Herr Kollege Lux! Sind Sie vielleicht bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich die Fraktion der FDP, wenn sie hier jemals Bestandteil einer parlamentarischen Mehrheit werden sollte,
streng an die Gebote des Rechtsstaates und der geltenden Gesetze halten wird? – Fragezeichen! Das war nämlich eine Frage, an den Kollegen, der gerade zwischengerufen hat. – Sind Sie zusätzlich bereit anzuerkennen, dass die FDP die erste Partei in diesem Land gewesen ist, die ein sogenanntes Einwanderungsgesetz gefordert hat, nach kanadischem Vorbild?
Dann würden nämlich die Probleme, die Sie hier beispielhaft geschildert haben, überhaupt nicht auftreten. – Vielen Dank!
[Beifall bei der FDP – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Das müssen Sie Herrn Luthe erklären, nicht uns!]
Lieber Herr Kollege Krestel! Mein Glaube – und meine Hoffnung – an die liberale Idee, an die Menschen in diesem Land, die liberale Ideen teilen, ist hoch und ungebrochen – mein Glaube an die liberale Partei ist erschüttert. Deswegen ist doch klar, dass sich die Menschen, die in diesem Land liberal denken, eine neue Heimat suchen.
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Lachen von Holger Krestel (FDP) – Frank-Christian Hansel (AfD): Ja, die AfD!]
Sonst hätte Herr Luthe doch auch einmal das Gesetz gelesen und gelesen, dass es bei Aufenthaltsrechten darum geht, ob man hier arbeiten kann, ob man studiert, ob man hier integriert ist, ob man humanitäre Gründe hat, um hier aufgenommen zu werden, und er hätte nicht über zwei, drei Terroristen gesprochen. Das war unverschämt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP!
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von der FDP: Blödsinn!]
Wir haben die etwa 60 Gefährder, die es in Berlin geben soll, im Blick. Wir werden die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung auswerten und natürlich, wo es sein muss, auch Gefährder – also am liebsten jemanden wie Amri – direkt in den Flieger stecken. Tunesien wollte ihn aber nicht aufnehmen. – Herr Kollege Luthe! Wenn Sie redlich wären, hätten Sie sich eine Sekunde mit dem Gedanken auseinandergesetzt, dass wir die aufnehmenden Länder nicht besetzen können, dass wir dort nicht irgendwelche Gefährder aus dem Flugzeug abwerfen können, sondern dass diese Länder souverän sind und sich natürlich bereit erklären müssen, Menschen aufzunehmen. Auch damit wollten Sie sich aber nicht auseinandersetzen, weil Sie an Realitätsverlust leiden.
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Karsten Woldeit (AfD): Aber wir lassen diese Menschen widerrechtlich rein, und uns ist das egal? Merken Sie noch was?]
Es geht noch weiter: Im „Tagesspiegel“ vom 1. November lassen Sie von der Opposition sich ein und sagen: Straftäter abschieben! – Was macht das denn mit einem Opfer? Sie haben einen Vergewaltiger bemüht oder jemanden, der einen Raub oder schwere Körperverletzung begangen hat. Den wollen Sie abschieben? In die Freiheit in seinem Heimatland wollen Sie ihn abschieben, anstatt dass er hier nach deutschem Recht verurteilt wird und
seine Strafe absitzt. Sie treten den Opfern von Vergewaltigungen und schweren Körperverletzungen auch noch ins Gesicht. Das ist Ihre miese Politik.
Deswegen ist es sinnvoll, dass die rot-rot-grüne Koalition auf Integration und auf die freiwillige Rückkehr setzt, auf Direktabschiebungen.
Das ist verhältnismäßig, und wir halten uns an die Rechtslage. – Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit! Danke!
Herr Kollege! Ich hätte über die „Hampelmänner“ vielleicht noch hinweggesehen, ich finde allerdings die Formulierung, Menschen über Ländern abzuwerfen, hat mit Menschenwürde relativ wenig zu tun, selbst wenn es sich um Gefährder handelt.
[Beifall bei der AfD – [Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Dann rügen Sie aber auch „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“! – Frank-Christian Hansel (AfD): Das ist ein Sprichwort! Was soll denn der Quatsch? Was hat denn Gabriel gesagt zu den Dresdnern? Seid doch mal ruhig jetzt! Schämen solltet ihr euch für so was! – Anne Helm (LINKE): Mit wem solidarisieren Sie sich? Mit Leuten die Steine auf Flüchtlingsheime werfen! – Weitere Zurufe von der LINKEN und der AfD]
Lieber Kollege Lux! Zu Ihren Ausführungen gerade zur Frage des Terroristen Anis Amri und der Behauptung, man habe keine Möglichkeit gehabt, das Herkunftsland müsse sich bereit erklären, ihn aufzunehmen: Diese Behauptung ist, vorsichtig formuliert, nicht ganz richtig. Solange die Identität feststeht, können Sie selbstverständlich einen Staatsbürger in sein Herkunftsland verfrachten.
