Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

Vielen Dank! – Als Nächstes – der Kollege Lux für eine Nachfrage. – Bitte schön!

Herr Henkel! Dass die Polizei das Versammlungsrecht schützt, daran haben wir wenig Zweifel. Die Frage ist, ob Sie das Versammlungsrecht schützen.

[Beifall bei den PIRATEN]

Herr Henkel versteckt sich ja immer gerne hinter der Polizei. Deswegen ist die Frage: Wie bewerten Sie es, dass die bayerische Versammlungspraxis, die in Nordrhein-Westfalen und die in vielen anderen Bundesländern eine wesentlich liberalere Verwendung von Sitzunterlagen und anderen im weiteren Sinne der Versammlungsfreiheit dienlichen Materialien zulässt?

Bitte schön, Herr Senator!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege! Das bewerte ich gar nicht. Ich halte mich an das, was in Berlin geschieht, und ich halte mich daran, dass das Verwaltungsgericht die entsprechenden Auflagen des Polizeipräsidenten von Berlin bestätigt hat.

Wir kommen nun zur Frage Nr. 5 des Kollegen Fabio Reinhardt von den Piraten zum Thema

Wurden alle sinnvollen Pläne für Wohnungen für Flüchtlinge aufgegeben?

Bitte schön, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich frage den Senat:

1. Sind die Pläne unter der ehemaligen Sozialsenatorin Bluhm, rund 430 Wohneinheiten der landeseigenen BIH – heute berlinovo – als Einzelunterkünfte für Flüchtlinge bereitzustellen unter dem heutigen Sozialsenator Czaja weiterverfolgt worden, und wenn nein, warum nicht?

2. Wie viele Wohneinheiten der landeseigenen berlinovo stehen derzeit ungenutzt leer, und existieren unter Rot-Schwarz noch Pläne, diesen Wohnraum finanzschwachen Mieterinnen und Mietern wie zum Beispiel Flüchtlingen in unserer Stadt zur Verfügung zu stellen?

Vielen Dank! – Senator Czaja antwortet. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Reinhardt! Im Namen des Senats beantworte ich Ihre Mündliche Anfrage wie folgt. Zu 1: Die Prüfung der als verfügbar bekannten Objekte der BIH hat seinerzeit ergeben, dass diese Wohnungen aus Kostengründen nicht sozialhilferechtlich angemessen im Sinne der AV Wohnen gewesen wären und daher für die Anmietung durch Hilfeempfänger allgemein nicht infrage kamen.

Darüber hinaus ist geprüft worden, ob Objekte zur Nutzung als Gemeinschaftsunterkünfte geeignet sind oder waren. Dies war im Fall der Rhinstraße 125 bis 127 zutreffend, die heute, von der Tochtergesellschaft ARWOBAU angemietet, als Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber betrieben wird.

Anstelle des ursprünglichen Ziels der Nutzung von Wohnungen der BIH zur Anmietung durch Asylbewerberinnen und Asylbewerber ist der Kooperationsvertrag „Wohnungen für Flüchtlinge“ mit den städtischen Wohnungsunternehmen geschlossen worden.

Zu 2: Der Leerstand in den Berliner Wohnungsbeständen der Berlinovo Immobiliengesellschaft GmbH beträgt im Durchschnitt ca. 2 Prozent. Aktuell liegt er bei 1,5 Pro

zent. Dieser Leerstand ist fluktuationsbedingt, sodass für diese Mieteinheiten bereits Nachvermietungen vorliegen. Über ihre Tochtergesellschaft ARWOBAU GmbH vermietet und verwaltet berlinovo möblierte Appartements in Berlin. Davon werden ca. 25 Prozent an finanzschwache Mieter, z. B. von Obdachlosigkeit Bedrohte, ehemalige Suchtkranke, Asylbewerber oder Flüchtlinge sowie Auszubildende und Studenten, vermietet. Die durchschnittliche Belegungsquote bei den Appartements beträgt im Jahr 2012 rund 87 Prozent. Die Auslastung per 31. Oktober liegt sogar bei 91 Prozent. Zusätzlich bestehen enge Kontakte zum Landesamt für Gesundheit und Soziales, um im Bedarfsfall Asylbewerber und Flüchtlinge kurzfristig unterzubringen.

