Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Regierenden Bürgermeister: Welche Haltung nehmen Sie als Regierungschef ein in der Auseinandersetzung zwischen Ihrem Finanzsenator Nußbaum, der seinen Kollegen, Wirtschaftssenator Wolf, für die hohen Wasserpreise mitverantwortlich gemacht und ihm den Rückzug als Aufsichtsratsvorsitzender der Wasserbetriebe nahegelegt hat, einerseits und den Äußerungen Ihres Wirtschaftssenators Wolf andererseits, wonach nicht dieser – ich zitiere – „die Wasserpreise hochgetrieben, sondern die SPD im Senat … seine Vorschläge zur Senkung stets ausgeschlagen“ habe, „um Einnahmen fürs Land zu sichern“? „Die SPD“ sei „immer in einer Kumpanei mit den Privaten“ gewesen.

Bitte, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Erstens glaube ich nicht, dass Sie Herrn Nußbaum richtig wiedergegeben haben. Seine Äußerungen in dem Zeitungsinterview waren sehr zurückhaltend.

[Andreas Otto (Grüne): Ach was?]

Ja, wenn ich mich recht erinnere! Er hat sich da nicht eindeutig zur Niederlegung des Aufsichtsratsvorsitzes positioniert.

[Zurufe von Michael Schäfer (Grüne) und Benedikt Lux (Grüne)]

Warten Sie doch ab! Seien Sie nicht so ungeduldig! Sie können wieder ganz ruhig sein. Ihre Nominierungen sind doch vorbei.

[Zuruf: Noch nicht ganz!]

Immer noch nicht? Oh weh!

Jetzt aber zur Rolle des Wirtschaftssenators: Die ist in der Tat komplex. Einerseits hat man als Aufsichtsratsvorsitzender die Interessen des Unternehmens zu vertreten; andererseits haben wir Senatsvertreter in die Aufsichtsräte entsandt, um die Interessen des Landes – also das der Bürgerinnen und Bürger – wahrzunehmen. In diesem Spannungsfeld ist jede Aufsichtsratstätigkeit zu sehen.

Die Grundfragen, die sich bei der komplizierten Ermittlung von Wasserpreisen stellen, sind: Was ist der Vertragskonstruktion im Rahmen des Konsortialvertrags geschuldet, in der Preiserhöhungen bzw. der Verzicht auf mögliche zulässige Preiserhöhungen dazu führen, dass das Land Berlin eine Ausgleichsverpflichtung gegenüber

der Gewinnerwartung der privaten Teilhaben an dem Unternehmen hat? Hinzu kommt die Frage, was kartellrechtlich zulässig ist. – Ich sage mal deutlich: Das, was kartellrechtlich unzulässig ist, führt nicht zu einer Ausgleichsverpflichtung des Landes Berlin. Wenn mir jemand erzählt, die Wasserpreise seien nicht verhindern zu gewesen und man habe zum Kartellrecht greifen müssen, überzeugt mich das nicht. Entweder sie sind nicht zulässig. Dann darf man ihnen nicht zustimmen, und das hat dann nichts mit dem Konsortialvertrag zu tun. Hinweise, auch der Regierende Bürgermeister habe als Abgeordneter dem Vertrag zugestimmt, sind völlig „neben der Spur“, weil sie nicht weiterführen, denn es geht nicht um das Verhältnis des Konsortialvertrags zur Ausgleichsverpflichtung. Nur, wenn Berlin auf Preiserhöhungen verzichtet und damit die zugesicherte Rendite verhindert, sind wir ausgleichspflichtig. Aber dem, was das Kartellrecht und andere gesetzliche Vorgaben vorgeben, die uns hindern, gewisse Preise zu nehmen, muss auch das Land Berlin nicht zustimmen, und zwar aufgrund des Konsortialvertrags. Insofern ist mir der Spagat, der da gemacht wird, nicht ganz nachvollziehbar. Das ist nach wie vor eine heikle Angelegenheit.

Danke schön! – Herr Graf hat eine Nachfrage. – Bitte schön!

Meine Zitate können Sie im Textarchiv der „Berliner Zeitung“ vom 9. April 2011 nachlesen.

