Und ein Zweites hat der Bundesrat beschlossen, dass wir die Aufenthaltserlaubnis für Jugendliche erleichtern wollen, gerade wegen der besonderen Integrationsfähigkeit dieser Gruppe, aber auch wegen der tatsächlichen Integration vieler Jugendlicher, dass wir dort zu einer leichteren Erlangung der Aufenthaltserlaubnis kommen. Deswegen ist das auch in die Koalitionsvereinbarung des Bundes aufgenommen worden. Und deswegen hoffen und meinen wir, dass es sehr helfen würde, wenn wir eine entsprechende gesetzliche Regelung auf Bundesebene bald bekommen würden.
Was wir beharrlich aus Berliner Sicht immer verfolgt haben, ist also, wenn man so will, breiter Konsens im Bund. Und jetzt sagen Sie: Wir sollen einer Regelung vorgreifen und das jetzt schon in Kraft setzen. – NRW hat das gemacht. Der NRW-Innenminister hat einen Runderlass herausgegeben, indem genau das geregelt wird, dass mit § 60 eine Ermessensentscheidung im Einzelfall getroffen werden kann. Ich meine, dass wir die Möglichkeiten, die die Landesbehörden im Vorgriff auf eine zu erwartende bundesrechtliche Regelung haben, wirklich wohlwollend und eingehend prüfen sollten. Ja, es ist sinnvoll, das zu tun.
Wir würden das aufgreifen, darüber nachzudenken, aber man muss den Weg überlegen, wie wir am besten dahin kommen. Und man muss wie in der anderen Frage der Optionspflicht wirklich überlegen, ob und wie man landesbehördliche Beamte anweist, eine geltende Rechtslage zu umgehen oder nicht. Wir werden uns das angucken, und wenn es eine Möglichkeit gibt, kann ich signalisieren, dass wir da wohlwollend wären, aber wir möchten bitte – da bitte ich Sie um Verständnis – noch einmal darüber beraten dürfen.
Deswegen bitten wir, jetzt nicht sofort abzustimmen, sondern einer Überweisung in den Innenausschuss zuzustimmen.
Herr Kollege Zimmermann! Ich habe jetzt ganz viel gehört, aber können Sie noch mal klarmachen, was genau konkret gegen eine heutige Abstimmung spricht?
Weil wir einen Runderlass eines Innenministers nicht einfach durch einen Parlamentsbeschluss ersetzen können. Und auch eine Aufforderung, einen solchen Runderlass zu erlassen, ist etwas anderes, als wenn der Minister es selber aus eigener Exekutivverantwortung tut. Lassen Sie uns wirklich darüber nachdenken: Ist es so dringlich, dass es heute beschlossen werden muss? – Ich sehe es nicht. Bitte lassen Sie uns das im Innenausschuss beraten! Ich kann jetzt nicht zusagen, dass wir eine Regelung, wie Sie sie im Antrag vorgetragen haben, so beschließen werden, aber wir werden das beraten und gucken, was wir machen können. – Herzlichen Dank!
Herr Kollege Zimmermann! Die Rede war ja nun wirklich schon wohlwollend. Das muss ich zugeben. Aber trotzdem: Mir leuchtet jetzt tatsächlich einfach nicht ein, was uns daran hindern sollte, die sofortige Weisung an die Behörden zu geben, so wie es in zahlreichen anderen Bundesländern gerade gemacht wird. Ich sage jetzt noch mal: Baden-Württemberg, da kann man ja sagen, das ist
ein grüner Ministerpräsident. Damit kann man sich hier nicht anfreunden. Aber in Hessen z. B. ist, glaube ich, Herr Bouffier sehr linksunverdächtig. Insofern könnte man sich auch daran orientieren.
Aber selbst wenn wir das heute nicht abstimmen, jetzt noch mal ganz konkret an Sie die Frage: Wenn das jetzt geprüft wird und sich herausstellt, dass das auch rechtlich völlig unverdächtig ist und man das einfach machen kann, dann bitte hier noch mal ganz konkret: Können Sie sich dem dann anschließen, dass wir diesen Antrag einfach verabschieden und dass wir dann zumindest relativ schnell mit dieser Weisung auch voranschreiten, wenn, wie Sie eben gesagt haben, diese rechtliche Prüfung erfolgreich übernommen wurde?
