Protokoll der Sitzung vom 07.03.2013

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Danke schön! – Wünschen Sie das Wort zur Erwiderung? – Das ist nicht der Fall.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Darf jemand anders? Will keiner replizieren? – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Billiger geht es nicht!]

Dann erteile ich jetzt das Wort der Kollegin Remlinger für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte sehr, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich bei der Linken dafür bedanken, dass sie das Thema noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt hat. Ich glaube, es ist ein wichtiges Thema, das auch in Details diskutiert werden muss, wie man dafür sorgen kann, dass ein gesundes und bezahlbares Essen bei allen Kindern ankommt. Es wird noch einige Debatten wert sein.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Ich möchte in der Tat noch ein Wort zur Bedeutung sagen, weil ich das Gefühl habe, dass doch viele in den Debatten denken, es wäre eine Luxusdebatte oder ginge nur um Kalorienaufnahme. Es geht aus unserer Sicht um weit mehr. Es geht zum einen schon aus engerer schulischer Sicht darum, dass an einem Ganztag, den die Kinder auch aufnahmefähig durchstehen sollen, einfach eine

gesunde Nahrungsaufnahme notwendig ist. Das ist für die Gesundheit und die Konzentrationsfähigkeit wichtig.

Wir denken, dass man in diesem Sinne aber auch grundsätzlich im Ganztag noch einmal konzeptioneller integrieren sollte, was Mittagessen heißt und was Schulessen dort bedeutet. Es kann nicht nur ein schnell eingenommener Pausenfüller zwischen zwei Unterrichtseinheiten sein. Was wir brauchen, ist, dass es als eigene Zeitphase rhythmisiert in einem Ganztag wahrgenommen wird.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Wir denken außerdem – das wird in der Debatte oft selbstverständlich anders angenommen –, dass es sehr wünschenswert wäre, wenn möglichst viele Lehrkräfte auch am Mittagessen mit den Schülerinnen und Schülern teilnähmen. Das wäre eine wichtige Vorbildfunktion. Es wäre ein Mittagessen des Teams Schule, das viel zu einer Beziehungs- und Vertrauensebene zwischen den Lehrerinnen, Erzieherinnen sowie Schülerinnen und Schülern beitragen könnte. Das würde sehr viel über die Ernährungskompetenz und die Nahrungsaufnahme hinaus Positives für die Schulen bewirken können.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Ich glaube aber auch, so weit gehen zu dürfen, es in den gesamtgesellschaftlichen Kontext zu stellen. Es geht nicht nur – wie uns allen inzwischen, worüber wir uns freuen, ein Anliegen ist – um gesundes und ökologisches Mittagessen. Wir wissen alle, dass Fehlernährung vielfältige gesundheitliche Schäden nach sich ziehen kann. In Deutschland zählt bedauerlicherweise Übergewicht zu den größten Krankheitsrisiken für Kinder. Umgekehrt haben wir immer mehr Kinder, die mit Untergewicht in die Schule kommen, und haben immer mehr Probleme mit magersüchtigen Kindern schon bald nach dem Einschulungsalter. Darüber hinaus belegen sehr viele Studien, dass insbesondere Kinder aus sozial schwachen Familien und Kinder und Jugendliche aus Familien mit Migrationshintergrund häufiger von Fehlernährung betroffen sind als andere. Wir setzen uns als Bündnis 90/Die Grünen deshalb für wirklich starke, ernährungskompetente Kinder- und Jugendliche ein, die sich weder von manipulativen Werbebotschaften, noch von falschen Schönheitsmodellen und Schönheitsidealen wie dürren Modells, wie es vorgelebt wird, irritieren lassen. Wir wollen starke Jugendliche, die sich wohl fühlen können und wohl in ihrem Körper fühlen, auch wenn sie niemals ein dürres Modell werden können.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Wir denken deshalb auch, dass diese Themen mitnichten nach der Grundschule erledigt sind. Wir möchten die Differenzen zum Thema Einbeziehung der Oberschulen

