungserbringern keine Qualitätsvereinbarungen, wie in anderen Bereichen üblich, abgeschlossen werden. Dieser Kritik schließen wir uns an, und darum unterstützen wir auch diesen Antrag.
Von Koalitionsseite haben wir im Rahmen der Beratungen stets gehört, dass man die Intention teile und der Senat bereits aktiv sei. Das ist der übliche Reflex, wenn auf einen Mangel hingewiesen wurde und man diesen nicht negieren kann. Das Problem sei erkannt, man sei bereits aktiv. – Dann muss man aber fragen: Warum erst jetzt?
Die Antwort lautet: Weil man die Probleme und die Notwendigkeiten nicht ernst genommen hat. Aus diesem
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gersch! – Der Fachausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen Grüne und FDP bei Enthaltung der CDU, den Antrag auf Drucksache 16/0864 auch mit dem geänderten Berichtsdatum „31. Dezember 2010“ abzulehnen. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die FDP-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Das ist die Mehrheit. Enthaltungen? – Das müsste dann die CDU-Fraktion sein. Jetzt haben sich einige von der CDU-Fraktion gemeldet. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Ich freue mich, dass ich auch um diese Zeit eine Delegation begrüßen kann. Dieses Mal ist es eine Delegation der Kita an der Bahn aus Lichterfelde. – Herzlich willkommen!
Die Fraktionen sind übereingekommen, den Tagesordnungspunkt heute zu vertagen. Widerspruch kann ich nicht feststellen. Dann verfahren wir so.