Schönen Dank, Herr Präsident! – Herr Kollege Reinhardt! Wir können hier als Parlament keine Anweisung an die Beamten des Landes geben, entsprechend zu verfahren. Das geht nicht. Das haben Sie eben gesagt: Wir sollen heute anweisen. – Wir können hier nicht anweisen. Wir können beraten, was wir politisch wollen, und können das in den Senat, in die Ausländerbehörde kommunizieren. Und da müssen wir den richtigen formalen Weg überlegen. Außerdem will ich auch den Kollegen Dregger davon überzeugen. Das weiß ich noch nicht so genau, wie er sich einlässt. Darüber werden wir also noch mal reden. Also bitte geben Sie uns noch zwei Wochen Zeit dafür!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! In dieser Parlamentssitzung befassen wir uns wieder mit einer Initiative, die eigentlich auf Bundesebene schon längst geklärt ist und wo man sich auch nach der Rede vom Kollegen Zimmermann halt fragt: Warum fehlt diesem Innensenator die Kraft, das, was eine große Koalition auf Bundesebene schon längst entschieden hat und was sein CDU-Kollege in der Koalition mit den Grünen in Hessen auch schon geschafft hat – nach relativ kurzer Zeit, die die überhaupt in der Regierung sind –,
also was hindert diesen Innensenator, das zu machen, was rechtlich völlig unproblematisch ist und faktisch gute Ergebnisse erzielen wird? Vielleicht mag er sich ja heute dazu selbst äußern.
Und es wird Sie auch nicht wundern, da Sie mich kennen, dass ich dieses Bleiberecht, das jetzt hier groß angekündigt wurde, als wirklich unzureichend erachte. Es ist ein Minimalkonsens dessen, was schon längst überfällig ist. Schauen Sie sich die Zeiträume an, die die Menschen hier gewesen sein sollen: acht Jahre ohne Kinder, sechs Jahre mit Kindern. Die Menschen haben ja schon so viel ihrer Lebenszeit hier nicht sinnvoll nutzen können, weil sie vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, weil sie viele andere Dinge nicht machen können. Das ist totaler Unsinn. Eigentlich ärgert es mich wirklich, dass wir uns immer wieder über solche Dinge unterhalten, über die wir uns schon vor 20 Jahren unterhalten haben.
Man fragt sich tatsächlich: Wieso gelingt es dieser Landesregierung und auch dieser Bundesregierung nicht, mal einen mutigen Schritt zu machen? Wie wäre es denn mal mit einer Legalisierungswelle der Leute, die da sind, dass die einfach einen legalen Status bekommen?
So wie es übrigens unsere Bezirksbürgermeisterin in Friedrichshain-Kreuzberg gefordert hat. Das ist mal eine Sache, über die Sie hier alle nachdenken sollten.
Dann geht es darum: Wie könnte man das juristisch so machen? Es wurde hier bereits vom Kollegen Zimmermann richtig dargestellt. Da reicht es einfach, in den Anwendungshinweisen deutlich zu machen – – Und auch das hat der Kollege Zimmermann richtig dargestellt, das können wir als Abgeordnete nicht, das muss der Innensenator in Bezug auf die Ausländerbehörde anweisen.
Die Ausländerbehörde hatten wir auch als Thema hier, und stellen Sie sich mal vor, was das für eine Entlastung wäre für die Ausländerbehörde! Im Moment kriegen die Leute eine Duldung von drei Monaten, von sechs Monaten, bis zu zwei Jahre kann diese Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Und wie ungesund und formalistisch ist es denn, den Menschen jetzt noch schnell abzuschieben, wo man weiß, in ein paar Wochen, wenn das Becken der Kanzlerin in Ordnung ist und CSU und SPD sich auf Bundesebene geeinigt haben, kann man ja schon erwarten, dass ein Gesetz auf Bundesebene kommen wird. Wie unfair ist es, den Menschen vorher abzuschieben, der von dieser gesetzlichen Regelung profitiert hätte? Da ist es doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass man diesen Menschen diese Chance nicht aus der Hand schlägt und sie nicht noch schnell klammheimlich auf den nächsten Flughafen fährt und abschiebt, bevor die gesetzliche Regelung tatsächlich in Kraft tritt.
Aber, lieber Herr Kollege Zimmermann, ich will Ihr Wohlwollen insoweit mit Vertrauen belohnen, als dass ich hoffe, dass wir in zwei Wochen – der Kollege Saleh hat mir das auch angedeutet – tatsächlich in den Stand versetzt werden zu regeln, dass jedenfalls ein Abschiebestopp für die Gruppe erlassen wird, die von dieser Rege
lung betroffen wäre. Aber stellen Sie sich auch schon mal darauf ein, dass ich dazu Kleine Anfragen machen werde, und zwar nicht nur an die Senatsverwaltung für Inneres, sondern auch im Kreis der Anwaltskollegen, die so was dann immer mitbekommen, wenn die Behörde sagt, es ist gutgegangen, und in Wirklichkeit ist es schiefgegangen. Da haben wir noch einige Arbeit vor uns. Aber ich hoffe, dass wir tatsächlich in zwei Wochen die Anweisung haben. Ich denke, die Koalitionsfraktionen arbeiten daran, und hoffe, dass Herr Dregger uns das jetzt auch zusagen kann.
Vielen Dank, Frau Bayram! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Dregger. – Bitte sehr!
Verehrte Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, mit welchem Nachdruck doch die Piratenfraktion sich darum bemüht, dem guten Koalitionsvertrag von CDU und SPD auf Bundesebene auch Durchschlagskraft zu verleihen.
