Vielen Dank, Herr Rissmann! – Für die Piratenfraktion hat der Abgeordnete Kowalewski das Wort – bitte sehr!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich finde es ja schön, dass wir uns da alle so einig sind. Es ist ja eigentlich auch ganz einfach.
Lassen Sie mich erst mal! – Wenn man sich vorstellt, dass sich jemand für 0,75 Prozent Zinsen Geld leiht und das dann für 17,25 Prozent, also mit einem sportlichen Aufschlag von 16,5 Prozentpunkten weiterverleiht, und dann auch noch für das Privileg, sich Geld zu diesen Zinsen zu leihen, monatlich Gebühren in Höhe von 4 Euro in Rechnung stellt, dann ist das Wucher, ganz einfach.
Außerdem ist es die Berliner Sparkasse – da habe ich nämlich heute Morgen mal in der Preistabelle nachgeschaut. Sie erinnern sich vielleicht an diesen Namen Berliner Sparkasse, das war die Bank, die das Land Berlin 1994 verzockt hat, trotzdem jetzt unter Tage
Zu den Überziehungszinsen: Ich bedanke mich erst mal bei den Linken für den Antrag. Der ist gut und überfällig. Ich bedanke mich auch für die Benutzung des GenderSternchens, die in dem Antrag konsequent durchgeführt wurde.
Überziehungskredite werden vor allem von Arbeitslosen – wir haben es ja schon gehört –, Selbstständigen, Menschen mit Kindern genutzt, also denen, die eher Schwierigkeiten haben, andere Kredite zu bekommen. Und trotzdem liegt die Ausfallquote nur bei durchschnittlich 0,2 Prozent. Dieser hohe Zinssatz ist also durch die Ausfallquote auf keinen Fall gerechtfertigt. Es gibt auch im Gegensatz zu anderen Krediten keine großen Verwaltungsaufwände. Es gibt da keine zusätzlichen Verträge, die unterschrieben werden müssen, es gibt keine Beratungstermine extra, wo sich ein Bankmitarbeiter Zeit nehmen muss. Es ist sogar vielmehr so, dass man einen Überziehungskredit quasi automatisch eingeräumt bekommt. Wenn zweimal Gehalt auf dem Konto gelandet ist – zack, hat man den; ob man den will oder nicht. Was heißt das also? – Das heißt, dass die momentanen Dispozinsen eine Umverteilung von unten nach oben darstellen. Andere Kreditprodukte, die sich an Menschen richten, die ein regelmäßiges Einkommen haben, die aber trotzdem ein höheres Ausfallrisiko haben – bei Konsumentenkrediten liegt das bei ca. 2,5 Prozent –, werden quersubventioniert. Die sind nämlich billig; damit machen die Banken nämlich Werbung. Die Einnahmen werden auch genutzt, um den Aktionären oder den Anteilsinhabern schöne Dividenden auszuzahlen. Es ist natürlich die Frage, ob ausgerechnet die Menschen, die ohne Einkommen sind, die sich um Kinder kümmern oder die teilweise unter schwierigsten Umständen versuchen, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, die vergoldeten Türknäufe bei den Banken bezahlen sollen.
Es sind sich ja eigentlich alle einig – das habe ich hier auch gerade vernommen –, dass das nicht so sein darf. Trotzdem wird diese verbraucherfreundliche Begrenzung der Dispozinsen nicht beschlossen. Und gerade Berlin als Hauptstadt der Kreativen und der Soloselbstständigen, also der Menschen, die letztlich auf Dispokredite immer mal wieder angewiesen sind, muss sich meiner Meinung nach dafür einsetzen. Und weil wir ja keine Sparkasse mehr haben, muss die Regierung, um das zu erreichen, mit den Banken reden – mit den Privatbanken, mit den Genossenschaftsbanken. Freiwillige Selbstverpflichtung kennen Sie als Instrument, ist ja sehr beliebt bei der SPD und auch bei der CDU. Ich denke, da könnte man was machen. Es würde mich sehr freuen, wenn der Antrag angenommen würde. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kowalewski! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Piratenfraktion. Das Wort hat der Abgeordnete Herr Lauer. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist eigentlich ganz einfach. Das Land Berlin kauft eine Überwachungssoftware zum Abhören von Computern, kennt aber den Quellcode nicht. Trotzdem kommt man zu der Aussage – das haben Kleine Anfragen ergeben –, dass die Software nur das tut, was sie rechtlich tun darf nach den Vorgaben des Verfassungsgerichts. Also, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Man hat sich nicht angeschaut, was diese Software kann, sagt aber: Ja, das ist alles in Ordnung. Es ist eine Überwachungssoftware. Es gibt Vorgaben durch das Bundesverfassungsgericht, aber die wird die schon irgendwie einhalten. Wir fordern, das ist auch interessant, vom Hersteller dieser Software noch nicht mal, dass er sich bei der Programmierung an irgendwelche Vorgaben hält, mal abgesehen davon, dass die Piratenfraktion der Auffassung ist, dass eine solche Software überhaupt nicht programmiert werden kann.