Die bisher formulierte Ausrede lautete immer: Ach, das wussten wir nicht. Es gab ja kein Dokument. Wir wussten ja gar nicht, wo der herkommt und wer er ist. – Da sehen wir mal wieder, was die – ich sage mal investigative – Abgeordnetentätigkeit von dem unterscheidet, was hier teilweise in Untersuchungsausschüssen passiert, nämlich leider sehr wenig, und zwar durch die gezielte Blockade der Senatsverwaltung für Inneres, die uns Unterlagen nicht zur Verfügung stellt. Aber es gibt ja viele andere Quellen.
Ich sage es noch einmal: Am 24. Oktober 2016 hat Interpol zweifelsfrei die Identität des Anis Amri festgestellt und sie den deutschen Behörden übermittelt. Es wäre also überhaupt kein Problem gewesen, Herrn Amri inklusive seiner tunesischen Identifikationskarte abzuschieben. Es ist aber nicht gewollt gewesen. Deswegen hat es nicht stattgefunden, Herr Lux. Da brauchen Sie nicht mit irgendwelchen Geschichten über andere Gründe kommen. Es gab selbstverständlich die Möglichkeit, den tunesischen Staatsbürger, dessen Identität feststand, in seine Heimat abzuschieben. Es ist nur nicht geschehen. Deshalb werden wir fragen, auch im Untersuchungsausschuss, warum es nicht geschehen ist. Das wird sehr interessant. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sorry für die „Hampelmänner“ und das „Menschen über einem Land abwerfen“. Das war im Eifer des Gefechts. – Herr Kollege Luthe! Ich teile Ihre Einschätzung, dass der Untersuchungsausschuss noch interessant sein wird. Ich teile auch Ihre Einschätzung, dass da Fehler gemacht worden sind, dass die Identität von Amri früher hätte feststehen können, mit der Folge, dass man über das Außenministerium Druck auf Tunesien hätte ausüben können, dass Amri zurückgenommen wird. Wenn alles optimal gelaufen wäre, hätten wir keine Opfer zu beklagen. Ich lehne es aber ab, Herr Kollege Luthe – ich wünschte mir, Sie würden dem Gedanken nähertreten –, hier einen Antrag der AfD zu unterstützen, der sagt, bis zu 18 Monate Abschiebehaft für vollziehbar ausweispflichtige Ausländer. Da sprechen Sie einen radikalen Fall an, der ganz schlimm ist, beziehen das argumentativ aber auf Tausende Menschen, die nichts falsch gemacht haben, außer hier kein Aufenthaltsrecht zu haben. Im Gegenteil: Ich habe Fälle genannt, in denen Leute hierher zur Familiengründung oder zum Studieren kommen. Für Sie ist dieser kleine Fehler, der jetzt über Interpol und deutsche Behörden benannt wurde, ein Grund, über Tausende Menschen den Stab zu brechen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bürger versteht doch gar nicht mehr, über was wir hier sprechen.
[Lachen bei der SPD, der CDU, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Machen Sie es mal vor!]
Was ist eigentlich so ein Abschiebeknast? – Da kommen Leute hin, die sich in Deutschland nicht aufhalten dürfen und deshalb unser schönes Land verlassen müssen. Wenn der Flieger voll ist, werden die Herrschaften zum Flughafen begleitet und ins Flugzeug gesetzt. Bei Abflug sind dann garantiert alle vollzählig, denn das überwacht ja unsere Justizverwaltung.
Wir haben also eine Kiste, wo vorne Leute einzeln reingehen und hinten gut versorgt, satt und pünktlich in einer Gruppe wieder herauskommen. Die vom Senat favorisierte Direktabschiebung ist zwar sehr elegant, funktioniert aber nicht so gut, denn plötzlich kann unser Reisender abhandenkommen, sich verloben, in Fußballclubs oder evangelische Kirchengemeinden eintreten oder plötzlich im Männerchor singen.
Für die schmachtende Geliebte, den Club, den Bischof Dröge oder den Chor mag das schön sein, aber für Deutschland ist seine Anwesenheit nicht so schön, denn sie kostet unser Steuergeld,
[Benedikt Lux (GRÜNE): Sie doch auch! – Beifall und Heiterkeit bei der SPD, der CDU, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP]
das wir dringend für unsere Kinder, unsere Alten und unsere sozial Schwachen brauchen. Das müssten Sie doch eigentlich wissen.
Außerdem hat so eine Abschiebehaft eine gewisse Ernüchterungswirkung auf Betrügerkollegen, vor allem auf jene, die noch kommen wollen. Bislang hört man im Ausland, dass die Deutschen so verrückt sind, dass man selbst überführte Betrüger frei herumlaufen lässt, versorgt, mit Rechtsbeiständen versieht und in Berlin sogar noch mit Sprachkursen versorgt. Das alles spricht für eine geordnete Abschiebehaft.