Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

Das Umweltbundesamt hat selbst Abwägungen vorgenommen, hat ein Gutachten abgegeben. Es ist gesetzlich geregelt, dass das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung das Benehmen mit dem Umweltbundesamt herstellen soll. Das Umweltbundesamt hat zwar gesagt, wenn bestimmte Prämissen nicht gesetzt würden, könne man auch andere Routen wählen. Sie haben aber auch gesagt, unter den Prämissen die gesetzt worden seien, sei die Flugroute über den Müggelsee zur Schonung der Bürgerinnen und Bürger in Erkner akzeptabel. Sie haben aber auch gesagt, wenn Parallelverkehr nicht als Prämisse gesetzt würde, hätte man auch andere Routen nehmen können.

Soweit ich die Festlegungen von Flugverfahren für den Verkehrsflughafen Berlin-Brandenburg vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung schnell habe überfliegen können, hat das Bundesaufsichtsamt über 83 Seiten ganz konkret bescheinigt, dass die Entscheidung der Flugsicherung nach dem Verfahren auch in der Fluglärmkommission, nach den Beratungen, nach den Abwägungen unter Einbeziehung des Votums des Umweltbundesamts richtig ist, dass sie nicht korrigiert wird und dass neben allen Belangen, auch unter Lärmschutz- und Umweltschutzgesichtspunkten, Setzungen da sind, die auch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung und das Umweltbundesamt nicht verändern können. Das sind Sicherheitsfragen, die mit dem Luftverkehr zusammenhängen. Diese müssen – wiederum im Interesse von allen Bürgerinnen und Bür

(Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit)

gern – oberste Priorität haben. Das darf man dabei nicht vergessen. Da kann man nicht einfach sagen: Die interessieren uns nicht –, sondern sie müssen von den Verantwortlichen als Prämisse gegeben werden. Stellen Sie sich mal vor, da passiert etwas, weil z. B. Flugzeuge zusammenstoßen, weil die Abstände nicht eingehalten wurden!

Unter all diesen Abwägungen kommt jetzt auch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung zu der Entscheidung: Ja, es ist richtig. – Ich muss mal sagen: Man muss nach so langen Entscheidungsprozessen, nach Abwägung zwischen Allgemeinwohlinteressen, Umweltschutzinteressen, Lärmschutz- und Gesundheitsinteressen, zwischen den Interessen einzelner Betroffener und vieler Betroffener auch irgendwann mal bereit sein zu akzeptieren, dass eine Abwägungsentscheidung gefällt wird, die hier rechtlich offensichtlich richtig war. Dies ist das Ergebnis des jetzigen Verfahrens. Ich bitte darum, dass das auch akzeptiert wird, meine sehr verehrten Damen und Herren!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Herr Moritz! Eine Nachfrage? – Bitte schön!

Ich habe eine konkrete Nachfrage zu der MüggelseeAlternative, die aus dem rot-roten Senat gekommen ist. Sie wurde im September eingebracht. Das Umweltbundesamt hat gesagt, diese Route sei von der Deutschen Flugsicherung gar nicht mehr geprüft worden. Wie haben Sie sich bei Ihrem eigenen Routenvorschlag dafür eingesetzt, dass dieser – auch wenn er spät kam – noch in die Abwägung einbezogen wurde?

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Die Variante, die dann gewählt wurde, ist überhaupt erst aufgrund eines Gutachtens, das das Bezirksamt Treptow-Köpenick in Auftrag gegeben hat, in die Diskussion gekommen.

[So, so! von der SPD]

Wir haben von Anfang an – die damalige Senatorin Lompscher hat das gemacht, und andere Senatsmitglieder haben das auch gemacht – immer alle Unterlagen noch mal daraufhin überprüft, ob die Variante über die Gosener Wiesen besser ist. Und wir haben immer gesagt – das haben wir öffentlich gesagt, das haben wir auch hier gesagt; und alle Unterlagen sind den entsprechenden Bundesbehörden zugesandt worden, auch von den Bürgerinitiativen selbst, das Umweltbundesamt hat sie auch gehabt –, dass bei der eben geschilderten Abwägung noch

einmal überprüft werden muss, ob die Gosener Wiesen unter allen Aspekten, die zu berücksichtigen sind, die bessere Variante sind. Wir haben immer gesagt: Es wäre super, wenn das klappen könnte.

