Protokoll der Sitzung vom 09.06.2011

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Christoph Meyer (FDP): Sie haben überall den Rasenmäher angesetzt!]

Sie haben von Verwaltung null Ahnung. Und Sie haben anscheinend die letzten fünf Jahre hier auch tief und innig geschlafen. Es ist doch symptomatisch, dass Ihr Verwaltungsreformexperte hier nicht anwesend ist, während Sie hier ein Zeugs von sich geben, dass einen manchmal die parlamentarische Sprache kostet.

Sie reden davon, dass Berlin jetzt ganz irgendwie – – Was machen wir? Sondertarifvertrag? Außertarifliche Verträge? – Hin, egal was es kostet! Also eine Fraktion, die seit Jahren immer erzählt, diese Verwaltung ist zu groß, zu groß, zu groß, aufgebläht, unendlich groß! Tut mir leid! Das macht wirklich keinen Spaß, sich mit Ihnen auseinanderzusetzen.

Und dann Sie mit Ihren ewigen Kernaufgaben. Ich habe bis heute noch keine Kernaufgabendefinition von Ihnen gehört, immer nur gehört, Berlin muss sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren.

[Zuruf von Christoph Meyer (FDP)]

Wahrscheinlich definieren wir die deutlich anders als Sie, und das ist auch gut so.

[Björn Jotzo (FDP): Ja, dann definieren Sie doch mal!]

Die Berliner Verwaltung muss deutlich effizienter werden. Haben Sie eigentlich geschlafen? Haben Sie in den letzten Jahren – ja, das brauchen Sie nicht, Sie sind Fraktionsvorsitzender, Sie haben einen Dienstwagen – mal ein Auto angemeldet? Wissen Sie eigentlich, dass Sie sich in der Jüterboger Straße einen Termin geben lassen können und keine fünf Minuten zu warten haben?

[Zurufe von Christoph Meyer (FDP) und Björn Jotzo (FDP)]

Oh, Mensch, jetzt hört doch mal auf zu blaken, Ihr beiden! Ihr könnt doch mal den Mund halten. Ich habe das Wort. Das geht doch nicht.

[Zurufe von den Grünen und der FDP]

Frau Präsidentin! Vielleicht könnten Sie die beiden Herren mal ein bisschen zur Ruhe rufen. Das wird mir langsam zu viel.

[Thomas Birk (Grüne): Das müssen wir die ganze Zeit von der SPD aushalten!]

Ich glaube, wir sollten alle etwas leiser werden hier im Saal. – Bitte!

Die Themen, die wir in dieser Legislaturperiode angegangen sind, Shared Services, Zusammenfassung von Aufgaben mit den Menschen in der Verwaltung, die dazu in der Lage sind, sind Sachen, die man nicht einfach mal beschließen kann. Dem verweigern Sie sich seit Jahren. Man muss mit den Menschen in der Verwaltung arbeiten. Sie können nicht einfach irgendwas hier beschließen und glauben, am nächsten Morgen sei das da. Gerade was den Bereich IT anbelangt und was den Bereich Personalverwaltung anbelangt, sind wir auf dem Wege, mit den Verwaltungen, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Wege zu erarbeiten und sie auch zu erfüllen, nicht über: wir reden darüber, sondern durch viel intensive Arbeit. Im

Verhältnis zu den Bezirken, alles, was wir an vergleichbaren Sachen beschaffen, kostet Energie, kostet Zeit, verlangt viele Gespräche. Sie erzählen immer nur, der Senat muss, und vergessen, dass wir eine Verfassung haben, die uns auch sagt, wir können gar nicht, wir dürfen gar nicht. Das ist eigene Aufgabe einer jeden Behörde, einer jeden Verwaltung, egal auf welcher Ebene. Versuchen Sie doch mal, falls Sie mal wieder in dieses Parlament kommen, mit den Menschen, mit der Verfassungsrealität in diesem Lande umzugehen und nicht von außen sich irgendwelche Sachen auszudenken, in der Hoffnung, Sie kriegen dafür eine gute Presse. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Flesch! – Für die CDUFraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Statzkowski das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht nicht darum, hier Spaß zu haben, liebe Kollegin Flesch, sondern es geht darum, sich sachbezogen mit Vorschlägen der Opposition auseinanderzusetzen, und das habe ich, ehrlich gesagt, bei Ihren Äußerungen vermisst.

[Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP]

Zukunftskonzept öffentlicher Dienst – nach Auffassung der CDU-Fraktion geht der Antrag grundsätzlich in die richtige Richtung. Allerdings gibt es eine ganze Reihe von Punkten, an denen wir auch unterschiedlicher Meinung sind, und das werde ich an dieser Stelle deutlich machen.