interfraktionell noch einmal besprechen. Auch wenn wir das nur stufenweise schaffen, glauben wir dennoch, dass es nicht angehen kann, dass wir immer so tun, als müssten wir uns an der Stelle nicht mehr um die Jugendlichen kümmern, mit der Ausrede, sie würden gar nicht mehr am Mittagessen teilnehmen wollen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Wenn wir bei den zu besprechenden Differenzen zwischen den Fraktionen sind, sind wir direkt beim Thema soziale Staffelung der Elternbeiträge. Ich finde, dass es eine gute Stelle ist, um sich ganz herzlich bei den Eltern zu bedanken, die signalisiert haben, dass sie, wenn wir ein vernünftiges, transparentes System und verwaltungstechnisch verschlanktes Verfahren aufsetzen, in der Tat auch bereit sind, das Prinzip zu tragen, dass starke Schultern mehr tragen als Schwache. Das hat sich in unserer Gesellschaft bewährt und sollte hier auch zur Anwendung gebracht werden.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Sie müssten zum Ende kommen, Frau Kollegin!

Ich sage nur noch einen Satz. Ich hätte noch ein paar mehr Differenzen vorgetragen, aber das können wir dann im Ausschuss debattieren. – Wenn die Senatorin ernst meint, dass alles an Mehrkosten in die Lebensmittel gehen soll, klingt es gut, zementiert dabei aber teilweise unhaltbare Arbeitsbedingungen bei den Caterern. Auch darüber werden wir debattieren müssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin Remlinger! – Ich erteile jetzt dem Kollegen Schlede für die CDU-Fraktion das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege Schlede!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Remlinger! Ich möchte gleich zu Beginn auf den von Ihnen erwähnten gesamtgesellschaftlichen Kontext eingehen. Da frage ich mich immer: Was meinen Sie denn eigentlich damit? Wissen Sie, in Bezug auf den gesamtwirtschaftlichen Kontext wollte ich Ihnen heute eigentlich ein Schulessen mitbringen. Das ist aber schlecht, das würde sich auch nicht mit dem, was der Kollege Lehmann-Brauns heute in Bezug auf den Erhalt

von Lebensmitteln darstellen wird, vereinbaren lassen, denn keiner hier hätte es gegessen. Das hätten wir nachher wegwerfen müssen. Das wollte ich nicht.

Ich habe gestern meine beiden Enkel gefragt, gerade als sie aus der Grundschule kamen, wie denn das mit dem Mittagessen dort war. Ich möchte Ihnen nicht sagen, in welcher Form sie dieses zum Ausdruck gebracht haben. Die Jüngere, in der ersten Klasse, hat gesagt: „Das riecht schon so eklig in der Mensa.“

[Heiterkeit bei den GRÜNEN]

Es ist übrigens eine ganz neue Mensa. Und die Zweite hat gesagt – sie isst da fast grundsätzlich nicht –: „Jeden Tag Nudelauflauf mag ich nicht, will ich nicht.“ – So viel zur bisherigen Situation des Schulessens!

[Zuruf von Özcan Mutlu (GRÜNE)]

Nun wollen wir – da sind wir uns alle einig – zu einer Änderung kommen. Die Änderung sieht erst einmal vor, dass die Preise nicht mehr bei 2,30 Euro bleiben können, sondern 3,25 Euro ist ein auch von einer wissenschaftlichen Studie unterlegter, sinnvoller Preis. Es gibt auch Leute, die sagen, 3 Euro reichten auch,

[Zurufe von der LINKEN und den PIRATEN]

dann wären wir nach unserem Modell – das Modell der großen Koalition ist bisher eine Aufteilung von 70 : 30 Prozent; 70 Prozent zahlen die Eltern, 30 Prozent zahlt die Stadt dazu – bei einer Einteilung, die ein Essen qualitativ vor Ort ermöglichte – wenn da nicht noch ein paar andere Hürden wären.

Die erste Hürde ist, dieses den Bezirken zweckgebunden zuzuweisen. Manche sagen, sie wirtschafteten besser, wenn die Zweckbindung nicht wäre. Wir sind mehrheitlich der Auffassung, es sollte eine Zweckbindung geben.

Aber selbst wenn wir diese Hürde überschreiten, bleibt noch die Frage der Qualitätskontrolle vor Ort. Was ist denn für 50 Cent bisher auf dem Teller gewesen? – Genau das, was meine Enkel ablehnten, zu sich zu nehmen.

[Regina Kittler (LINKE): Aber darum geht es doch jetzt nicht!]