Vielen Dank! – Herr Reinhardt hat eine Nachfrage. – Bitte schön, Sie haben das Wort!

Herr Senator! Ich wundere mich jetzt ein bisschen. Sie sagten, die Wohnungen wären qualitativ ungeeignet gewesen. Es gibt aber diverse Medienberichte aus dem Jahr 2011, die alle nahelegen, dass von den etwa 1 000 angeboten Wohnungen dem Senat etwa 430 geeignet erschienen. Wie kommt diese Differenz zustande?

Mich interessiert aber noch etwas anders. Sie sprachen gerade von dem Kooperationsvertrag „Wohnungen für Flüchtlinge“. Ebendieser wird nicht eingehalten.

Herr Kollege! Stellen Sie bitte eine Nachfrage!

Die Nachfrage lautet: Wie können Sie sicherstellen, dass die landeseigenen Unternehmen jetzt endlich ihren Verpflichtungen nachkommen?

Bitte schön, Herr Senator!

Ich kann persönlich gar nicht sicherstellen, ob die landeseigenen Unternehmen ihrer Verpflichtung nachkommen. Dazu brauche ich die Unterstützung der Aufsichtsgremien der städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Deswegen bin ich in diesem Zusammenhang auch im regelmäßigen Gespräch mit dem Kollegen Müller, der bei allen städtischen Gesellschaften diesbezüglich noch einmal nachgefragt hat. Die Zahl der Wohnungen, die für Asylbewerber zur Verfügung gestellt wurden, hat sich

(Senator Mario Czaja)

seitdem bei den städtischen Gesellschaften auch erhöht. Wir sind noch nicht bei dem Ergebnis, das wir uns vorgestellt haben, aber die Intervention von Herrn Müller hat noch einmal deutlich gemacht, dass wir möchten, dass diese Vereinbarung umgesetzt wird und die Zielzahl von 275 Wohnungen für Flüchtlinge in diesem Jahr erreichen wollen. Man muss auch sagen, dass sie in den letzten Jahren von den städtischen Gesellschaften erreicht wurde. Das macht deutlich, dass bei der Vereinbarung bislang Wort gehalten wurde.

Zu Ihrer ersten Frage, auch wenn es eine Fülle an Nachfragen war: Ich habe mir dazu die Unterlagen im Haus angesehen. Sie führen zu der Erkenntnis, die ich Ihnen in der Beantwortung der ersten Frage mitgeteilt habe. Andere Aussagen, die in der Öffentlichkeit dazu getätigt wurden, entsprechen nicht dem Sachstand, der uns vorliegt.

Vielen Dank! – Für eine Nachfrage hat jetzt der Kollege Otto das Wort. – Bitte schön!

Herr Senator! Wenn ich es richtig verstanden habe, haben Sie uns gesagt, die BIH-Wohnungen, die ja für den Senat sehr wichtig sind, die Sie für alles Mögliche nutzen wollen und die quasi Berlin gehören, seien ungeeignet dafür, in den Größenordnungen der WAV bezogen zu werden. Das möchte ich einfach noch einmal hören.

Herr Senator! Versuchen Sie einmal, das als Frage aufzufassen!

Das mache ich dahin gehend, dass ich einfach die Beantwortung der Anfrage noch einmal kurz vortrage. – Die Prüfung der als verfügbar bekannten Objekte der BIH hat seinerzeit ergeben, dass diese Wohnungen aus Kostengründen nicht sozialhilferechtlich angemessen im Sinne der AV Wohnen gewesen wären und daher für die Anmietung durch Hilfeempfänger allgemein nicht in Frage kamen. Darüber hinaus ist geprüft worden, ob Objekte zur Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft geeignet waren. Dies war im Fall der Rhinstraße 125- 127 zutreffend, die heute als Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber betrieben wird.

Vielen Dank!

Dann kommen wir jetzt zur Frage 6 des Kollegen Lars Oberg von der SPD-Fraktion über

Kooperation zwischen Charité und MDC

Bitte schön, Herr Kollege!

Ich frage den Senat:

1. In welchen Schritten und bis wann wird die zwischen dem Land Berlin und dem Bund vereinbarte Kooperation zwischen Charité und Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin – MDC – umgesetzt?

