Protokoll der Sitzung vom 23.04.2015

[Dr. Robbin Juhnke (CDU): Da sollten Sie mal zuhören!]

Herr Senator Henkel – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Bayram! Die Zahl 50 000 hatten wir am Montag schon im Innenausschuss. Mir ist eine solche Zahl, jedenfalls bezogen auf den Zeitraum, über den wir sprechen, und bezogen auf das, was im Zusammenhang mit dieser Abschiebung geschehen ist, nicht bekannt. Ich kennen eine Aussage von Herrn Lerche, die er vor Gericht gemacht hat, die sich aber ganz offensichtlich auf einen viel längeren Zeitraum seiner beruflichen Tätigkeit bezieht und die mit diesem Thema wirklich nichts zu tun hat.

[Zuruf von Canan Bayram (GRÜNE)]

Da ging es um andere Begutachtungen, und das werden wir auch nächste Woche Montag bzw. wie verabredet im Innenausschuss noch einmal darstellen.

Der Gesundheitszustand und die Rolle des Arztes, verehrte Frau Kollegin Bayram, waren für die getroffene gerichtliche Entscheidung – das will ich noch mal sagen – unbeachtlich. Ich staune manchmal, welche Fragen ich hier bekomme.

[Canan Bayram (GRÜNE): Dann haben Sie es nicht verstanden!]

Frau Kollegin! Rechtlich tragend war der Umstand, dass Frau O. nicht genügend Zeit zur Verfügung hatte, um entsprechende Rechtsmittel einzulegen. Und weil das so ist, habe ich am Montag auch das gesagt, was ich heute gerne wiederhole: Hier ist unangemessen reagiert worden. Und ich will auch noch einmal sagen, wenn die Umstände der Abschiebung angesprochen werden: Das Gericht hat ja entsprechend geurteilt. Und das ist auch zu akzeptieren.

[Fabio Reinhardt (PIRATEN): Bringt ihr nur nichts!]

Richtig bleibt aber auch, dass die Person vollziehbar ausreisepflichtig war. Auch das ist vom Gericht nicht bestritten worden.

Die zweite Nachfrage geht dann an Herrn Lux von den Grünen. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Innensenator! Man sieht ja, was Sie unter Erfolg verstehen, wenn Sie für 7 Kilogramm Cannabis 40 000 Arbeitsstunden der Polizei einsetzen, die anderswo wirklich besser aufgehoben wären. Ich komme zu meiner Frage: Wie erklären Sie den Berlinerinnen und Berlinern, wie Sie gegen möglicherweise gefährliche Salafistinnen und Salafisten vorgehen, wenn Sie nicht die Zeit in der Ausländerbehörde haben, diese entsprechend zu kontrollieren und zu überprüfen?

Herr Senator Henkel!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lux! Ich will noch einmal sagen: 250 Verfahren, auch Händler- und Lieferantenebene betreffend – zurückkommend auf den Görlitzer Park –, ist für mich in der Tat ein Erfolg. Das zu Ihrer ersten Frage.

Zweite Frage und die Antwort darauf: Der Verzicht auf Sicherheitsabfragen, so wie es heute geschrieben war, das muss man sich auch noch einmal angucken. Betroffen sind selbstverständlich allein Staaten, die nicht als potenziell terrorrelevant gelten.

[Canan Bayram (GRÜNE): Welche Staaten sind das denn? – Weitere Zurufe]

Dann kommen wir zu der Fraktion Die Linke. – Herr Kollege Brauer, bitte schön!

(Bürgermeister Frank Henkel)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Warum unternehmen Sie nichts, um den den Ruf der Kulturmetropole Berlin und damit auch das Renommee des Regierenden Bürgermeisters nachhaltig beschädigenden Streit um die Zukunft der Berliner Volksbühne und – ich vermute, Ihr Staatssekretär wird sich in seinem Weiterentwicklungswahn damit nicht zufrieden geben – die Zukunft der Berliner Theaterlandschaft zu entschärfen und wieder auf seinen sachlichen Kern zurückzuführen, indem Sie zum Beispiel das Gesprächsangebot – nicht anders ist deren offener Brief zu verstehen – der Intendanten Ulrich Khuon, Martin Kusej und Joachim Lux aufnehmen, ehe Ihr Staatssekretär durch eine gutsherrenmäßig

[Daniel Buchholz (SPD): Ach Gott, Herr Brauer!]

erfolgte Personalentscheidung vollendete Tatsachen schaffen wird?

