Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

2. Welche zeitlichen Verzögerungen hat die jetzt notwendig gewordene Neuausschreibung dieser Aufgabe zur Folge, und wer trägt die dann zu erwartenden Mehrkosten?

Vielen Dank! – Es antwortet Herr Senator Müller. – Bitte schön, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Evers! Herr Abgeordneter Brauer! Der in Rede stehende Projektsteuerungsvertrag ist im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung vom 19. Oktober 2012 beendet worden. Sämtliche im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben geschlossenen vertraglichen Beziehungen zwischen dem beauftragten Projektsteuerer und dem Land Berlin sind damit zum 31. Oktober 2012 einvernehmlich aufgehoben worden. Über die Gründe der Vertragsaufhebung haben die Vertragsparteien Stillschweigen vereinbart.

Nach der Verschiebung des Eröffnungstermins war eine strategische Neuausrichtung des Projekts erforderlich. Im Zuge der Strategiefindung gab es unterschiedliche Auffassungen über die zukünftigen Projekterfordernisse. Da keine Einigung erzielt werden konnte, haben sich die Parteien zu einer einvernehmlichen Vertragsauflösung entschlossen. Diese Vertragsauflösung löst keine Verzögerung des Fertigstellungstermins oder Mehrkosten aus. Im Moment ist ein Interimsprojektsteuerer tätig, um eine nahtlose Betreuung des Projekts zu gewährleisten.

Zu Ihren zweiten Fragen: Aktuell befindet sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in der Vorbereitung des Vergabeverfahrens. Hierzu gehört auch die Ausgestaltung des Leistungsbildes. In welcher Weise das bisherige Leistungsbild einer Fortschreibung bedarf, wird noch geklärt.

Vielen Dank! – Der Kollege Evers hat das Wort für eine Nachfrage.

Ich habe zur Neuvergabe die Nachfrage, ob davon auszugehen ist – ich halte das eigentlich für zwingend –, dass die Vergabe auch bei einer Neuausschreibung der Leistungen an den günstigsten Anbieter dieser Leistungen erfolgt. Wenn das so ist, verbindet sich damit die Frage, ob zwingend auch davon auszugehen ist, dass es sich dann im Ergebnis als das wirtschaftlichste Angebot erweist.

Herr Senator Müller – bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Evers! Ja, es ist so! Wir machen deswegen dieses Vergabeverfahren, um genau diese Möglichkeit zu ermitteln. Wir arbeiten nur in der Zwischenzeit mit einem Interimsprojektsteuerer, damit wir nahtlos weiterarbeiten können. Aber natürlich ist es das Ziel, dann auch das wirtschaftlichste Angebot zum Tragen kommen zu lassen.

Vielen Dank! – Kollege Brauer!

Herr Senator! Wenn Sie nahtlos mit einem Interimsprojektsteuerer arbeiten können, ohne die Aufgabe neu auszuschreiben, würde sich theoretisch auch die Frage stellen, weshalb Sie überhaupt neu ausschreiben und es nicht bei der Interimslösung belassen. Das wäre die kostengünstigste Variante. Meine Frage ist allerdings eine andere. Da Sie sich einigermaßen, wie in dem berühmten Bild – sehen Sie es mir nach –, wie die Katze um den heißen Brei schleichen, wenn es um die Frage der Mehrkosten geht – ich kann es irgendwie verstehen, da es eine unangenehme Frage ist: Können Sie ausschließen, dass die magische 300-Millionen-Euro-Grenze demnächst überschritten wird?

Bitte schön, Herr Senator!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Brauer! Erst einmal sind wir zu einem entsprechenden Ausschreibungsverfahren, Vergabeverfahren verpflichtet. Das ist eine EU-weite Ausschreibung, die wir bei einem Auftrag dieses Umfangs vornehmen müssen, und das machen wir dann selbstverständlich auch.

(Bürgermeister Michael Müller)

Zu Ihrer zweiten Frage: Es ist so, dass der neue Projektsteuerer sich natürlich auch alle Unterlagen genau anguckt und bewerten wird. Wir werden es dann Ende des Jahres darstellen können, was sich daraus ergibt.

Dann haben wir als Nächstes Frau Kollegin Bangert.

Vielen Dank! – Herr Senator Müller! Was konkret verstehen Sie unter strategischer Neuausrichtung?

Bitte schön, Herr Senator!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Das Entscheidende bei einer so wichtigen und großen Maßnahme ist doch, wie die Zusammenarbeit zwischen dem Land Berlin, der Verwaltung und dem Projektsteuerer sowie den konkreten Bauarbeiten vor Ort ist. Es ist natürlich auch die Frage, wie intensiv und mit welchen Personaleinsatz der Projektsteuerer das ganze Projekt begleitet. Da gab es eben unterschiedliche Auffassungen.

Gerade nach den neuen Bauverzögerungen, nach den Funden vor Ort – die Pfähle, die dort gefunden wurden, die wiederum zu Konsequenzen geführt haben –, war ich der Meinung, dass es doch etwas intensiver und konkreter betreut werden sollte, als das bisher der Fall war. Es gibt dazu eben unterschiedliche Vorstellungen, wie das umgesetzt werden soll, unterschiedliche Strategien in der Projektsteuerung. Wenn man sich nicht einigt und nicht zusammenkommt, muss etwas entschieden werden, und das haben wir getan.

Für die letzte Nachfrage hat der Kollege Otto das Wort. – Bitte schön!

Sie haben auf die Frage des Kollegen Brauer nach der Kostengrenze nicht so richtig geantwortet.

[Wolfgang Brauer (LINKE): Indirekt schon!]