Wir sind der Meinung, dass Vertrauen gut ist, aber Kontrolle besser. Deswegen muss sich der Landesdatenschutzbeauftragte Überwachungssoftware anschauen können. Das klingt jetzt erst mal gut bzw. einfach. Es gibt ja auch den § 24 Berliner Datenschutzgesetz, nach dem er das kann. Aber es gab da beim Staatstrojaner schon ein Problem. Peter Schaar, unser Bundesdatenschutzbeauftragter, wollte sich nämlich den Staatstrojaner der Firma Digitask anschauen. Und dann hat er feststellen müssen, dass das BKA überhaupt nicht über den Quellcode dieser
Software verfügt. Also musste er zum Hersteller. Der Hersteller sagte: Das ist überhaupt kein Problem, lieber Peter Schaar, du kannst dir natürlich diesen Quellcode anschauen. Aber es gibt da zwei kleine Bedingungen. Erste Bedingung: Du unterschreibst eine Verschwiegenheitserklärung, eine Geheimhaltungsvereinbarung. Das heißt, du darfst dann später nicht über das sprechen, was du hier gesehen hast. Und wir stellen dir noch mal 1 200 Euro plus Mehrwertsteuer pro Tag für ConsultingDienstleistungen in Rechnung. Denn da muss noch jemand dabei sein, der dir diesen Quellcode zeigt.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat vollkommen zu Recht gesagt: Nein, unter solchen Bedingungen schaue ich mir das nicht an. Ich habe ein Recht, mir diesen Quellcode anzuschauen, und jetzt werden hier irgendwelche absurden Forderungen gestellt, die diesen Prüfauftrag ad absurdum führen. – Daher fordern wir mit diesem Antrag den Berliner Senat auf, beim Ankauf von Überwachungssoftware zukünftig darauf zu achten, dass sich der Berliner Datenschutzbeauftragte Überwachungssoftware oder Software mit Überwachungsfunktionen anschauen kann ohne Geheimhaltungspflichten oder Gebühren. Das kann der Berliner Senat über die Vertragsgestaltung machen, und das soll er tun. Weiterhin fordern wir den Senat auf, dass er zukünftig den Berliner Datenschutzbeauftragten sofort darüber informiert, wenn er Software mit Überwachungsfunktionen anschafft, und dass ihm diese Software auch sofort zur Untersuchung vorgelegt werden muss.
Das ist schon so einfach, dass das eigentlich nicht mal mehr zu Widerspruch reizt. Damit komme ich zum Schluss. Ich freue mich auf die Beratung in den Ausschüssen. – Vielen lieben Dank!
Vielen Dank, Herr Lauer! – Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Kohlmeier das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Lauer! Hintergrund des Antrags ist die Situation, die Sie beschrieben haben, die dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar widerfahren ist. Er wollte seine Kontrollbefugnisse ausüben, ihm wurde das aber faktisch durch unzumutbare Einschränkungen seitens der Firma Digitask verwehrt. Das Unternehmen Digitask, das diese Software hergestellt hat, verlangte für die Einsichtnahme in den Quellcode einer Software einen Tagessatz von 1 200 Euro pro Person und die Unterzeichnung einer Verschwiegenheitserklärung. Jawohl, lieber Kollege Lauer, ich war ebenso wie Sie
Es gibt wenig Übereinstimmung zwischen den Piraten und dieser Koalition, aber hier an dieser Stelle haben wir Übereinstimmung. Die gesetzmäßigen Rechte des Datenschutzbeauftragten dürfen nicht vereitelt werden. Ich hoffe, dass sich der Vorgang, wie er dem Bundesdatenschutzbeauftragten widerfahren ist, nicht wiederholt. Hier sehen Sie die Koalition an Ihrer Seite.
Ich muss aber dem Eindruck widersprechen, dass dieselbe Situation in Berlin eintreten könne. Eine solche Einschränkung der Kontrollbefugnisse des Berliner Datenschutzbeauftragten gab es nicht und wird es auch nicht geben. Grundlage für die Rechte des Berliner Datenschutzbeauftragten ist das Berliner Datenschutzgesetz. Laut § 28 Berliner Datenschutzgesetz sind Behörden und sonstige öffentlichen Stellen
verpflichtet, den Berliner Beauftragen für Datenschutz und Informationsfreiheit und seine Beauftragten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Ihnen sind dabei insbesondere
1. Auskunft zu ihren Fragen sowie Einsicht in alle Unterlagen und Akten zu gewähren, die im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten stehen, namentlich in die gespeicherten Daten und in die Datenverarbeitungsprogramme …
Ich halte – da sehe ich viele Juristen an meiner Seite – den § 28 dafür geeignet, dass die Situation, wie sie dem Datenschutzbeauftragen des Bundes passiert ist, in Berlin nicht eintreten kann. Ich kann Ihnen an dieser Stelle auch versichern, dass die Koalition nicht beabsichtigt, diese Rechte einzuschränken. Einen Beschluss, der das nochmals bestätigt, wie Sie jetzt fordern, benötigt es nicht, weil es sowieso geltende Rechtlage ist. Gleichwohl werden wir Ihren Antrag im Rechtsausschuss noch mal aufrufen dürfen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag will die Fraktion der Piratenpartei, dass wir bei der Anschaffung bestimmter Software genauer hinschauen, konkret bei der Anschaffung von Software, welche Überwachung ermöglicht. Ich darf vorwegnehmen: Das Anliegen teilt nicht nur die Koalition, das teilen auch wir. – Wenn Software
geeignet sein könnte, Bürgerrechte einzuschränken, sollte der Senat in der Tat genauer hinschauen und den Sachverstand etwa des Datenschutzbeauftragten auch hinzuziehen.
