Aber ich will es noch einmal deutlich sagen: Der Koalitionsvertrag gibt vor, wie wir uns morgen zu verhalten haben, wenn wir nicht zu einer einheitlichen Position kommen. Aber ich will nicht glauben, dass es nicht möglich ist, dieses gemeinsame Signal von Berlin aus zu senden, dass wir die unterschiedlichsten Lebensentwürfe der unterschiedlichen Menschen in unserer Stadt ernst nehmen. Die vollständige Gleichstellung wird nicht aufzuhalten sein. Sie wird kommen. Herr Saleh hat darauf hingewiesen, und er hat mit seiner Beschreibung völlig recht gehabt, dieser Weg wird Schritt für Schritt umgesetzt werden.
Jetzt geht es darum – und das ist mir wichtig, und deswegen ringe ich so darum bis zur letzten Minute –, dass diese Koalition zeigen kann, dass wir für ein liberales, weltoffenes und tolerantes Berlin stehen, dass wir genau in Regierungsverantwortung sind und diese Haltung auch entsprechend repräsentieren, die es auch in unserer Bevölkerung gibt. Ich will es noch einmal deutlich sagen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Die Tür bleibt bis zur letzten Minute vor der Abstimmung morgen im Bundesrat offen, und ich hoffe sehr, dass wir im Interesse Berlins gemeinsam dieses starke Signal für Gleichberechtigung und Gleichstellung in unserer Gesellschaft senden können. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. – Ach, doch, Entschuldigung! Dann ist eine zweite Rederunde eröffnet. Wer spricht? – Frau Pop! Normalerweise wäre es dieselbe Reihenfolge, aber es hat sich außer Herrn Zillich und Ihnen bislang keiner gemeldet. – Na, gut, dann müsst ihr aber auch die Hand mal heben, damit man es sieht. – Dann hat Kollege Baum jetzt das Wort, weil wir in derselben Reihenfolge vorangehen. – Bitte schön!
Nein! Wir bleiben auch bei dieser Debatte dabei, dass jeder spricht, und es wird in derselben Rederunde gesprochen. Es beginnt der Kollege Baum. – Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und Gäste! Herr Müller! Man merkt, dass Ihnen das Thema zu Herzen geht, und das finde ich gut.
Wenn man sich aber überlegt und zu Herzen nimmt, was Sie gesagt haben, dann bedeutet das, dass – wenn Sie sich morgen aufgrund einer Interpretation des Koalitionsvertrags Ihres Koalitionspartners tatsächlich enthalten müssen – Sie in ein völlig unsicheres und unüberschaubares Fahrwasser für die Zukunft kommen, denn Sie wissen nicht mehr, an welcher Stelle Ihr Koalitionspartner den Koalitionsvertrag noch ernst meint und an welcher Stelle nicht.
Das bedeutet, Sie müssen sich tatsächlich überlegen, wie ernst Sie Ihre Worte, die Sie hier gesagt haben, nehmen. Für die CDU bedeutet das im Prinzip nur zwei Optionen, entweder kriegt sie noch die Kurve oder sie wird aus der Kurve getragen.
Ich würde mir wünschen, dass Sie entweder zu einer Einigung kommen, die Ihnen zugesteht, dass Sie mit Ja stimmen können. Ich wünsche Ihnen dafür wirklich viel Erfolg, von Herzen. Ich würde mich freuen, wenn die CDU da zumindest noch ein Mindestmaß an Agilität und Beweglichkeit übrig behalten hat. Oder Sie müssen tatsächlich den Entschluss treffen und dafür sorgen – –
[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN – Zurufe von den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]
Ich glaube, Ihnen brennt das auch unter den Nägeln, und Sie möchten dieses unliebsame Thema für Ihre Fraktion gerade schnellstmöglich beenden. Das funktioniert so nicht.
Oder, Herr Müller, Sie müssen die Entscheidung treffen und dieses Ja für eine Ehe für alle mit anderen Koalitionspartnern umsetzen. Nicht nur CDU und SPD sind für fünf Jahre gewählt, sondern auch die anderen Fraktionen.
Auch da gibt es durchaus Möglichkeiten zur Bewegung. Ich würde mir wünschen, dass – wie Sie das gesagt haben, und da schließe ich mich Ihnen an – von Berlin morgen ein starkes Signal ausgeht und Berlin auch morgen im Bundesrat Ja zur Ehe für alle sagt. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist ja schon bemerkenswert, ich bin ja auch nicht erst seit einem Tag in diesem Parlament, und ich habe selten Debatten erlebt, wo man das Gefühl hatte, dass sich hier im Parlament innerhalb der Debatte politisch wirklich was bewegt. Und diesen Eindruck habe ich jetzt nach dem Beitrag des Regierenden Bürgermeisters.