Was ist bei dieser Überprüfung herausgekommen? – Herausgekommen ist: Aus Sicht der Sicherheitsbehörden, beispielsweise der Flugsicherung, und nach der Überprüfung vom Umweltbundesamt und vom Bundesaufsichtsamt kommt man unter der Voraussetzung von Parallelstarts zu dem Schluss: Unter dieser Prämisse gehen die Gosener Wiesen nicht – nicht weil man die Bürgerinnen und Bürger ärgern will, sondern weil die anderen, die sicherheitsrelevanten Punkte in dieser Abwägungskonstellation eine Priorität haben. Das hatten wir aber vorher noch mal miteingebracht. Das können wir auch schriftlich nachweisen. Da haben wir die Transparenz schon längst dargestellt. Alle Beteiligten wissen, dass wir es auch gern gesehen hätten, dass sich dieser Konflikt auf diese Art und Weise hätte lösen lassen.

Ich sage aber an dieser Stelle ganz deutlich: Die Prämissen haben wir nicht selbst infrage gestellt. Wir haben den Parallelstart nicht infrage gestellt. Wir sind der Auffassung, dass er sein muss. Aber er soll nur dann durchgeführt werden, wenn er absolut unvermeidbar ist. Deshalb wird es neben dem jetzt Festgelegten auch eine Frage sein, wie die tägliche Praxis aussehen wird. Wie wird die Flugsicherung im Tower die Starts und Landungen organisieren? – Da gibt es wiederum eine Bandbreite, die man nicht in einer Rechtsverordnung festlegen kann, sondern sie ergibt sich aus dem Tagesablauf. Höchstwahrscheinlich wird es nur ganz wenige Parallelstarts geben. Selbstverständlich hängt das von den Windverhältnissen ab – und so weiter und so fort. Die Belastung der Einzelnen ist immer auf eine maximale Belastung ausgelegt gewesen. Das wird an verschiedenen Tagen im Jahr völlig unterschiedlich sein. Das kann man überhaupt nicht festlegen. Die Aufgabe muss sein, bei den An- und Abflügen die schonendste Variante zu wählen. Das haben auch die Fluggesellschaften angesagt. Wir wissen: Ab einer bestimmten Höhe können sie frei fliegen und sind nicht an die Routen gebunden. Auch da kommt es wesentlich darauf an, wie die Praxis aussieht.

Ich sage auch ganz deutlich – da sind wir im Konsens mit dem Land Brandenburg und auch mit dem Bund –: Als Eigentümer der Flughafengesellschaft werden wir im Laufe des Prozesses immer darauf hinwirken, dass da, wo es Möglichkeiten der Optimierung gibt, diese auch gewählt werden. Wir erwarten von der Geschäftsführung auch, dass sie bei der Frage, wie die Maßnahmen zum Lärmschutz, die jetzt anstehen, im Einzelnen gestaltet werden, positiv auf die Menschen zugehen und keine Abwehrreaktion provozieren und nicht sagen: Na ja, ich gucke mal, ob ich das alles verhindern kann. – Nein! Sie sollen einen aktiven Lärm- und Umweltschutz betreiben, und dabei werden wir sie unterstützen.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank!

Für Die Linke hat jetzt Herr Doering das Wort.

Herr Präsident! Auch ich frage den Regierenden Bürgermeister nach den Flugrouten und dem von ihm eben gegebene Stichwort Lärmschutz. Nachdem die zukünftigen Flugrouten nun anscheinend feststehen, frage ich Sie, wie die Flughafengesellschaft sicherstellen will, dass die notwendigen Schallschutzmaßnahmen bis zur Inbetriebnahme des Flughafens Willy Brandt umgesetzt werden bzw. abgeschlossen sind.

Bitte schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Wir können das gar nicht sicherstellen, weil die Bürgerinnen und Bürger das selbst wollen müssen. Das heißt, viele verhalten sich so, dass sie die Anträge gar nicht stellen, auch momentan gar nicht bereit sind, da etwas machen zu lassen. Insofern kann ich Ihnen nicht die Garantie geben, dass bis zum 3. Juni alle Maßnahmen abgeschlossen sind. Es laufen auch noch Verfahren. Es wird jetzt sicherlich noch zu Gerichtsverfahren gegen diese Flugroutenfestlegung kommen. Im Übrigen ist das jetzt erst einmal die Festlegung von Flugverfahren. Das Resultat heißt beim Aufsichtsamt:

Die Flugverfahren für den Verkehrsflughafen Berlin-Brandenburg können festgelegt werden. Der Entwurf der dafür erforderlichen Durchführungsverordnung zur Luftfahrtverordnung ist nach Vorliegen des Rechtsprüfungsattestes des Bundesministeriums für Justiz auszufertigen.

