Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das war eine typische Rede. Ich hatte auch nichts anderes erwartet. Der erste Satz begann mit Skandal, zwischendurch kamen Schweinerei, Bruchlandung, Notlandung, Ruf geschädigt und dann noch einmal Schweinerei und Skandal. Wenn das eine sachliche Debatte über ein großes Problem ist, dann gute Nacht.
Es ist in der Tat kein schöner Tag für Berlin und das Land Brandenburg. Das muss man einmal benennen.
Aber insbesondere ist es kein schöner Tag für diejenigen, die in Berlin und Brandenburg auf dieser Baustelle, auf dem Flughafen gearbeitet hätten. Es ist kein schöner Tag für die Unternehmen. Die Öffnung des Flughafens hat sich verschoben, und das wird an vielen Stellen bedauert. An einigen Stellen wird es mit Schadenfreude, Häme und Hohn zur Kenntnis genommen.
Ich möchte noch einmal klarstellen, dass wir dieses Problem nicht zum Vorwand nehmen sollten, um politische Entscheidungsträger für bauliches Missmanagement verantwortlich zu machen.
Der Flughafen Willy Brandt ist das größte Infrastrukturprojekt der Region Berlin-Brandenburg, und weil es so groß ist, passieren Fehler, Fehlplanungen und Baumängel. Das ist übrigens im Ausschuss ziemlich detailliert dargestellt worden. – Herr Otto! Sie haben die Sitzung ja geleitet. – Wenn Sie das 54-seitige Wortprotokoll gelesen hätten, das uns gestern zugegangen ist, dann wüssten Sie bereits einige Antworten auf die Fragen, die Sie heute gestellt haben. In dieser Auseinandersetzung war übrigens nicht nur der Aufsichtsratsvorsitzende in seiner Verantwortung als Regierender Bürgermeister vor Ort, sondern auch die Flughafengesellschaft mit Herrn Prof. Dr. Schwarz, Herrn Korkhaus und die zuständigen Beamten der Fachverwaltungen des Senats.
Herr Kreins! Sie haben mal der Presse gesagt, wenn alle zahlen, ist es unsozial. Ich weiß gar nicht mehr, um was es dabei ging.
Jetzt ist es ja so, dass das Flughafendesaster alle Geld kostet. Wer sollte denn am besten die veranschlagten Mehrkosten tragen, dass es Ihrer Meinung nach sozial wird?
Wir haben eine Unternehmensstruktur, die hat drei Gesellschafter, den Bund und die Länder Brandenburg und Berlin. Das Land Berlin hat einen Anteil daran. Die Unternehmensstruktur ist so, dass der Flughafen viele seiner Ausgaben, die er getätigt hat, durch Einnahmen durch den Flugbetrieb in Tegel und Tempelhof organisiert hat, und es gibt auch Kredite. Das ist ein Teil der Kosten, die auf uns zukommen.
Wenn Sie von den Kosten für die Flugunternehmen reden, wundert mich das, denn die haben in Tegel und Schönefeld-alt geringere Start- und Landegebühren. Demnach sind die Kosten von Air Berlin und der Lufthansa viel geringer. Dem Flughafen entgehen durch die Verschiebung des Starts des neuen Flughafens Einnahmen. Das ist ein anderer Teil der Kosten.
Wenn Sie auf den kleinen Mann zu sprechen kommen, bin ich sehr solidarisch und sozial. Es ist sehr wichtig, darauf zu achten, dass keine Härten entstehen. Aber das hat Klaus Wowereit im Ausschuss bereits zugesagt. Auch den heute diskutierten Ombudsrat hat er schon zugesagt. Meinem Eindruck nach sind von den 150 Unternehmen bis Anfang der Woche schon 69 angerufen und nach Härten befragt worden. Da wir auch wollen, dass es den Beschäftigten gut geht, handeln wir an dieser Stelle sehr verantwortungsvoll. – Ich hoffe, damit Ihre Frage beantwortet zu haben.
Im Ausschuss ist übrigens auch geklärt worden, warum das Argument, es sei ein politischer Termin gewesen, haltlos ist. Auch der März 2013 ist kein politischer Termin, sondern einer, den die technisch Verantwortlichen festgelegt haben.
Es ist auch dargestellt worden, warum eine teilautomatisierte Lösung angedacht worden ist, warum sie nicht funktioniert hat und warum man die Reißleine gezogen hat. Das ist übrigens höchst verantwortlich – im Gegensatz zu anderen, die sagen, man hätte den Flughafen einfach eröffnen sollen, und damit die Gefahr von Bränden auf sich genommen hätten. Das ist unseriös.
Was ist nun zu klären? – Zu klären sind die Kosten, möglicherweise durch Klagen, und die unbilligen Härten, die auf die Flughafengesellschaft zukommen. Zu prüfen sind auch strukturelle Verantwortungen, nämlich die Frage, wie man es mit einem externen Controlling hätte besser machen können. In der Öffentlichkeit kursieren aber auch viele falsche Zahlen. Ich denke, das lässt sich in den Ausschüssen genauer klären.
Nun zu einer Einschätzung, die diese Anträge, die wir hier verhandeln, betreffen. Die Grünen fordern Aufklärung. Das finde ich in Ordnung; damit kann man leben. Das ist uns Sozialdemokraten nicht fern, sondern wir arbeiten darauf hin.
Aufklärung ist das eine, politische Verantwortung zu übernehmen und den Flughafen auf einen guten Weg zu bringen, ist das andere. Das machen wir. Das ist der Unterschied zwischen Regierung und Opposition. Wir bringen den Flughafen im nächsten Jahr zum Start. – Vielen Dank!