Nach dem Antrag soll der Datenschutzbeauftragte Einsicht in den Quellcode ohne Auflagen nehmen können, er soll vorher unterrichtet und die Software soll ihm zwecks Begutachtung zur Verfügung gestellt werden. Diese Punkte sind für mich und für meine Fraktion plausibel. Ich glaube, sie gehen auch weiter als das, was in den bisherigen Regelungen über den Datenschutz, auch in den von Herrn Kohlmeier zitierten Regelungen, schon steht. Die Quellcode-Frage ist in dieser Form dort nicht verankert.
Allerdings scheint mir ein schlichter Antrag schwierig zu sein, um das Anliegen umzusetzen. Wir müssen zur Implementierung dieses Anliegens in das Arbeitsprogramm der Verwaltung, so will ich es einmal ausdrücken. Da müssen wir einen Schritt weiter gehen und es etwas stärker, und zwar gesetzlich, fassen.
Im Entwurf für ein Transparenz- und Informationsfreiheitsgesetz gibt es bereits einige Passagen, an die wir anknüpfen können, z. B. § 21, der sogar noch einen Schritt weiter geht. Der sagt, dass, wenn die Verwaltung Verträge abschließt, diese mindestens einen Monat lang, bis sie veröffentlicht sind, per Rücktritt rückgängig gemacht werden können oder dass sie noch nicht wirksam werden sollen. Solch ein Weg kann möglich sein, um die Rechte, die Sie zu Recht einfordern, gesetzlich zu verankern und umsetzen zu können, denn bei dem vorliegenden Antrag bleibt es beim schlichten Appell.
Gleichwohl haben sich mir beim Lesen des Antrages auch einige Fragen gestellt, z. B. was genau alles an Software gemeint ist. Sie haben jetzt vom Staatstrojaner geredet. Nach dem reinen Text des Antrages könnte so eine Überwachungssoftware auch der Schultrojaner sein. Man kann sich sicherlich vieles Weitere vorstellen. Wir sollten uns in den Beratungen eine klarere Definition, was genau an Software gemeint ist, überlegen.
Außerdem habe ich bei der Passage gestutzt, dass das Anliegen nur auf Verträge mit Privaten zielt. Ich kann mir auch vorstellen, dass andere Bundesländer eine solche Software entwickeln und Berlin sie dann übernimmt etc. Das heißt, ich würde den reinen Duktus auf Private als zu einschränkend lesen. Auch das sollten wir in den Beratungen klären.
Wir können festhalten, dass wir als Bündnisgrüne gegen eine Aushöhlung von Bürgerrechten stehen, gegen den Überwachungsstaat und damit für eine offene und kreative Gesellschaft. Gefahren für eine solche Gesellschaft müssen wir erkennen, kontrollieren und dieses Kontrol
lieren in das Programm der Verwaltung implementieren. Dafür ist der Antrag eine gute Initiative, für die ich danke. Ich freue mich auf die Beratungen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Piraten beantragen, dass bei der Anschaffung einer Software zur Telekommunikationsüberwachung der Berliner Datenschutzbeauftragte uneingeschränkte Einsicht in die Quellcodes und die Programmdokumentation auch von privaten Anbietern entwickelter Software nehmen soll. Dazu sollen private Firmen gezwungen werden, diese Daten oder Informationen offenzulegen. Andererseits müssten diese Unternehmen von einer Beauftragung durch das Land Berlin ausgeschlossen werden.
Wir reden hier aber von einem nur sehr kleinen Kreis von Anbietern, die eine solche Software in geeigneter Qualität zur Verfügung stellen können. Zwar ist der Staat in dieser Frage eigentlich Monopolabnehmer dieser Software und könnte dies von den Firmen verlangen, aber dennoch bezweifle ich, dass sich seriöse und etablierte Anbieter bereit erklären werden, ihre Quellcodes so einfach offenzulegen. Die Quellcodes sind für die Unternehmen im Rahmen des Wettbewerbs ein höchst zu schützendes geistiges Eigentum. Sie sind ihr Betriebskapital und auch ein wesentlicher Teil ihrer Existenzgrundlage.