Ich möchte noch einmal versuchen, die Sache politisch einzuordnen. Wenn es so ist, wie der Wirtschaftssenator Wolf sagt und seine Vorschläge zur Senkung im Senat von der SPD-Seite wegen der Einnahmesituation und der „Kumpanei mit Privaten“ ausgeschlagen wurden, dann möchte ich wissen, ob Herr Wolf Ihre Rückendeckung im Umgang mit den Wasserpreisen hat.

Bitte, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich habe jetzt keine Gelegenheit, die Protokolle des Senats nachzulesen. Ich kann mich – zumindest nicht in den jüngsten Jahren – aber nicht erinnern, dass es eine Senatsbefassung gegeben hat, in der der Wirtschaftssenator darum gebeten hat, Preiserhöhungen bei den Wasserbetrieben nicht mitzutragen. Eine Zuständigkeit ergibt sich ja auch dadurch, dass ein Ressort, das dem Wirtschaftssenator parteipolitisch ganz nahe steht, die Genehmigung der Wasserpreise erteilen muss. Das ist auch erfolgt.

Danke schön!

Jetzt geht es mit einer spontanen Frage des Kollegen Lux von Bündnis 90/Die Grünen weiter. – Bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Regierenden Bürgermeister: Der Datenschutzbeauftragte Dr. Dix hat festgestellt und auch formal beanstandet, dass 55 000 Briefe an Kitaeltern, die Sie und der Bildungssenator unterzeichnet haben, rechtswidrig und gegen den Zuständigkeitskatalog waren und Sie Daten für Ihre Information zweckentfremdet haben. Was Sagen Sie dazu?

Bitte, Herr Regierender Bürgermeister!

Der Bildungssenator wird zu dieser Beanstandung eine Stellungnahme gegenüber dem Datenschutzbeauftragten abgeben, die mit mir abgestimmt ist. So wird erst einmal verfahren.

Danke schön! – Gibt es eine Nachfrage des Kollegen Lux? – Bitte schön!

Mich interessiert, was in der Stellungnahme steht und ob Sie künftig – – Sie gelten ja nicht als besonders lernfähig, wenn ich das mal diplomatisch sagen darf. Werden Sie in Zukunft darauf achten, dass Daten, die Sie bekommen und für Ihre Zwecke nutzen, nach geltendem Recht erhoben und genutzt werden?

Bitte, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Dazu, wer lernfähig und insbesondere lernwillig ist, könnten wir bezüglich Ihrer Person einiges sagen.

[Beifall und Heiterkeit bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion und der FDP]

Ich habe die Hoffnung, dass sich das bei Ihnen mit zunehmendem Alter noch bessert.

Es handelt sich um eine datenschutzrechtlich interessante Auseinandersetzung. Sie muss geführt werden. Ich finde, damit sollten sich die Juristen intensiv beschäftigen. Ich habe den Brief unterschrieben, ohne den Vorgang datenschutzrechtlich zu prüfen, finde das Ganze aber, ehrlich

gesagt, ein bisschen merkwürdig. Ich bin davon ausgegangen, dass das Vorgehen korrekt ist, aber wenn der Datenschutzbeauftragte eine andere Rechtsauffassung dazu hat, dann wird die von den Juristen der Senatsbehörden geprüft. Sollte sich herausstellen, dass der Datenschutzbeauftragte mit seiner Einschätzung richtig liegt, dass wird sich die Verwaltung selbstverständlich künftig in diesem Rahmen bewegen. Ich finde es ein bisschen merkwürdig, dass der Senat nicht in der Lage ist, den Eltern mitzuteilen, dass die Entgeltfreiheit eingeführt wird. Offensichtlich gibt es aber unterschiedliche Rechtsauslegungen. Wie immer wird man sich auf juristischem Weg auf ein künftiges Verfahren einigen.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Jetzt ist die Kollegin Hiller von der Linksfraktion an der Reihe. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Auch meine Frage richtet sich an Sie, Herr Wowereit. Es geht um den Glücksspielstaatsvertrag. Dazu gibt es einen Gesetzentwurf der Ministerpräsidenten. Es gibt einen aus Schleswig-Holstein. Wie ist Ihre Position dazu? – Danke schön!

