Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Piratenfraktion, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von privaten Sicherheitsdiensten zu kennzeichnen, hat auch in unserer Fraktion eine Diskussion hervorgerufen. Aber wir haben natürlich die Situation, die Sie geschildert haben, ein klein wenig anders festgestellt, denn alle Identitäten von straffälligen Sicherheitsbediensteten sind aufgeklärt worden. Wir sollten uns vielmehr um die Geeignetheit des Personals kümmern, um die Zuverlässigkeit des Personals und die Schulung bei der IHK und den privaten Fortbildungen noch intensivieren.
Herr Trapp! Weil der Kollege Juhnke das auch im Innenausschuss sagte und meine Frage dort nicht beantwortet hat: Woher wissen Sie denn ganz genau – denn ich habe dazu auch nichts gefunden –, dass zu jedem Übergriff eines Sicherheitsdienstmitarbeiters diese entsprechende Person identifiziert werden konnte? Woher wissen Sie das?
Ich glaube, Sie haben es vorhin selbst gesagt. Es gibt genügend Prozesse und Verfahren, die geführt werden. Deshalb muss eine Identifizierung vorgenommen worden sein, sonst hätte es keinen Prozess gegeben.
Vielen Dank! – Ist doch toll, wenn man sich mit einem Konservativen noch mal streiten kann. Das ist selten geworden in der Zeit. – Ich wollte Sie fragen, Herr Kollege Trapp: Würden Sie nicht auch annehmen, dass eine individuelle Kennzeichnung von Sicherheitsdiensten auch dazu führt, dass sich die entsprechend gekennzeichneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dann vielleicht etwas deeskalierender verhalten, weil sie wissen, dass sie festgestellt werden können?
Das kann ich mir vorstellen. Aber wenn Sie noch einen kleinen Augenblick warten, ich werde drauf eingehen.
Also die zweite Position, die wir haben, geht an die BIM. Sie muss die richtigen Anbieter auswählen und es vertraglich unterbinden, dass Aufträge an Sub-sub-sub- und Subunternehmen weitergeleitet werden. Das kann es nicht sein.
Gleichzeitig ist es auch sinnvoll, die Sicherheitskräfte durch Deeskalationsschulungen fortzubilden. Außerdem glaube ich auch, dass Deeskalationsteams und gemeinsame Sozialarbeiter in die Unterkünfte gehen müssen, um Streit zu vermeiden, um Streit zu schlichten.
Schon heute – ich habe mich erkundigt – hat in der Glockenturmstraße jeder Beschäftigte einen Ausweis, der den Namen, den Namen der Firma und eine individuelle Nummer beinhaltet. Ich glaube, das ist schon gängige Praxis in dem Bereich, den auch Sie angesprochen haben, Herr Lauer. Vor den Diskotheken stehen auch Leute, die schon mit Namen zu identifizieren sind.
Im LAGeSo in der Turmstraße sind aktuell 400 Ausweise ausgegeben worden, auch für freiwillige Helfer. Wir haben in der Koalition Überlegungen angestellt, die in die Richtung gehen, die Personalauswahl zu verbessern, die Personalqualifikation zu verbessern und die Fortbildung auf die aktuellen speziellen Einsatzgebiete zu terminieren. Von daher glaube ich schon, dass die Diskussion, die jetzt auf Bundesebene erfolgt, bei der großen Koalition im Bund in guten Händen liegt. Und wenn dann das Ergebnis vorliegt, können wir gern noch mal diskutieren, aber heute sollten wir diesen Antrag ablehnen.
Lieber Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Immer wieder ist es passiert, auch in Berlin, Menschen, die zum Schutz anderer engagiert werden, missbrauchen ihre Macht und wenden sinnlose Gewalt an. Sicherheitsdienstleister werden in Berlin derzeit verstärkt zum Schutz Geflüchteter eingesetzt. Diese fliehen vor kriegerischen Auseinandersetzungen, vor Vertreibung, vor Hunger und Elend. Flüchtlinge gehören zu den schutzbedürftigsten Gruppen in unserer Gesellschaft. Gerade im Zusammenhang mit diesen Menschen ist es in der
Vergangenheit immer wieder zu Übergriffen gekommen. Wir haben erschreckende Videos von LAGeSo-Gelände gesehen und erschreckende Berichte aus den Massenunterkünften in Berlin erhalten.
Was hat sich seither getan? – Die gleiche Firma ist immer noch am LAGeSo aktiv. Weitere Skandale sind dazugekommen. Auch heute können sich potenzielle Täter darauf verlassen, dass sie im Falle eines Ausrasters ihre Anonymität bewahren. Insbesondere Sie, lieber Herr Czaja, müssen sich vorwerfen lassen, Sie haben noch nichts unternommen, um dieses Problem zu lösen. Noch immer kommen große Firmen, auch ohne Ausschreibung, an Aufträge für Sicherheitsleistungen. Die können das dann weiter an Subunternehmer vergeben. Subunternehmer geben die Aufträge an weitere Subunternehmer. Am Ende entsteht ein Geflecht an beteiligten Unternehmen, und keiner blickt mehr richtig durch. Da sollten wir ein Mindestmaß an Standards einführen, die für alle in Berlin gelten.
