Protokoll der Sitzung vom 08.09.2016

Vielen Dank, Frau Radziwill! – Herr Senator – bitte!

Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete Radziwill! Die Frage ist, welche Personen haben derzeit Pflegestufe 0, befinden sich in einem Heim und erhalten zusätzlich Hilfe zur Pflege. Diese Personengruppe umfasst aufgrund der Statistik, die wir in der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales zur Sozialberichterstattung führen, 800 Personen. Somit ist diese Zahl für Berlin die relevante und auch nachprüfbare. Woher die in der Öffentlichkeit genannte Zahl kommt, weiß ich nicht. Es könnte sein, dass ein Journalist gemeint hat, dass alle, die die Pflegestufe 0 haben und in einem Heim sind, betroffen seien. Das ist aber nicht der Fall, vielmehr sind es diejenigen, die die Pflegestufe 0 haben, im Heim sind und Hilfe zur Pflege als Ergänzung erhalten.

Vielen Dank, Herr Senator! – Ich sehe keine weiteren Nachfragen.

Für die CDU-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Krüger die Gelegenheit, eine Frage zu stellen. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Senat von Berlin und der Landesregierung Brandenburg geschlossen worden ist, frage ich den Senat: Ab wann werden die ersten Flüchtlinge aus Berlin in Brandenburg untergebracht? Welche Flüchtlinge werden dazu zählen?

Vielen Dank, Herr Krüger! – Es antwortet für den Senat Herr Senator Czaja. – Bitte!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Das Land Berlin konnte sich zu einer ersten bundeslandübergreifenden

Zusammenarbeit mit Brandenburg verständigen, die nach § 45 Asylgesetz zulässig ist, um Flüchtlinge während des Asylverfahrens auch in einem anderen Bundesland unterzubringen. Wir haben uns mit den Brandenburgern darauf verständigt, dass 995 Plätze in Brandenburg zur Verfügung stehen – mindestens 695 Plätze für Familien und maximal 300 Plätze für alleinreisende Männer. Wir sind mit Brandenburg bzw. mit dem Träger, dem Deutschen Roten Kreuz, der die Einrichtung dort betreibt, im Gespräch, wie der Umzug bzw. der Bezug der Unterkunft stattfindet. Ab 1. Oktober, das ist ein realistischer Zeitpunkt, können die ersten Flüchtlinge dort untergebracht werden.

Vielen Dank, Herr Senator! – Haben Sie eine Nachfrage, Herr Krüger? – Bitte!

Ich möchte noch einmal präzisierend nachfragen, welcher Mehraufwand mit der Vereinbarung zwischen Berlin und dem Land Brandenburg verbunden ist und welche Schlussfolgerung das Ganze für die Berliner Notunterkünfte hat.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter! – Herr Senator, bitte!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Ein Mehraufwand ist damit im Wesentlichen nicht verbunden. Wir haben uns bei der Frage der Beschulung und der der medizinischen Versorgung darauf verständigt, wie das stattfindet – die hausärztliche Versorgung vor Ort, die fachärztliche Versorgung in Berlin. Wir haben uns auf das Thema Beschulung verständigt und auf einige andere Dinge mehr sowie auf einen Tagessatz, den wir dem Land Brandenburg für diese Unterkunft bezahlen. Dieser liegt bei 34 Euro pro Person. In der Öffentlichkeit gab es jetzt schon wieder Diskussionen, dass Flüchtlinge so viel Geld bekämen. Das Geld bekommen nicht die Flüchtlinge, sondern die Unterkunft erhält den Tagessatz für die Unterbringung, die Verpflegung, die Sozialbetreuung und all das, was damit verbunden ist. Wir haben damit natürlich auch die Möglichkeit, noch schneller Notunterkünfte in Berlin zu reduzieren. Diese Maßgabe werden wir auch in den Plan zum Leerzug der Turnhallen einfließen lassen und die Planung diesbezüglich anpassen.

Vielen Dank, Herr Senator! – Ich sehe keine weiteren Nachfragen.