[Beifall bei der LINKEN]

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Brauer! Zum einen: Es geht hier nicht um einen Streit,

[Zuruf von den GRÜNEN: Kein Streit?]

und es geht auch nicht um einen Weiterentwicklungswahn, sondern es geht darum, dass wir uns jetzt auch damit auseinandersetzen müssen, wie wir diese hervorragende und für Berlin so wichtige Kulturlandschaft und vor allen Dingen auch Theaterlandschaft in Berlin nicht nur erhalten, sondern stärken und weiterentwickeln.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Es geht um keine grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Ensemble- oder Repertoiretheater.

[Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Weil Sie mit denen ja nicht reden!]

Ich will das an dieser Stelle ganz eindeutig betonen, weil es bei einigen zumindest eine Befürchtung oder eine Grundunterstellung ist, dass es hier eine Abkehr von dieser für Berlin so wichtigen Theaterform geben soll. Ganz im Gegenteil! Wir wissen, was wir an den Häusern haben. Egal, ob es das Deutsche Theater, das Maxim Gorki, die Schaubühne oder das BE ist, sie leisten eine hervorragende Arbeit, die auch in dieser Konzeption von uns unterstützt wird und weitergeführt werden soll. Auch die Volksbühne arbeitet im Moment mit Repertoire und Ensemble und soll es in Zukunft machen.

Aber es muss erlaubt sein – auch nach einer großartigen, erfolgreichen Arbeit an der Volksbühne durch Frank Castorf –, eine Weiterentwicklung zuzulassen. Gerade die Volksbühne stand immer genau dafür, neue Dinge aufzunehmen, neue Ausdrucksformen zu suchen, Genres miteinander zu vermischen, aktuelle politische Diskussionen in die Arbeit einfließen zu lassen. Dafür stand und steht die Volksbühne und Castorf.

Ich glaube, dann 2017, nach 25 Jahren Arbeit, ist es berechtigt, legitim und möglich zu sagen: Wir wollen genau diesen Ball aufnehmen und wollen ihn noch durch neue Einflüsse, durch internationale Erfahrungen, durch neue Ausdruckformen bereichern, die wiederum Einfluss in die Arbeit finden sollen. Darum geht es, Herr Brauer. Nicht um einen Angriff auf irgendjemanden oder eine Institution, sondern um eine völlig legitime und berechtigte Entscheidung zur gegebenen Zeit und um die Frage, wie es in unserer wichtigen Theaterlandschaft weitergeht.

Seien Sie versichert: Der Ball ist aufgenommen. Es gibt Gespräche meinerseits. Mit den Intendanten haben sie schon stattgefunden. Es wird weitere mit ihnen geben. Ich gehe selbst in die Häuser und gucke mir das an. Aber lassen Sie bitte gerade an der Volksbühne Veränderungen zu! Ich will an der Stelle klar sagen: Ich freue mich darauf, dass Chris Dercon 2017 nach Berlin kommt und die Erfahrung, die er in den unterschiedlichsten Ausdrucksformen in seiner bisherigen Arbeit interdisziplinär aufgenommen und gesammelt hat, hier an der Volksbühne zusammen mit anderen Persönlichkeiten einbringen wird. Das wird eine hervorragende Bereicherung für die Theaterlandschaft und für uns beide, Herr Brauer, wenn wir uns weiterhin oft im Theater und in der Oper begegnen. Wir werden spektakuläre Abende haben.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank! – Für die erste Nachfrage hat der Kollege Brauer das Wort. – Bitte schön!

Ich frage Sie, Herr Regierender Bürgermeister, nicht danach, weshalb Sie diese Gespräche mit den Theaterleuten nicht schon aufgenommen haben, bevor die Personalentscheidung gefällt wurde, sondern ich frage Sie, wie Sie in diesem Zusammenhang Äußerungen der Kulturstaatsministerin, Frau Grütters, bewerten, keine Angebotsdoppelstrukturen in Berlin mit Bundesmitteln finanzieren zu wollen, wenn Sie lediglich weiterentwickeln wollen.