Das heißt, es wird nach dem heute veröffentlichten Beschluss noch ein bisschen dauern, bis das alles rechtskräftig wird. Da wird sicher noch das eine oder andere Gerichtsverfahren durchgeführt werden. Aber da, wo es schon mit Anträgen abgezeichnet worden ist, hat es ja schon Maßnahmen gegeben. Aber wie gesagt: Ich weiß auch, dass viele Bürgerinnen und Bürger, obwohl sie auch heute schon den Anspruch hätten, keinen Antrag gestellt haben. Wir können sie dazu auch nicht zwingen. Aber selbstverständlich werden wir uns im Aufsichtsrat genauestens über den Stand informieren. Ich gehe nicht davon aus, dass das am 3. Juni zu 100 Prozent schon erledigt sein wird, aber zu welchem Prozentsatz, kann ich Ihnen nicht sagen.

Herr Doering! Eine Zusatzfrage?

Ja! – Herr Regierender Bürgermeister! Ich gebe Ihnen ja recht, dass viele Menschen jetzt erst die Lärmschutzmaßnahmen beantragen, nachdem die Flugrouten offensichtlich feststehen. Aber mir ist auch bekannt – und Ihnen sicherlich auch –, dass viele Anträge von der Flughafengesellschaft bisher nicht bearbeitet wurden und bloß rumlagen. In dem Zusammenhang: Gibt es tatsächlich eine Vorgabe, die besagt, dass der Flughafen erst in Betrieb genommen werden kann, wenn die Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt sind?

Bitte schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich weiß auch, dass es bei der Umsetzung von einzelnen Maßnahmen, wo die Bürger Anträge gestellt haben, auch Reibungsverluste gegeben hat. Ich gehe von der normalen Erfahrung eines Menschen aus: Es wird nicht nur eine Seite für die Reibungsverluste verantwortlich gewesen sein. Sowohl der Ministerpräsident Platzeck aus Brandenburg wie auch ich haben jüngst der Geschäftsführung noch einmal deutlich gemacht, dass wir hier ein aktives Vorgehen, eine positive Einstellung der Flughafengesellschaft haben wollen, dass sie im Zweifel auch Ermessenspielräume für die Bürgerinnen und Bürger ausnutzt. Wenn wir hören, dass etwas schiefläuft, werden wir selbstverständlich dazu beitragen, dass das dort unterstützt wird. Aber der Flughafen wird natürlich am 3. Juni eröffnet werden. Davon können Sie ausgehen.

Vielen Dank!

Dann kommen wir jetzt zur letzten gesetzten Frage: jetzt von den Piraten. – Herr Kowalewski, bitte schön!

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage Herrn Senator Czaja: Wieso werden in Fällen wie dem von Alexandra, dem aus der Presse bekannten TransMädchen, vom zuständigen Jugendamt keine unabhängigen Gutachter und Gutachterinnen hinzugezogen, die pubertätsverzögernde Therapien nicht grundsätzlich ausschließen? Wie kann eine vom Jugendamt eingesetzte Pflegerin solche medizinische Behandlungen von vornherein ausschließen, ohne dass mehrere unabhängige Gutachten eingeholt werden, wie es sonst in solchen Fällen üblich ist? – Vielen Dank!

Bitte schön, Herr Senator!

Ich glaube, diese Frage sollten Sie in einer BVV bei dem zuständigen Jugendamt stellen lassen.

Eine Nachfrage, Herr Kowalewski? – Bitte schön!

Ich verstehe das so, Herr Czaja, dass Sie davon nicht tangiert sind, wenn in dieser Stadt ein minderjähriges Mädchen, das augenscheinlich noch nicht einmal erkrankt ist, ohne Gutachten und gegen ihren Willen in die Psychiatrie eingewiesen wird?

Herr Czaja!

