Protokoll der Sitzung vom 07.03.2013

Vielen Dank! – Für eine Nachfrage Frau Kollegin Radziwill – bitte schön!

Vielen Dank, Frau Kolat, für die ausführliche Antwort. Ich habe aber trotzdem mit Bezug auf die aktuelle Berichterstattung in dieser Woche, z. B. in Bezug auf den „Spiegel“-Artikel, folgende Nachfrage: Welche Informationsmöglichkeiten und Hilfen haben Romafamilien ganz konkret, um sich – wie Sie zu Recht sagen – vor kriminellen Machenschaften, die die Familie missbrauchen, zu schützen, um sich vor übermäßigen und im Wucherbereich befindlichen Mietangeboten und Mietforderungen zu schützen und ihre Rechte als Mieter aus den europäischen Nachbarstaaten auch durchzusetzen?

Frau Senatorin – bitte schön!

Da gibt es schon ganz konkrete positive Erfahrungen, die wir gemacht haben; positive Erfahrungen in dem Sinne, dass wir die Familien beraten haben, die betroffen waren. Sehr wichtig ist ja, dass die betroffenen Familien erst einmal Kenntnis haben, in was für einer Lage sie sich befinden, dass sie hier sozusagen über einen gemeinnützigen Verein Wohnräume zu Wucherpreisen anmieten. Die Meldungen haben gezeigt, dass diese Wohnungen sogenannte Schrottimmobilien sind, wo auch die Unterbringungsbedingungen sehr schlecht sind. Deswegen sind wir diesen Weg gegangen, dass die Romafamilien gerade in Mietfragen beraten worden sind, dass sie ihre Rechte in Anspruch genommen haben. Erfolg konnten wir z. B. in einem Fall erzielen, dass die Gemeinnützigkeit eines solchen Vereins aberkannt worden ist. Insofern ist auch so ein Steuerungskreis sehr wichtig, dass eben ein Bezirk, der diesen Weg mit der Familie positiv gegangen ist, mit Rechtsberatung, dass man sich dann über den Klageweg aus dieser Situation herausbegibt, dass andere Bezirke diese Erfahrung nicht neu machen, sondern sich austauschen können, wie man mit solchen sogenannten gemeinnützigen Vereinen umgehen kann, die einfach nur die Wohnsituation hier ausnutzen. Nichtsdestotrotz bleibt die

(Senatorin Dilek Kolat)

Situation aber, dass viele Familien einer selbstständigen Tätigkeit nicht nachgehen können aufgrund der Bedingungen, weil die Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht gegeben ist. Was die Bezahlung von Mieten angeht, ist das nun mal eine schwierige Situation für diese Familien. Mit dem Thema Unterbringungsmöglichkeiten für diese Familien hat sich auch ganz konkret die Steuerungsgruppe befasst. Dazu werden noch Lösungsansätze entwickelt.

Vielen Dank! – Eine Nachfrage des Kollegen Wansner!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Kolat! Sind Sie möglicherweise in Rücksprache mit den zuständigen Ländern Bulgarien und Rumänien, deren Staatsbürger die Sinti und Roman ja sind, um möglicherweise deren Lebensumstände in den Ländern, wo sie ja eigentlich zu Hause sind, zu verbessern? Denn wir entwurzeln ja diese Menschen, die hier nach Deutschland kommen. Und deshalb ist es doch sicherlich angebracht, sich erst mal mit den zuständigen Ländern zu unterhalten, welche Möglichkeiten wir haben, um ihnen in ihrem Heimatland zu helfen.

Bitte schön, Frau Senatorin!

[Benedikt Lux (GRÜNE): Soll nicht Henkel antworten?]

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich würde sagen, da überschätzen Sie die Wirkung einer Senatorin, wenn ich jetzt nach Bulgarien, Rumänien fliegen würde, dass sich dort schlagartig die soziale Situation verändern wird. Aber dennoch sprechen Sie einen Punkt an, der dort wichtig ist. Die Strategie auf der EUEbene ist, dass die Lebensverhältnisse in diesen Ländern sich verbessern. Das ist eigentlich die globale Antwort auf dieses Problem, dass die Lebensverhältnisse in diesen Ländern sich so verbessern, dass diese Menschen nicht in Armut leben und sich nicht auf den langen Weg in andere EU-Länder machen. Nichtsdestotrotz ist aber auch klar, dass die Menschen, die hierher kommen, ja nicht illegal sind. Das sind EU-Bürger; und jeder, der damals der EUErweiterung für diese beiden Länder zugestimmt hat, das unterstützt hat – Deutschland hat das mitgemacht –, wusste, dass es dann eben auch EU-Bürger sind, die aufgrund der Freizügigkeit hierher kommen können. Dass es ab 2014 die Arbeitnehmerfreizügigkeit gibt, erschwert die Situation zusätzlich. Aber am Ende reden wir hier über EU-Politik und über die Folgen, die dann eine Metropole auch zu spüren hat.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank!