Er hat es bestätigt. – Wann sagen Sie uns, wie die nächsten Mehrkosten sind? Eine einfache Frage.

Bitte schön, Herr Senator Müller!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Otto! Ich habe es eben gesagt: Ende des Jahres. Ich bitte Sie um Verständnis: Es muss möglich sein, dass auch diejenigen, die dieses Projekt betreuen, die Chance haben, sich genau anzugucken, zu welchen Konsequenzen eine Bauverzögerung führt. Funde vor Ort im Baugrund, die Pfähle – das konnte niemand voraussehen, was dort gefunden wird. Diese Konsequenzen, auch mögliche finanzielle Konsequenzen, müssen genau bewertet werden. Das habe ich dargestellt, das werden wir Ihnen Ende des Jahres auch erklären können.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Das Jahr ist doch fast zu Ende!]

Vielen Dank!

Dann kommen wir jetzt zur Mündlichen Anfrage Nr. 3 der Kollegin Canan Bayram

Demonstrationsrecht gewährleisten – Gesundheit der Flüchtlinge nicht gefährden!

Bitte schön, Frau Kollegin!

Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin, wonach die Polizei über eine Woche das Demonstrationsrecht der Flüchtlinge am Brandenburger Tor rechtswidrig eingeschränkt und damit die Gesundheit der Protestierenden gefährdet hat?

2. Welche Konsequenzen zieht der Senat aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, und wie will er in Zukunft gewährleisten, dass das grundgesetzlich verbürgte Versammlungsrecht unter freiem Himmel auch in der kalten Jahreszeit wahrgenommen werden kann?

Es antwortet Herr Senator Henkel – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin! Ich beantworte Ihre erste und zweite Frage zusammen: Das Verwaltungsgericht Berlin hat am vergangenen Freitag in einem Eilverfahren entschieden, dass bei der Versammlung „Bleiberecht für alle, Abschaffung der Residenzpflicht“ am Pariser Platz keine Zelte und Pavillons sowie Schlafsäcke und Isomatten zum Schlafen

(Bürgermeister Frank Henkel)

verwendet werden dürfen. Damit hat das Verwaltungsgericht die entsprechenden Auflagen des Polizeipräsidenten in Berlin bestätigt. Ich begrüße diese Entscheidung.

Das Verwaltungsgericht hat betont, dass Zelte und Pavillons, werden sie ohne entsprechende Erlaubnis genutzt, bloß der Bequemlichkeit der Teilnehmer dienen und mangels funktionaler oder symbolischer Verbindung zur gemeinsamen Meinungskundgabe nicht den Schutz des Versammlungsgrundrechts genießen. Die Versammlungsfreiheit schütze nicht, so das Gericht, dass sich die Versammlungsteilnehmer am Versammlungsort dauerhaft häuslich einrichten und dort in einem Zeltlager kampieren und leben.

Richtig ist: In einem Punkt hat das Verwaltungsgericht Berlin den Auflagenbescheid des Polizeipräsidenten nicht bestätigt. Sitzunterlagen, wie Sitzkissen, kleine Pappen oder Ähnliches, erlaubt das Verwaltungsgericht. In diesem Punkt hat die Polizei im Übrigen ihr Vorgehen entsprechend angepasst und lässt solche Sitzunterlagen nunmehr zu.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin Rechtsmittel einzulegen, halte ich nicht für erforderlich. Allerdings wurde inzwischen vonseiten des Antragstellers ein Rechtsmittel eingelegt.

Wie für diese Versammlung wird die Polizei selbstverständlich auch für künftige Versammlungen Sorge tragen, dass dem hohen Gut der Versammlungsfreiheit bestmöglich Rechnung getragen wird.

[Beifall bei der CDU]

Frau Kollegin Bayram hat eine Nachfrage. – Bitte schön!

Herr Senator! In Ihrem Haus läuft derzeit so viel schief. Deswegen muss ich ein bisschen genauer nachfragen. Als Verfassungssenator sollten Sie das verfassungsrechtlich verbürgte Grundrecht auf Versammlungsfreiheit unter freiem Himmel in Berlin gewährleisten. Wie haben Sie sich vor der öffentlichen Stellungnahme dazu informiert bzw. darauf vorbereitet? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Jurist aus Ihrer Verwaltung oder dem Polizeipräsidium von politischer Inszenierung gesprochen hat. Wie kommen Sie auf diese Formulierung?

Bitte schön, Herr Senator Henkel!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin! Ich will über Ihre Vorstellungen in dieser Angelegenheit nicht spekulieren. Richtig ist, dass die Polizei in Berlin Versammlungsfreiheit schützt, gewährleistet und durchsetzt.

Richtig ist aber auch, dass ich – ich hoffe, dass es dem Kollegen Taş in der Zwischenzeit wieder gut geht – ein Bild bekommen habe, auf dem der Kollege Taş im Rahmen dieser Demonstration im Rollstuhl gesessen hat. Das ist etwas, von dem ich gesagt habe, ich halte das für eine politische Inszenierung.

Ich will auch sagen: Wenn man von Teilnehmern, Umstehenden hört, es werde berichtet, man müsse auch bei kalten Jahreszeiten draußen kampieren, denn wenn man die bereitgestellten Unterkünfte benutze, tue die Polizei alles dafür, dass man nicht zurück an den Platz komme, dann sind das Ammenmärchen, die nicht zutreffen. Die Polizei in Berlin wird das Versammlungsrecht schützen, und zwar zur Tagzeit genauso wie zur Nachtzeit.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Als Nächstes – der Kollege Lux für eine Nachfrage. – Bitte schön!