Da es sich um einen Einzelfall handelt, werden wir sicher in der Spontanen Fragestunde nicht darüber sprechen, aber wenn Sie möchten, dass wir uns darum kümmern, können Sie mir das gerne zukommen lassen.

Die erste Runde nach Stärke der Fraktionen ist damit beendet. Nun können wir weitere Meldungen im freien Zugriff berücksichtigen. Ich eröffne diese Runde mit einem Gongzeichen. Schon nach dem Ertönen des Gongs haben Sie die Möglichkeit, sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Alle vorher eingegangenen Meldungen werden gelöscht. – Hier sind schon wieder welche zu schnell. Die löschen wir erst einmal.

[Heiterkeit]

Ich starte jetzt den Gong.

[Gongzeichen]

Herr Lederer fängt an.

Ich habe eine Frage an den Finanzsenator. – Lieber Herr Senator Nußbaum! Mich interessiert: Welchen Wassertarif werden die BWB zur Inkraftsetzung am 1. April 2012 ihren Dienstleistungen zugrundelegen?

Bitte schön, Herr Senator!

Lieber Her Präsident! Lieber Herr Lederer! Sie wissen, dass der Kollege Wolf als Aufsichtsratsvorsitzender der Wasserbetriebe einen Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 vorliegen hatte, der eine Wasserpreiserhöhung von ca. 2,8 Prozent vorsah. Wir haben dann dafür gesorgt, dass dieser Wirtschaftsplan im Aufsichtsrat nicht beschlossen worden ist. Wir haben verhindert, dass der Kollege Wolf die Wasserpreiserhöhung mit dem Aufsichtsrat durchsetzt.

Wir sind jetzt gemeinsam in der Diskussion mit den privaten Eigentümern, wie wir dem Anliegen der Berlinerinnen und Berliner nachkommen können, keine Wasserpreiserhöhung zu haben, respektive nachhaltig dafür zu sorgen, dass die Wasserpreise sinken. Dafür gibt es, wie Sie wissen, einerseits Verhandlungen mit Veolia über den Rückkauf der Anteile. Wir werden in Kürze gemeinsam mit der Kollegin von Wirtschaft Gespräche führen und noch einmal ausloten, ob wir uns da verständigen können, denn das wäre eine Voraussetzung, um die Wasserpreise in Berlin nachhaltig senken zu können. Wir brauchen da aufgrund der jetzigen Vertragsgestaltung das Einvernehmen der anderen Gesellschafter. Wir können das nicht einseitig machen.

Nichtsdestotrotz werden wir kurzfristig eine Aufsichtsratssitzung haben, auf der die Wasserpreise festgesetzt werden. Ich kann dem nicht vorgreifen. Der Aufsichtsrat, in dem auch die privaten Eigentümer sind, wird sich mit dem Thema befassen. Gehen Sie davon aus, dass der Senat – auch die Kollegin von Obernitz und ich – ein großes Interesse daran haben, zumindest für das Jahr 2012 dieser Erhöhung, die schon unter dem Vorgänger Wolf vorgesehen war, zu verhindern und dass wir mindestens zu einer Nullline kommen können.

Inwieweit dann weitere Entwicklungen möglich sind, hängt in der Tat davon ab, wie sich beispielsweise das Kartellverfahren und wie sich das Schiedsverfahren entwickeln werden, wo wir um 340 Millionen mit dem Privaten streiten, wie sich die Rückkaufverhandlungen entwickeln werden. Unser gemeinsames Interesse ist jedenfalls, dem Bürgerentscheid nachzukommen, in dem 660 000 Berliner und Berlinerinnen votiert haben, die Wasserpreise zu senken. Da sind wir aktiv in konkreten Gesprächen. Ich glaube, dass wir da bald Ergebnisse vorweisen können. – Vielen Dank!

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Vielen Dank! – Eine Nachfrage? – Bitte schön!

Ja, ich habe noch eine Nachfrage, und zwar erstens: Ist Ihnen bekannt, dass niemals der Aufsichtsratsvorsitzende, sondern immer der Vorstand den Wirtschaftsplan und die Gebührenkalkulation vorlegt? Und trifft es zweitens zu, dass in dem von Ihnen am Dienstag stolz präsentierten Haushaltsplanentwurf geringfügig steigende Einnahmen des Landes Berlin als Gewinn aus den Berliner Wasserbetrieben eingestellt und eingeplant sind?