Die gezielte Einstellung von Auszubildenden in den öffentlichen Dienst halten wir für richtig. Allerdings ist die Frage, ob man eine Festlegung auf 14 000 heute und hier und über diesen Antrag treffen sollte. Das halten wir für falsch. Auch die Frage einer Zielmarke ist mehr als fraglich, denn was macht es denn für einen Sinn, ein Personalentwicklungskonzept anzumahnen, wenn man vorher schon die Zieldaten im Einzelnen festsetzt? – Nein, umgekehrt wird ein Schuh draus, erst ein Konzept, und daraus muss man dann folgern, wie die Zahlen aussehen, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst des Landes Berlin notwendig sind.

[Beifall bei der CDU]

Die Notwendigkeit, ein Personalentwicklungskonzept aufzustellen, wird inzwischen ja auch von den Regierungsfraktionen für notwendig gehalten. Die Linke hat daraus gar keinen Hehl gemacht und hat das noch Anfang dieser Woche lauthals gefordert. Dazu gibt es auch eine Pressemitteilung der Gewerkschaft kommunaler Landesdienst Berlin. Ich möchte wenigstens auszugsweise daraus zitieren. Da heißt es z. B. in der Überschrift: „Linke for

dert: ‚Berlin braucht endlich eine qualifizierte Personalbedarfsplanung’“ – Frank Becker, Landeschef der gkl Berlin, empfindet diese Forderung einer Regierungsfraktion als „Verhöhnung der Beschäftigten“. Er sagt weiter:

Ich kann es kaum glauben. Da fordert doch Die Linke, also eine an dieser Regierung beteiligten Parteien, dass Berlin nun endlich eine qualifizierte Personalbedarfsplanung braucht! Für mich ist diese Forderung … eine absolute Lachnummer

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Dann lachen Sie doch mal!]

und verhöhnt hiermit alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes …

So Frank Becker, Landesvorsitzender der Gewerkschaft kommunaler Landesdienst Berlin!

[Beifall bei der CDU]

Frau Flesch! Vielleicht sollten Sie sich auch noch mal mit der Gewerkschaft treffen und sich mal fachlich darüber auseinandersetzen. Bisher waren offensichtlich die Zusammenkünfte nicht zufriedenstellend, denn wenn Sie die Pressemitteilung weiterlesen, dann würden Sie feststellen, dass auch die SPD dementsprechend ihr Fett dabei abbekommt.

Aber wir reden weiter zu dem Antrag: Leistungsvergleich, ein Benchmarking für den öffentlichen Dienst ist etwas, was die CDU-Fraktion in der Vergangenheit mehrfach gefordert hat, auch und gerade für die Hauptverwaltung übrigens, ein Punkt, wo sich die Oppositionsparteien deutlich von den Regierungsparteien unterscheiden. Allerdings muss man auch an dieser Stelle eingestehen, dass die Kosten- und Leistungsrechnung Probleme bereitet und dass sie nicht eins zu eins so weiterzuführen ist, wie sie bisher angelegt worden ist. Wo bleibt beispielsweise der Qualitätsfaktor? Oder wie gehen wir mit bestimmten Verzerrungen um, die die KLR aufwirft und die zu massiven finanziellen Schlechterstellungen von bestimmten Bezirken in bestimmten Bereichen führen wie z. B. im Musikschulbereich oder auch bei der Nutzung öffentlicher Gebäude?

Der Ansatz, qualifiziertes, gerade auch selbst ausgebildetes Personal einzustellen und weiterzubeschäftigen, das ist auch der Ansatz der CDU-Fraktion. Aber es geht eben nicht nur darum, finanzielle Angebote zu machen – auch hier greift der Antrag unserer Auffassung nach nicht weit genug –, sondern es geht auch darum, immateriell bestimmte Anreize zu schaffen, beispielsweise dass man für Lehrerinnen und Lehrer, Studienrätinnen und Studienräte dementsprechend auch Verbeamtungen anbietet und damit eine Form der Sicherheit der Beschäftigung im öffentlichen Dienst anbietet, der eben in Berlin fehlt. Es reicht eben nicht – das hat Herr Zöllner ausdrücklich bewie- sen –, mal eben das eine oder andere anzuheben, sondern es geht darum, hier dementsprechend auch diese Sicherheit nach außen hin zu verkörpern.

Bekannt ist, dass eine große Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausscheidet, dass ein Wissenstransfer notwendig ist. Wir kennen den Demografiewandel. Tatsache ist, dass hier der Senat bisher in keiner Weise ausreichend reagiert hat. Diese Form führt dazu, dass die Probleme absehbar sind. Sie sind voraussehbar, und sie werden uns in den nächsten Jahren massiv beschäftigen. Insoweit geht der Antrag in die richtige Richtung, aber so – wie ich ausgeführt habe – geht er in den entscheidenden Punkten zu weit bzw. daneben. Deswegen wird sich die CDU-Fraktion enthalten.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Statzkowski! – Für die Linksfraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Zotl das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch in Wahlkampfzeiten könnte man doch eigentlich erwarten, dass parlamentarische Aktivitäten der Opposition die Realität zur Kenntnis nehmen, und zwar so, wie sie ist, und nicht so, wie sie die FDP gern hätte, um sich dann als Retterin in der Not zu gerieren. Mit dem FDP-Antrag „Zukunftskonzept für den öffentlichen Dienst jetzt“ wird eine solche Erwartung nicht erfüllt. Ich möchte mich in vielem dem anschließen, was meine Kollegin Flesch gesagt hat, und mich nur noch auf zwei, drei Fragen konzentrieren.