Wie kontrollieren wir denn in Zukunft, frage ich Sie – und das müsste ein gemeinsames Anliegen sein –, dass die 3,25 Euro oder 3 Euro auch wirklich effektiv auf dem Teller erscheinen und nicht in irgendwelchen Grasnarben des Systems verschwinden, von Personal, von Mehrwertsteuer und Ähnlichem mehr?

[Zuruf von Stefanie Remlinger (GRÜNE) – Zurufe von der LINKEN: Zum Thema, bitte!]

Das ist bisher nur vorgeschlagen, aber noch nicht realisiert.

Wir sind also der Auffassung, 3,25 Euro ist eine sinnvolle Erhöhung. Wir sind zum Zweiten der Auffassung: Damit

muss eine notwendige Qualitätssicherung einhergehen. Dieser stimmen wir alle zu.

Herr Kollege! Lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Lederer zu?

Er kommt am Ende dran. Ich lasse alle zu. – Wir sind definitiv nicht Ihrer Auffassung, dass es richtig ist, die Kostenbeteiligung der Eltern auf null zu reduzieren, unabhängig davon, welche Modelle gefahren werden. Dann wäre auch das bisherige Modell – da hat der Kollege von der SPD ganz recht, warum haben Sie es nicht vorher schon geändert –, bei den 23 Euro sind wir bei 70 Prozent Elternbeteiligung – dann müssten wir die 70 Prozent auch abschaffen, denn es macht überhaupt keinen Sinn für den Aufwuchs, dass sich die Eltern nur mit 50 Prozent oder gar nicht beteiligen, während ich beim Grundpreis bei der alten Regelung bleibe, 70 : 30 Prozent. Das ist nach meinem Dafürhalten keine Logik. Dann müssten wir sehr viel weiter gehen.

Nun frage ich mich aber: Warum sind wir letztlich anderer Auffassung? – Weil ich meine, die Eltern könnten für 23 Euro ihr Kind – wenn es denn nicht in der Schule ist, etwa während der Ferien – qualitativ nicht mal ansatzweise so, wie wir es wollen, ernähren. Und Sie werden es wahrscheinlich auch mit dann 37 Euro nicht können, wenn wir nämlich zu dem Preis von 3,25 Euro bei einer Kostenbeteiligung der Eltern von 70 Prozent kommen. Dann ist es immer noch ein relativ starkes Entgegenkommen, was letztlich auch nur möglich ist, weil es so viele Essen sind, dass dann die Qualität auch wirklich auf den Teller kommen könnte. Und dafür plädieren wir.

Wir sind nicht dafür, dass sozusagen ein finanzieller Regen möglich macht, was uns nicht möglich ist, und das gesamte Schulessen – als Nächstes stellt sich die Frage: Was ist denn ab Klasse 7 – den Kindern kostenlos zukommen soll. – Und jetzt sind Sie dran, Herr Lederer!

Herr Dr. Lederer – bitte schön!

Lieber Herr Kollege Schlede! Ich frage einfach mal: Was haben wir denn damit gewonnen, wenn in den Schulen, wo die Mittagsversorgung nicht zum Programm gehört, wo sie nicht gebunden, wo sie nicht pflichtig ist, die Eltern ihre Kinder – so gut die Qualität auch sein mag – vom Mittagessen abmelden, weil sie nicht in der Lage sind, sich dieses Mittagessen zu leisten? Es sind nicht alles Kinder oder Enkel von Leuten, die über Abgeordneteneinkommen verfügen.

Ich möchte nicht über meine Diäten als Abgeordneter spekulieren; sie sind eher dürftig. Das ist aber alters- und pensionsbedingt.

[Heiterkeit von Dr. Klaus Lederer (LINKE)]

Aber um auf den Hintergrund zu sprechen zu kommen, Herr Dr. Lederer: Was diesen Aspekt angeht, haben wir immer gesagt: Wer sozial nicht in der Lage ist, hat selbstverständlich – Beispiel Büchergeldbefreiung – das Recht auf Unterstützung neben dem Teilhabepaket. Da stimmen wir zu, da muss es eine soziale Staffelung geben.

Frau Kittler – bitte schön!

Sie haben leider, Herr Delius – Herr Schlede – –