Die Gelegenheit, eine Frage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu stellen, hat jetzt Herr Abgeordneter Lux. – Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Wie vereinbart der Senat das politische Neutralitäts- und Zurückhaltungsgebot der Landesunternehmen mit den zahlreichen Werbeauftritten der Senatoren, bei denen sie die Unternehmen als Kulisse für sich und den Wahlkampf genutzt haben – so zum Beispiel der Regierende Bürgermeister Müller letzte Woche bei der BVG, am 28. Juni bei den Wohnungsbaugesellschaften, Bürgermeister Henkel am 17. August bei den Bäder-Betrieben, Herr KollatzAhnen am 24. August bei der BVG und am 27. Juni bei der BSR, Frau Senatorin Yzer am 9. August beim Tierpark und – Spitzenreiter – Herr Geisel am 24. August bei der BVG, am 7. Juli Spatenstich beim Zentralen Omnibusbahnhof, am 28. Juni bei Wohnungsbaugesellschaften, am 27. Juni bei Grün Berlin Mauerpark, am 20. Juni bei den Wasserbetrieben? – Danke!

[Ülker Radziwill (SPD): Schöne Erfolge! – Senator Mario Czaja: Sie haben vergessen, dass ich bei Vivantes war!]

Vielen Dank, Herr Lux! – Es antwortet für den Senat der Regierende Bürgermeister. – Bitte!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Lux! Erstens ist Ihre Liste unvollständig, was alleine die letzten Wochen anbelangt und erst recht, was die letzten fünf Jahre anbelangt. Einige Senatoren sind schon empört, weil sie fehlen.

[Senator Mario Czaja: Ja!]

Ich will es Ihnen ganz klar sagen: Das sind keine Wahlkampfauftritte,

[Michael Schäfer (GRÜNE): Nein!]

sondern das sind Auftritte, die die Senatsmitglieder über die gesamten fünf Jahre gemeinsam mit den entsprechenden landeseigenen Unternehmen verabredet haben. Und ich sage in aller Klarheit: Das finde ich richtig, und das ist mir wichtig. Es sind landeseigene Unternehmen, von denen wir auch viel im Zusammenhang mit der Stadtentwicklung erwarten. Jenseits des klassischen Wassergeschäfts oder des klassischen Transports- oder des klassischen Abfallgeschäfts erwarten wir, dass die Gesellschaften sich um Integrationsarbeit, Quartiersmanagement, um die Unterstützung von Jugendklubs bemühen, damit wir in der Stadt auch über unsere städtischen Gesellschaften vorankommen. In herausragender Weise machen das bei der Quartiersentwicklung auch die städtischen Gesellschaften. Dass in diesem Zusammenhang die Politik auch

diese Arbeit der städtischen Gesellschaften begleitet, ist richtig und wichtig. Ich finde es gut, dass die Gesellschaften sich in der Initiative „Mehrwert“ zusammengefunden haben, um genau diesen Mehrwert öffentlich darzustellen, den sie als öffentliche Unternehmen im Gegensatz zu vielen privaten Unternehmen für die Stadt erbringen. Ich glaube, es wäre eher kritikwürdig, wenn Landespolitik nicht den engen Kontakt mit den städtischen Gesellschaften und damit im Übrigen auch mit den Zigtausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern suchen würde. Insofern kann ich an Ihrer Fragestellung nichts Kritikwürdiges finden.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Kurt Wansner (CDU)]

Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister! – Sie haben eine Nachfrage, Herr Abgeordneter Lux? – Bitte!

Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister! Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Natürlich ist politische Einflussnahme und Gestaltung bei den Landesunternehmen, ein Austausch, wichtig. Hier ging es jedoch um Sektveranstaltungen, um Spatenstiche, darum, mal ein Band durchzuschneiden, und das alles in der heißen Wahlkampfphase, wo die Person eines parteipolitischen Senators und nicht die sachliche Arbeit mit den Landesunternehmen im Vordergrund stand. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Sehen Sie das verfassungsrechtliche Recht der Opposition auf politische Chancengleichheit noch gewahrt, wenn meiner Fraktion – den anderen wird es auch so gehen – seit März keine Expertinnen und Experten der Landesunternehmen mehr zur Verfügung stehen, und zwar für Fachveranstaltungen ohne Hochglanz, Presse usw.? Sehen Sie da das Recht der Opposition auf politische Chancengleichheit noch gewahrt?