Herr Meyer! Sie behaupten in Ihrem Antrag, dass es der Senat in den gesamten letzten neun Jahren versäumt habe, eine aufgabenorientierte Personalplanung vorzunehmen.

[Björn Jotzo (FDP): So ist es!]

Eine solche Unterstellung ist ungeheuerlich. Vor allem, weil Sie zum Beispiel als Mitglied des Hauptausschusses die gesamte Palette der Maßnahmen genauso gut kennen wie wir. Sie kennen die aufgabenspezifischen Einstellungskorridore, Sie kennen die dezidierten Personalprognosen in den einzelnen Verwaltungsbereiche, Sie kennen die funktionalen Umwälzungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung, und Sie kennen auch die flächendeckende Koppelung seit einiger Zeit beim Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien mit grundsätzlicher Aufgaben- und Verfahrensoptimierung. Da kann man sicherlich und ganz gewiss noch viel mehr und alles noch viel besser machen und auch noch mehr zusammenführen, aber ignorieren – wie das die FDP hier tut und wie Sie das in Ihrem Antrag machen – darf man das nicht.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wer hat Ihnen dieses Machwerk nur aufgeschrieben? Ich bin der festen Überzeugung, Kollege Schmidt war es nicht.

[Henner Schmidt (FDP): Doch! – Christoph Meyer (FDP): Der steht drunter!]

Hier hat jemand den Pinsel in die dunkle Tünche getaucht, um so die gesamte Wirklichkeit rabenschwarz zu malen, und das nenne ich unlauter und unseriös.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Sie wissen so gut wie wir, dass die von Ihnen geforderte Absenkung der Personalstärke auf 90 000 problematisch ist und momentan nur dann zu machen wäre, wenn der Staat auf ganz bestimmte Aufgaben insgesamt völlig verzichten würde. Aus bestimmten Kreisen der Wirtschaft kommen und kamen dafür unablässig Vorschläge, wie zum Beispiel: Der Staat sollte auf ökologische Auflagen verzichten, keine verbindlichen Gleichstellungsverpflichtungen eingehen und keine sozialpolitischen und wirtschaftsdemokratischen Festlegungen treffen. Das haben wir alles schon x-mal durchdekliniert, weil sie alle aus diesen Kreisen auf den Tisch kamen – immer unter dem Vorwand der Entbürokratisierung. Und das ist in der Tat wohl auch Ihre Vorstellung. Dass Sie das ständig unter dem Etikett der Entbürokratisierung vortragen, soll doch lediglich verschleiern, dass Ihnen als Ideal ein relativ ungezügelter Wirtschaftsliberalismus vorschwebt.

[Christoph Meyer (FDP): Ein Nachtwächterstaat!]

Um wenigstens den Eindruck eines sachkundigen Herangehens zu erwecken, fordern Sie Aufgabenkritik. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Nur, wir hatten bereits in den 90er-Jahren unter der Leitung des damaligen CDU-Bundestagsabgeordneten und Rechtsprofessors Rupert Scholz eine entsprechende Kommission. Deren Wirksamkeit wird sicherlich unterschiedlich beurteilt, aber in einem war deren Tätigkeit mit einer nachhaltigen Langzeitwirkung verbunden, denn seitdem beginnt jeder einzelne Schritt zur Verwaltungsmodernisierung auch bei uns im Ausschuss mit der Frage, ob diese Aufgabe noch zwingend erforderlich ist.

[Björn Jotzo (FDP): Sie hätten das bereits seit neun Jahren machen können!]

An der Antwort „ja“ oder „nein“ oder „teilweise“ sind stets die verschiedenen Seiten beteiligt. Das ist längst Praxis.

Ich finde, dass sich nur Ihr dritter Punkt einem wirklich offenen Problem zuwendet, nämlich wie wir zügig zu geeignetem neuen Personal kommen. Aber genau da verharren Sie – zu meiner Verblüffung – ziemlich fantasielos auf dem Transferprinzip des Profifußballs. Sie wollen mehr Geld, um Spitzenkräfte woanders einzukaufen. Niemand kann zwar heute exakt wissen, welche neuen technischen Möglichkeiten in den nächsten Jahren die Kernprozesse der Verwaltung umwälzen werden und welcher Personalbedarf daraus entsteht, aber da, wo wir es wissen, haben wir – das ist schon mehrfach erwähnt worden, wie bei Polizei, Feuerwehr und Schule – Einstellungskorridore geschaffen. Sicherlich müssen diese hier und da ausgedehnt werden. Vielleicht müsste es für eine Übergangsphase auch personelle Über- und Doppelaus