2. Inwieweit werden die Freie Universität und die Humboldt-Universität an diesem Prozess beteiligt?

Es antwortet Frau Scheeres. – Bitte schön, Frau Senatorin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Oberg! Seit Februar hat Berlin unter Federführung meiner Verwaltung mit dem Bund über ein Kooperationsmodell zwischen Charité und MDC verhandelt. Es gab eine Bund-Land-Arbeitsgruppe. Die Leitung dieser Arbeitsgruppe hatte von unserer Seite Herr Staatssekretär Nevermann und vonseiten des Bundes Herr Staatssekretär Schütte. Ich kann nur sagen, dass wir mit einem hervorragenden Ergebnis für die Berliner Wissenschaft aus diesen Verhandlungen herausgegangen sind. Erstmals werden in Deutschland in der Gesundheitsforschung eine universitäre und eine außeruniversitäre Einrichtung institutionell verbunden und neue Möglichkeiten der translationalen Forschung in der Medizin eröffnet. Das bedeutet, dass Grundlagenforschung und klinische Forschung ganz eng miteinander mit dem Ziel verbunden werden, schneller als bisher die Anwendung neuer Ergebnisse zu den Patienten und Patientinnen zu bringen.

Dafür werden Bund und Land im Zeitraum von 2013 bis 2018 311 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Zusätzlich hat Frau Quandt durch ihr privates Engagement über ihre Stiftung 40 Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre zur Verfügung gestellt, was im Rahmen dieses Konzepts auch genutzt werden kann. Mit dem Berliner Institut für Gesundheitsforschung – so nennen wir das neue Institut; abgekürzt BIG – und dem neuen Forschungsraum, der im Rahmen dieses Modells begründet wird, haben wir ein Zukunftsmodell, das einzigartig ist und internationale Ausstrahlungskraft hat. Darauf können wir sehr stolz sein.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Im Rahmen des neuen Forschungsraums gibt es ganz andere Möglichkeiten, Dinge zu erforschen und zu erarbeiten. Auch junge Forscher haben neue und bessere

(Senatorin Sandra Scheeres)

Möglichkeiten, ihrer Arbeit nachzugehen. Das waren wichtige Zielsetzungen im Zusammenhang mit dieser Modelldebatte.

Bund und Land haben sich dann auf eine Verwaltungsvereinbarung verständigt. Das waren sehr intensive Diskussionen, in denen wir uns dann auf gemeinsame Ziele im Rahmen des Modells verständigt haben. Wir haben uns natürlich auch über die finanziellen Rahmenbedingungen verständigt, die dann Teil der Kooperationsvereinbarung sein werden. Es wird jetzt so sein, dass die Verwaltungsvereinbarung in den Senat geht und dann dem Abgeordnetenhaus zugeleitet wird.

Nach der Unterzeichnung der Vereinbarung werden wir nächste Schritte einleiten. Zunächst wird ein Forschungsprogramm des neuen Instituts fertiggestellt, und dieses wird dann von einer Kommission externer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entsprechend evaluiert. Wir gehen davon aus, dass dies im Frühjahr 2013 abgeschlossen ist.

Wir befinden uns, bevor wir die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen haben, in einem Übergangszeitraum, und hier bereiten wir eine Vereinbarung zwischen Charité und MDC vor, weil es uns wichtig ist, schon 2013 mit bestimmten Dingen zu beginnen, etwa Forschungsprojekte zu entwickeln und zu starten, damit diese Projekte schon starten können.

Dann werden wir ein Landesgesetz vorbereiten, und ich gehe davon aus, dass wir das im kommenden Jahr zur Gründung der gemeinsamen Körperschaft des öffentlichen Rechts, eben des neuen Instituts BIG einbringen werden, dem die Charité und das MDC als vollrechtsfähige Gliedkörperschaften angehören. Die Eigenständigkeit der Charité und des MDCs war uns ganz wichtig. Hier hatten wir ganz besonders die Krankenhausversorgung im Blick, die in den Händen der Charité bleibt, ebenso wie die universitäre Forschung und Lehre. Entsprechende Interessen hatte natürlich auch das MDC als Großforschungseinrichtung.