Herr Regierender Bürgermeister – bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Dr. Hiller! Wir haben zu diesen Fragen eine Sondersitzung der Ministerpräsidenten gehabt. Es waren schwierige Verhandlungen, die geführt werden müssen. Sie wissen, dass es diesen Angriff auf das staatliche Wettmonopol gibt. Jetzt versucht man, über den Bereich der Sportwetten eine Liberalisierung durchzusetzen. Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass es besser wäre, wenn wir das staatliche Monopol erhielten. Aber wir benötigen dazu die breite Zustimmung, am besten die Einstimmigkeit der sechzehn Länder.

Es gibt vor allen Dingen vom Land Schleswig-Holstein, vertreten durch den Ministerpräsidenten, aber auch vonseiten Hessens und anderer Bundesländer immer wieder weitergehende Vorschläge, dass man, um das staatliche Lottomonopol abzusichern, bei den Sportwetten eine Liberalisierung durchführen müsste, also eine Konzessionsvergabe vornehmen sollte. Bis zur letzten Sekunde war es höchst umstritten, wie viele Konzessionen vergeben werden sollten. Bayern und Baden-Württemberg haben für 5 plädiert. Dem hätte sich das Land Berlin sicher im Weg eines Kompromisses eher anschließen können. Andere wie Schleswig-Holstein und Hessen sind mit 15 gestartet und wollten mindestens eine Zahl über 10 verankert sehen. Wir haben uns letzten Endes, um

überhaupt eine gemeinsame Position zu schaffen, auf die Zahl 7 verständigt. Jedenfalls haben das 15 Länder getan, Schleswig-Holstein sah sich dazu nicht in der Lage, d. h. bis heute ist nicht klar, wie sich Schleswig-Holstein insgesamt verhalten wird.

Ich sage: Hier wird es keine reine Lehre mehr geben. Das ist leider so. Wir haben eine klare Auffassung, wir sind da eher restriktiv und wollen so wenig Konzessionen wie möglich machen und vergeben. Wir sind aber unter dem Druck von den anderen Ländern.

[Dirk Behrendt (Grüne): Och!]

Die Alternative, wenn es keine Annäherung geben würde, wäre, dass alles völlig frei ist. Dann würde jedes Land für sich eigene Entscheidungen treffen, und dann ist auch klar, dass in absehbarer Zeit Lotto absolut gefährdet ist. Ich glaube, das ist momentan Gott sei Dank auch nicht im Interesse der Länder und auch der Bevölkerung. Aber es ist eine komplexe Angelegenheit. Wir werden sehen, wie es sich verfeinert. Es sind noch Details in dem Staatsvertragsentwurf zu klären. Ich hoffe, dass SchleswigHolstein zustimmen wird, damit wir eine Position der 16 Länder haben. Dann würde selbstverständlich das Verfahren in Gang kommen, bei dem die Parlamente beteiligt werden.

Danke schön! – Eine Nachfrage von Frau Dr. Hiller. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Wowereit! Vielen Dank, Herr Präsident! – Stimmt es, dass Netzsperren Bestandteil des Vertrags sind? Halten Sie diese für verhältnismäßig?

Herr Regierender Bürgermeister!

Nach meinem Kenntnisstand ist das nicht Teil des Staatsvertrages, aber ich würde darum bitten, dass im entsprechenden Ausschuss noch einmal die Eckpunkte dargelegt werden können. Da kann man die einzelnen Punkte noch einmal durchgehen, die Grundlage der Vereinbarung sind. Im Rahmen der Spontanen Fragestunde würde das sicher zu weit führen.

Jetzt ist der Kollege Dr. Meyer von der FDP-Fraktion an der Reihe. – Bitte!

Noch nicht Doktor, Herr Präsident!

Na, kommt vielleicht noch!

[Zurufe]

Ich habe eine Frage an den Finanzsenator Nußbaum. – Herr Nußbaum! Was ist denn Ihrer Erfahrung nach der Unterschied zwischen dem Leiten und Führen einer Fischfabrik

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Nicht schon wieder!]

und der verantwortlichen Leitung aus der Eigentümerstellung des Landes Berlin von Beteiligungen, die im Eigentum des Landes Berlin sind?