Dann kommen wir zu Anfrage Nr. 2 des Kollegen Claudio Jupe von der CDU

Finanzielle Beteiligung von Händlern und Herstellern an den Kosten für die amtliche Lebensmittelüberwachung?

Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Ich frage den Senat:

1. Welches Ergebnis hat das seit dem 13. Februar durchgeführte berlinweite Screening von Fleischprodukten in Bezug auf den Pferdefleischbetrug ergeben?

2. Wie steht der Senat zu Überlegungen, in Zukunft die Wirtschaft an den zum Teil erheblichen Kosten für die amtliche Lebensmittelüberwachung zu beteiligen?

Vielen Dank! – Herr Senator Heilmann – bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Jupe! Meine Damen und Herren! Mit Stand gestern Abend 17.30 Uhr wurden im Landeslabor Berlin-Brandenburg 153 Proben zur Untersuchung auf die Anwesenheit von pferdespezifischer DNA eingeliefert. Die Produktpalette erstreckt sich von konventionell bis bio und von vorgefertigten Lebensmitteln über Hackfleisch bis zu ganzen Dönerspießen, die sowohl von den Bezirken entnommen als auch in drei Fällen als Verbraucherbeschwerden abgegeben wurden. Beim Letzteren handelt es sich um Rinderrahmgulasch und Rinderhüftsteaks. Von diesen Proben wurden bisher 147 abschließend untersucht, und in – die Zahl ist neu – 14 Proben wurde pferdespezifische DNA nachgewiesen. Bei den positiven Proben handelt es sich um zweimal Zigeunersteak, zweimal Corned Beef, einmal Lasagne, einmal Hackfleisch, einen Dönerspieß und achtmal Dönerfleisch. Während die verarbeiteten Lebensmitteln von Herstellern aus anderen Bundesländern stammen, wurden die Dönerprodukte nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen in Berlin hergestellt, oder die Ausgangsprodukte wurden von Berliner Betrieben geliefert. Die Einschränkung „bisher“ erklärt sich wie folgt: Diese Berliner Betriebe haben ihrerseits Zulieferer, und wir wissen nicht, woher das eigentliche Problem stammt.

Zu Ihrer zweiten Frage, die politisch sehr spannend ist: Es gibt eine einschlägige EU-Verordnung, Nr. 882/2004, über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung der lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Vorschriften.

(Senator Thomas Heilmann)

Die schreibt vor, dass die Mitgliedsstaaten dafür sorgen – ich zitiere wörtlich –, „dass angemessene finanzielle Mittel für die amtlichen Kontrollen verfügbar sind“ und dass die Mitgliedsstaaten „Gebühren oder Kostenbeiträge zur Deckung der Kosten erheben“ können, „die durch amtliche Kontrollen entstehen“. Von diesem Recht machen wir in Berlin und auch bundesweit nur dann Gebrauch, wenn wir Verdachtsfälle haben, also jetzt bei den 14 positiven Proben. Ich finde die Frage, ob wir das nicht tun sollen, sehr erwägenswert. Wir haben ja auch in anderen Bereichen – Stichwort: TÜV – Institutionen, bei denen Sie als Betroffener die Untersuchung bezahlen müssen.

Es gibt aber ein gewichtiges Gegenargument, das man sehen muss. Wir werden Agrarfabriken dann natürlich intensiver kontrollieren, aber pro Produkt seltener als kleine lokale Betriebe, die wir damit kostenmäßig benachteiligen. Das war der Grund, warum die Verbraucherschutzministerkonferenz 2009, also weit vor meiner Zeit, beschlossen hat, dass wir das in Deutschland nicht tun sollen. Dies Argument gilt es abzuwägen gegen die erheblichen Kosten, die mit Sicherheit steigen werden, weil wir, glaube ich, alle der Meinung sind, dass wir die Kontrollen steigern sollten. Insofern ist das eine laufende Diskussion, und ich selbst werde den Mai abwarten, dann werden wir auf der Verbraucherschutzministerkonferenz darüber diskutieren. Ich habe allerdings eine große Neigung zu sagen, wir sollten die Lebensmittelunternehmen an den Kosten beteiligen.