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Lux! – Herr Regierender Bürgermeister, bitte!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Lux! Nur dass ich es richtig verstehe – Sie unterscheiden da also schon und sagen: Wenn der Regierende Bürgermeister zum Spatenstich zu Zalando geht, ist das in Ordnung, wenn er zum Spatenstich für 500 bezahlbare Mietwohnungen der Stadt und Land geht, ist es nicht in Ordnung? Ich will es nur noch mal verstehen.

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

[Ülker Radziwill (SPD): Das hat er gemeint! – Michael Schäfer (GRÜNE): Können Sie die Frage mal beantworten!]

Es gehört zu den Aufgaben der Senatsmitglieder, diverse Aktivitäten von privaten und öffentlichen Unternehmen zu begleiten. Es ist auch gewünscht, dass es dieses öffentliche Bekenntnis der Politik zu Weiterentwicklung, Investition, Schaffung von Arbeitsplätzen, Wohnungen, Infrastrukturmaßnahmen der BVG gibt. Wir werden dazu von den Unternehmen eingeladen, die dieses Bekenntnis des Gesellschafters Land Berlin wünschen.

Zu Ihrer zweiten Frage: Ja, ich sehe die Rechte der Opposition nach wie vor gewahrt, denn ich kann mich z. B. daran erinnern, dass ich am Montag einen großen Empfang für die Veranstalter und Aussteller gegeben habe, die sich in Berlin im Rahmen der IFA engagiert haben. Es war ein großartiger Abend, wo Ihre Fraktionsvorsitzende Pop über zweieinhalb Stunden nicht von meiner Seite gewichen ist.

[Ülker Radziwill (SPD): Ah! – Andreas Gram (CDU): Hört, hört!]

Sie war insofern auf allen Fotos drauf, und insofern auch: alle Rechte gewahrt!

[Beifall und Heiterkeit bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister! – Es gibt eine weitere Nachfrage des Abgeordneten Lauer. – Bitte!

Ich möchte doch noch mal nachfragen, was auch Herr Lux fragte, was aber leider noch nicht beantwortet wurde. Können Sie nicht auch verstehen, dass man sich als Abgeordneter der Opposition vom Senat nicht so ganz ernst genommen fühlt, wenn darauf hingewiesen wird, dass man auf Fachveranstaltungen – so auch zum Beispiel durch den Innensenator geschehen – keine Fachleute aus der Verwaltung mehr einladen soll, da die Verwaltung die Neutralität wahren soll, es gleichzeitig aber – wieder das Beispiel desselben Senators – viele Veranstaltungen gibt, wo er neben dem Polizeipräsidenten eine neue Software präsentiert – die das Parlament nie beschlossen hat, wozu es auch keine Mittel im Haushalt gibt –, wo er mit dem Polizeipräsidenten einen Taser präsentiert, zu dem es keinen Beschluss des Parlaments gibt? Können Sie sich nicht vorstellen, dass man da als Oppositionsabgeordneter das Gefühl hat, hier wird mit zweierlei Maß gemessen, wenn wir zu irgendwelchen Fachveranstaltungen keine Personen aus der Verwaltung mehr haben dürfen, gleichzeitig aber in der heißen Wahlkampfphase Pressetermine mit Mitgliedern der Verwaltung wahrgenommen werden?

