Protokoll der Sitzung vom 07.10.2010

Herr Gaebler! Ihre Redezeit ist bereits beendet!

Ich bin sofort fertig! – Entschuldigung, ich habe vergessen zu erwähnen, dass die Grünen vor der Wahl in Bremen natürlich gegen dieses Autobahnprojekt waren.

[Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion und der FDP – Ah! von der SPD und der CDU]

Deshalb, und das ist mein Schlusssatz: Regierungsbeteiligung lässt den Blick vielleicht auch für Gesamtkonzepte öffnen,

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

und deshalb bin ich ganz optimistisch, dass – wenn Sie nach der Wahl an Koalitionsverhandlungen beteiligt sein sollten –,

[Zurufe von Joachim Esser (Grüne) und Alice Ströver (Grüne)]

man dann vernünftig über Verkehrskonzepte für die Stadt reden kann und nicht über Dogmen. – Vielen Dank an dieser Stelle für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion und der FDP]

Vielen Dank, Herr Gaebler! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Henkel das Wort. – Bitte sehr!

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Beruhigen Sie sich, Herr Esser, es ist nie schön, wenn man den Spiegel vorgehalten bekommt. Das ist so, da müssen Sie durch, und in der Verkehrspolitik müssen Sie da doppelt durch!

[Beifall bei der CDU]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will mit einem Zitat beginnen.

Der Stadtring A 100 wird verlängert bis Treptower Park, finanziert durch den Bund.

So haben es SPD und Linkspartei 2006 in ihrem Koalitionsvertrag geschrieben. Mit Ihrer Entscheidung vom Dienstag hat diese rot-rote Koalition gezeigt, Herr Gaebler, dass sie weder die Menschen in unserer Stadt

noch sich selbst ernst nimmt. Diese Koalition hat sich offenbar selbst aufgegeben, wenn sie es nicht hinbekommt, sich eindeutig zu einem zentralen Regierungsprojekt zu bekennen. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass diese Koalition das Regierung eingestellt hat, dann ist es genau dieser faule Kompromiss, dass die A 100 zwar weiter geplant wird, der Baubeginn aber auf Eis gelegt und in eine ungewisse Zukunft verschoben wird.

Angesichts dieser Entwicklung muss man sich schon mal mit der Rolle des Regierenden Bürgermeisters beschäftigen. Herr Wowereit! Sie haben sich persönlich mit Ihrem ganzen politischen Gewicht dafür eingesetzt, Ihre Partei auf Linie zu bringen. Sie haben auf den Weiterbau der A 100 gedrängt, Sie haben Ihre Partei sogar zwei Mal abstimmen lassen, um das gewünschte Ergebnis zu bekommen.

[Zuruf des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit]

Wenn man sich jetzt anschaut, was dieses Ergebnis wert war, dann muss man schon fragen, wer in dieser Koalition eigentlich Herr im Hause ist – Sie scheinen es jedenfalls nicht mehr zu sein.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Und, Herr Wowereit, es ist ganz offensichtlich, dass Ihnen und Ihrer Koalition die Kraft fehlt, wichtige Projekte überhaupt noch durchzusetzen.

[Zuruf von Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion)]

Sie bekommen den Flughafen BBI nicht pünktlich auf die Reihe, Sie stümpern bei den Flugrouten, Sie streiten sich um das ICC – wo man auch hinschaut, Ihre Politik führt zu Stillstand, und das ist das Letzte, was sich unsere Stadt leisten kann.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Es ist schon schön, dass Sie, wie heute zu lesen war, bei Ihren Auftritten vor Unternehmern der Wirtschaft immer noch nach dem Munde reden. Herr Regierender Bürgermeister! Wir werden Sie daran auch messen,

[Zuruf von Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion)]

aber Sie haben jetzt die politische Mehrheit, Sie haben jetzt die Gestaltungskraft, also machen Sie auch was daraus!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Wir jedenfalls fordern Sie auf: Bewilligen Sie nicht nur die notwendigen Planungsmittel, sondern auch endlich die Mittel für die Bauausführung, und sorgen Sie dafür, dass das Projekt realisiert wird!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Es wäre den Menschen nicht vermittelbar, wenn Sie jetzt 1,7 Millionen Euro für eine Planung ausgeben würden, die Ihr Koalitionspartner politisch bekämpft. Das hätte, Herr Wowereit, mit verantwortlichem Regierungshandeln nichts zu tun.