Meine Damen und Herren! Wir haben auch eine Interesse daran, dass die Ursachen für dieses Debakel der zweiten Verschiebung aufgeklärt werden. Deshalb unterstützen wir die Anträge seitens der Piraten und Grünen nach entsprechender Akteneinsicht und Offenlegung der Akten. Uns geht es darum, die Frage zu klären, woran es lag. Im Gegensatz zu anderen haben wir nicht die definitive Antwort. Ich glaube, es greift zu kurz, einfach politisch, weil es so gut ankommt, hier im Berliner Parlament zu sagen, schuld ist der Aufsichtsratsvorsitzende. Im Brandenburger Parlament wird dann von der in der Opposition befindlichen CDU erklärt: Schuld ist Matthias Platzeck, weil er stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender war, und er ist gerade derjenige, der im Brandenburger Parlament greifbar ist. Das ist – glaube ich – zu einfach.
Natürlich gehört zur Aufklärung auch dazu: An welcher Stelle hat der Aufsichtsrat möglicherweise etwas nicht erkannt, zu spät erkannt? Hat er Fehlentscheidungen getroffen, oder hat er falsche Entscheidungen getroffen? Aber das muss man erst mal überhaupt anhand der Entwicklung, anhand der Aktenlage überprüfen. Die Frage stelle ich mir natürlich als jemand, der selbst in diesem Aufsichtsrat war: Hast du irgendwann an irgendeiner
Aber diese raschen Vorverurteilungen und dieses Skandalgeschrei, wo man irgendwie schon alles weiß, weil man es politisch so will, dass es der Regierende Bürgermeister gewesen ist in Berlin, und weil man es politisch so will, dass es Matthias Platzeck in Brandenburg gewesen ist, sind intellektuell nicht redlich.
Wer Aufklärung will, muss sich erst einmal mit der Sache beschäftigen. Das ist das eine. Genau aus diesem Grund unterstützen wir die Anträge.
Zweitens: Selbstverständlich ist es notwendig, dass man für Unternehmen und auch Beschäftigte, die jetzt durch diese Verschiebung der Eröffnung entweder schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile haben oder dann ihre eigentlich geplante Anstellung nicht antreten können, Lösungen findet. Dafür ist aus meiner Sicht an allererster Stelle erst mal der Flughafen verantwortlich, weil der Flughafen der Vertragspartner dieser Unternehmen ist. Der Flughafen muss darstellen, wie er gedenkt, mit dieser Frage umzugehen. Ich finde, wir müssen dann bewerten, ob das hinreichend ist, ob da möglicherweise die Länder noch zuschießen müssen.
Aber ich finde, wir müssen da auch differenzieren. Ich finde, es ist ein Unterschied, ob ich – ich mache es jetzt mal extrem – einer großer Kette wie „Boss“ oder so etwas alle Verluste, die durch diese verspätete Inbetriebnahme entstehen, erstatte oder ob ich das einem Bäcker erstatte, der da einen kleinen Laden aufmachen will und der aus Tegel möglicherweise umgezogen ist oder Ähnliches. Das muss man sich differenziert ansehen und nicht einfach sagen: Alles muss entschädigt werden, sondern nach der Frage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entscheiden: Was ist vertretbar? Welche Verträge sind geschlossen worden? Ich erwarte, dass vonseiten der Flughafengesellschaft und vonseiten des Senats zu den Ausschussberatungen über diese Anträge dann auch entsprechende Vorschläge vorgelegt werden, wie damit umgegangen werden soll, was die Kriterien sein sollen, wie entschädigt werden soll etc.
Noch ein letzter Punkt, was ich für ganz zentral halte, wenn wir über Entschädigungen reden: Wir müssen auch darüber reden, wenn Verantwortlichkeiten aufgeklärt werden: Wer wird möglicherweise in Regress genommen?
Muss möglicherweise der Generalplaner in Regress genommen werden? Liegt möglicherweise die Verantwortung bei Verantwortlichen der Flughafengesellschaft etc.? Alle diese Fragen müssen im Detail geklärt werden, und da hilft uns rasche Vorverurteilung überhaupt nichts.
Hören Sie sich die Rede von Herrn Otto doch noch mal an! – Ich fürchte, das Ganze wird sich als viel komplexer und schwieriger herausstellen, als dass es einer solchen einfachen Bewertung zugänglich ist, aber dieser Arbeit sollten wir uns unterziehen. – Danke für die Aufmerksamkeit!
[Beifall bei der LINKEN und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Ramona Pop (GRÜNE): War das der Antrag für einen Untersuchungsausschuss?]
Vielen Dank, Herr Kollege Wolf! – Für die Fraktion der CDU hat der Kollege Melzer das Wort. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Mitteilung, dass die Eröffnung des Flughafens verschoben werden muss, hat uns alle unvorbereitet und plötzlich erreicht. Die Eröffnung zum 17. März 2013 muss nun sicher realisiert werden. Ich glaube, dieses Signal sollte auch von dem heutigen Tag ausgehen.
Die CDU-Fraktion und die große Koalition bekennen sich auch weiterhin zum Flughafen BER als wichtigstem Infrastrukturprojekt Berlins und als wichtigstem Jobmotor.
Wir wollen diesen Flughafen. Wir wollen dieses Drehkreuz, und nach endgültiger Eröffnung wird dieser Flughafen auch ein Erfolg werden.