Ich hatte den Eindruck, dass nicht nur ich inhaltlich nahezu allem zustimmen kann, was Sie gesagt haben, sondern sich hier auch im Saal dafür eine breite Mehrheit findet, die dem zustimmt, was Sie inhaltlich gesagt haben.
Im Übrigen glaube ich, dass sich diese Mehrheit nicht nur innerhalb der SPD-Fraktion und der Oppositionsfraktionen findet, sondern dass auch trotz des Beitrags von Frau Seibeld auch innerhalb der CDU der eine oder andere Kollege Ihnen in den Inhalten zugestimmt haben möge.
Die Frage ist: Wie gehen wir jetzt damit um? Und als Parlamentarierin kann ich natürlich nur sagen, hier stehen Anträge zur Abstimmung. Wenn das ernst gemeint ist, dass wir uns hier miteinander verständigen müssen in dieser Frage, damit das Land Berlin sich morgen im Bundesrat doch nicht blamiert, damit dieses Signal, was hier gewünscht wird, in einer gehörigen Art und Weise auch morgen im Bundesrat stattfindet, dann kann ich nur dafür werben, die Anträge der Oppositionsfraktionen, die hier zur Abstimmung stehen, auch zur Abstimmung zu stellen und diese nicht in die Ausschüsse zu überweisen, wie die Koalition es eigentlich vorhat, sondern hier tatsächlich ehrlich darüber abstimmen zu lassen, und zwar ohne Fraktionszwang, wie das Haus sich in dieser Frage verhält.
Denn wenn Sie hier eine Unterstützung suchen, lieber Herr Regierender Bürgermeister, dann können Sie diese in der Gleichstellungsfrage nur im Plenum finden, und ich werbe dafür – das habe ich die letzten Tage auch getan –, in dieser Frage den Fraktionszwang aufzuheben und eine offene Abstimmung zuzulassen.
Vielen Dank, Frau Pop! – Für die CDU-Fraktion ist kein weiterer Redner oder eine Rednerin angemeldet, von daher hat jetzt für die Linksfraktion noch einmal Herr Dr. Lederer das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist hier jetzt des Öfteren davon gesprochen worden, dass es sich morgen im Bundesrat um eine Abstimmung als Symbolpolitik handelt. Symbolpolitik – da wurde der Eindruck erweckt, Symbolik und Symbolpolitik und überhaupt Symbole seien etwas Schlechtes, dem mit richtiger, ernsthafter Sachpolitik begegnet werden müsse.
Politik besteht nicht zuletzt ganz oft genau daraus, nämlich aus Symbolik. Und Symbolik ist eben auch, mit Haltung für seine eigenen Überzeugungen einzustehen, und es war der Mut von vielen Männern und Frauen, die auch mit kämpferischen Symbolen die Gesellschaft vorangebracht haben. Daran sollten wir uns alle ein Beispiel nehmen.
Der zweite Punkt, zu dem ich noch etwas sagen möchte: Mir ist das ja nicht neu, dass in Ihrer Koalition nicht mehr viel zusammenpasst. Es ist nicht das erste Mal, dass wir hier erleben, dass Sie im Grunde nicht in der Lage sind, sich auf irgendetwas zu einigen, aber bisher, so war mein Eindruck, war dieses Bild, das Sie von sich und Ihrer Kooperation zeigen, eher ein Binnenbild, ein inneres Bild, ein Bild, das wir hier im Parlament und in den Ausschüssen wahrgenommen haben, Sie vielleicht in Ihren Senatssitzungen, aber so richtig nach außen gedrungen ist es nicht. Was Sie heute hier für alle sichtbar vollziehen, ist die notarielle Beurkundung der Tatsache, dass Ihre Koalition komplett am Ende ist.
Der dritte und letzte Punkt: Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister! Lieber Michael Müller! Ich habe Ihre Rede und Ihre Argumente mit großem Respekt vernommen. Ich teile das nahezu alles, was Sie gesagt haben, nur eines nicht: Ihre Schlussfolgerung. Die Summierung all Ihrer Argumente ist genau das, was morgen dazu führen müsste, dass das Land Berlin sich im Deutschen Bundesrat für die Entschließung ausspricht.
Und der Antrag der Oppositionsfraktionen ist das Angebot, ist die Tür, durch die die CDU gehen könnte, wenn sie denn wollte. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Dr. Lederer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag Drucksache 17/2303 haben die Antragsteller die sofortige Abstimmung beantragt. Seitens der Koalition wird die Überweisung an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung beantragt. Wer dieser Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion und die Piratenfraktion. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen, dann ist der Antrag überwiesen.
Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 3. Juni 2015 Drucksache 17/2306