Eins ist klar: Berlin braucht die A 100. Wir brauchen die Entlastung der Wohngebiete, durch die sich täglich Hunderttausende Fahrzeuge quälen. Wir brauchen den Weiterbau für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt, und wir brauchen sie auch für die Entwicklung von Adlershof und BBI. Wir können es uns nicht leisten, Bundesinvestitionen in Höhe von 420 Millionen Euro aus einer Laune heraus in den Wind zu blasen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Wir können uns die Zukunft unserer Stadt nicht von Rückwärtsgewandten und Fortschrittsfeinden kaputt machen lassen. Ich fand den kleinen Ausflug nach Bremen interessant, man könnte auch nach Hamburg oder ins Saarland schauen. Ein Wort an die Grünen in Berlin: Ich weiß, dass Sie allen gefallen wollen – von der IHK bis hin zu antikapitalistischen Gruppierungen –, und ich weiß, dass Sie Zurückweisungen und Liebesentzug nicht ertragen können, aber auch Sie müssen endlich einmal sagen, ob Sie für etwas sind, ob Sie in unserer Stadt etwas bewegen wollen oder ob Sie immer nur alles verhindern wollen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Was wollen Sie eigentlich? Sie waren gegen Flugzeuge in Tempelhof. Sie sind in Stuttgart gegen den Schieneverkehr. Sie sind in Berlin gegen Straßenbauprojekte. Sagen Sie einfach einmal, wie Sie sich Mobilität und Infrastruktur in einer modernen Großstadt vorstellen! Sagen Sie, was das für Berlin bedeutet!

[Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP – Zuruf von Claudia Hämmerling (Grüne)]

Dazu zählt, verehrte Kollegin, dass auch Dinkelbrote nicht mit dem Fahrrad ausgeliefert werden. Berlin braucht eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur. Es wäre schön, wenn Sie endlich einmal bei einem Thema in Berlin eine konstruktive Rolle einnehmen würden.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Herr Regierender Bürgermeister! Ich fordere Sie und Ihre Koalition auf, unserem Antrag zuzustimmen und dafür zu sorgen, dass der Weiterbau schnellstmöglich kommt. Zeigen Sie endlich, dass Sie noch ein Fünkchen Verantwortungsbewusstsein für unsere Stadt in sich tragen! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für den Senat hat jetzt der Regierende Bürgermeister Wowereit das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Henkel! Nachdem Sie heute die Kraft bewiesen haben und dreimal eine Rede für die Spitzenkandidatur

der CDU gehalten haben, ist das in der Wirklichkeit angekommen.

[Allgemeine Heiterkeit]

Ich freue mich, dass Sie endlich Kandidat Ihrer Partei sind. Ich sage Ihnen jetzt etwas, damit Ihre Spitzenkandidatur Bedeutung bekommt, sonst kriegt es ja keiner mit. Ich setze mich gerne mit Ihnen auseinander, Herr Henkel, denn Ihre Position ist zukunftsweisend, und sie ist auch meine.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von der CDU: Aber man merkt es nicht!]

Doch, man merkt es. Sie können gar nicht so schnell gucken, wie wir springen. Da müssen Sie sich noch ein bisschen wärmer anziehen. Kümmern Sie sich erst einmal um Ihre Nominierung in Ihrer Partei! Da haben Sie erst einmal genug zu tun, wenn sie dynamische Politik für die Zukunft machen wollen. Ihre Opfer sitzen schon in Ihren Reihen. Hochqualifizierte Abgeordnete zählten schon zu Ihren Opfern, bevor etwas passiert ist.

Jetzt zur A 100: Solche Infrastrukturprojekte sind in der heutigen Republik – ob es der CDU, den Grünen oder sonst irgendjemand passt oder nicht –, und zwar nicht nur bei uns, sondern in ganz Europa, immer höchst umstritten. Das wird sich auch nicht ändern. Wir haben das auch bei der Diskussion über den Flugverkehr und anderem erlebt. Es ist hoch komplex, höchst umstritten, und wir werden in einer pluralistischen Gesellschaft nie eine hundertprozentige Zustimmung für große Infrastrukturprojekte erreichen. Deshalb muss man auch um das richtige Konzept kämpfen. Auf diesem Weg muss man viel Überzeugungsarbeit leisten. Darum kommen Sie nicht herum, Herr Henkel. Egal, ob Sie in der Regierung sind oder sonst jemand: Es ist ein sehr komplizierter Vorgang. Das, was den einen in der Frage freut, ärgert den anderen. So gibt es in der Stadt unterschiedliche Positionen zu dem Thema.