Offenbar halten auch Sie diesen Koalitionsvertrag für einen wegweisenden Plan für unsere nächsten vier Jahre. Sie haben das schon vor Kurzem versucht im Hinblick auf das Staatsangehörigkeitsrecht und die Optionsregelung. Dort war es leider ein untauglicher Versuch, denn auch Sie müssen begreifen, dass man zwingendes Bundesrecht nicht durch Verwaltungshandeln auf Landesebene aushebeln kann, sondern schon ein vernünftiges Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene braucht, das in eine Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts mündet, und dann kann auch ein neues Recht angewandt werden.
Herr Kollege Dregger! Sie haben gerade den Antrag der Piratenfraktion bezüglich der Optionspflicht ange
sprochen. Jetzt ist der ja im Ausschuss noch gar nicht behandelt worden. Darf ich Ihre Äußerungen dann so verstehen, dass Sie der Ausschussberatung vorgreifen und quasi eine Vorentscheidung ankündigen wollen?
und ich habe mich mit der Sache beschäftigt und habe meine persönliche Auffassung, und ich halte den Antrag zum Optionsrecht erstens für rechtswidrig und zweitens für integrationsfeindlich und werde nicht empfehlen, ihn anzunehmen.
Jetzt geht es aber um einen anderen Antrag. Es geht um den Antrag der Piratenfraktion, mit dem versucht wird, eine weitere Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag auf Bundesebene hier im Land umzusetzen. In der Tat: CDU und SPD haben vereinbart, eine neue alters- und stichtagsunabhängige Regelung in das Aufenthaltsrecht einzufügen, um lange in Deutschland lebenden geduldeten Menschen, die sich hier nachhaltig integriert haben, eine Lebensperspektive zu eröffnen.
Worum geht es im Einzelnen? – Es geht um Menschen, die nach dem geltenden Recht keinen Anspruch auf Aufenthalt in Deutschland haben. Das können abgelehnte Asylbewerber sein, deren Asylanträge abgelehnt worden sind, weil sie weder politisch verfolgt noch Flüchtlinge im Sinne der Flüchtlingskonvention sind. Das können Menschen sein, die ohne Asylantrag und auch ohne Visum nach Deutschland gekommen sind. Es sind nicht selten Menschen, die für sich und ihre Familien eine bessere Zukunft suchen und sich zu diesem Zweck – wenig überraschend – nach Deutschland wenden. Und es sind in vielen Fällen auch Menschen, die zu diesem Zweck bei der Einreise ihre Identität verschleiert haben durch Vernichtung ihrer Passdokumente und Ähnliches, weil sie wissen, wenn ihr Herkunftsland nicht bekannt ist, dann ist sozusagen auch die Rückführung ausgeschlossen.
Wie ist unser derzeitiger Umgang mit diesen Menschen? – Momentan ist es so, dass nach § 18a Aufenthaltsgesetz qualifizierte, auch erwachsene Geduldete einen Weg in einen legalen Aufenthaltsstatus haben, und ich begrüße das. Wir haben die Regelung in § 25a für gut integrierte Jugendliche. Auch denen wird ein Weg in einen legalen Aufenthaltsstatus geebnet. Auch das begrüße ich. Jetzt hat die Koalition auf Bundesebene in der Tat verabredet, dass das, was für Jugendliche bereits gilt, auch für Erwachsene gilt, dass also gut integrierte Erwachsene, die eine Integrationsleistung auch nachweisen können, einen Weg in einen legalen Aufenthaltsstatus geebnet bekommen. Auch das halte ich für richtig.
Es geht dabei nach dem Entwurf um Erwachsene, die seit acht Jahren ununterbrochen in Deutschland ihren Aufenthalt haben – bei Familien mit Kindern seit sechs Jahren –, die ein klares Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung ablegen, die Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung haben, die Fähigkeit zum eigenständigen Lebensunterhalt, die die deutsche Sprache sprechen, jedenfalls zu einem bestimmten Grad, und um Kinder, die ihre Schule besuchen. Ich finde, das ist ein guter Ansatz, der auf Bundesebene gefunden worden ist, und ich glaube, dass wir hier kein großes Konfliktthema haben werden.
Es ist allerdings so – darauf möchte ich hinweisen –, dass bereits bei denjenigen, bei denen ihre Identität nicht klar ist, eine Abschiebung sowieso nicht möglich ist, und das ist nach meinen Informationen der Großteil der Betroffenen, ein überwiegender Teil, sodass wir hier über etwas reden – Sie wollen ja einen vorläufigen Abschiebeschutz organisieren –, das praktisch keine Relevanz hat.
Dennoch bin ich dafür, dass wir im Ausschuss sehr sorgfältig prüfen, inwieweit Handlungsbedarf besteht. Mir kommt es darauf an, dass die Betroffenen ihre Identität offenlegen, dass sie sich ehrlich machen und ihren Aufenthaltsstatus, ihre Herkunft und Staatsangehörigkeit offenlegen und dann auch einen Weg in die Legalität finden. Dafür werden wir uns einsetzen. Aber ich finde, das ist Anlass genug, das im Detail im Ausschuss zu beraten, bevor wir kurzfristig handeln. – Vielen Dank!