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Brauer! Ich sehe auch an der Stelle keine große Konfrontation. Ich will klar sagen: Vielleicht kann und muss man das eine oder andere auch noch besser oder tiefer kommunizieren. Aber schauen Sie auch an der Stelle noch einmal genau hin! Mit welchem Vorschlag arbeitet im Moment auch gerade die Kulturstaatsministerin in Bezug auf das HumboldtForum? Sie tut das mit einem Team von Intendanten, mit einer herausragenden internationalen Persönlichkeit, die Menschen um sich schart, um eine Sache inhaltlich hervorragend voranzubringen, mit Neil MacGregor, Herrn Bredekamp und Herrn Parzinger. Das ist der Ansatz. Auch an dieser Stelle sagen wir: Wenn da etwas so begrüßt wird – und es wurde aus meiner Sicht zu Recht begrüßt –, warum ist es dann nicht auch in anderen Situationen möglich, so zu arbeiten, mit einem herausragenden, führenden Kopf, der Menschen versammelt, um dann gemeinsam Dinge voranzubringen. – Das zu den Äußerungen der Kulturstaatsministerin!

Zweitens: Was die Finanzierung anbelangt, muss man Dinge klar auseinanderhalten. Wir wolle ja gerade, dass die Volksbühne – übrigens vom Land Berlin und nicht vom Bund finanziert – weiter mit Eigenproduktionen arbeitet, mit Ensemble und Repertoire. Das unterscheidet sie auch ganz elementar von Dingen, die der Bund über die unterschiedlichsten Institutionen finanziert. Ich bitte sehr, dass so etwas auseinandergehalten wird. Wir freuen uns über das Engagement des Bundes. Es ist wichtig für unsere Berliner Kulturlandschaft, dass wir das haben. Ich freue mich auch sehr über das Engagement von Frau Grütters, aber es gibt hier überhaupt keine Konkurrenz, keinen Gegensatz, sondern es gibt eine Ergänzung der unterschiedlichen Häuser mit unterschiedlichen Konzepten.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank! – Die zweite Nachfrage geht an den Kollegen Buchholz.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Regierender Bürgermeister! Angesichts dieser sehr heftigen Personaldebatte und auch der Fragen, die der Kollege Brauer gerade formuliert hat: Beschleicht Sie mitunter auch der Verdacht, dass die Revoluzzer von gestern heute vielleicht doch zu halsstarrigen Bewahrern geworden sind?

[Heiterkeit bei der SPD – Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN – Lachen bei den GRÜNEN, der LINKEN und den Piraten]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt doch auch andere, die hier mal eine pointierte Frage stellen. Es gibt keinen Grund, sich aufzuregen. – Der Regierende Bürgermeister hat das Wort zur Beantwortung.

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Buchholz! Auf diese Diskussion will ich mich gar nicht einlassen.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Sehr gut!]

Ich verstehe es eher so, dass es eine Sorge von vielen Menschen, die sich an dieser Diskussion beteiligen, gibt, dass das, was über Jahre oder Jahrzehnte an der Volksbühne hart erarbeitet wurde, möglicherweise infrage gestellt wird.

[Wolfgang Brauer (LINKE): Eben!]

Es geht mir darum, Herr Brauer, genau das aufzuklären und zu sagen: Das wollen wir nicht. Wir wollen, dass bisher Erarbeitete nicht infrage stellen oder kleinreden, sondern wir wollen es für die Zukunft weiterentwickeln. Ich glaube, Herr Abgeordneter Buchholz, dass das auch der gemeinsame Nenner ist, auf den wir uns verständigen können, wo wir klar miteinander betonen können, wie wichtig die Arbeit der Volksbühne für Berlin ist und wie wichtig es deshalb auch ist, nach 25 Jahren erfolgreicher Arbeit einen Neuanfang zu wagen.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Sven Rissmann (CDU)]

Vielen Dank!