Vielen Dank, Herr Lauer! – Herr Regierender Bürgermeister!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Lauer! Sie sprechen ein wichtiges Thema an. Das ist mit Sicherheit eine Gratwanderung. Es erfordert Sensibilität, wie mit der einen oder anderen Einladung bzw. der einen oder anderen Begleitung durch die Verwaltung umzugehen ist. Man kann die Frage aber nicht eindeutig beantworten. Mitunter ist es richtig und wichtig, dass Mitarbeiter der Verwaltung diese Termine begleiten und Ansprechpartner sind, oft sind es die Fachleute, die ein Thema über Jahre begleiten – im wahren Sinn des Wortes. Das muss aber nicht bedeuten, dass bei jeder öffentlichen Veranstaltung fünf oder sechs Mitarbeiter einer Verwaltung dabei sind – egal, ob mit oder ohne Glas Sekt. Es muss in der Verwaltung entschieden werden, wie man damit umgeht.

Das trifft auch für Senatsmitglieder zu. Ich habe Ihnen eben gesagt, dass ich es richtig finde, wenn Senatsmitglieder den engen Austausch und Kontakt mit den Einrichtungen und Unternehmen des Landes Berlin suchen und über die gesamte Legislaturperiode halten. In Wahlkampfzeiten braucht man dabei eine gewisse Sensibilität. Ich nenne ein Beispiel: In Wahlkampfzeiten sage ich immer: Vorsicht! Wenn Ihr in Schulen wollt, macht das bitte überparteilich! Geht mit mehreren Parteien hin, damit nicht der Eindruck erweckt wird, Auftritte mit Kindern und Jugendlichen könnten politisch instrumentalisiert werden! – Das muss jedes Senatsmitglied und jeder Abgeordnete in eigener Verantwortung entscheiden. Aber den Generalverdacht, nur weil es diese Repräsentationstermine gibt – die nicht immer nur Spaß machen, sondern zu unseren Pflichten und Aufgaben gehören –, seien das Wahlkampfveranstaltungen, die parteipolitisch genutzt würden, weise ich zurück.

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister!

Jetzt hat für die Linksfraktion Frau Abgeordnete Möller die Gelegenheit, eine Frage zu stellen. – Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Frage lautet: Gedenkt der Senat, noch konkrete Maßnahmen auf den Weg zu bringen, nachdem er nun endlich – nach fünf Jahren – in seiner sogenannten „Strategie zur Bekämpfung von Kinderarmut“ das Ausmaß des Problems beschrieben hat und dennoch nichts Neues vorschlägt als lediglich eine Berichterstattung zum Ende der nächsten Legislaturperiode?

(Regierender Bürgermeister Michael Müller)

Vielen Dank, Frau Möller! – Für den Senat antwortet Herr Senator Czaja. – Bitte!

Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete! Wir haben in dem Kinderarmutsbericht zum Ausdruck gebracht, dass die Bekämpfung von Kinderarmut kein Thema nur eines Ressorts ist, sondern dass unterschiedliche Ressorts daran zu arbeiten haben und dies auch schon tun – sei es durch die Maßnahmen zur Verbesserung des Zugangs zur Kita und zum Bildungs- und Teilhabepaket an den unterschiedlichen Orten von Kita uns Schule, aber natürlich auch bei Fragen des Zugangs zum Arbeitsmarkt bzw. zu Arbeitsmarktfördermaßnahmen, um nur ein paar wenige Beispiele zu nennen. Diese Dinge sind in Teilen im Kinderarmutsbericht zum Ausdruck gebracht worden. Auch die Arbeitsgruppen und Arbeitsrunden sollen in Zukunft weiter daran arbeiten, die Kinderarmut in Berlin zu bekämpfen.

Zur Wahrheit des Berichts gehört auch, dass die Kinderarmut zwar in Berlin immer noch ein elementares Problem, aber in den letzten Jahren gesunken ist.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Was?]

Es sollte auch deutlich gemacht werden, dass die wirtschaftliche Entwicklung Berlins und die Maßnahmen, die der Senat unternommen hat, dazu beigetragen haben, dass das Problem geringer geworden ist. Es ist immer noch eine große Herausforderung, aber es ist weniger geworden. Ich finde es gut, dass es weniger geworden ist.