Protokoll der Sitzung vom 11.01.2018

[Heiterkeit]

verbindet mich normalerweise nicht viel mit Ihnen, wenn Sie vielleicht an der Havel bei einer Berliner Weiße, möglicherweise auch fünf, sitzen. Aber wenn dann der

(Kristian Ronneburg)

Dampfer vorbeikommt, anlegt und stinkt und wir uns darüber ärgern, dann ist es doch eine gemeinsame Sache, und wir merken, dass die Berliner Luft uns alle etwas angeht.

Berlin leidet hier vor allem unter dem Bundesrecht. Ich finde – und das hat der Kollege Buchholz schon gesagt –, es kann doch nicht sein, dass die Berliner Umweltzone eine Ausnahme für die Schifffahrt hat, die uns hier vollstinkt. Das ist übrigens auch den Autofahrerinnen und Autofahrern gegenüber unfair. Das muss man ganz klar sagen. Auch wenn der Autoverkehr das Gros der Luftverschmutzung verursacht – und da gehen wir auch ran –, ist es unfair. Deshalb müssen wir auch an die Schifffahrt heran. Die Schifffahrt ist ein kleiner Baustein, aber gerade in Mitte oder der Spandauer Altstadt sind Hotspots. Da sind die Menschen unmittelbar betroffen, und das merken wir alle, wenn wir unsere Bürgerpost lesen.

Weil der Kollege von den Leichtmatrosen am rechten Rand gerade auf die EU-Verordnung eingegangen ist: Vielleicht hätten Sie doch den Wikipedia-Artikel zu Ende lesen sollen. Die EU-Verordnung regelt das in der Tat auch für Schiffe, allerdings nur für neue Schiffe. Wie Sie vielleicht nicht wissen – andere wissen es –, sind Schiffe die Fahrzeuge, die die längste Lebensdauer haben. Die Schiffe in Berlin sind durchschnittlich 50 Jahre alt, und die meisten Reedereien wollen damit sogar noch viel länger fahren. Da redet man über Nachrüstung und nur ganz selten über Neuanschaffungen. Deshalb kann ich nur sagen, dass diese EU-Verordnung überhaupt nicht greift, davon abgesehen, dass die EU-Werte natürlich ambitionierter sind als der Status quo. Sie werden ab 2019 greifen, aber bei Weitem noch nicht so sauber, als wenn die Schiffe elektrisch wären oder zumindest an der Steckdose sind.

Ich will nicht darauf eingehen, was damals, 2013, war und wer von den Koalitionären jetzt recht hatte. Ich hatte in einer Kleinen Anfrage der Kollegin Gebel gelesen, dass der Senat damals – ich weiß auch nicht, wer es war – gesagt hat, dass eine Umweltzonenausweitung auf die Schifffahrt nicht möglich ist, weil sich, anders als in der Stadt beim Autoverkehr, die Schadstoffe auf dem Wasser besser verteilen. Ich bin sehr froh, dass wir jetzt weitergekommen sind. Mir ist eigentlich egal, wie sich die Schadstoffe verteilen. Ich will, dass sie weniger werden und es dazu eine Bundesratsinitiative gibt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Eine Anekdote von damals möchte ich Ihnen erzählen: Mein allererster Antrag bei der Grünen Jugend vor über zehn Jahren war in der Tat zur sauberen Schifffahrt. Damals war es eigentlich schon Usus, dass Schiffe an die Steckdose müssen. Ich freue mich, dass wir es jetzt mit der Bundesratsinitiative wahrmachen wollen, dass die Schiffe hier, wo es Steckdosen gibt, auch wirklich da ran

müssen und dass auf jeden Fall dafür gesorgt wird, dass es mehr Steckdosen gibt.

Als klimaschutzpolitischer Sprecher meiner Fraktion freue ich mich natürlich auch, dass wir hier noch eine Klimaschutzvereinbarung machen. Jetzt muss ich Ihnen sagen, eine Klimaschutzvereinbarung an sich kann man auch kritisch sehen. Gerade bei öffentlichen Unternehmen, bei denen man ohnehin große Hebel hat, könnte man diese manches Mal auch etwas stärker anziehen. Im Verkehrssektor ist es aber wirklich eine schwierige Sache, Klimaschutz zu implementieren. Das haben wir gemerkt. Wenn wir hier, wo wir mit privaten Reedereien, mit privaten Anlegern reden, versuchen, eine Klimaschutzvereinbarung zu machen, über dieses Tool der Freiwilligkeit etwas hinzubekommen, ist es gut. Wir schlagen als Zielwerte vor, 2030 minus 30 Prozent CO2 und minus 90 Prozent der Dieselschadstoffe zu erreichen. Ob das schneller geht, das müssen wir sehen. Wie gesagt, die Schiffe sind alle Einzelfälle. Sie sind oft alt. Welche dieser Schiffe können zurückgestellt werden? Es können neue angeschafft werden. Welche können nachgerüstet werden? Wo muss gefördert werden, damit es wirtschaftlich ist und wo nicht. Das sind Einzelfälle. Das muss geprüft werden.