Keine Nachfrage von Herrn Jupe. – Dann hat Herr Buchholz die Möglichkeit zu einer Nachfrage.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator! Sie haben gerade angesprochen, dass Sie durchaus positive Aspekte darin sehen, wenn die Verursacher beteiligt werden. Ich halte das auch für sehr sinnvoll, wir fordern das auch schon seit Längerem. Können Sie sich nicht vorstellen, dass man das eher nach umsatzbezogenen Kriterien festlegt, wonach ein kleiner Betrieb wenig beitragen muss, ein großer Betrieb, erst recht die ganz großen Agrarfabriken, extrem viel beitragen müssen, sodass das dann ein gerechter Ausgleich wäre und man letztlich zu einer Mitfinanzierung durch die fleischproduzierenden Betriebe kommen würde?

Bitte schön, Herr Senator!

Herr Präsident! Lieber Herr Buchholz! Meine Damen und Herren! Das ist ein naheliegender Vorschlag. Das EURecht unterscheidet allerdings zwischen Gebühren und Steuern. Gebühren sind aufwandbezogen; ich hatte auch vorgetragen: Es muss den Aufwand pro Untersuchung widerspiegeln. Wenn Sie das umsatzabhängig machen, dann sind Sie im Bereich von Steuern. Das wird nicht ohne Änderung des EU-Rechts möglich sein. Und ob wir das hinbekommen – das wird jedenfalls kein Kurzstreckenlauf, um es mal ganz vorsichtig zu sagen. Ihre SPDLänderkollegen sind deswegen bisher auch dagegen gewesen. Das zum Hintergrund.

Herr Kollege Altug! – Bitte schön!

Herr Senator! Ich möchte wissen, ob Sie sich im Mai bei Ihren Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern, aus Ihrer Partei, dafür einsetzen werden, sich gegen die Produktionsbedingungen, gegen die Massentierhaltung einzusetzen.

Bitte schön, Herr Senator!

Lieber Herr Altug! Wir hatten in der Aktuellen Stunde ja schon indirekt darüber gesprochen. Ich glaube, dass es da keine kurzfristigen Lösungen gibt. Wir können die Bedingungen schrittweise verbessern. Das tun wir ja schon – Stichwort: Legebatterien etc. –, und dafür bin ich auch sehr. Aber glauben zu machen, dass wir das Problem, sagen wir, in den nächsten fünf Jahren lösen können, indem wir Agrarfabriken abschaffen, ist eine völlig illusionäre Vorstellung.

Ich muss Ihnen auch sagen, dass die sozialen Wirkungen bedenklich sind, denn wenn wir in Europa alles in kleinen Biohöfen produzieren würden, würden die Preise der Lebensmittel sich mindestens verdoppeln, wenn nicht noch weiter ansteigen. Das können Sie und ich uns wahrscheinlich leisten, aber eben nicht jeder in der Stadt oder im Land.

Vielen Dank! – Ich darf bei der Gelegenheit noch mal darauf hinweisen, dass wir uns im Präsidium darüber einig sind: Wortmeldungen, die schon bei der Anrede „Sehr geehrter Herr Präsident“ erfolgen, werden hier immer ignoriert.

(Präsident Ralf Wieland)

Wir kommen zur Frage Nr. 3 des Kollegen Andreas Otto von den Grünen zu

Aufsichtsrat BER weiterhin nicht arbeitsfähig?

Bitte schön, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Welche Schwachstellen in der Arbeit der Gremien der Flughafengesellschaft haben dazu geführt, dass Manager wie jüngst Herr Bender abgeschreckt werden, für den BER zu arbeiten?

2. Welche Sitze im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft, für die Berlin ein Besetzungsrecht hat, sollen zur dringend notwendigen Qualifizierung und Erneuerung dieses Gremiums mit externen Fachleuten besetzt werden, und wann wird das geschehen?

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Es antwortet der Regierende Bürgermeister.

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Otto! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Otto! Der Aufsichtsrat des BER ist immer arbeitsfähig gewesen.

Zu 1: Öffentliche Erörterungen führen in Personalangelegenheiten sicherlich nicht zum Erfolg.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Warum haben Sie es dann gemacht?]

Wir haben es nicht gemacht. – Deshalb sollte es hinter den Kulissen passieren und dann verkündet werden. Abweichungen von Vorgaben des Aufsichtsrats zur Verwirklichung von Verträgen sollten natürlich auch eingehalten werden. Das ist sicherlich auch nicht hilfreich.

Zu 2: Veränderungen sind derzeit nicht geplant.

Vielen Dank! – Herr Kollege Otto! Eine Nachfrage? – Bitte schön!

Angesichts dessen, dass Sie keinen Geschäftsführer haben, nicht mal einen Berater finden und im Aufsichtsrat die alten Mitglieder das alles nicht leisten können, finde ich die Antwort doch sehr knapp gehalten. – Ich würde gerne von Ihnen wissen, Herr Wowereit: Was hat sich