Die individuelle Kennzeichnungspflicht, wie sie hier von der Piratenfraktion eingefordert wird, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Diese Forderung haben wir für die Polizei gestellt und durchsetzen können. Die bisherigen Erfahrungen sind ausschließlich positiv. Wir müssen aber mehr tun. Wir müssen sicherstellen, dass alle beteiligten Sicherheitskräfte ein erweitertes Führungszeugnis einreichen, das kontrolliert wird. Wir müssen sicherstellen, dass die Sicherheitsleute anständig qualifiziert werden, damit sie in solch sensiblen Zusammenhängen arbeiten können. Deshalb ist es unbedingt notwendig, dass zusätzlich zu der Sicherheitsprüfung auch interkulturelle Kompetenzen geschult und diese für den Einsatz vorausgesetzt werden.
Deshalb unterstützen wir diesen Antrag, sagen aber auch, das ist nur ein Baustein. Vom Senat fordern wir selbstverständlich mehr. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Kollege Taş! – Zum Antrag Drucksache 17/2529 empfiehlt der Innenausschuss mehrheitlich – gegen die Oppositionsfraktionen – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Linke, Grüne und Piraten. Wer ist dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Letzteres war die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin Drucksache 17/2779
Die Fraktion Die Linke beantragt die Überweisung der Verordnung lfd. Nr. 1 – VO-Nr. 17/230 – den Titel spare ich mir jetzt, sonst sind wir morgen noch nicht fertig – an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr und an den Hauptausschuss. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt die zusätzliche Überweisung der Verordnung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt. Weitere Rechtsverordnungen liegen dem Haus nicht vor.
Es beginnt in der Beratung die Fraktion Die Linke. Die Kollegin Möller bekommt das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Wir beraten heute zwei Anträge, die sich mit derselben drängenden Problematik in unserer Stadt beschäftigen, nämlich mit der wachsenden Zahl von Familien mit Kindern, die wohnungslos sind. Die großen Wohlfahrtsverbände, die Beschäftigten aus Hilfeeinrichtungen weisen seit Langem darauf hin. Um die 2 600 Kinder leben aktuell in Berliner Einrichtungen der Obdachlosenhilfe. Der Hauptgrund dafür ist, dass ihre Eltern Mietrückstände hatten und ihnen daraufhin die Wohnung gekündigt wurde oder sie zwangsgeräumt wurden. Der Markt für bezahlbaren Wohnraum ist leergefegt, und wer keine Mietschuldenfreiheitserklärung vorweisen kann, hat erst recht kaum eine Chance.
Unabhängig von der desolaten Wohnraumsituation gibt es eine wachsende Zahl von Menschen, die von den Lebenshaltungskosten erdrückt werden, die bis zuletzt versuchen, ihre Miete dennoch zu zahlen, bis es nicht mehr geht und sie in der Verschuldung landen. Die Jobcenter gehen bekanntlich auch nicht gerade zimperlich mit ihren Kunden um und drängen auf Umzüge, obwohl sie wissen, dass es nahezu aussichtslos ist, bezahlbaren Wohnraum zu finden, speziell für Familien mit mehreren Kindern. Am Ende dieser Prozesse steht dann immer häufiger der Wohnraumverlust.
Dazu kommen immer mehr Menschen, z. B. aus Südosteuropa, in die Stadt, die hier noch nie eine Wohnung hatten, und eine ebenso wachsende Zahl von Menschen, die nicht als Flüchtlinge anerkannt wurden, aber trotzdem in unserer Stadt bleiben. Wer Glück hat, kommt bei Bekannten unter oder in einer der Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe. Wer Pech hat, muss in Auto, Park oder leer stehenden Gebäuden übernachten. Kein Mensch gehört auf die Straße, aber Kinder ganz besonders nicht.
Hier besteht dringender Handlungsbedarf, denn die Plätze der Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe reichen nicht hinten und vorne. Sie müssen Familien mit Kindern wegschicken, weil ihre Kapazitäten erschöpft sind. Die Häuser sind auch deshalb rappelvoll, weil Menschen nun mal nicht wieder ausziehen können, wenn sie keine Wohnung finden. Bis zu 18 Monate lang essen, schlafen, arbeiten und spielen ganze Familien in nur einem Raum ohne Rückzugsmöglichkeiten für Erwachsene oder Kinder. Das ist eine enorme Belastung für alle Beteiligten. Die Einrichtungen sind weder räumlich noch personell auf die Bedürfnisse von Kindern und Familien eingestellt, bei aller Mühe, die sich die Mitarbeitenden vor Ort geben.
Wir haben im Ausschuss gehört, dass die Unterbringungsmöglichkeiten für Familien mit Kindern in Berlin von 24 auf 30 Plätze aufgestockt werden sollen. Das klingt in Anbetracht der Situation leider wie ein schlechter Witz: 2 600 Kinder, Tendenz steigend. Was ist also zu tun, oder besser gefragt, was ist zuerst zu tun? – Es müssen für die sofortige Hilfe ganzjährige niedrigschwellige Angebote geschaffen werden, die kindgerecht sind und wo es pädagogische Betreuung und Beratung für die Familien gibt.