Ganz klar ist für die rot-rot-grüne Koalition, dass die Fahrgastschiffe zu Berlin gehören genau wie die alte Hertha und übrigens auch Union.

[Beifall von Holger Krestel (FDP)]

Das muss auch so bleiben.

Es muss etwas passieren. Wichtig ist uns dabei der Dreiklang. Darauf möchte ich noch einmal hinweisen, ohne auf die einzelnen Punkte einzugehen. Politik muss generell neben Anreizen auch Vorgaben setzen. Wir setzen die Anreize mit einer Klimaschutzvereinbarung. Wir haben im Haushalt, wie schon gesagt, 600 000 Euro dafür veranschlagt. Ich weiß, dass es bei Nachrüstungen von Schiffen, gerade, wenn man mehr öffentliches Geld geben muss, für nicht viel reicht. Aber hey, es war unser erster Doppelhaushalt. Wir werden es in zwei Jahren genau evaluieren. Wir müssen aber auch Vorgaben setzen. Das versuchen wir über die Bundesratsinitiative.

Einen dritten Punkt darf man nicht vergessen. Neben Fordern und Fördern muss man die Infrastruktur schaffen. Deshalb wollen wir auch für mehr Elektroanleger sorgen. Die Berliner Binnenschifffahrt ist für 5 Tonnen Feinstaub pro Jahr zuständig, 200 Tonnen Stickoxide. Rot-Rot-Grün geht dieses Problem jetzt endlich an. Ich freue mich schon über die Signale aus der CDU-Fraktion und bin gespannt, was der Kollege aus der FDP sagt. Anker lichten, auf in die Ausschussberatung! – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Schmidt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei aller Sympathie für das Grundanliegen, mehr saubere Luft in Berlin zu schaffen, ist dieser Antrag doch eher eine unausgegorene Wunschliste, als tatsächlich das Potenzial zu haben, zur echten Reduzierung von Emissionen führen zu können.

[Beifall bei der FDP]

Er ist an vielen Stellen von Sachkenntnissen weitgehend unbelastet und eher Effekthascherei.

Grundsätzlich gilt erst einmal, dass Binnenschifffahrt ein europäisches Thema ist. Es ist kein Bundesthema und schon gar kein Berliner Lokalthema. Es ist auch sinnvoll. Solch ein Frachtschiff legt eine Strecke von mehreren hundert Kilometern zurück, über mehrere Länder. Deshalb darf man nicht so kleinstteilig denken. Die Vorstellung, dass ein solches Frachtschiff auf einer solchen Strecke durch Dutzende von Kommunen muss, die jede ihre eigenen Regelungen für Umweltzonen festlegen, ist einfach vollkommen absurd für die Binnenschifffahrt.

[Beifall bei der FDP]

Genau aus diesem Grund regelt die EU das auf der europäischen Ebene. Mit Ihrer Philosophie könnten Sie auch gleich Vorgaben von Umweltzonen für überfliegende Flugzeuge schaffen. Das wäre ungefähr genauso sinnvoll.

[Beifall bei der FDP]

Die EU ist durchaus aktiv. Der Kollege Scholtysek hat es gesagt. Die EU hat die Grenzwerte ab 2019 bzw. für größere Motoren ab 2020 stark verschärft, und zwar so stark verschärft, dass die Anforderungen an Binnenschiffe höher sein werden als die an Lkws. Es sind also höhere Grenzwerte, als Sie fordern. Da geht die EU schon weiter als die Koalitionsfraktionen jetzt in ihrem Antrag fordern. Deshalb wird dazu auch keine Initiative aus Berlin benötigt.

[Beifall bei der FDP]

Bei den Passagen zum Treibstoff und Schwefelgehalt sollten Sie auch noch einmal klar sagen, dass Sie plötzlich über Seeschiffe reden. Die Binnenschifffahrt verwendet Schiffsdiesel. Das Schweröl kommt schon seit vielen Jahren gar nicht mehr vor. Das heißt also, Sie wollen neben den Schiffen in Berlin gleich noch die europäische und weltweite Seeschifffahrt regeln. Ich weiß, dass Sie immer sehr dafür sind, den Planeten zu retten, aber das Thema hier sollte man besser den Bundesländern und Staaten der EU überlassen, die mit Seeschifffahrt mehr zu tun haben als das Binnenland Berlin,

[Beifall bei der FDP – Holger Krestel (FDP): Grüne Titanic-Politik!]

die vielleicht auch wissen, wie Seeschifffahrt überhaupt funktioniert.

Die künftigen Grenzwerte werden wahrscheinlich technisch auch nicht mit Rußfiltern umgesetzt werden. Die Koalitionsfraktionen haben eine Fixierung auf Rußfilter, die sich technisch durch den ganzen Antrag zieht. Sie sind hier nicht technologieoffen und verwechseln irgendwie Schiffe und Autos. Bei Binnenschifffahrt wird wahrscheinlich eine andere Technik, die Kraftstoffwasseremulsionstechnik, angewendet werden. Sie ist vielversprechender und senkt nicht nur die Rußemissionen, sondern gleichzeitig, anders als die Partikelfilter, auch noch die Stickoxidemissionen dazu. Es wäre sinnvoll, wenn Sie sich noch einmal auf den modernsten Stand der Technik mit Ihrem Antrag bringen lassen würden.

Eine veraltete Technik vorschreiben zu wollen, statt die modernste Lösung zu finden, zeigt eben, wie wenig Sie Ihren Antrag im Detail überdacht haben,

[Paul Fresdorf (FDP): Oder wie alt er ist!]

oder wie alt er schon ist. Vielleicht stammt er noch aus der Zeit der Diskussion mit der CDU.

Richtig ist, dass hat Herr Kössler richtig gesagt, dass Emissionswerte allein für neue Schiffe noch nicht das Problem lösen. Das liegt daran, dass die Binnenschifffahrt wenig ertragreich ist. Die meisten Binnenschiffer sind ganz kleine Familienbetriebe. Sie sind nicht in der Lage, große Investitionen zu finanzieren. Ein neuer Motor kann locker einmal eine halbe Million Euro oder mehr kosten. Deshalb sind die 300 000 Euro, von denen Sie reden, wirklich lächerlich. Sie können davon gerade einmal einen halben Motor für ein Binnenschiff anschaffen. Das ist doch kein Förderprogramm, das irgendjemand ernst zu nehmen hat.

[Beifall bei der FDP]

Wenn man in dieser Situation aber dermaßen restriktiv vorgehen will, erreicht man einen ganz anderen Effekt. Dann werden die Schiffe nämlich abgewrackt und die Fracht auf Lkw verlagert. Damit wird dem Klimaschutz ein Bärendienst erwiesen, denn der Transport von Waren auf Binnenschiffen ist heute schon umweltfreundlicher als auf Lkw. Die Binnenschifffahrt als umweltfreundlicher Verkehrsträger darf nicht soweit belastet werden, dass sie gegenüber dem Lkw auch noch benachteiligt wird.

[Beifall bei der FDP]

Deshalb brauchen wir, wenn wir in Berlin überhaupt etwas erreichen wollen, konkrete Förderprogramme. Diese könnten sich auf Passagierschiffe beziehen, weil diese lokal und für Berlin zugreifbar sind. Sie verdienen auch tatsächlich etwas mehr Geld. Deshalb kann man

auch einmal sehen, wie weit man mit den Klimaschutzvereinbarungen kommt. Aber auch die Fahrgastschifffahrt schwimmt nicht im Geld. Deshalb muss man einmal sehen, ob das überhaupt zu etwas führen kann.

Alles in allem ist dieser Antrag nicht zielführend. Er würde in der Wirkung kontraproduktiv sein. Es ist letztlich ein Angriff auf einen umweltfreundlichen Verkehrsträger. Das mag gut gemeint sein, ist aber in diesem Fall wirklich sehr schlecht gemacht. Deshalb wird meine Fraktion ihn zumindest in dieser Form definitiv ablehnen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz und mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Betriebe empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 3.4:

Priorität der Fraktion der CDU

Tagesordnungspunkt 26

Bundesratsinitiative zur Änderung des Strafgesetzbuches zum Verbot des Verbrennens von Flaggen ausländischer Staaten

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0747

In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU. Für die CDU spricht Frau Abgeordnete Seibeld. – Sie haben das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die brennenden israelischen Flaggen vor dem Brandenburger Tor, als der US-amerikanische Präsident Jerusalem zur Hauptstadt Israels erklärte, haben vielen in unserem Land deutlich gemacht, welche antisemitischen Auswüchse unterdessen in Deutschland nahezu wieder gesellschaftsfähig sind. Das Verbrennen von Flaggen, von staatlichen Hoheitszeichen, ist ein Missbrauch des Rechts auf freie Meinungsäußerung, denn hierdurch wird nicht ein politischer Diskurs über Staaten, deren politische Ausrichtung oder Ähnliches geführt, sondern schlicht das Existenzrecht von Staaten und deren Staatsbürgern infrage gestellt. Möglicherweise ist dies ein Aspekt, den Menschen, die in einem sicheren und anerkannten Land leben, dessen Existenz noch niemals oder jedenfalls seit Jahrzehnten nicht in Abrede gestellt worden ist, schlechter nachvollziehen können. Dies kann jedoch nicht